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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Kommunale Handlungsmöglichkeiten nutzen

Aktive Antidiskriminierungspolitik in der Kommunalpolitik

Belange von LSBTI in der Kommunalpolitik: Was Kommunen gegen Homophobie, Trans- und Interfeindlichkeit tun können: Kommune als Arbeitgeberin, Politikbereiche wie Jugendarbeit, Schule, Kultur, Bildung, Sport, Asyl und Migration, Öffentlichkeitsarbeit und Tourismus oder Gesundheit und Soziales

Kommunalpolitik prägt nachhaltig das unmittelbare Lebensumfeld von Menschen. Hier geht es um konkrete, überschaubare Projekte. Die Einflussmöglichkeiten von Bürger*innen auf die Politik sind nirgendwo so groß wie gerade auf der kommunalen Ebene.

Der LSVD setzt sich auf diesen Ebenen für die volle Gleichberechtigung von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) sowie für Maßnahmen gegen Diskriminierung ein. Für den Lebensalltag, das Miteinander und die politische Kultur ist die kommunale Ebene von besonderer Bedeutung.

Die Tatsache, dass in einer Gemeinde auch LSBTI-Bürger*innen leben, wird oftmals ignoriert. Gerade im kommunalpolitischen Umfeld haben viele Formen von Diskriminierung ihre Ursache überwiegend in Gedankenlosigkeit. Die Lebenswirklichkeit von LSBTI ist bei politisch-planerischen Überlegungen nicht im Blick. Erste Aufgabe ist es daher, dass Bewusstsein für die Belange von LSBTI in der Kommunalpolitik zu schärfen.

Kommunalpolitiker*innen können sich eine aktive Antidiskriminierungspolitik auf ihre Fahnen schreiben. Kommunale Antidiskriminierungsstellen können dafür sorgen, dass die Lebenswirklichkeit von LSBTI in Verwaltungsvorschriften wie in der Behördenpraxis angemessen berücksichtigt wird.

Die Kommune als Arbeitgeberin

Regelmäßig sind die Kommunen und kommunalen Gesellschaften eine der größten Arbeitgeberinnen am Ort. Der Arbeitsplatz ist für LSBTI ein Ort, an dem sie leider schon häufig Diskriminierung erfahren mussten. Die Kommunen können gegenüber anderen Arbeitgeber*innen Vorbildfunktion im Umgang mit LSBTI-Mitarbeitenden übernehmen. Dazu müssen u.a. Bewerbungs- und Beförderungsverfahren auf versteckte Diskriminierungen überprüft werden.

LSBTI-Mitarbeiter*innengruppen sind zu unterstützen, Mitarbeitende in Führungspositionen für die Probleme von LSBTI-Kolleg*innen zu sensibilisieren. Bei bekannt gewordenen Diskriminierungen sollen Betroffene offensiv unterstützt werden.

Jugendarbeit, Schule

Jugendliche sollsten ihre sexuelle und geschlechtliche Identität angstfrei anerkennen und diskriminierungsfrei leben können. Aufgabe von Schule und Jugendarbeit ist es, ihnen dabei zu helfen. LSBTI-Lebensformen sind gleichberechtigt darzustellen. Mitarbeiter*innen ist in Fortbildungen zu verdeutlichen, dass ihre persönliche Lebensgestaltung nur eine von vielen Möglichkeiten und keineswegs automatisch "normal" ist. LSBTI-Jugendgruppen sind zu unterstützen. Freie Träger der Jugendarbeit, die LSBTI diskriminieren, sollen keine Zuwendungen mehr erhalten.

Mittelbar haben Kommunen über pädagogische Arbeitsstellen, Medienstellen und Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte Einflussmöglichkeiten auf Unterrichtsinhalte, auch wenn diese offiziell in die Zuständigkeit der Bundesländer fallen. Diese Einflussmöglichkeiten sind im Sinne angemessener Aufklärung über LSBTI zu nutzen.

Die Befähigung zur Kindererziehung hängt nicht von der sexuellen Orientierung oder der geschlechtlichen Identität ab. Dieser Grundsatz ist bei Stellungnahmen zu Adoptionsvermittlungen und Sorgerechtsentscheidungen etc. zu Grunde zu legen.

Kultur, Bildung, Sport

Stadtgeschichte ist immer auch die Geschichte von LSBTI. Dies darf in der lokalen Geschichtsschreibung und der Arbeit der Stadtarchive nicht länger totgeschwiegen werden. verfolgten LSBTI ist würdig zu gedenken.

Kommunale Bildungseinrichtungen sind aufgefordert, auch für LSBTI Angebote zu schaffen. Für Betriebsräte, Jugendgruppenleiter*innen und andere Multiplikator*innen sind Seminare über LSBTI gemeinsam mit den entsprechenden Verbänden sinnvoll.

Städtische Büchereien sollten LSBTI-Literatur mit einem spezifischen Erschließungsschlüssel anbieten. In Kooperation mit Schulen können Lesungen mit LSBTI-Jugendliteratur einen wertvollen Beitrag zur Auseinandersetzung mit Homosexualität und Geschlechtsidentität leisten.

LSBTI-Kulturprojekte sind auch unter dem Aspekt zu fördern, dass diese ein Medium zum Abbau von Vorurteilen sein können. LSBTI-Sportvereine ermöglichen nicht nur Sport. Sie bieten auch Unterstützung bei der Identitätsfindung.

Asyl und Migration

In vielen Ländern werden Menschen aufgrund ihrer Homosexualität verfolgt. Ihr Asylanspruch wird in Deutschland nicht immer anerkannt. Ausländerbehörden haben jedoch einen Ermessensspielraum, der bislang selten zugunsten humanitärer Lösungen genutzt wird. Die betreffenden Mitarbeitenden sind entsprechend fortzubilden.

Öffentliche Ordnung, Lebensformen akzeptieren

Die spezifischen Lebensformen von LSBTI sind zu akzeptieren, Treffpunkte sind zu schützen. Repressionen gegen Gaststätten oder Saunen sind zu unterlassen.

Öffentlichkeitsarbeit und Tourismus

In vielen Kommunen stellen LSBTI einen bedeutenden Wirtschafts- und Tourismusfaktor dar. Dies ist im Standortmarketing zu berücksichtigen. Plakate und Broschüren von LSBTI-Initiativen sind in kommunalen Einrichtungen zugänglich zu machen.

Gesundheit und Soziales

Präventive Gesundheitspolitik beinhaltet die Abwehr jeder Form von Repression und die Unterstützung selbstbestimmter Lebensformen. Selbsthilfe- und Beratungsprojekte sind entsprechend zu fördern.

In ambulanten und stationären Einrichtungen für hilfsbedürftige Menschen (Krankenhäuser, Behinderteneinrichtungen, Alten- und Pflegeeinrichtungen, Beratungsstellen) ist das Recht der Patient*innen und Klient*innen auf selbstbestimmte Sexualität und Geschlechtsidentität zu sichern.

LSBTI-Selbstorganisation

Die Selbstorganisation von LSBTI ist in den einzelnen Städten und Gemeinden sehr unterschiedlich. Das Spektrum reicht von kleinen Stammtischen bis hin zu großen Zentren mit zahlreichen Arbeitsgruppen und hauptamtlichem Personal. Die bestehenden Strukturen sind auszubauen und zu unterstützen.