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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Neuigkeiten

10.01.2024
Queeres Leben gilt ab heute in Russland als ExtremismusLSVD, Quarteera, EQUAL PostOst und ILGA Europe fordern Bundesregierung auf, verfolgte LSBTIQ* aus Russland aufzunehmenAm 30. November 2023 hat der Oberste Gerichtshof Russlands die sogenannte “internationale LGBT-Bewegung” als extremistisch eingestuft und ihr jegliche Aktivitäten verboten – dieses Urteil tritt heute in Kraft. Beschuldigten drohen insbesondere Strafverfahren, die voraussichtlich bis zu zwölf Jahren Gefängnis vorsehen. Bereits unmittelbar nach Verkündung des Gesetzes kam es zu ersten Razzien an Community-Orten. Zusätzlich häufen sich Berichte über Erpressungen, Kündigungen, Drohungen und Angriffe, die die Betroffenen nicht anzeigen können.
09.01.2024
Berlin: "Love is not extremism!" - Demo vor der Russischen BotschaftDie Organisation Quarteera organisiert Demonstration vor der russischen Botschaft, der sich unter anderem auch der LSVD anschließt. Mehr Informationen: Berlin: "Love is not extremism!". Eine Vertretung des LSVD-Bundesvorstandes wird auf der Demo sprechen.
17.11.2023
Zwei Jahre queerpolitischer Aufbruch im Koalitionsvertrag – Vorhaben droht zu scheiternLSVD und 34 weitere Organisationen senden offenen Brief an Bundeskanzler Scholz und an die Kabinettsmitglieder
29.08.2023
Equal Rights Coalition für LSBTIQ*: Weltweite Zusammenarbeit von Staat & ZivilgesellschaftRespekt. Der LSVD Podcast Folge Nr.9Die ERC ist die richtige Plattform, um die Rechtsentwicklung für LSBTIQ* auf internationaler Ebene voranzubringen. Dazu zählt auch die weitere Entkriminalisierung von Homosexualität. Die multilaterale Plattform, der 42 Mitgliedssaaten angehören, ist handlungsfähig und reagiert auf Fehlentwicklungen und Katastrophen.

Was steht dazu in unserem Programm?

  • 9. Gleiche Rechte, Vielfalt und Respekt in Europa befördern

    Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union hat in vielen Ländern die Lebenssituation von LSBTI erheblich verbessert. Die EU hat starke Impulse gesetzt für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung. Auch in Deutschland wäre es ohne die Antidiskriminierungsrichtlinien der EU nicht gelungen, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz durchzusetzen. Die EU-Grundrechtecharta enthält ein Verbot der Diskriminierung wegen der „sexuellen Ausrichtung“. Das Europäische Parlament hat vielfach deutlich gegen Homophobie, gegen Transfeindlichkeit und für gleiche Rechte in Europa Position bezogen. Zusammen mit unseren Partnerorganisationen setzen wir uns in Straßburg und Brüssel dafür ein, dass diese politische Grundhaltung in allen europäischen Institutionen engagiert und kontinuierlich zum Tragen kommt.

    Die Grundrechtecharta mit Leben füllen

    Trotz vieler Fortschritte sind in vielen EU-Staaten gleiche Rechte für LSBTI noch nicht durchgesetzt. In einigen Mitgliedsstaaten gibt es immer wieder Rückschläge und massive Anfeindungen, die von Teilen der Politik befördert oder zugelassen werden. Hiergegen müssen die Europäischen Institutionen stärker vorgehen. Das von der EU formulierte Ziel, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu schaffen, muss für alle Menschen und Gruppen Wirklichkeit werden. Dazu gehören auch die europaweite gegenseitige Anerkennung von Eingetragenen Partnerschaften und gleichgeschlechtlichen Ehen und ebenso die gegenseitige Anerkennung von Geburtsurkunden, Adoptions- und Pflegekindvereinbarungen oder anderen Dokumenten, die den Familienstatus betreffen. Regenbogenfamilien müssen Ländergrenzen überschreiten können, ohne ihre bisher gewährten Rechte, die ihre Familienkonstellation betreffen, zu verlieren. Notwendig sind nachhaltige Programme gegen Homophobie, Transfeindlichkeit und gegen jede Form von Diskriminierung. Auch die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte muss dafür weiter gestärkt werden. Ebenso muss die EU in ihrer Außen-, Handels- und internationalen Menschenrechtspolitik die Rolle als Garantin der Grundrechte und Grundfreiheiten einnehmen.

    EU-Kommission, der Europäische Rat und das Europäische Parlament sind aufgefordert, die Antidiskriminierungsrichtlinien der EU auszubauen und zu harmonisieren, damit für alle Diskriminierungsgründe ein gleicher rechtlicher Schutz besteht. Dabei muss für die Diskriminierungsgründe Behinderung, Religion oder Weltanschauung, Alter, sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität ein gleiches Schutzniveau erreicht werden, wie es in Bezug auf Benachteiligungen aufgrund der ethnischen Herkunft und des Geschlechts schon besteht. Leider gehört die deutsche Bundesregierung seit Langem zu den Hauptblockierern einer Gleichbehandlung im EU-Antidiskriminierungsrecht. Das geht insbesondere zu Lasten der Rechte von LSBTI, die in einer Reihe von EU-Mitgliedsstaaten noch erheblichen Diskriminierungen ausgesetzt sind. Diese unverantwortliche Blockade muss ein Ende haben. Der LSVD setzt sich dafür ein, dass Deutschland im Europäischen Rat die Durchsetzung gleicher Rechte, die Schaffung eines wirksamen Diskriminierungsschutzes sowie den nachhaltigen Kampf gegen Homophobie und Transfeindlichkeit aktiv befördert. Die EU-Förderung von gemeinsamen Projekten in Grenzregionen muss die Themen Vielfalt und Antidiskriminierung mit einschließen.

     

    Den Europarat gegen Diskriminierung mobilisieren

    Europa ist größer als die EU. Mit 47 Mitgliedsstaaten greift der Europarat über die Europäische Union hinaus. Mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) hat der Europarat wichtige Instrumente geschaffen, Grundrechte wie den Schutz des Privatlebens und die Meinungs- oder Versammlungsfreiheit durchzusetzen. Diese Grundrechte sind für LSBTI aber in der Realität einiger Mitgliedsstaaten des Europarats längst noch nicht verwirklicht. Einige Mitgliedsstaaten wie Russland missachten zudem offen Urteile des EGMR, die auf die Einhaltung der Menschenrechte pochen. Wir setzen uns für eine starke Rolle des Europarats bei der Durchsetzung der Menschenrechte ein. Die Bundesregierung ist aufgefordert, sich im Ministerkomitee für die Rechte von LSBTI stark zu machen. Das Gleiche gilt für die deutschen Vertreterinnen und Vertreter in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats.

  • 10. Die Achtung der Menschenrechte weltweit voranbringen

    In vielen Ländern drohen Schwulen, Lesben und bisexuellen Menschen Gefängnisstrafen, Folter und mitunter sogar die Todesstrafe. Auch trans- und intergeschlechtlichen Menschen wird das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben ihrer Geschlechtsidentität oft verweigert. In vielen Fällen schüren religiöse und politische Führer ein Klima des Hasses. LSBTI sollen eingeschüchtert und in die Unsichtbarkeit gedrängt werden. Verfolgung und Ausgrenzung, oft auch durch die eigene Familie, führt häufig zu bitterer Armut und einem Leben am Rand der Gesellschaft. Homophobe und transfeindliche Gewalttaten bleiben vielerorts ungeahndet, Polizei und andere Staatsorgane verweigern oftmals jede Hilfe oder sind selbst an der Hetze, Erpressung und Gewalt beteiligt.

    Das Recht auf persönliche Sicherheit, auf Privatsphäre, auf Meinungs-, Presse-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit ist für LSBTI in einer Vielzahl von Ländern nicht einmal ansatzweise gewährleistet. Wenn eine demokratische Zivilgesellschaft unterdrückt wird, wenn Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger bedroht oder gar ermordet werden, hat das immer auch gravierende Auswirkungen auf LSBTI. Sie brauchen unsere Solidarität und aktive Unterstützung. Deutschland hat aus seiner Geschichte heraus eine besondere Verantwortung, Menschenrechtsverletzungen an LSBTI entschieden entgegenzutreten.

    Die Menschenrechtsarbeit der Vereinten Nationen stärken

    Deutschland muss das Thema Menschenrechte hinsichtlich sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität in den Vereinten Nationen offensiv vertreten. 2006 erhielt der LSVD mit Unterstützung der Bundesregierung und der Europäischen Union offiziellen Beraterstatus bei den Vereinten Nationen – gegen starken Widerstand der islamischen Länder, vieler afrikanischer Staaten und von Seiten des Vatikans. 

    2006 haben namhafte internationale Menschenrechtsexpertinnen und -experten die „Yogyakarta-Prinzipien zur Anwendung der Menschenrechte in Bezug auf die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität“ entwickelt. Diese Prinzipien, verfasst auf einer Konferenz in der indonesischen Stadt Yogyakarta, bilden die erste systematische Gesamtschau auf die Menschenrechtsgewährleistung für Lesben, Schwule, Bisexuelle und transgeschlechtliche Menschen. Sie wurden im November 2017 um neun Prinzipien und die Aspekte gender expression (Geschlechtsausdruck) und sex characteristics (Geschlechtsmerkmale) erweitert (Yogyakarta-Prinzipien plus 10). Wir kämpfen dort dafür, dass die so ergänzten Yogyakarta-Prinzipien Grundlage der UN-Politik werden. In den letzten Jahren ist es trotz großer Widerstände und einzelner Rückschläge gelungen, in den UN-Gremien, insbesondere im Menschenrechtsrat und in der UN-Vollversammlung erste Beschlüsse über die Gewährleistung der Menschenrechte für LSBTI zu erreichen. Deutschland setzt sich in der UN LGBT Core Group und der Equal Rights Coalition, der es 2016 beigetreten ist, für die Menschenrechte von LSBTI ein. Der LSVD engagiert sich mit seinen Partnerorganisationen und als Mitglied der International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA) dafür, dass all diese Ansätze gefestigt, verstetigt und kontinuierlich ausgebaut werden. Die Vereinten Nationen spielen eine wichtige Rolle im globalen Kampf gegen Gewalt und Unterdrückung.

    Alle Möglichkeiten deutscher Außenpolitik nutzen

    Die deutsche Außen-, Entwicklungs- und Menschenrechtspolitik muss gegenüber ihren Dialogpartnerinnen und -partnern in aller Welt deutlich betonen: Die Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität ist eine schwere Verletzung der universellen Menschenrechte. Die Achtung dieser Rechte von LSBTI muss ein Kriterium für die Mittelvergabe in der Entwicklungszusammenarbeit werden, insbesondere bei den globalen Budgethilfen für einzelne Staaten. Auch das Instrument der Rechtsstaatsdialoge mit anderen Ländern muss für die Verbesserung der Situation von LSBTI genutzt werden. Wir treten dafür ein, dass Bund, Länder und Kommunen die Yogyakarta-Prinzipien zur offiziellen Handlungsgrundlage ihrer Politik erklären und die Bundesrepublik sich für ihre weltweite Geltung einsetzt.

    Zur Stärkung und Verstetigung des deutschen Engagements für die Menschenrechte bedarf es eines LSBTI-Inklusionskonzepts für die Auswärtige Politik und die Entwicklungszusammenarbeit. Das Konzept muss gemeinsam mit der Zivilgesellschaft entwickelt werden. Zukünftig muss ein klar definierter Anteil der Mittel für Armutsbekämpfung, Gesundheitsförderung, Bildung und Ausbildung, Good Governance, Konfliktlösung, Polizeifortbildung und Menschenrechtsarbeit für die Unterstützung von LSBTI verwendet werden.

    Die Deutschen Botschaften, die Goethe-Institute, die Deutsche Welle, die parteinahen Stiftungen und Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit sollten hierbei eine aktive Rolle einnehmen, die Situation von LSBTI zu verbessern: durch Informations- und Vernetzungsarbeit und dadurch, dass sie über internationale Aufmerksamkeit zum Schutz von oftmals gefährdeten Menschenrechtsverteidigern und -verteidigerinnen beitragen. Städtepartnerschaften sind hier ein wichtiges Instrument und müssen viel öfter genutzt werden. Steuergelder dürfen nicht in die Kassen von Hetzerinnen und Hasspredigern fließen. In Deutschland ansässige Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit oder politische Stiftungen sollen bei der Verwendung öffentlicher Mittel darauf verpflichtet werden, nur mit solche Organisationen der Partnerländer zusammenzuarbeiten, die sich nicht an der Verfolgung und Stigmatisierung von LSBTI beteiligen oder ein Vorenthalten von Grundrechten für LSBTI nicht befürworten.

    Zivilgesellschaftliches Engagement für die Menschenrechte verstärken

    Einsatz für die Menschenrechte ist auch eine zivilgesellschaftliche Aufgabe. Von den vielen tausend in Deutschland registrierten gemeinnützigen Stiftungen engagiert sich nur ein winziger Bruchteil bislang auch für LSBTI-Thematiken. Wir setzen uns dafür ein, dass sich das ändert. Wir wollen aber nicht auf andere warten. Mit der 2007 gegründeten „Hirschfeld-Eddy-Stiftung“ unterstützt der LSVD international LSBTI-Menschenrechtsarbeit, hilft aktiv Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern und fördert Aufklärung sowie den Abbau von Vorurteilen. Denn das gilt für alle Aktivitäten des LSVD: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.