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PROJEKTE ! 22 1/2005 D as Schwule Überfalltelefon Köln 19228 hat seinen Anti-Gewalt-Bericht 2004 vorgelegt. Neben Zahlen zur antischwulen Gewalt enthält der Be- richt Vorschläge zur Gewaltprävention und zur Förderung der Akzeptanz Homosexueller. In 2004 wurden dem Kölner Projekt 46 Fälle antischwuler Gewalt gemeldet. Vergleicht man die Fälle seit der Gründung des Überfalltelefons, dann ist das kein Spitzenwert. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der gemeldeten Fälle aber gestiegen. Die Ursachen können sehr unterschiedlicher Art sein, z. B. eine allgemeine Zunahme der Anzeige- und Meldebereitschaft. Auch die verstärkte Werbung des Überfalltelefons kann die Statistik beeinflusst haben. Ein eindeu- tiger Trend lässt sich an den Zahlen noch nicht ablesen. Kritisch beurteilt der Bericht die Entwicklung bei der Polizei. Bei der Verbrechensaufklärung und der General- wie Spezialprävention im Bereich anti- schwuler Gewalt werden insgesamt strukturelle Rückschritte auf Seiten der Polizei in Köln und NRW festgestellt. Strafanzeigen wurden von Polizei-Beamten zwar nicht mehr „spürbar ablehnend“ entgegengenommen. Dennoch mussten Anzeigensteller immer wieder feststellen, dass es für die Beamten das Phäno- men antischwuler Gewalt nach ihrem Kenntnisstand „nicht gibt“. Das Kölner Projekt fordert deswegen die Weiterführung der polizeiinternen Fortbildung zu lesbisch-schwulen Lebensformen und antihomosexueller Ge- walt. Dies ist ein Grundpfeiler des „Kölner Modells“. Frühere positive Entwicklungen bei der Kölner Polizei wie dem LKA NRW sind nach Auffassung des Anti-Gewalt-Projekts wieder aufzugreifen. Die Bedeutung der polizeilichen AnsprechpartnerInnen für gleichgeschlechtliche Lebensweisen vor Ort ist dabei zu stärken. Auch die Erfassung von „antischwuler Kriminalität“ bei Polizeibehörden soll- te erneut erwogen werden, ohne von der bisherigen Prämisse abzuweichen, dass bei Anzeigestellung „schwul/lesbisch/transgender“ kein Personenkenn- zeichen werden darf. Es sollte jedoch ermöglicht werden, eine „antihomose- xuelle“ Straftat in der Anzeige getrennt von den Personendaten zu registrieren. Dies müsste heute technisch machbar sein, bedürfe aber erneuter Diskussionen mit Innenministerien und LKA. Abschließend wird in dem Bericht vorgeschlagen, eine wissenschaftliche Studie zur antihomosexuellen Gewalt durchzuführen und eine Dokumentations- stelle einzurichten. Für 2005 wird ein bundesweites Treffen von Einrichtungen angeregt, die mit dem Thema Gewalt gegen Lesben und Schwule befasst sind, um mögliche Fragestellungen zusammenzutragen und das Profil einer bundes- weiten Dokumentationsstelle zu erörtern. Nachzulesen ist der dokumentierte Anti-Gewalt-Bericht 2004 unter: www.koeln19228.de D as Projekt „Maneo – Schwules Überfalltelefon und Opferhilfe“ erfasst seit 1990 Fälle von Gewalt und Diskriminierung zum Nachteil schwuler Männer in Berlin und im Umland. Maneo ist ein eigenständi- ges Projekt von Mann-O-Meter e.V., Berlins schwulem Informations- und Beratungszentrum. Für seine Arbeit wurde Maneo mehrfach ausgezeichnet: 1999 erhielt das Projekt den Mete-Ecksi-Preis und 2001 den CSD-Preis für Zivilcourage. Mit Maneo verbinden sich die Arbeitsbereiche „Opferhilfe“, „Gewalt- erfassung“ und „gewaltpräventive Öffentlichkeitsarbeit“. Alle drei Bereiche ergänzen und unterstützen sich und sind voneinander nicht zu trennen. Die Gewalterfassung dient dazu, Erkenntnisse über die Gewalttaten und ihre Ursachen zu gewinnen, die Gewalt beim Namen zu nennen und dazu beizutra- gen, dass schwulenfeindliche Übergriffe nicht länger ignoriert werden können. Die Opferhilfearbeit dient dazu, dass die Betroffenen in ihren Anliegen und Sorgen ernst genommen werden und professionelle Unterstützung und Hilfe erhalten. Schließlich werden die gesammelten Fakten dazu genutzt, gewaltprä- ventive Maßnahmen zu entwickeln und einzuleiten. Maneo hat hierzu bereits zahlreiche Aktionen erfolgreich durchgeführt, zuletzt eine Aufklärungsaktion zum Thema KO-Tropfen und „Safer Surfen – Vorsicht bei ,Blind Dates‘“. Im Jahr 2003 registrierte Maneo über 260 Gewalttaten zum Nachteil schwuler Männer. Darunter 183 Fälle mit einem schwulenfeindlichen Hin- tergrund. Viele Beispiele hat Maneo auf seiner Homepage veröffentlich, u.a. den Fall von drei schwulen Jugendlichen, 14, 15 und 16 Jahre alt, die in einem Bus von drei älteren Jugendlichen als Schwule beschimpft und schließlich körperlich angegriffen wurden. Beispiele aus dem Jahr 2004 sind bereits auf der Maneo-Homepage zu finden, darunter auch zahlreiche Raubstraftaten. Die Täter halten Schwule meist für einfache Beute, weil sie der Meinung sind, der- artige Übergriffe seien moralisch vertretbar. In Strafverfahren rechtfertigen sie sich oft damit, sie seien von ihren Opfern angemacht, provoziert oder gar sexuell belästigt worden. Der Einsatz und die Unterstützung für Opfer von Gewaltstraftaten geht ein- her mit dem Bemühen, die Ursachen der Gewalt zu verstehen und zu bear- beiten. Deshalb engagiert sich Maneo u.a. als Partner des Projekts „Schule ohne Rassismus, Schwule mit Courage“. Neben dem klaren Signal, das wir gemeinsam mit der Polizei an die Täter richten, dass es sich bei Übergriffen auf Schwule um Straftaten handelt, die verfolgt und bestraft werden, enga- giert sich Maneo für sexualpädagogische und gewaltpräventive Aufklärungs- arbeit unter Jugendlichen, eben auch an Schulen. Denn Toleranz und Respekt gegenüber Homosexuellen müssen in kontinuierlicher Arbeit erstritten und erhalten werden. Für seine Arbeit wurde Maneo mehrfach ausgezeichnet: Mete-Ecksi-Preis (1999), CSD-Preis für Zivilcourage (2001), Anerkennung durch die Landeskommission Berlin gegen Gewalt (2003). Maneo – Schwules Überfalltelefon und Opferhilfe 030-2163336, Internet: www.maneo.de Keine Entwarnung bei antischwuler Gewalt Überfalltelefon „Köln 19228“ legt Anti-Gewalt-Bericht 2004 vor VON FRANK G. POHL „Toleranz und Respekt müssen erstritten werden" Maneo – Berlins schwules Überfalltelefon und Opferhilfe VON BASTIAN FINKE

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