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Christdemokratie und Homosexuellenemanzipation – das war lange Zeit wie Teufel und Weihwasser. Besonders in der CSU wollte man mit Lesben und Schwulen nichts zu tun haben. Noch 1991 erklärte Edmund Stoiber, wer über die steuer- und erbrechtliche Anerkennung homosexueller Paare nachdenke, könne „gleich über Teufelsanbetung diskutieren“. Seitdem ist viel Wasser die Isar heruntergelaufen. Zwar kämpft die CSU weiterhin gegen eine Gleichstellung von Lebenspartnerschaft und Ehe. Gleichwohl gestehen führende CSU-Politiker inzwischen zu, dass Lebenspartnerschaften „rechtlich gestärkt“ werden müssten. Respekt sprach mit der Protagonistin dieser neuen Linie, Bayerns Justizministerin Beate Merk, über die künftige Lesben- und Schwulenpolitik ihrer Partei. TITEL ! 8 1/2005 Respekt: Sehr geehrte Frau Ministerin, die CSU hat sich in ihrer Geschichte immer wieder gegen die Anerkennung von Lesben und Schwulen gestemmt. Wie passt das eigentlich zu dem Anspruch, eine „freie und offene Gesellschaft“ zu gestalten? Merk: Diesen Eindruck habe ich, seitdem ich aktiv in der Politik tätig bin, nicht. Richtig ist, dass sich die Politik der CSU immer auf die Förderung und Unterstützung der Familie fokussiert hat. Das aber, ohne andere Lebensformen auszugrenzen. In jüngster Zeit hört man aus Ihrer Partei widersprüchliche Stimmen zur Gleichstellung von Lesben und Schwulen... Wie in jeder Partei gibt es auch in unserer Partei unterschiedliche Ansichten. Die Gleichstellung von Lesben und Schwulen ist ein Thema, das derzeit ver- stärkt im Hinblick auf die besondere Lage in den Großstädten diskutiert wird. Ich halte es für sehr wichtig, offen über die Situation der Menschen zu spre- chen, die die verschiedensten Lebensmuster leben. Eigentlich entspricht die Lebenspartnerschaft doch konservativen Wert- vorstellungen: Zwei Menschen übernehmen Verantwortung füreinander, unterstützen sich auch „in schlechten Zeiten“, statt auf Vater Staat zu ver- trauen. Müssten solche Lebensmodelle aus Ihrer Perspektive nicht geför- dert werden, statt sie zu verdammen? Auf der einen Seite werden zwei Menschen, die Verantwortung in einer bestän- digen Partnerschaft füreinander übernehmen, vom Staat Pflichten aufgeladen. Dem müssen deshalb auf der anderen Seite als Ausgleich auch Rechte gegen- überstehen. Das bedeutet aber nicht, dass die verschiedenen Formen der Lebenspartnerschaft der Ehe gleichgestellt werden sollen. Viele Homosexuelle haben durchaus „konservative“ Wertvorstellungen. Bei CDU und CSU fühlen sich aber die wenigsten von ihnen aufgehoben. Verprellen die Unionsparteien mit ihrer Anti-Homo-Ehe-Politik nicht eine interessante Wählergruppe? Die CSU als große christliche Volkspartei hat selbstverständlich ganz konkrete Wertvorstellungen und Ziele. Dass sie sich auch anderen Denkweisen und Lebensformen öffnet und Standpunkte austauscht, zeichnet diese Partei aus. Beate Merk, seit 2003 bayerische Justizministerin,… „Egal ob Mann oder Frau“ Bayerns Justizministerin Beate Merk über die Lesben- und Schwulenpolitik der CSU
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