respekt_heft_02_07_2005
pressespiegel ! 15 02/05 3. März 2005: Kulturbedingte „Ehrenmorde“ Berlin-Tempelhof hat ein neues Denkmal. Dort, wo vor einem Monat die 23-jährige Hatun Sürücü einem so genannten Ehrenmord zum Opfer fiel, werden immer wieder Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet. Sürücü war bereits das sechste Opfer jener Verbrechen im Namen der Ehre, die in der Hauptstadt in nur vier Monaten zu beklagen waren. Dass die schöne junge Frau als das Erste dieser Opfer überhaupt öffentlich bekannt wurde, ist beschämend, wenn man sich vor Augen hält, wie viel – berechtigte – Empörung der Mord an dem Filmemacher Theo van Gogh im letzten Herbst aus- gelöst hat. Und immer noch hält sich der Protest in Grenzen: Es blieb dem Lesben- und Schwulen- verband vorbehalten, eine Mahnwache für Hatun Sürücü zu organisieren, an der dann immerhin 200 Menschen teilnahmen. Lauter als die wohlmeinen- den Appelle der Teilnehmer dröhnte das Schweigen der Nicht- teilnehmer, die eigentlich an vorderster Stelle hierher gehört hätten: islamische Verbände, die es ernst meinen mit ihrem Bekenntnis zu den Menschenrechten; Imame, die an die Verträglich- keit der Lehren des Korans mit dem Rechtsstaat glauben; fromme Muslime, die es nicht länger hin- nehmen wollen, dass ihr Glaube zur Rechtfertigung von Frauenunterdrückung im Zeichen eines archai- schen Ehrbegriffs herhalten muss. 26. März 2005: Homosexuelle streiten mit Versicherungen wegen Aids-Risiko ...Ein solcher [Fall] ist das Paar Bernd Simon und Gilmar Jost. Letzterer wollte nach eigenen Angaben bei der Barmenia eine Police abschließen, wurde aber abgelehnt. Es gebe eine interne Anweisung, Schwule nicht zu versichern, habe ein Makler erklärt. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) kennt eine Menge solcher Fälle. Rund 90 Prozent der Versicherer diskriminierten schwule Männer gegenüber Heteros durch verschärfte Risiko- prüfung oder völlige Ablehnung, sagt ein LSVD- Sprecher. Die Assekuranz frage aber nicht offen, sie arbeite mit Vermutungen. Praktisch jeder Mann, der einen anderen Mann bei einer Lebensversicherung im Todesfall als Begünstigten angibt, werde ver- dächtigt. „Die Versicherer vermuten dann ein höhe- res HIV-Risiko”, sagt der LSVD-Sprecher. In der Regel würden Ablehnungen nicht begründet, sodass die Diskriminierung versteckt bleibe. Ein Grund für diese Praxis ist nach Expertenansicht, dass die Versicherer die rund fünf Millionen Homosexuellen als Kunden nicht verlieren wollen. Statistisch gesehen sind sie überdurchschnittlich vermögend. 26. April 2005: Visionen zum Geburtstag ...Der 15. Verbandstag am Wochenende im Deutzer Bürgerzentrum war somit auch eine Jubiläumsveranstaltung, doch die mehr als 100 Teilnehmer hatten eher die Visionen für die Zukunft im Blick. Den Mitgliedern des LSVD geht beispiels- weise das Antidiskriminierungsgesetz nicht weit genug. Ein Konflikt entstehe oftmals für Homo- sexuelle, die in kirchlichen Einrichtungen wie Kindergärten oder Krankenhäusern arbeiten woll- ten, dies aber wegen ihrer Homosexualität nicht dürften, erklärte Eduard Stapel vom Bundes- vorstand. Mit Vorträgen von Experten wurden die Tagungsteilnehmer über diese und weitere Themen informiert. Ein Geschenk zum 15. Geburtstag machte sich der LSVD zudem selbst: Mit „Respekt! Zeitschrift für Lesben- und Schwulenpolitik“ lag die erste Ausgabe der neuen Verbandszeitung vor, die nicht nur für Mitglieder gedacht ist. Mai/Juni 2005: Coming-out in der Schule Auf dem Schulhof dient „schwule Sau“ als General-Schimpfwort. Oft reicht nur der Verdacht, ein Junge könnte schwul, ein Mädchen lesbisch sein, um übelste Mobbingattacken zu starten. In einer Studie des Niedersächsichen Sozialministeri- ums berichten 67 Prozent der Befragten über nega- tive Erfahrungen nach ihrem Coming-out. Judith Eisert, Sozialarbeiterin beim Jugend- zentrum „anyway“ in Köln weiß, wie schwierig es ist, verunsicherten Schülern zu helfen: „Sicher arbeiten wir darauf hin, dass die Jugendlichen selbstbewusst zu sich stehen. Wir wollen Ihnen zei- gen, dass sie keine Exoten sind und dass sie sich in ihrer Umwelt selbstverständlich bewegen kön- nen.“ Doch ein Patentrezept gibt es nicht. „Oft sind auch die Lehrer überfordert. Viele schauen weg, auch wenn Betroffene in der Sportumkleide attak- kiert werden“, sagt Peter Ruch vom Pädagogischen Institut des Schulreferats München... Unwissenheit, so heißt es beim Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD), ist ein Grund, warum die mei- ste Gewalt gegen Homosexuelle von Jugendlichen zwischen 14 und 21 Jahren ausgeht. „Oft kommt Homosexualität nur im Biologieunterricht vor. Gern auch als sexuelle Abart im selben Kapitel wie Pädophilie oder als Risikofaktor in Verbindung mit der AIDS-Aufklärung,“ sagt Ulf Höpfner, offen schwuler Lehrer aus Berlin. 24. Mai 2005: Warschau bleibt hetero Zum Verbot des Warschauer Christopher Street Days erklärte Philipp Braun, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD): „Es kann nicht hingenommen werden, dass die Menschenrechte mitten in Europa mit Füßen getreten werden. Der LSVD fordert die Bundesregierung und die Europäische Union auf, bei der polnischen Regierung vorstellig zu werden.“ Vordergründig ist Kaczynskis Abwehrhaltung zunächst durch eine durchschnittlich homophobe, katholische Grund- haltung motiviert. Darüber hinaus scheint der Bürgermeister, der bald Präsident werden möchte, mit homosexuellenfeindlichen Parolen Wähler gewinnen zu wollen.. www.kreuz.net vom 8. März 2005: Zuviele Hochzeiten Katja Ebstein ist eine berühmte und populäre deutsche Schlagersängerin, die auch sehr engagiert in der Initiative „Künstler für Christus“ mitmacht. Gleichzeitig ist sie eine Vorkämpferin für das Homo-Konkubinat. Ende Februar verbreitete die Nachrichtenagentur AP eine Meldung, wonach militante Homosexuelle in Deutschland auf eine vollständige Gleichstellung des Homo-Konkubinats mit der Ehe drängten. Es sei aus diesem Grund eine von Prominenten unterstützte Kampagne unter dem Motto „Aktion 1:1“ in Gang gebracht worden, um die Gesetzesinitiative der rot-grünen Regierung zur Gleichstellung im Erbschafts- und Steuerrecht zu unterstützen. Die Aktion wird von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unterstützt. Zu ihnen gehört neben dem Schriftsteller Günter Grass, dem Kabarettisten Dieter Hildebrandt, dem Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds Michael Sommer und dem Schauspieler Dietmar Schönherr auch die Schlagersängerin Katja Ebstein. Anlässlich ihres bevorstehenden 60. Geburtstages am 9. März ließ Katja Ebstein an ihren Überzeugungen keinen Zweifel. Ihr Engagement für die umstrittene Kampagne „Aktion 1:1“ erklärte sie nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AP fol- gendermaßen: „Ich finde das ganz normal, daß Menschen, die miteinander leben wollen, sich das auch legalisieren lassen dürfen. Gott sei Dank sind da gerade die richtigen Leute an der Regierung, die das unterstützen.“ RE_02_05+ 14.06.2005 12:29 Uhr Seite 15
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