Heft 3 (September 2005)
12 02/05 politik ! Respekt: Frau Roth, SPD und Grüne haben in den vergangenen sieben Jahren einiges für Lesben und Schwule erreicht. Das Lebens- partnerschaftsgesetz ist fraglos ein großer Fortschritt. Hinter dem ursprünglichen Ziel der Grünen, die Ehe zu öffnen, bleibt es aber weit zurück. Warum? Roth: Wir Grüne hatten nicht die absolute Mehrheit. Trotz aller Widerstände ist aber eine kleine Kulturrevolution gelungen. Die öffentliche Akzeptanz für Schwule und Lesben ist spürbar gewachsen. Viele Ungerechtigkeiten sind besei- tigt. Denken Sie nur daran, welch schlimme Probleme binationale Paare früher hatten. Heute haben sie volle Rechtssicherheit. Das Lebenspartnerschaftsgesetz wurde auch kritisiert, weil es ein „Sondergesetz“ für Homosexuelle ist. War es – im Nachhinein betrachtet – dennoch der richtige Weg? Der Weg ist richtig und wir gehen ihn konse- quent weiter. Der Erfolg der Lebenspartnerschaft hat das gesellschaftliche Verständnis von Ehe erweitert. Damit ist verfassungsrechtlich der Boden bereitet, auch in Deutschland die Öffnung der Ehe in Angriff zu nehmen. Das Ziel ist volle Gleichstellung, vorher lassen wir nicht locker. Bringt das „Herumdoktern“ an tausend Folgegesetzen der Ehe eigentlich noch etwas? Wäre es nicht jetzt schon an der Zeit, dem Beispiel von Spanien und Kanada zu folgen und die Ehe für Schwule und Lesben zu öffnen? Wir tun das eine ohne das andere zu las- sen. Wir arbeiten auf die Ehe hin. Aber warum sollten wir darauf verzichten, gleichzeitig in anste- henden Gesetzesvorhaben für die Gleichstellung der Lebenspartnerschaft zu sorgen – von der HandwerksordnungbiszumSpätaussiedlergesetz? Das ist kein „Herumdoktern“ sondern konsequente Gleichstellungspolitik. Beim Adoptionsrecht ist Rot-Grün mit der Stiefkindadoption auf halbem Weg stehenge- blieben. Warum waren Sie an diesem Punkt so zögerlich? Wir sind nicht stehen geblieben, sondern haben eine erste große Etappe geschafft – und das bei einer politisch sehr sensiblen Frage. Bereits drei Jahre nach Einführung der Lebenspartnerschaft konnten wir die Stiefkindadoption politisch durch- setzen. Der historische Vorreiter Dänemark hat für die gleiche Ergänzung noch 10 Jahre gebraucht. Auch bei den Grünen gab es ja Widerstand, zum Beispiel von Antje Vollmer. Steht die Partei inzwischen geschlossen hinter der Forderung nach dem vollen Adoptionsrecht? Wir Grüne haben uns im Wahlprogramm einmü- tig für das volle Adoptionsrecht ausgesprochen. „Eine erste große Etappe geschafft“ Claudia Roth über die nächsten Ziele der Grünen Claudia Roth ist Parteivorsitzende von Bündnis 90 / Die Grünen. Foto: Bü 90 / Die Grünen
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