Heft 3 (September 2005)

politik ! 13 03/05 Antje Vollmer vertrat eine Einzelmeinung, die in der Partei keinen Rückhalt fand. Im Bundestag hat sie übrigens trotz ihrer Bedenken am Ende für das Gesetz mit der Stiefkindadoption gestimmt. Das Antidiskriminierungsgesetz haben die unionsgeführten Länder im Bundesrat gestoppt. Hat das Gesetz noch eine Chance? Die simple Formel von CDU/CSU und FDP lautet: Umsetzung der EU-Richtlinien gegen Diskriminierung 1:1. Das bedeutet im Klartext: Sie wollen Schwulen und Lesben gleichen Diskriminierungsschutz verweigern. Wir kämpfen weiter für ein umfassendes Antidiskriminierungs- gesetz. Der Bundesrat kann nur verzögern. Der Ring ist frei zur nächsten Runde. Vorurteile, Hass und Gewalt gegenüber Schwulen und Lesben sind auch heute noch ver- breitet. Ein großes Problem ist das „Schwulen- klatschen“ durch Jugendgangs, die sich darauf spezialisiert haben, Schwule zusammenzu- schlagen und zu berauben. Was planen die Grünen hier an Präventionsmaßnahmen? Alle Programme gegen Hassverbrechen müs- sen auch das Thema Homosexualität einbeziehen. Wir brauchen Akzeptanzförderung und müssen früh ansetzen, gerade in der Schule. Daher ist es völlig unverantwortlich, dass die neue CDU- Schulministerin in NRW als eine ihrer ersten Amtshandlungen ein Lehrerhandbuch zum Thema Homosexualität aus dem Verkehr zieht. Diese Zensur ist ein unappetitlicher Vorgeschmack auf das, was bei Schwarz-Gelb auf Bundesebene drohen würde. Auch unter Migranten gibt es große Vorurteile gegenüber Lesben und Schwulen. Was wol- len die Grünen tun, damit Hass und Gewalt abgebaut werden und es nicht zu „hollän- dischen Verhältnissen“ kommt, wo die Polizei Lesben und Schwulen rät, aus bestimmten, von Einwanderern bewohnten Stadtvierteln wegzu- ziehen? Egal welcher Herkunft – niemand darf sich herausnehmen, der Würde und Freiheit eines anderen Menschen ein Denken entgegenzuset- zen, bei dem für Frauen weniger Rechte gelten oder Schwulen und Lesben das Existenzrecht abgesprochen wird. Wir setzen auf aktive Integration und eine Bildungspolitik, die ihrem Auftrag endlich gerecht werden muss. An dieser Stelle muss man nochmals auf die längerfristig fatalen Konsequenzen der CDU-Schulpolitik in NRW hinweisen. Hier sind alle gefordert: Parteien, Behörden und Verbände. Wir möchten z.B. Müttern und Vätern spezielle Integrationsangebote machen und dabei gewaltpräventive Erziehungsmethoden ebenso vermitteln wie die Toleranz gegenüber anderen Lebensweisen. AZ Antworten auf LSVD-Wahlprüfsteine: Schutz vor Diskriminierung Allemüssen gleiche Chancen haben beim Zugang zu Beschäf- tigung, zu Gütern und Dienst- leistungen. Daher setzen wir uns für ein Antidiskriminierungs gesetz ein... Damit treten wir Benachteiligungen im Arbeits- und Alltagsleben wirksam ent- gegen. Bündnis 90/Die Grünen haben sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass alle relevanten Merkmale – über die Vorga- ben der Europäischen Union hinaus – auch im allgemeinen Zivilrecht in den Diskriminie- rungsschutz einbezogen wer- den. Das gilt auch für die sexu- elle Identität. Wir wenden uns gegen die Forderungen von CDU/CSU und FDP, dass Schwule und Lesben aus dem gesetzlichen Diskriminierungs- schutz im Zivilrecht... ausge- schlossen bleiben sollen... Lebenspartnerschaften Es darf keinen Stillstand oder gar Rückschritt bei Lebenspart- nerschaft und Adoptionsrecht geben. Bündnis 90/Die Grünen sind Garant dafür, dass das Erreichte nicht nur verteidigt, sondern ausgebaut wird. Mit dem Lebenspartnerschaftsge- setz ist das Fundament gelegt. Seitdem bauen wir Stein für Stein an. Wir haben durchge- setzt, dass zum 1.1.2005 wei- tere Verbesserungen verwirk- licht wurden, z.B. Gleichstellung bei der gesetzlichen Rente, Einführung des Verlöbnisses und die Ermöglichung der Stief- kindadoption... Bündnis 90/Die Grünen kämpfen im Bundestag und gegenüber dem Bundesrat für volle Gleichstellung, auch im Steuer- und Beamtenrecht. Das Lebenspartnerschaftsge- setz hat in der Gesellschaft große Zustimmung gefunden. Damit ist der Boden bereitet, nach dem Vorbild Spaniens, Belgiens, Kanadas und der Niederlande nun auch die Öffnung der Ehe für gleichge- schlechtliche Paare in Angriff zu nehmen. Regenbogenfamilien Familie ist, wo Kinder sind... Regenbogenfamilien – gleich- geschlechtliche Eltern mit Kindern – haben ein Recht auf Anerkennung und Schutz vor Diskriminierung. Als ersten Schritt haben wir die Stiefkind- adoption ermöglicht... Auch im Steuerrecht müssen Regenbo- genfamilien gleichgestellt wer- den... Das volle Adoptionsrecht muss folgen... Wir halten den Ausschluss von lesbischen Frauen von Maßnahmen der Fortpflanzungsmedizin für dis- kriminierend und setzen uns für eine Liberalisierung ein. Wir tre- ten dafür ein, künstliche Be- fruchtung nicht nur für Ver- heiratete zuzulassen. Selbst- verständlich kommen schwule und lesbische Paare auch für Pflegschaften in Frage. Es ist diskriminierend, Lesben und Schwulen die Fähigkeit zur ver- antwortlichen Kindererziehung abzusprechen, wie das die CDU/CSU versucht. „Transsexuellengesetz“ Transsexuellen und interse- xuellen Menschen muss es ermöglicht werden, ihre Lebens- weise selbst zu bestimmen. Der Zustand, dass Menschen, die ihre Geschlechtszugehörigkeit verändern wollen, immer noch demütigenden und langwierigen bürokratischen Verfahren aus- gesetzt sind, muss ein Ende haben... Denkmal für NS-Opfer Der Bundestagsbeschluss zur Errichtung eines Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen erfolgte auf unsere Initiative hin... Es ist wichtig, dass die Opfer ein ehrendes Andenken erhalten und dass in unsere Zeit hinein und für die Zukunft ein beständiges Zeichen gegen Intoleranz, Feindseligkeit und Ausgrenzung gegenüber Schwulen und Lesben gesetzt wird. Hassverbrechen ...Angesichts weiter beste- hender Ressentiments und antihomosexueller Gewalt be- darf es gezielter Maßnahmen zur Prävention, zur Akzeptanz homosexueller Lebensweisen in der Gesellschaft und zum Abbau von Vorurteilen und Feindseligkeiten gegenüber Lesben und Schwulen. Migration und Integration Niemand darf sich heraus- nehmen, der Würde und Freiheit eines anderen Menschen, die das Grundgesetz für alle glei- chermaßen vorsieht, ein patri- archales Denken entgegenzu- setzen, bei dem für Frauen weniger Rechte gelten als für Männer, oder bei dem homo- sexuellen Menschen das Recht auf Selbstbestimmung und freie Entfaltung der Persönlichkeit abgesprochen wird. Menschenrechte Selbstverständlich muss Deutschland.. das Thema Menschenrechte und sexuelle Identität auf internationaler Ebene weiterhin offensiv vertre- ten. Diese entschiedene Politik für die Menschenrechte von Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender wollen Bündnis 90/Die Grünen fort- setzen und weiter intensivie- ren. Bürgerrechte in Europa Wir streben die volle Aner- kennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und gleichge- schlechtlicher Familien in den EU-Gesetzgebungen an... Wir treten dafür ein, Lücken im EU- Richtlinienwerk gegen Diskrimi- nierung zu schließen, so dass für das Merkmal sexuelle Iden- tität klare Maßstäbe auch über den Bereich Beschäftigung und Beruf hinaus gesetzt werden.

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