Heft 3 (September 2005)
news ! 4 03/05 CSD Stuttgart: Bischof gegen CDU-Minister Baden-Württembergs Sozialminister Andreas Renner (CDU) eröffnete am 22. Juli 2005 die große Gala zur diesjährigen CSD-Woche in Stuttgart, die unter dem Motto „Familie heute“ stand. Mit Sozialminister Renner hat erstmalig ein Mitglied der baden-württembergischen Landesregierung die Schirmherrschaft für einen CSD im Land übernommen. Innerhalb der CDU war diese Schirmherrschaft stark umstritten und führte zu zahlreichen Protesten. Die oft heftigen und teilweise sehr emotionalen Reaktionen führten dazu, dass sich die CDU über Wochen mit Homosexualität auseinandersetzte und das Thema auch den letzten Ortsverband erreichte. Zu den Kritikern gehörte auch der Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst, der das Motto des Christopher-Street-Days scharf angriff. Fürst erklärte, „homose- xuelle Interessengruppen“ beförderten eine „schleichende Auflösung des Leitbildes von Ehe und Familie“. Der LSVD wies Fürsts Kritik entschieden zurück. „Fürsts Angriff auf das CSD-Motto ist beleidigend für alle lesbischen Mütter und schwulen Väter“, erklärte LSVD-Sprecher Manfred Bruns. Tagung zur Geschlechterdemokratie Der Deutsche Frauenrat lädt vom 16. bis 18. September zu einer Tagung über Fortschritte und Blockaden auf dem Weg zur Geschlechterdemokratie nach Berlin. Themen sind u.a. die Globalisierung, Biotechnologien und religiös, ethnisch oder national begründete Fundamentalismen. Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite des Frauenrates: www.frauenrat.de . Vorträge über Regenbogenfamilien Was wissen wir heute über schwul-lesbische Elternschaft und die Kinder, die in Regenbogenfamilien aufwachsen? Dieser Frage geht Dr. Elke Jansen (Köln), Leiterin des LSVD-Projektes „Regenbogenfamilien“ in einem Vortrag nach, den sie am 14. September in Magdeburg hält. Jansen beleuchtet Ergebnisse psychosozialer Studien zu Regenbogenfamilien vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtslage in Deutschland. Hier geht es um Mythen und Vorurteile über schwul-lesbische Elternschaft und die Erkenntnisse der psychosozialen Forschung der vergangenen 30 Jahre. Die Veranstaltung steht unter dem Titel: „Die Lebenswirklichkeit lesbischer Mütter, schwuler Väter und ihrer Kinder im Spiegel psychosozialer Forschung“. Sie beginnt um 20 Uhr im InfoLaden des LSVD Sachsen-Anhalt, Walther-Rathenau-Str. 31, 39106 Magdeburg. Der Vortrag „Eltern werden ist nicht schwer – Wege schwul-lesbischer Familienplanung“ widmet sich demgegenüber der Frage, wie lesbische Frauen und schwule Männer heute nach ihrem Coming out ihren Elternwunsch verwirklichen können. Hier werden Möglichkeiten und Bedingungen der Adoption und Pflegschaft sowie heterologer Insemination und so genannter „Queerfamilys“ beleuchtet und vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtslage in Deutschland diskutiert. Diesen Vortrag wird Dr. Elke Jansen auf einer Vortragstour gleich in mehre- ren Städten halten. In Frankfurt am Main am Freitag, dem 2. September 2005, in Halle am Donnerstag, dem 15. September 2005, in Leipzig am Freitag, dem 14. Oktober 2005 und in Osnabrück am Donnerstag, dem 24. November 2005. Weitere Informationen zu Zeitpunkt und Ort finden sich im Internet unter: www.family.lsvd.de . Mahnwache für Antidiskriminierungsgesetz Anlässlich der Beratung des Antidiskriminierungsgesetzes am 7. Juli im Bundesrat hat sich der Lesben- und Schwulenverband an einer Protestaktion beteiligt: Vor der entscheidenden Abstimmung versammelten sich etwa zwei Dutzend Demonstranten vor dem Bundesratsgebäude in Berlin. Mit der von Behindertenverbänden initiierten Mahnwache wurden die unionsgeführten Landesregierungen dazu aufgefordert, das Gesetz nicht zu blockieren. Die Absage des Bundesrates an eine wirksame Antidiskriminierungs- politik konnte damit aber nicht verhindert werden. Der Bundesrat rief den Vermittlungsausschuss an. Damit haben die unionsregierten Bundesländer dem Antidiskriminierungsgesetz den Todesstoß versetzt. Nach der Bundestagswahl am 18. September muss das Gesetzgebungsverfahren nun völlig neu aufgerollt werden. Deutschland hätte mit dem Antidiskriminierungsgesetz Anschluss an die rechtspolitische Entwicklung in vielen Nachbarländern gefunden. Die jetzige Entscheidung bedeutet, dass Lesben, Schwule, Behinderte und andere Minderheiten weiterhin sanktionslos diskriminiert werden dürfen. Deutschland drohen deswegen Strafzahlungen an Brüssel, denn die Antidiskriminierungs- richtlinien der Europäischen Union hätten von der Bundesrepublik bereits vor Jahren umgesetzt werden müssen. LSVD-Sprecher Philipp Braun forderte CDU, CSU und FDP auf, ihre ideologische Verweigerungspolitik zu beenden. Bürgerrechte wie der Diskriminierungsschutz für Minderheiten seien nicht verhandelbar. Braun wört- lich: „Es gibt kein Recht auf Diskriminierung!“ Braun wies auch die Kritik von Unternehmerverbänden, das Gesetz führe zu „Rechtsunsicherheit und Bürokratie und greife gravierend in die Privatautonomie ein“, zurück. Statt auf einem Recht auf Diskriminierung zu bestehen, sollte Vielfalt als Chance für Unternehmenskultur und Wettbewerbsfähigkeit begriffen werden, so Braun. Zahlreiche Unternehmen, die bewusst auf „Diversity- Konzepte“ setzen, hätten dies längst erkannt. Mahnwache für das Antidiskriminierungsgesetz. Foto: Alexander Zinn
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