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25 respekt | familie! F amilienkarte im Museum für Vater, Mutter, Kind? Formulare, die erstmal handschrift- lich korrigiert werden müssen, um richtig ausgefüllt werden zu können? Neben der groß- en fehlenden Gleichstellung im Adoptions- und Abstammungsrecht sind es solche kleinen Begebenheiten, die Regenbogenfamilien den Alltag erschweren und signalisieren, wer als „rich- tige“ Familie gilt. Gesetzliche Regelungen sind Bundesangelegenheiten, aber bei der Anerkennung von Regenbogenfamilien müssen auch Städte und Kommunen Verantwortung übernehmen. Sie können zum Beispiel die Familiengründung von Lesben und Schwulen erleichtern. So haben lesbische Paare in Deutschland keinen verbürgten freien Zugang zu den Dienstleistungen von Samenbanken. Eine Kooperation ist eine Frage des guten Willens der Samenbank. Die Stadt könnte über or tsansässige Fer tilisationszentren und gynäkologische Praxen informieren, die lesbische Paare mit Kinderwunsch unterstützen. Auch bei der Suche nach Pflegeeltern sollten Lesben und Schwule von den Behörden explizit angesprochen werden. Bei der rechtlichen Absicherung können Städte die Jugendämter über die wesentlichen Unterschiede zwischen der Stiefkindadoption in herkömmlichen Fällen und bei in lesbischen LebensgemeinschaftengeborenenWunschkindern aufklären. Die Übertragung der Stiefkindadoption auf diese Fälle ist nur der fehlenden Gleichstellung im Abstammungsrecht geschuldet. Wenn die Stadtverwaltung hier deutlich Position bezieht, fühlen sich die zuständigen Mitarbeitenden ermuti- gt, ihre Ermessensspielräume etwa bei der bislang auf ein Jahr festgesetzten Adoptionspflegezeit positiv zu nutzen. Die Sensibilisierung des städ- tischen Verwaltungspersonals durch Aus- und For tbildungen ist generell erforderlich. Denn Erfahrungen zeigen, dass Regenbogenfamilien manchmal kompetente Angestellte treffen, aber viele Mitarbeitende in Jugend-, Gesundheits-, Schul- und Standesämtern haben wenig Erfahrung. Zudem sollten sich die Familien in den Formularen der Stadt wiederfinden können. Statt dort selbstverständlich von Mutter und Vater auszugehen, wäre die Frage nach den Eltern eine passende Alternative. Regenbogenfamilien befürchten zu Recht, dass ihre Kinder im (vor-)schulischen Umfeld Schwierigkeiten bekommen könnten. Städte sind oftmals auch Träger von Kindergärten und Schulen. Als Arbeitgeber haben sie es daher in der Hand, dass das pädagogische Personal zum Thema Familienvielfalt aus- und fortgebildet wird. Es ist wichtig, dass diese etwa bei der Anmeldung oder den Elternversammlungen offen mit gleich- geschlechtlichen Eltern umgehen und bei Fragen oder Mobbing in ihrer Gruppe souverän reagieren. Allen Kitas und Schulen könnten zudem Spiele, Bücher oder Medienkoffer zur Verfügung gestellt werden, die die Vielfalt der Familien widerspiegeln. So hat der LSVD Berlin-Brandenburg etwa eine Handreichung für Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler zum Thema „Mobbing an Grundschulen – Geschlechtsrollenverhalten und Regenbogenfamilien“ erstellt. Solchen Infoservice brauchen wir auch für die Freizeitangebote der Stadt wie Sportvereine, Musikschulen und Jugendclubs. Neben den allgemeinen Angeboten für Familien nutzen Regenbogenfamilien häufig auch auf sie spezialisierte Beratungseinrichtungen. Diese gilt es folglich auf- bzw. auszubauen und zu sichern. Neben Ansprechpersonen für Regenbogenfamilien in den Familienzentren bietet es sich insbeson- dere in Großstädten und Ballungsräumen an, ähnliche Einrichtungen wie das Berliner LSVD- Regenbogenfamilienzentrum zu etablieren. Gerade auch Kampagnen und Veranstaltungen machen deutlich, dass Städte an der Seite von Regenbogenfamilien stehen. So will zum Beispiel Stuttgar t regenbogenfamilienfreund- licher werden und lädt gemeinsam mit dem LSVD Baden-Wür ttemberg am 12. Juli zum Regenbogenfamilientag ins Rathaus. Die dor t erarbeiteten Forderungen werden danach den Verantwor tlichen in den Stadtratsfraktionen sowie den Ver treterinnen und Ver tretern der Stadtverwaltung imBeirat für Gleichstellungsfragen vorgestellt. Mit solchen Aktionen können Städte zeigen: Familie ist da, wo Kinder sind. Familie ist Vielfalt. Markus Ulrich Damit sich alle Familien zuhause fühlen Regenbogenfamilien- freundliche Stadt Regenbogenfamilientag in Stuttgart 12.07.2014, 11.00-16.00 Uhr, Teilnahmegebühr 10,-€ pro Familie eine gemeinsame Veranstaltung der Stadt Stuttgart und des LSVD Baden-Württemberg www.ba-wue.lsvd.de Familiengründung unterstützen Foto: blankdots - CC BY-NC-SA 2.0
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