respekt_heft_22_2015

hirschfeld-eddy -stiftung! 20 G esellschaftliche Vielfalt gehört zum heutigen Alltag und Schule muss darauf vorbereiten. Das ist originärer Bestandteil ihres Bildungsauftrags, damit Kinder und Jugendliche ein positives und akzeptierendes Selbstbild entwickeln und sich gegen Diskriminierungen behaupten können. Gelingen kann dies nur, wenn auch über die Vielfalt sexueller und geschlechtlicher Identitäten sachlich und angemessen informiert wird. Lehrkräfte und schulisches Personal können dazu ihren Beitrag leisten. Doch kaum ein Thema rund um die Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Inter* (LSBTI) wird so heiß diskutiert wie ihre Repräsentanz in Schulen. Von Lehrplänen über Unterrichtsmaterialien bis zu außerschulischen Bildungsprojekten sind Gleichstellungsthemen im Fokus – zustimmend ebenso wie ablehnend. Tatsächlich ist Schule nicht das erste Feld, in dem dies so ist. Von der Abschaffung des § 175 über die Akzeptanz vielfältiger Familienformen bis zur Diskussion zur Öffnung der Ehe gab und gibt es Auseinandersetzungen. Der LSVD hat sich in all diesen Feldern klar positioniert und nach außen wie nach innen deutlich gemacht, dass wir Diskriminierung nirgendwo hinnehmen. Für Akzeptanz und Respekt in Schulen hat der LSVD Schleswig-Holstein eine Resolution initiiert und zusammen mit den Landesverbänden aus Baden- Wür ttemberg, Berlin-Brandenburg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland erarbeitet und auf dem LSVD- Verbandstag eingebracht. Die einstimmig verabschie- dete Resolution beschreibt das Ziel: Schulen sollen Orte sein, an denen Kinder und Jugendliche sich wohl und wertgeschätzt fühlen. Sie sollen Orte für Respekt und Vielfalt sein. Gerade in der Schule kommt es darauf an, dass eine weltoffene, demokratische und respektierende Haltung gelebt wird. Das ist von großer Bedeutung für diejenigen, die – aus welchem Motiv auch immer – ausgegrenzt werden. Von ebenso großer Bedeutung ist es für diejenigen, die Gefahr laufen, Mitschülerinnen und Mitschüler auszugrenzen. Schule als Institution, in der junge LSBTI diskriminiert wer- den – das sollte es nicht mehr geben. Die Realität ist aber eine andere. Erst 2013 stellte die Europäische Agentur für Grundrechte in einer Umfrage fest, dass 80 % der Teilnehmenden in allen EU-Mitgliedstaaten sich an negative Bemerkungen oder Mobbing gegen- über jugendlichen LSBTI in der Schule erinnern. Die Beratungsanfragen beim LSVD und außerschulischen Bildungsprojekten machen deutlich, dass noch viel zu tun ist. Die Verantwortung liegt auf vielen Ebenen: Für Lehrpläne, die Ausbildung künftiger Lehrkräfte und For tbildungsangebote sind dies die Länder, für die Schulen die Schulleitungen und für das Unterrichtsgeschehen die Lehrkräfte. Dieses ganz konkrete tägliche Miteinander in der Schule beinhaltet eine klare Positionierung der Verantwortlichen und tägliches konsequentes Handeln: „Erwachsene sind in der Pflicht, bei Diskriminierung sicher und souverän zu intervenieren und Stellung zu beziehen (…). Denn Kinder und Jugendliche brauchen Unterstützung, um sich gegen Mobbing zu wehren, um bei Mobbing an anderen einzuschreiten und um nicht selbst andere zu mobben. Der beste Schutz ist ein Klima der Akzeptanz und Wertschätzung von Vielfalt.“ Schule ist ein wichtiger Ort, um gesellschaftliche Vielfalt und individuelle Wertschätzung aktiv zu ler- nen und zu leben. Kinder und Jugendliche darin zu stärken und zu unterstützen, ist die Aufgabe aller am Bildungsprozess Beteiligten. Der LSVD setzt sich dafür ein, dass Bildungspläne für eine Pädagogik der Vielfalt in allen Bundesländern verankert werden. Qualitätsstandards sollen in allen Bundesländern auch die Akzeptanz von LSBTI umfassen. Agnes Witte, LSVD Schleswig-Holstein www.lsvd.de/politik/ bildung-u-bildungsplaene.html Alle Kinder und Jugendlichen stärken Schule als Ort für Respekt und Vielfalt S eit 2007 engagieren sich der LSVD und die Hirschfeld-Eddy-Stiftung für die Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und Inter* (LSBTI) in Nicaragua. Die Kooperation mit unserer Partnerorganisation Red de Desarrollo Sostenible / RDS (Netzwerk für nach- haltige Entwicklung) hat sich dank der Unterstützung des Auswärtigen Amtes in den letzten Jahren hervorragend entwickelt. So wurden drei landesweite mehrjährige Projekte zum Thema „Sexuelle Vielfalt und Menschenrechte“ durchgeführt, von denen das letzte nun regulär ausgelaufen ist. Ziel der Zusammenarbeit war neben der Stärkung der dortigen LSBTI- Bewegung vor allem eine Sensibilisierung von Gesellschaft, Medien und Politik. Nur dadurch können langfristig ein verstärkter Menschenrechtsschutz für LSBTI implementiert, eine ausgewogenere Berichterstattung erreicht und letztlich auch die alltägliche Akzeptanz verbessert werden. Rund 20 Gruppen aus den verschiedenen Regionen Nicaraguas neh- men inzwischen dank der Unterstützung aus Deutschland am „Mesa Nacional LGBTI“, dem nationalen LSBTI-Tisch, teil. Neben dem unverzicht- baren Austausch und der Vernetzung der Gruppen hat man sich bei den regelmäßigen Treffen auf gemeinsame Projekte und Strategiepapiere zur Antidiskriminierungsarbeit geeinigt. Nach der Verabschiedung einer na‑ tionalen LSBTI-Agenda ist das nächste mittelfristige Ziel der Aufbau einer landesweiten Nichtregierungsorganisation. Durch die Kampagne „Wir leben in Vielfalt und fordern Gleichheit“ wurde die Bevölkerung des Landes für Homo- und Transphobie sensibilisiert. Mit Unterstützung bekannter heterosexueller Künstlerinnen und Musiker wurden ein Song und ein Videoclip produziert, die auf ein positives Echo in den Medien des Landes stießen. So wurden weitere Kontakte zu den Medien geknüpft. Die zudem vom RDS angebotenen Seminare „Kommunikation und Menschenrechte von LSBTI“ vertieften auch die Zusammenarbeit mit den Universitäten des Landes. „Rund 100 Studierende an drei Unis konnten bislang geschult werden. Sie erlernten eine diskriminierungsfreie Sprache und menschenrechtliche Inhalte, schrieben Artikel und Reportagen und nahmen an einem journalistischen Wettbewerb zu LSBTI-Themen teil, bau- ten kontinuierlich Wissen auf und entwickelten eine größere Akzeptanz“, schreibt Juan Carlos Martínez vom RDS. Zudem habe die Universidad de Ciencias Comerciales in der Stadt Managua LSBTI-Themen ins Curriculum des Studiengangs Unternehmenskommunikation und PR aufgenommen. Ähnliches plant die Universidad Nacional Autónoma de Nicaragua für den Studiengang Kommunikation und Entwicklung. Voller Stolz berichtet unser Partner auch, dass die Universidad Hispanoamericana regelmäßig RDS- Personal für Vorträge und Veranstaltungen zu LSBTI-Themen einlädt. Diese wichtige Arbeit soll natürlich fortgeführt werden. Das RDS benötigt zunächst eine aktualisierte Auflage der Broschüre „Liebe verdient Respekt“. Es gilt nunmehr, die Arbeit neu entstehender Gruppen zu stärken und die Kooperation mit den Medien und die Akzeptanz in der Bevölkerung auszu- bauen. So soll es auch künftig Kooperationen mit den Universitäten und einen journalistischen Wettbewerb geben. Besonders freut sich das RDS über das Versprechen eines Fernsehsenders, mit ihnen gemeinsam Programme zu LSBTI- und Menschenrechtsthemen zu gestalten. Das RDS ist mittlerweile ein anerkannter und gefragter Gesprächspartner. Klaus Jetz www.hirschfeld-eddy-stiftung.de/stiftung/ stiftungsarbeit/laender/nicaragua/ Erfolgreiche Zusammenarbeit in Nicaragua „Wir leben in Vielfalt und fordern Gleichheit!“ Kooperation mit Hochschulen Für ein wertschätzendes Schulklima Erfolge Wie weiter? Mitarbeitende unseres Kooperationspartners RDS mit Klaus Jetz Foto: Hirschfeld-Eddy-Stiftung

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