respekt_heft_23_2016
hirschfeld-eddy -stiftung! 17 Bis jetzt konnten wir noch nicht proaktiv handeln und sagen „Okay, in den nächsten vier Jahren werden wir uns auf diese fünf Länder konzentrieren. Und in diesen fünf Ländern klären wir, was die Bedürfnisse sind und wie wir sie decken werden.“ Dafür hatten wir nicht ausreichend Geld und Personal. Masakhane ermöglicht uns genau das. Es ist ein Lernprozess, sogar für uns im CAL- Sekretariat. Manchmal ist es ein schmerzhafter Lernprozess. Es gibt 30 Bedürfnisse, aber unsere Mittel reichen nur für drei aus. Was ist effektiver? Bringen wir den Leuten bei, wie man einen Vorstand einrichtet? Wie man Förderanträge schreibt? Wie stellen wir sicher, dass die wundervolle Arbeit auf der regionalen mit der nationalen Ebene und der Arbeit bei den nationalen Regierungen verbunden ist? Das tut Masakhane. Wir wollen LSBTI-Bewegungen auf dem afrika- nischen Kontinent unterstützen. Wie sollten wir das am besten tun, ohne zum Beispiel koloniale und rassistische Muster zu verstärken? Vielleicht ist es so ähnlich wie beim Kreieren einer Bewegung. Es geht um Beratung und Zuhören. Unsere Freund_innen müssen ihre eigenen Regierungen unter Druck setzen und zwar nicht nur für LSBTI-Rechte. Denn es geht nicht wirklich um den Kampf um sexuelle Orientierung. In CAL glauben wir noch nicht mal an so etwas wie LSBTI-Rechte. Es gibt Menschenrechte, die sich auf sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität beziehen. Das eigentliche Problem liegt in der Frage körperlicher Selbstbestimmung. Es sind die Fragen: Wessen Körper ist das? Wem gehört er? Wer kann über ihn Entscheidungen fällen? Und ich glaube, unsere Freund_innen im globalen Norden müssen anfangen, das Gespräch zu erweitern. Wir können uns nicht nur um sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität kümmern. Wir müssen anfangen, soziale Gerechtigkeit, wir tschaftliche Gerechtigkeit, Armut und andere Ungerechtigkeiten zu einem Teil unseres Kampfes machen. Sie bauen wirklich Bewegungen auf. Wie organi- sieren Sie sich und wie gelingt es, die Vorteile jeder Mitgliedsorganisation zu nutzen? Das ist eine große Frage. Wenn ich nur eine Sache antworten könnte, dann würde ich sagen, dass es darum geht, Beziehungen mit anderen wertzuschät- zen. Wenn wir von Menschenrechten und sozialem Wandel reden, geht es oft um fachliche Themen. Doch letztendlich geht es darum, Beziehungen mit anderen Menschen schätzen zu können, andere und ihre Denkweisen anzuerkennen. Das ist nicht immer einfach, weil wir alle anders sind. Und als Aktivist_innen denken wir alle, dass wir alles wissen. So entstehen manchmal Konflikte. Da gibt es auch Konkurrenz. Aber es geht darum, dabei zu bleiben. Man darf nicht einfach aufgeben, nur weil du und ich nicht einverstanden sind, wie wir mit der Afrikanischen Kommission reden sollten, und du als Rechtsanwältin sagst: „Nein, nein, wir sollten sie lieber nicht anschreien“ und ich sage: „Doch, lass uns Lärm machen“. Es geht wirklich um Verständnis füreinander und um Bescheidenheit. Das ist zum Teil, was wir mit dem LSVD und filia gerade tun. Es geht nicht nur ums Geld. Vielleicht hat das Geld uns eine Tür geöffnet, damit wir uns kennenlernen und eine Freundschaft aufbauen. Wenn das Geld ausgeht, werden wir trotzdem Wege fin- den, weiterhin miteinander zusammenzuarbeiten. Denn das sind Bewegungen. Es geht um Verbindungen und Beziehungen. Das ungekürzte Interview auch im Original unter: www.lsvd-blog.de/?p=11281 Fotos: LSVD Judith Menzl , Uta Schwenke (LSVD-Bundesvorstand) und Dawn Cavanagh (Coalition of African Lesbians)
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