respekt_heft_24_2017
18 D er LSVD hat auf den letzten drei Verbandstagen intensiv und engagiert über das Thema Regenbogenfamilien diskutiert und sich im Rahmen von Arbeitsgruppen, Workshops und einem Online-Beteiligungsverfahren mit den verschiedenen Positionen auseinandergesetzt. Im April 2017 wurde auf dem Verbandstag in Berlin ein umfassendes Positionspapier verabschiedet, das allen LSBT*IQ Familienformen Rechnung trägt, Reformbedarfe benennt und auch zu Zukunftsfragen Stellung bezieht. Bewusste Familienplanung gehört heute zum Lebensentwurf vie- ler Lesben, Schwuler, Bisexueller und Trans*Personen. Nach reprä- sentativen Umfragen haben gut 36% der schwulen Männer und gut 41% der lesbischen Frauen einen Kinderwunsch, den sie oft mit viel Kreativität und häufig auch gegen Widerstände verwirklichen. Öffnung der Ehe und gemeinsames Adoptionsrecht Deshalb bedarf es rechtlicher Gleichstellung und der Weiterentwicklung des Familienrechts. Inzwischen gibt es mit der Eheöffnung auch das gemeinsame Adoptionsrecht für gleichge- schlechtliche Paare. Der LSVD hat für Regenbogenfamilien in den vergangenen Jahren zunehmende Anerkennung erkämpfen können, doch noch immer stoßen sie im Alltag auf Ignoranz oder Vorbehalte. Das Ziel ist eine Gesellschaft, in der Regenbogenfamilien in ihren vielfäl- tigen Konstellationen als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität respektiert und anerkannt werden. Zwei-Mütter-Familien Die größte Zahl der Regenbogenfamilien macht die Zwei-Mütter- Familie aus; diese Familienform ist noch immer bestimmt durch das Erfordernis der Stiefkindadoption. Die Lebenspartnerin der leiblichen Mutter erlangt ihre rechtliche Elternstellung nicht mit der Geburt des Kindes, sondern erst durch das langwierige und oft ent- würdigende Verfahren der Stiefkindadoption. Wenn die Kinder von Lebenspartnerinnen als Wunschkinder in deren Partnerschaften hineingeboren werden, müssen beide Mütter endlich von Geburt an gleichberechtigte rechtliche Eltern ihres Kindes sein können. Der LSVD fordert daher: Entschließen sich zwei Frauen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, gemeinsam eine Familie zu gründen, so sollen die Gebärende und ihre Lebenspartnerin von Geburt an automatisch rechtliche Eltern des Kindes sein. Lebt das Paar nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, so soll - analog der Vaterschaftsanerkennung und Sorge rechtserklärung bei verschiedengeschlechtlichen Paaren - auch für Zwei-Mütter-Familien eine entsprechende Regelung für den Fall geschaffen werden, dass eine Einverständniserklärung des biologischen Vaters vorliegt. Wurde die Frau mit Hilfe einer Spermienspende im Rahmen einer reproduktionsmedizinischen Behandlung schwanger, so soll das Einverständnis des Spenders als gegeben gelten. Zwei-Väter-Ursprungsfamilie Wie bei Mehreltern-Familien sollen Elternschaftsvereinbarungen vor der Zeugung auch dann rechtsverbindlich sein, wenn der Vater und sein Lebenspartner die rechtlichen Eltern werden sollen und die leibliche Mutter auf die Verwandtschaftsbeziehung zum Kind verzichtet. In diesem Fall soll der Lebenspartner des leiblichen Vaters von Geburt an rechtlicher Vater sein können, ohne dass es einer Stiefkindadoption bedarf. Es braucht klare Regelungen für Kinder, die aus ausländischen Leihmutterschaften mit deutschen Vätern hervorgehen, damit den Kindern keine rechtlichen Nachteile entstehen. Rechtspolitisch steht das derzeitige Verbot der Leihmutterschaft in Deutschland im Spannungsfeld zwischen dem Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper einerseits und andererseits dem Ziel, einer Kommerzialisierung des Körpers entgegenzutreten. Tatsächlich führt das Verbot der Leihmutterschaft in Deutschland zu einem Leihmutterschaft-Tourismus. Mit dem Totalverbot nimmt sich Deutschland zudem die Möglichkeit, Einfluss auf Rahmenbedingungen in Europa zu nehmen. Der LSVD spricht sich für die Zulassung der altrui stischen Leihmutterschaft und für die Möglichkeit aus, die Rahmenbedingungen in einer Kinderwunschvereinbarung rechts- verbindlich zu regeln. Regenbogenfamilien im Recht Der LSVD beschließt auf dem Verbandstag 2017 nach langer Diskussion Positionspapier zum Reformbedarf im Familienrecht respekt | regenbogenfamilien!
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