respekt_heft_24_2017
40 Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer antihomosexueller Strafgesetze Seit vielen Jahren setzt sich der LSVD für die Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer antihomosexueller Strafgesetze in Deutschland ein. Während die Aufhebung der Urteile nach § 175 aus der NS-Zeit im Jahr 2002 durchgesetzt werden konnte, steht dieser Schritt für die Verurteilungen in der Bundesrepublik und der DDR noch aus. Nachdem ein Rechtsgutachten im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes immer wieder vorgeschobene verfassungs- rechtliche Bedenken gegen eine Aufhebung dieser Unrechtsurteile überzeugend wider- legt hatte, präsentierte Bundesjustizminister Heiko Maas im Juni 2016 seine Eckpunkte zur Rehabilitierung. Der LSVD hat dazu aus- führlich Stellung genommen. Eine Reihe von Kritikpunkten und Vorschlägen des LSVD waren im Referentenentwurf bereits aufgegrif- fen worden, den das Bundesjustizministerium schließlich im Dezember 2016 veröffentlichte. Auch zum Referentenentwurf hat der LSVD detailliert Stellung bezogen: Wir begrüßen die vorgesehene pauschale Aufhebung der Urteile wegen einvernehmlicher homosexuel- ler Handlungen in beiden deutschen Staaten nachdrücklich. Werden die einschlägigen Strafvorschriften vollständig umfasst, dann gelingt tatsächlich ein wirksamer rechtspoli- tischer Schlussstrich unter eine Geschichte brutaler Verfolgung und jahrzehntelanger Ignoranz gegenüber den Opfern. Bei der kon- kreten Ausgestaltung der Urteilsaufhebungen moniert der LSVD allerdings noch kleinere Unschärfen. Deutlichen Nachbesserungsbedarf gibt es bei den Regelungen zur Entschädigung. Die vorgesehenen Beträge in Form einer Einmalzahlung sind deutlich zu gering. Die menschenrechtswidrige Strafver folgung hat die Biografien vie- ler Betroffener zerstör t mit Auswirkungen bis heute, z. B. auf die Höhe der Rente. Daher sind auch laufende Rentenleistungen für die Opfer notwendig, die sich heute in einer Notlage im Sinne des Entschädigungsrechts befin- den. Zudem müssen auch Menschen, die durch strafrechtliche Ermittlungsverfahren insbesondere durch Untersuchungshaft in ähnlicher Weise geschädigt wurden, in die Entschädigungsregelungen einbezogen wer- den, auch wenn es am Ende zu keiner Verurteilung gekommen ist. Vor allem aber drängt der LSVD auf eine zügige Beratung in Regierung und Parlament. Die Opfer der menschenrechtswidrigen Verfolgung von Homosexualität warten schon viel zu lange darauf, dass ihnen endlich Gerechtigkeit widerfährt. Zeitzeuge Heinz Schmitz, Christine Lüders und Professor Martin Burgi bei der Vorstellung des Rechtsgutachtens zur Rehabilitierung Foto: LSVD respekt | bundesverband!
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