respekt_heft_25_2018
23 hirschfeld-eddy-stiftung ! 22 respekt | bundesverband! M asakhane ist das größte jemals vom Bundesministerium für Ent wicklung geförderte Projekt im Bereich LSBTI-Menschenrechte. Das Zulu-Wort lässt sich ins Deutsche übersetzen mit „Kommt, lasst uns gemeinsam stärker werden.“ Initiiert vom LSVD und umgesetzt von der Coalition of African Lesbians (CAL) als Projektpartnerin vor Ort und dem LSVD und filia.die frauenstiftung von deutscher Seite, endete dieses Projekt 2017 nach vier Jahren. Gemeinsam mit Sonja Schelper von filia hat LSVD- Bundesvorstand Uta Schwenke Maskhane als Projektleitung für den LSVD ehrenamtlich betreut. Sie berichtet im Interview über das Projekt. Masakhane nähert sich dem Ende – welche Assoziationen und Eindrücke verbindest Du mit dem Projekt? Ich denke zu allererst an die tollen mutigen Aktivistinnen vor Ort. Ihre Professionalität und ihr persönlicher Einsatz haben mich sehr beeindruckt. Ein Einsatz häufig unter schwierigsten Bedingungen und auch immer wieder unter Gefahr für Leib und Leben. Aber schon das tägliche Leben ist für die meisten unserer afrikanischen Kolleginnen viel schwieriger zu organisieren. Viele der Aktivistinnen, die ich kennen gelernt habe, haben zudem auch Kinder, die versorgt werden müssen. Ich denke auch, dass wir auch für unsere politische Arbeit noch viel von ihnen lernen können. Mich haben besonders ihr strategischer Ansatz und ihre Investitionen in ein gegenseitiges Vertrauen und die Vernetzung beeindruckt. Was sind die größten Erfolge des Projekts? Ziele des Projekts waren ja die bessere Vernetzung, das „Capacity Building“ und die Selbstermächtigung von Lesben, bisexuellen Frauen und Trans* in Subsahara Afrika. Die Coalition of African Lesbians wollte gezielt die Grassrootarbeit in ihren Mitgliedsorganisationen stärken. In Workshops haben Aktivistinnen aus Simbabwe, Sambia und Botswana daher gelernt, wie sie sich proaktiv politisch engagieren können. Es ist durch Masakhane gelungen, professionelle und nachhaltige Strukturen aufzubauen. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede siehst du bezüglich der LSBTI-Menschenrechtsarbeit in Deutschland mit der Arbeit in den Projektländern? Einen Unterschied sehe ich in der bewussten strategischen Ausrichtung durch gezielte Zusammenarbeit mit anderen feministischen Projekten. Auch wir in Europa müssen uns besser vernetzen. Hier können wir, meiner Meinung nach, von den afrikanischen Kolleginnen viel lernen. Was sind die Ziele und was können Wege dahin sein? Wie und mit wem soll zusammen gearbeitet werden auf dem Weg dahin? Auch in Sachen „wie organisiere ich Zusammenarbeit“ können wir meiner Meinung nach viel lernen. In vielen afrikanischen Ländern sind es nur sehr wenige Menschen, die sich für feministische Arbeit und LSBTI*- Menschenrechtsarbeit einsetzen. In der politischen Arbeit von CAL wird des halb – spätestens bei Konflikten in den persönlichen Beziehungen – bewusst Raum geschaffen, um Konflikte zu klären und Vertrauen aufzubauen. Wie geht es nun weiter mit Masakhane? Noch sind wir mittendrin, gegenüber dem Entwicklungsministerium den sehr aufwändigen Verwendungsnachweis für das Projekt zu erbringen. Zudem wollen wir das BMZ überzeugen, Masakhane in einer neuen Phase weiterzuführen – mit dem LSVD als Träger und filia als Verantwortlicher für die Bereitstellung der Eigenmittel und die Umsetzung. Das Antragsverfahren läuft bereits. Wir werden dabei von der Gender Expertin Cornelia Sperling unterstützt. Die Chancen stehen gut, denn Masakhane I wurde als best practice Projekt sowohl in einer Broschüre der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit als auch vom Global Philanthropy Project gewürdigt. Masakhane I hat Strukturen geschaffen, auf denen nun eine proaktive politische Arbeit vor Ort mit Masakhane II weiter aufgebaut werden kann. Die LSBTI-Menschenrechtsarbeit muss auf eine breitere Basis gestellt werden. Ausführliches Interview unter www.lsvd-blog.de/?tag=masakhane Von den afrikanischen Aktivistinnen lernen Projekt Masakhane Uta Schwenke (1.v.l.) und Sonja Schelper (filia, 3.v.r.) beim Projektbesuch im Botswana D ie ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien sorgte in der Vergangenheit eher für negative Schlagzeilen, die sich um den Streit mit dem Nachbarn Griechenland über den Namen des Landes, um Korruption oder Schlägereien im Parlament drehten. Maze donien ist eine der schwächsten Volkswirt schaften Europas. Die Arbeitslosenquote beträgt 30 Prozent. Im Juni 2017 wechselte nach Massenprotesten und vorgezogenen Neuwahlen die Regierung. Seither steht der Sozialdemokrat Zoran Zaev einer Koalitionsregierung vor und regiert im Bündnis mit drei Parteien der alba nischen Minderheit. Das vielsprachige, multi ethnische Land ist seit 1991 unabhängig und zählt 2,1 Mio. Einwohner*innen. Ein Viertel ist albanisch, vier Prozent gehören der türkischen und zwei Prozent der serbischen Minderheit an. Rund drei Prozent sind Roma. Zwei Drittel der Menschen sind christlich-orthodox, ein Viertel islamisch, nur rund ein Prozent ist römisch- katholisch. Dragana Todorovic von unserer Partneror ganisation LGBTI Equal Rights Association for Western Balkans and Turkey (ERA), dem regi onalen Dachverband, der auch neun Mitglieds organisationen aus Mazedonien zählt, schreibt: „Mazedonien bildet das Schlusslicht in Europa, wenn es um den Schutz und die Förderung der Menschenrechte von LSBTI geht.“ Im Vergleich zu anderen Ländern in der Region fehle ein geeigneter rechtlicher Rahmen zum Schutz der Rechte von LSBTI. Es fehlen der Dialog und die Kooperation zwischen LSBTI- Organisationen, der Politik und den Behörden. LSBTI seien häufig Opfer gewalttätiger Angriffe, von Hassverbrechen, Hassreden und Diskri minierung, die häufig nicht zur Anzeige gebracht werden. Erfolge eine Anzeige, werde der Fall nicht ordnungsgemäß untersucht, Täter gingen straffrei aus. Aufgrund der politischen Krise in Mazedo nien vor zwei Jahren entschieden sich die ERA-Mitgliedsorganisationen, ihre Jahresver sammlung 2017 nicht in Skopje, sondern in Montenegro durchzuführen. Aber 2018 ist es nun so weit. Nach dem Regierungswechsel in Skopje ist ein günstiger politischer Kontext für die Verbesserung der Situation von LSBTI entstanden. Das Land strebt eine Mitgliedschaft in der EU an, die Regierung verfolgt eine Reformagenda, gerade auch im rechtlichen Bereich. Eine nachhaltige Stärkung der LSBTI- Bewegung scheint möglich. Und Deutschland, bereits jetzt nach den USA zweitstärkster Geber Mazedoniens, bestärkt Skopje in bilateralen Gesprächen immer wieder darin, überfällige Reformen umzusetzen. Für die Hirschfeld-Eddy-Stiftung und ERA Grund genug, im Auswärtigen Amt ein neues Projekt zu beantragen. Ziele sind die Stärkung der Menschenrechte von LSBTI in Mazedonien und dem Westbalkan und die Befähigung der LSBTI-Bewegung im Land, sich nachhaltig einzubringen in die politischen Diskurse zur Demokratieförderung, Menschenrechtspolitik, sozialen und wir tschaftlichen Inklusion, zur Rechtsstaatlichkeit und Interessenver tretung gegenüber der Politik. Konkret geht es um die Durchführung von Schulungen für LSBTI- Organisationen vor Ort in den Bereichen Orga nisationsentwicklung und Management, strate gische Planung und Mittelbeschaffung. In Skopje soll zudem von 3. bis 6. Oktober 2018 eine internationale LSBTI-Konferenz statt finden. Denn, so Dragana Todorovic, „die Durch führung der Konferenz in Mazedonien, die in thematischer Hinsicht und in Bezug auf den Kreis der Teilnehmer*innen aus Zivilgesellschaft und Politik breit aufgestellt sein wird, wird die Sichtbarkeit von LSBTI in Mazedonien erhöhen und die LSBTI-Bewegung im Land stärken.“ Die Konferenz ist eine Premiere für das Land. Welche Bedeutung ihr zugemessen wird, zeigt, dass Ministerpräsident Zaev seine Teilnahme in Aussicht gestellt hat. Klaus Jetz Geschäftsführer der Hirschfeld-Eddy-Stiftung Stärkung der Zusammenarbeit mit dem Westbalkan LSBTI-Konferenz in Skopje Dragana Todorovic (LGBTI Equal Rights Association for Western Balkans and Turkey) bei unserer gemeinsam mit dem auswärtigen Amt organisierten Konferenz „Time for Change“ Foto: Caro Kadatz Foto: privat
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjY0Njc=