respekt_heft_25_2018

hirschfeld-eddy-stiftung ! 24 25 hirschfeld-eddy-stiftung ! Forderung 5: Aktive Kontaktaufnahme und Stimmen vor Ort hören Das BMZ integriert die Kommunikation mit ortsansässi­ gen LSBTI-Organisationen in die regionalen Konsultations­ mechanismen (Länderprogramme) in formaler und informeller Weise. Sollten in den Regionen oder jeweiligen Ländern keine entsprechenden Organisationen oder Ansprechpersonen be­ kannt sein, so wird die jeweils nächstliegende überregio­ nale Organisation eingebunden, etwa PanAfrica ILGA, ILGA Asien, Coalition of African Lesbians (CAL), LGBTI Equal Rights Association for Western Balkans and Turkey (ERA) usw. Forderung 6: Diversity als Personalpolitik Das BMZ achtet bei der Einstellung, Beschäftigung und Vergabe von bezahlten Aufträgen in den Partnerländern darauf, dass auch Personen aus dem LSBTI-Personenkreis eine Chance auf eine Beschäftigung bekommen. Das wird soweit das die regionalen Gesetze zulassen, ggf. auch in den Ausschreibungen angedeutet. Selbstverständlich werden auch die deutschen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, die in Teilen oder gänzlich staatlich finanziert sind, dazu angehalten, deutlich zu machen, dass die Vielfalt der Geschlechter und sexuellen Orientierungen bei ihnen einen Platz hat. Forderung 7: Kohärenz Die in Deutschland ansässigen Organisationen der Ent­ wicklungszusammenarbeit, die politischen Stiftungen und sonstigen NGOs, die Gelder vom BMZ verwenden, werden bei der Vergabe von Geldern schon in den entsprechenden Ausschreibungen verpflichtet, in der Praxis die Zusammenarbeit mit ortsansässigen Organisationen der Partnerländer darauf zu überprüfen, dass diese sich nicht an der Verfolgung und Stigmatisierung von LSBTI beteiligen oder ein Vorenthalten von Grundrechten für LSBTI befürworten. Sollte das nicht mög­ lich sein, so wird diese Aufgabe an eine zivilgesellschaftliche Organisation überantwortet (siehe Punkt 12). Forderung 8: Konditionalität und Parteilichkeit für Zivilgesellschaft Das BMZ wird in Verfolgerstaaten im Allgemeinen weniger Gelder der Entwicklungshilfe und wirtschaftlichen Zusammen­ arbeit an Regierungen zur Verfügung stellen. Mehr Gelder werden stattdessen an regionale NGOs, Unternehmen und Gewerkschaften in der Region umgeleitet. Dabei ist durch ent­ sprechende Rücksprache vor Ort darauf zu achten, dass die Begründung keinesfalls zu einer Verschärfung der Situation von LSBTI beiträgt, sie Risiken aussetzt oder zu sonstigen nachtei­ ligen Effekten führt (siehe Punkt 5). Forderung 9: Öffentlicher Ausschuss „SOGIESC“ Zur Lösung und Mediation von Konfliktfällen bei Punkt 8, in Notfallsituationen etc. wird ein öffentlicher Ausschuss „SOGIESC“ gegründet unter Beteiligung der LSBTI-Zivil­ gesellschaft und migrantischen Organisationen. Forderung 10: Kulturen und Kolonialismus Das BMZ wird ein Sonderprogramm „Kulturen und Kolo­ nialismus“ starten, mit dem Organisationen, Personen und Gruppen gefördert werden, die die Geschichte, Lebensberichte und Traditionen der regionalen „Homosexualitäten, Geschlecht­ lichkeiten und Gendergeschichten“ sammeln und dokumentieren. Dabei werden ausdrücklich auch die Missionsgeschichte und die Kolonialverantwortung Deutschlands reflektiert. Außerdem wird für ein entsprechendes Programm mit Forschenden und Universitäten in den Partnerländern eine Kooperation mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung gestartet. Forderung 11: Monitoring Die Fortschritte dieses Inklusionskonzepts werden, beginnend mit der laufenden Legislaturperiode einmal im Jahr in einem öffentlichen Verfahren unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft überprüft. Forderung 12 Für alle in diesem Inklusionskonzept festgelegten Aufgaben und Ziele, die mit der bestehenden Struktur des BMZ oder dessen Durchführungsorganisationen nicht umgesetzt werden können, werden die Aufgabe und Gelder an die unter Punkt 3 genannten Organisationen in Deutschland übertragen. Forderung 13: Dialogisches Zuwendungsrecht Das BMZ richtet eine Arbeitsgruppe zur Flexibilisierung des Zuwendungsrechtes ein. Eingebunden werden die Durch­ führungsorganisationen, die GIZ und private Träger der Ent­ wicklungszusammenarbeit (NGOs). Ziel der Arbeitsgruppe ist es, die Spielräume des Zuwendungsrechts, bzw. der entsprechenden Verordnungen und Maßnahmen so zu gestalten, dass auch kleinere NGOs im Inland und im globalen Süden eine realistische Chance haben, sich an der Entwicklungszusammenarbeit zu beteiligen. I n vielen Ländern der Welt werden Lesben und Schwule, Bisexuelle, Trans* und Inter* massiv diskriminiert, verfolgt und zum Teil mit der Todesstrafe bedroht. Deutschland ist weltweit einer der größten Akteure der Entwicklungszusammenarbeit, hat aber kein Konzept dafür, wie die Lebenssituation von LSBTI ver­ bessert werden kann. Seit 2012 arbeiten wir daran, die Grundlagen für ein Inklusionskonzept für die Entwicklungszusammenarbeit zusammenzutragen. Mit diesem Ziel wurde 2012 auch die Yogyakarta-Allianz gegründet. Im November 2017 hatten wir die Gelegenheit, unsere Vorschläge gegenüber dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Auswärtigen Amt zu präsentieren. Dafür haben wir das folgende 13-Punkte-Papier entwickelt. Wir wollen, dass die neue Bundesregierung diese Forderungen aufgreift. Sarah Kohrt, LGBTI-Plattform Menschenrechte Forderung 1: Kooperation mit der Zivilgesellschaft Die Aufgabe des Schutzes der Menschenrechte unab­ hängig von sexueller Orientierung, geschlechtlicher Identität, Geschlechtsausdruck sowie von Geschlechtsmerkmalen (SOGIESC) machen umfassende Zusammenarbeit und kon­ tinuierlichen Dialog zwischen dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der Zivilgesellschaft notwendig. Das BMZ unterstützt diese Zusammenarbeit im Inland und in den Partnerländern. Forderung 2: Finanzielle Unterstützung Das BMZ wird in Zukunft einen festzulegenden Prozentsatz der Mittel in den Themenbereichen Armut, Gesundheit, Bildung und Ausbildung, Good Governance, Konfliktlösung und Polizeifortbildung sowie einen ebenfalls festzulegenden Prozentsatz der Mittel im Bereich der Menschenrechtsarbeit für die Unterstützung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter* Personen (LSBTI) verwenden. Forderung 3: Bilateral als Rückfallebene Sollte die unter Punkt 2 genannte Quote für die Förderung von LSBTI und Organisationen in den bestehenden Förder­ mechanismen oder auf Grund anderer rechtlicher oder poli­ tischer Rahmenbedingungen nicht möglich sein, so wird diese Aufgabe nicht-staatlichen Organisationen, die zur Stärkung von Menschenrechten für LSBTI arbeiten, international tätig sind und über die entsprechenden Kontakte verfügen, übertragen und diese dafür mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet. Forderung 4: Wissen, was los ist Das BMZ verfasst einmal in jeder Legislaturperiode einen Bericht über die Lebenssituation von LSBTI sowie über die Arbeit der Organisationen, die sich für die Menschenrechte unabhängig von sexueller Orientierung, geschlechtlicher Identität, Geschlechtsausdruck sowie von Geschlechtsmerkmalen (SOGIESC) einsetzen. Berichtet wird über alle Partnerländer, das heißt, Länder, mit denen das BMZ und die dem BMZ angeschlos­ senen (untergeordneten) Durchführungsorganisationen sowie vom BMZ geförderte NGOs arbeiten. Diese Berichte umfas­ sen mindestens die Themen Gesundheit, Sicherheit, Gewalt, Diskriminierung, rechtliche Lage, politische Partizipation, sowie Ausbildung und Beruf. 13 Forderungen für eine Verbesserung der Situation von LSBTI in der Welt Wir müssen endlich etwas tun Die Yogyakarta-Allianz sucht den transnationalen Austausch mit Aktivist_innen Foto: Hirschfeld-Eddy-Stiftung

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