respekt_heft_25_2018

28 29 respekt | länder! respekt | länder! T rotz aller gesellschaftlichen und politischen Fortschritte beim Thema Akzeptanz und Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisxuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) sind wir weit von einer Gesellschaft ent­ fernt, die von gegenseitigem Respekt und Gleichwertigkeit geprägt ist. Das Innenministerium (BMI) zählte 2017 300 homophob bzw. transfeindlich motivierte Straftaten, und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Allein in Berlin regist­ rierte das Anti-Gewaltprojekt Maneo 2016 291 homo- oder transfeindliche Übergriffe. Längst wird nicht jede Straftat als Hasskriminalität erfasst oder gar zur Anzeige gebracht. Die Gründe dafür sind vielfältig. Fehlendes Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden auf der einen Seite und fehlende Kenntnisse bei Polizei und Staatsanwaltschaft auf der ande­ ren Seite. Auf deutschen Schulhöfen sieht es nicht besser aus. Die 2017 erschienene Studie „LSBTIQ*-Lehrkräfte in Deutschland“ zeigte, dass über 70 Prozent der befragten Lehrkräfte den Gebrauch von Schimpfwörtern gegenüber LSBTI-Schüler*innen mitbekommen haben. In der Studie „Coming out und dann..?“ von 2015 berichtete fast die Hälfte der Jugendlichen, dass Lehrkräfte nicht einschreiten würden, wenn „Lesbe“ oder „Schwuchtel“ als Schimpfwort gebraucht wird. Auch in Sportvereinen, am Arbeitsplatz oder etwa im Gesundheitsbereich erfahren LSBTI unterschiedliche Formen von Ausgrenzung und Diskriminierung. Mit Aktionsplänen für Akzeptanz von LSBTI versuchen Landesregierungen zwischen Flensburg und Konstanz Homophobie und Transfeindlichkeit entgegenzuwirken. Ziel­ setzung sind nicht nur die Förderung von Akzeptanz und Gleichstellung, sondern auch dass Regenbogenkompetenz als Querschnittsaufgabe in allen Fachpolitiken und gesell­ schaftlichen Bereichen verankert wird. Mit unterschiedlichen Maßnahmen in Bereichen wie Bildung, Sport, Anti-Gewalt- Arbeit, Gesundheit, Pflege & Alter soll die freie Entfaltung der Persönlichkeit gestärkt und gesellschaftliche Teilhabe ermög­ licht werden. Ferner soll Diskriminierung sichtbar gemacht und mit zielgerichteten Maßnahmen entgegengewirkt werden. Nachdem Berlin mit der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt” 2010 den Stein ins Rollen brachte, folgten fast alle weiteren Bundesländer. Nur in Bayern steckt die CSU den Kopf weiter in den Sand und ignoriert Anfeindungen und Diskriminierungen gegen LSBTI im Freistaat. An der Saar ist die Landesregie­ rung inzwischen aus dem Dornröschenschlaf erwacht und bereitet einen Aktionsplan vor. Brandenburg und Thüringen haben vor einigen Monaten auch ihre Konzepte vorgestellt und sind in der Umsetzung. Während man in Brandenburg mit einem eher schlanken Konzept startete, präsentierte Thüringen ein unerwartet umfangreiches Programm. Großen Anteil daran hatten vor allem die Community und ihre Bündnispartner*innen. Die Erfahrungen zeigen wie wichtig ein breit angelegter Beteiligungsprozess ist. In Sachsen legte die Landesregierung bereits 2015 los. Doch viele der guten Ideen aus der Zivilgesellschaft schei­ terten bei der ministeriellen Abstimmung. Besonders die CDU verwässerte Maßnahmen mit unkonkreten Prüfaufträgen. Einzig der von Staatsministerin Köpping geführte Bereich „Gleichstellung und Integration“ sorgte dafür, dass es nicht bei einem reinen Lippenbekenntnis blieb. Aber auch das dickste Programm bleibt ein zahnloser Tiger, wenn nicht darauf geachtet wird, dass es evaluiert, fortentwickelt und seine Umsetzung von zivilgesellschaft­ licher Seite begleitet wird. Die Einrichtung von Beiräten und eine wissenschaftliche Begleitung sind nur einige der Grundvoraussetzungen. Wie sich die Entwicklung im Saar­ land gestaltet und ob auch das Schlusslicht Bayern nach der Landtagswahl erkennt, dass es sich lohnt, Diskriminierung entgegenzuwirken und allen Menschen ein angstfreies Leben zu ermöglichen, bleibt abzuwarten. Der LSVD bleibt jeden­ falls dran! Landesaktionspläne in den Bundesländern Homophobie und Transfeindlichkeit Paroli bieten M it Regenbogenfarben ins Sportjahr – das ist das diesjährige Motto des LSVD Berlin- Brandenburg. Anlässe sind die Fußball- Weltmeisterschaft der Männer in Russland (14. Juni - 15. Juli) und die Leichtathletik-EM in Berlin (07. – 12. August). Daher setzt sich der LSVD Berlin-Brandenburg in diesem Jahr mit seinen Projekten SOCCER SOUND und „Fußball und sexuelle Vielfalt“ sowie dem Sport-und Kulturevent RESPECT GAYMES schwerpunktmäßig mit dem Thema Homo- und Transphobie im Sport ausei­ nander. Auftakt des Sportjahrs war im Februar der zusammen mit dem Berliner Fußball-Verband e. V. (BFV) initiier te „Aktionsmonat Fußball gegen Homophobie“. Damit beteiligte sich der Fußball­ landesverband an der internationalen Kampagne des britischen Netzwerks Football v Homophobia. Den Beginn des Aktionsmonats bildete die Beteiligung am Fachforum „Regenbogenkompe­ tenz im Fußball“ beim Regenbogenparlament in Berlin, gefolgt vom Start des Rückrunden- Ligabetriebs des BFV. Die Vereine wurden aufge­ rufen, an den Spieltagen im Februar und März ein Zeichen gegen Homophobie zu setzen. Insgesamt 34 Vereine bestellten bei uns kostenfreie Pakete mit u.a. einer Regenbogen-Kapitänsarmbinde und Regenbogen-Schnürsenkel. Beim jähr­ lichen „Runden Tisch gegen Homophobie“ am 5. März nahm unter anderem die Bundestags­ vizepräsidentin Petra Pau teil. Schwerpunktthema des Runden Tisches war die diskriminierungsfreie Teilhabe von Trans* im Fußball. Den Abschluss des Aktionsmonats bildete eine Filmvorführung der NDR-Dokumentation „Testosterongesteuert – Wenn aus Fußballerinnen Männer werden“, mit anschließender Podiumsdiskussion, im Rahmen des 11mm-Fußballfilmfestivals im Kino Babylon. Beim „Aktionstag Wasserball gegen Homo­ phobie“ am 21. April in Berlin setzte die 1. Bundes­ ligamannschaft der SG Neukölln in der Deutschen Wasserball-Liga ein deutliches Zeichen gegen Diskriminierung und für Vielfalt im Wasserball. Das Team präsentierte sich in eigens produzierten Regenbogenbadehosen und Wasserballkappen, begleitet durch ein buntes Rahmenprogramm. Der Kontakt zur SG Neukölln kam durch das Fachforum „Regenbogenkompetenz im Fußball“ beim Regenbogenparlament zustande. Weiter geht es am 30. Juni und 1. Juli beim Queer Summer Splash im Prinzenbad in Berlin - dem ersten LGBT*-Wasserballturnier, das vom ersten Queeren Wasserballteam Deutschlands, den Aquaholics vom Verein SSL Vorspiel, ausge­ richtet wird. Am 07. Juli star ten dann die bereits 13. RESPECT GAYMES, Berlins größtes Spor t- und Kulturevent unter dem Regenbogen. Das Sportangebot umfasst Fußballturniere und viele Sportarten zum Ausprobieren, neben dem Village und einer Musikbühne gibt es auch ein breites Kulturangebot. Die Teilnahme ist kostenlos, der Eintritt ist frei. Am Abend erwartet die Besucher*­ innen dann noch ein Public-Viewing unterm Regenbogen, wenn das Yaam zum gemeinsamen Schauen des WM-Viertelfinalspiels mit anschlie­ ßender After-Game-Par ty zu den RESPECT GAYMES, einlädt. Beim 26. Lesbisch-schwulen Stadtfest Berlin am 21. / 22. Juli werden sich dann alle Sport­ projekte mit dem Berliner Fußball-Verband und weiteren Partnern im Sportbereich präsentieren, ehe ein weiterer gemeinsamer Auftritt beim 40. Berliner CSD am 28. Juli geplant ist. Das Sportjahr endet am 23. November mit dem 8. Fachtag „Vereine stark machen – für Vielfalt im Fußball“, zu dem der LSVD Berlin- Brandenburg, der Berliner Fußball-Verband, der Landesspor tbund Berlin, Her tha BSC Berlin, 1. FC Union Berlin und die Landeskommission Berlin gegen Gewalt einladen. Unter anderem wird es eine Werkstatt zum Thema Homophobie im Sport geben. Weitere Infos unter: www.berlin.lsvd.de Christian Rudolph, Projekt „Soccer Sound“ LSVD Berlin-Brandenburg im Spor tjahr 2018 Sport frei Fotos: LSVD Berlin-Brandenburg Fotos: Caro Kadatz René Mertens Bund-Länder-Koordination

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