respekt_heft_25_2018
38 39 REGENBOGENFAMILIEN Mit der Beschlussfassung über das ausführliche Papier zu Regenbogenfamilien auf dem Verbandstag 2017 liegt nun eine qualifizierte Positionsbestimmung des Verbandes vor, die der LSVD im vergangenen Jahr gegenüber den Bundes- und Landesministerien ebenso bekannt gemacht hat wie gegenüber der Fachöffentlichkeit und unseren Kooperationspartner*innen. Ein Schwerpunkt lag darin, mit Presse- und Öffentlich keitsarbeit, Vorträgen und Teilnahme an Veranstaltungen zu ver deutlichen, dass die zahlreichen familien- und abstammungs rechtlichen Probleme, denen sich Regenbogenfamilien gegen übersehen, durch die Öffnung der Ehe keineswegs beseitigt sind, wie vielfach angenommen wird. Der LSVD kämpft dafür, dass bei Kindern, die in eingetragenen Lebenspartnerschaften bzw. gleichgeschlechtlichen Ehen geboren werden, nicht mehr eine Stiefkindadoption erforderlich ist, damit beide Frauen die rechtliche Elternstellung erlangen. Ebenso setzt er sich für die Möglichkeit einer rechtsverbindlichen Elternvereinbarung ein und für das Wahlrecht von Trans* Eltern beim Eintrag in die Geburtsurkunde ihrer Kinder. Der LSVD hat sich hier weiter gegenüber dem Bundesjustiz- und dem Bundesfamilienministerium sowie dem für das Perso nenstandsrecht zuständigen Bundesinnenministerium nach drücklich dafür eingesetzt, dass der Gesetzgeber aktiv wird. Unterstützung für einen Teil unserer Forderungen fanden wir hierbei durch den Abschlussbericht, den die Fachkommission Abstammungsrecht nach mehrjähriger Beratung im August 2017 dem Justizministerium vorlegte. Nicht zuletzt stärkt auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Notwendigkeit eines dritten Geschlechtseintrags im Personenstandsrecht aus dem Oktober 2017 die Position des LSVD. Mit dem Projekt „Beratungskompetenz für Regenbogen familien“, dasvon07/2015bis06/2018vomBundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert wird, will der LSVD einen Beitrag leisten, damit die Mitglieder von Regenbogenfamilien wohnortnah in Beratungsstellen fach kundigen Rat und Hilfe erhalten und sich willkommen fühlen können (www.regenbogenkompetenz.de ). respekt | bundesverband! VORWORT Das zurückliegende Jahr war für den LSVD von drei Ereignissen in beson derer Weise geprägt: Der Eheöffnung, der Reha bilitierung und Entschä digung der wegen einver nehmlicher homosexueller Handlungen Verur teilten und der Bundestagswahl. Mit dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 30. Juni 2017 über die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare kam der jahrzehntelang geführte Kampf um eine weitgehend vollständige rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Menschen zu einem glücklichen Ende. Die Tatsache, dass nicht nur Abgeordnete der Parteien, die schon lange für eine solche Gleichstellung eingetreten waren, für den Gesetzentwurf stimmten, sondern auch solche, deren Parteien bis zum Schluss erbittert gegen die Eheöffnung gekämpft hatten, macht deutlich, dass der Deutsche Bundestag mit dieser Entscheidung eine gesellschaftliche Entwicklung nachholte. Nur eine gute Woche zuvor hatte der Deutsche Bundestag mit dem Beschluss zur Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer antiho mosexueller Strafgesetzgebung bereits eine historische Entscheidung getroffen. Nach langen Jahren der Ignoranz wurde einem Teil der Opfer staatlicher Verfolgung ihre Würde zurückgegeben. Leider weist das diesbezügliche Gesetz gravierende Lücken auf: Zum einen ist die vorgesehene Entschädigung für die Opfer, die durch eine menschenrechts widrige Gesetzgebung verfolgt, inhaftiert und ihrer gesellschaftlichen Existenz beraubt wurden, viel zu gering. Zum anderen ist kritikwürdig, dass das Gesetz rückwirkend erneut unterschiedliche Schutzaltersgrenzen zwischen Homo- und Heterosexualität einführt und damit in diskriminierender Weise erneut einen Teil des § 175 StGB wiederauferstehen lässt. Am 24. September fanden die Wahlen zum 19. Deutschen Bundestag statt. Mit der AfD ist erstmals seit dem zweiten Weltkrieg eine rechtspopulistische und in Teilen rechtsextreme Partei in den Deutschen Bundestag eingezogen. Dies stellt auch zivilgesell schaftliche Akteure wie den LSVD vor große und neue Herausforderungen. Um auf diese Herausforderungen angemessen zu reagieren, gab es zahlreiche Aktivitäten, die in dem vorliegenden Bericht ihre Zusammenfassung finden. Auszüge aus dem Tätigkeitsbericht des LSVD 2017/2018 Für gleiche Rechte, Vielfalt und Respekt Foto: Caro Kadatz / LSVD Foto: Stefan Wernz (Köln) respekt | bundesverband! 1.1 FÜR EIN GERECHTES RECHT 1. Aktivitäten in der nationalen Politik
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