respekt_heft_25_2018
40 41 RECHT FÜR INTERGESCHLECHTLICHE MENSCHEN UND REFORM DES TRANSSEXUELLENRECHTS Intergeschlechtlichen Menschen wurde im Oktober 2017 durch eine wegweisende Ent scheidung des Bundesverfassungsgerichts end lich rechtliche Anerkennung zuteil. Der LSVD hatte zu dem Verfahren auf Anfrage des Bundesverfassungsgerichts eine Stellungnahme abgegeben, die Manfred Bruns verfasst hatte. Darin wurde eindringlich auf die Situation intergeschlechtlicher Menschen und ihre bisher bestehende rechtliche Benach teiligung gegenüber Männern und Frauen hin gewiesen. Es ist erfreulich, dass das Gericht in weiten Teilen dieser Argumentation gefolgt ist. Keine Veränderung gab es im letzten Jahr bei der Rechtsstellung transgeschlechtlicher Menschen. Die alte und neue Regierungs koalition hat es trotz wiederholten Drängens auch des LSVD versäumt, die lange überfällige Neuregelung des in weiten Teilen verfassungs widrigen sogenannten Transsexuellengesetzes endlich auf den Weg zu bringen – oder auch nur im neuen Koalitionsvertrag zu erwähnen. Auch hierfür erhofft sich der LSVD durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Dritten Geschlecht neue Impulse. Der Gesetzgeber wurde aufgefordert, endlich eine umfassende Neuregelung zur Verwirklichung der geschlechtlichen Selbstbestimmung im Recht zu schaffen. Das LSVD-Projekt „Miteinander stärken – Selbstbestimmt intergeschlechtlich leben“ fördert die Akzeptanz und Selbstbestimmung intergeschlechtlicher Menschen. Die Struktur stärkung von Organisationen intergeschlecht licher Menschen, die Entwicklung einer bun desweiten, flächendeckenden Peer-to-Peer- Beratung und die Kommunikation von Bedarfen intergeschlechtlicher Menschen an Politik, an Fachkräfte und die allgemeine Öffentlichkeit wirken den Menschenrechtsverletzungen an und der Diskriminierung von Menschen mit ange borenen Variationen der Geschlechtsmerkmale entgegen. ASYLRECHT Im Asylrecht hat sich der LSVD im vergan genen Jahr weiterhin dafür eingesetzt, dass die Verfolgerstaaten Algerien, Tunesien und Marokko nicht zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. In allen drei Staaten werden Menschenrechte verletzt, Homosexuelle als soziale Gruppe verfolgt und einvernehm liche Sexualität unter Erwachsenen gleichen Geschlechts mit hohen Gefängnisstrafen bedroht. Menschen werden eingesperrt und misshandelt, nur weil sie anders lieben. Staaten als „sicher“ zu deklarieren, die Homosexualität kriminalisieren, stellt Menschenrechtsverstößen einen Freibrief aus. SPANNUNGSFELD ISLAMOPHOBIE – HOMOPHOBIE Religion und LSBTI werden oft als Wider spruch gedacht. Die Geschichte religiös begründeter Verur teilung und Verachtung für LSBTI ist lang und hält bis heute an. „Sünde“ oder „nicht gottgewollt“ – LSBTI kennen religiös legitimierte Homophobie lei der nur allzu gut. Auch die großen deut schen muslimischen Organisationen wie der Islamrat oder der Zentralrat der Muslime wer ten Homosexualität als Sünde. Lesben und Schwule sollen aber nicht diskriminiert werden. Diesen Widerspruch findet man jedoch auch im katholischen Katechismus und in evangelikalen Kreisen. Allerdings gibt es viele Muslim*innen in Deutschland, die z.B. für die Eheöffnung waren. Gleichzeitig gibt es antimuslimischen Rassismus und Islamfeindlichkeit gerade im Zuge eines rechtspopulistischen Rollbacks, der als politische Strategie Homophobie instrumentalisiert und sich sonst mit homo phoben Politiken und Stimmungsmache her vortut. Vor diesem Hintergrund suchte der LSVD den Kontakt zum Liberal-Islamischen Bund und der Türkischen Gemeinde. Daraus ent stand die gemeinsame Postkartenkampagne „Du willst Respekt. Ich auch“ mit drei Sprüchen in Deutsch und Türkisch. Ebenfalls mit diesen beiden Organisationen gab es zusammen mit der Friedrich-Naumann- Stiftung die gemeinsame Veranstaltung „Du Ich Wir – gemeinsam gegen Homophobie. Politiken für Vielfalt und Respekt in Deutschland und der Türkei“, bei der Henny Engels für den LSVD auf dem Podium saß. 1.2 FÜR MENSCHENWÜRDE – GEGEN HASS respekt | bundesverband! respekt | bundesverband! Foto: LSVD Gökay Sofuoğlu, Nushin Atmaca und LSVD- Bundesvorstand Helmut Metzner auf dem Aktionstag der Antidiskriminierungsstelle zum IDAHOT 2017 Du willst Respekt? Ich auch. Sana saygı duyulmasını mı istiyorsun? Ben de. Korkusuzca yaşamak mı istiyorsun? Ben de. Du willst angstfrei leben? Ich auch.
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