Respekt Heft 26
15 sexualität assoziierten die meisten Menschen Männer; in den Köpfen stecke nach wie vor „Mensch = Mann“. Für Studien sei es relativ einfach, in Archiven Quellen zur männlichen Homosexualität zu finden – zu lesbischen Frauen gebe es dagegen nur selten passende Schlagwortsuchen. Ein Blick in Medien bis in die 1970er Jahre mache deutlich, dass Lesben dort fast überhaupt nicht vorkamen. Auch die zentrale Bedeutung von Ehe und Mutterschaft spiele für das Thema „Lesbische (Un-)Sichtbarkeit“ eine große Rolle. Ein weiterer zu beachtender Gesichtspunkt sei die traditionelle Haltung, dass männliche Sexualität für Gesellschaften wie die unsere hochrelevant sei, weibliche hingegen nicht. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hätten sich drei Strömungen herauskris tallisiert: Frauen, die sich mit homosexuellen Männern solidarisierten und hinter ihnen öffentlich unsichtbar wurden, Frauenrechtlerinnen, die öffentlich nicht über weibliche Homosexualität sprachen, und kleine Gruppen orga- nisierter ausdrücklich lesbischer Frauen. In den 1970er Jahren hätten sich lesbische Aktivitäten dann verstärkt, schon damals mit dem zentralen Thema „Lesbische Sichtbarkeit“. Die Unsichtbarkeit von Lesben habe weitreichende Folgen gehabt – von dem Weg in die heterosexuelle Ehe bis hin zum Suizid. Die Unsichtbarkeit habe zudem dazu beigetragen, dass viele der Frauen in dem Bewusstsein gelebt hätten, sie seien die Einzige. 20 Jahre gemeinsame Politik Erzählt wurde die Geschichte der Erweiterung des SVD auch als Ausgangspunkt für ein Panel auf dem 31. LSVD-Verbandstag zu 20 Jahren gemeinsame Politik. Halina Bendkowski, einer der ersten drei weiblichen Mitglieder des Bundesvorstandes, Günter Dworek, ein „LSVD-Urgestein“, Kerstin Fritzsche, seit 2018 Mitglied im Vorstand des LSVD Baden-Würt temberg, und Gabriela Lünsmann, seit 2015 Mitglied im Bundesvorstand, diskutierten über zurückliegende Erfolge, kommende Herausforderungen und gemeinsame Ziele. Halina Bendkowski berichtete, wie sie und andere, die sich für eine gemein- same Arbeit einsetzten, von Feministinnen wegen ihres Engagements atta- ckiert wurden. Günter Dworek erinnerte daran, dass auch manche Schwule mit diesen Plänen Probleme hatten und den Lesben lieber nahelegen wollten, doch etwas „eigenes“ zu machen. Aus seiner Sicht sei die Erweiterung des Verbandes einer der entscheidenden Faktoren gewesen für die erfolgreiche Lobbyarbeit hin zum Partnerschaftsgesetz und später der Eheöffnung. Im Panel ging es aber nicht nur um den Blick in den goldenen Rückspiegel, sondern auch um Themen, die auch künftig nur gemeinsam erfolgreich bearbeitet werden können. So ist die rechtliche Gleichstellung nicht voll- ständig erreicht – etwa für die Situation von Regenbogenfamilien und das Abstammungsrecht. Im Bereich der Bildung ist die Thematisierung geschlechtlicher und sexueller Vielfalt noch längst nicht selbstverständlich. Im Gegenteil: Es gibt hier starken Gegenwind. Grundsätzlich gilt es, die Zivilgesellschaft und ihren Einfluss auf Gesell schaft und Politik zu stärken und dabei deutlich zu machen, dass eine offene und vielfältige Gesellschaft ein Gewinn für alle Bürger*innen ist. Zudem müs- sen die erstrittenen Rechte gegen alte und neue Gegner*innen verteidigt wer- den. Dazu gehört auch ein mit wirksamen Maßnahmen und ausreichenden Mitteln untersetzter Nationaler Aktionsplan gegen Homosexuellen- und Transfeindlichkeit – zum Schutz von LSBTI*-Menschen und als unerlässlicher Bestandteil einer demokratischen Gesellschaft. Für die Weiterentwicklung des LSVD ist es wichtig, dass er auch für jüngere Menschen attraktiv ist. Die Motive für das Handeln des Verbandes müssen noch besser als bisher deutlich gemacht werden. Dies alles gelingt im Miteinander von Lesben und Schwulen besser. Dass die Entwicklung zum gemeinsamen Verband auch für die Zukunft wichtig bleibt, spricht auch aus den Zuschriften von Verbandsmitgliedern zum Jubiläum. Christian beispielsweise schreibt: „Der LSVD ist mit dem L seit 20 Jahren für mich zum echten Bürgerrechtsverband geworden, und genau das ist für mich wichtig: Bürgerrechte, Gleichstellung, Freiheit, Respekt. Danke, dass Ihr Euch einsetzt! Für uns alle gemeinsam, für mich.“ Henny Engels, LSVD-Bundesvorstand Gabriela Lünsmann (LSVD-Bundesvorstand) Panel zu „20 Jahre Lesben im LSVD“ : Gabriela Lünsmann (LSVD-Bundesvorstand), Kerstin Fritzsche (Vorstand LSVD Baden-Württemberg), Axel Hochrein , Günter Dworek (beide LSVD- Bundesvorstand) und Halina Bendkowski (v.l.n.r.) respekt | bundesverband! 1 https://www.lsvd.de/fileadmin/pics/Dokumente/Lebensformen/Lesben/rrampf_erfindungderhomoehe.pdf Fotos: Caro Kadatz
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