Respekt Heft 26
18 hirschfeld-eddy-stiftung ! E in Panel auf dem 31. LSVD-Verbands tag widmete sich dem weltweiten Men schenrechtsschutz für LSBTI und der Unterstützung von Aktivist*innen im globalen Süden und Osteuropa. Besorgt berichtete Michael Roth, Staats minister im Auswärtigen Amt, einführend über die aktuelle Lage von LSBTI in aller Welt und hob als besonders negatives Beispiel Brunei hervor. Dort wurde gerade das Strafrecht drastisch verschärft und für einvernehmliche homosexuelle Handlungen zwischen erwach senen Männern die Todesstrafe durch Steini gung eingeführt. Lesbischen Frauen drohen Stockhiebe und Gefängnis. Gemeinsam mit anderen Staaten habe die Bundesregierung die Entwicklung verurteilt. In Tschetschenien gelte es, verfolgten LSBTI zu helfen, zumal die russische Zentralregierung nicht eingreife und dem tschetschenischen Gewaltherrscher freie Hand lasse. Die Bundesregierung beziehe öffentlich Stellung und übe hinter verschlos- senen Türen diplomatischen Druck aus. Vor allem aber habe Deutschland auch Verfolgte aufgenommen. Russland Gulya Sultanova vom Side by Side Film festival in St. Petersburg verurteilte die homo- phobe und transfeindliche Politik des Putin- Regimes, das die gesellschaftliche Ablehnung noch verstärke. Tiefpunkt sei die Situation in Tschetschenien. Das LGBT Network habe Hunderte Opfer evakuiert, viele LSBTI wür- den noch immer drangsaliert und von ihren Familien getötet. All dem stellte sie die enga- gier ten zivilgesellschaftlichen Bemühungen gegenüber. Mittlerweile thematisierten Oppo sitionspolitiker*innen den Schutz von LSBTI. Das gelte auch für die Menschenrechts- Community, denn die sei heute LSBTI-Themen gegenüber viel aufgeschlossener als noch vor einigen Jahren. Die LSBTI-Community selbst sei sehr aktiv, jung und sichtbar. Doch wirk- liche Veränderung bringe nur eine Änderung des politischen Systems. Tunesien Der LSBTI-Aktivist Ramy Khouili aus Tunis erläuterte die Situation in Tunesien. Im Herbst 2015 seien bei einer Razzia in Kairouan sechs Personen verhaftet und beim Verhör Anal untersuchungen unterzogen worden, be vor man sie im Dezember 2015 zu drei Jahren Haft verurteilte. Es gebe Fälle von persönlichen Racheakten unter Nachbarn und Denunziation unter Berufung auf den homo- phoben Paragraphen 230 im Strafgesetzbuch. Seit 2015 habe es mehr Fälle gegeben als vor der Revolution, weshalb einige meinten, die Situation habe sich verschlimmert. Andere hingegen sähen in Tunesien noch immer die Hoffnungsstätte des Arabischen Frühlings. Forderungen an Deutschland Im Gespräch mit der Journalistin Natalia Matter wies Gulya Sultanova darauf hin, dass es für das Queer Filmfestival keine Unterstützung aus Russland gebe, sondern sie auf Unterstützung aus dem Ausland ange- wiesen seien. Der notwendige Polizeischutz während des Festivals funktioniere nur, wenn ausländische Diplomat*innen teilnehmen. Ramy Khouili wünscht sich von der Bundes regierung klare Worte zu den Ereignissen in seiner Heimat. Die Diplomatie müsse mehr Druck auf seine Regierung ausüben, etwa im Rahmen der UN-Berichterstattung. In Bezug auf die Konditionalität solle endlich das Prinzip „more for more“ greifen, also mehr Unter stützung, sofern der Menschenrechtsschutz im Land gestärkt werde. Zudem sei die Unter stützung von Projekten vor Ort wichtig, wie etwa das Queer Film Festival in Tunis, das vom LSVD und der Hirschfeld-Eddy-Stiftung (HES) unterstützt wird. Michael Roth versicherte, dass das Aus wärtige Amt diese Aktivitäten auch weiter fördern wolle. Wichtig seien die Deutschen Botschaften in Tunesien und Russland, um Informationen zur Situation im Land zu erhal- ten und um Druck auszuüben. Das funktio- niere gut, doch Gesetze wie das russische Menschenrechte von LSBTI in Europa und der Welt Was kann Deutschland tun? Gulya Sultanova vom Side by Side Filmfestival in St. Petersburg LSBTI-Aktivist Ramy Khouili aus Tunis
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