Respekt Heft 26
19 hirschfeld-eddy-stiftung ! „Agentengesetz“ könnten dazu führen, dass Kooperationen unmöglich gemacht würden. Diplomatischer Druck Gulya Sultanova würdigte den engen zivilgesellschaftlichen Austausch zwi- schen Deutschland und Russland. Der Austausch zwischen dem LSVD Hamburg und Organisationen aus St. Petersburg im Rahmen der Städtepartnerschaft sei wichtig, denn Isolation komme allein dem Regime zugute. Die Botschaften sollten ihre Räumlichkeiten für örtliche NGOs zur Verfügung stellen. Das sei ein wichtiges Signal und erhöhe auch den Schutz. Die Bundesregierung, EU und OSZE sollten noch mehr Druck auf Russland ausüben, vor allem wegen der Situation in Tsche tschenien. Nichts könne in dieser Situation mehr schaden als Schweigen. Sie for- derte einen härteren Ton gegenüber dem Regime. LSBTI-Inklusionskonzept Zudem stellte Sarah Kohrt die Arbeit der LGBTI-Plattform Menschenrechte der HES vor. Wichtigstes Projekt: die Yogyakarta- Allianz, ein Bündnis von Interessier ten und Vertreter*innen aus zivilgesellschaft- lichen Organisationen, die zum Thema LSBTI und Menschenrechte arbeiten. Die Zusammenarbeit mit dem Auswär tigen Amt (AA), dem Bundesentwicklungsminis terium (BMZ) oder der GIZ funktioniere gut. Im Mittelpunkt stehe die ausdrückliche Einbeziehung von LSBTI in Projekten der Entwicklungszusammenarbeit und in den auswärtigen Beziehungen, kurz ein auch von der Regierung inzwischen angekün digtes LSBTI-Inklusionskonzept. Die HES und Yogyakarta-Allianz haben ein 13-Punkte-Papier mit Forderungen vor- gelegt, die in das Inklusionskonzept aufge- nommen werden sollten. Es gehe nicht nur um mehr Förderung für LSBTI-Projekte, sondern auch um Kohärenz und eine notwendige Selbstkritik Deutschlands in Bezug auf die eigene Kolonialgeschichte, ohne die keine glaubwürdige LSBTI-Politik möglich sei. Auf die Frage nach dem Stand des LSBTI-Inklusionskonzepts von AA und BMZ betonte der Staatsminister, das Auswärtige Amt habe einen Vorschlag gemacht, die Abstimmung liege nunmehr im BMZ. Er hoffe, dass man bis zum Sommer weiterkomme und ein gemein- sames Papier vorlegen könne. Europarat und OSZE Michael Roth sprach die Mitgliedschaft Russlands in der OSZE und im Europarat an. Noch könne man über diese Foren Druck ausüben, wie es wegen Tsche tschenien geschehen sei. Scheide Russ land aus diesen Organisationen aus, habe man kaum noch Handhabe. Auf UN-Ebene leiste der Unabhängige Experte für LSBTI-Schutz wichtige Arbeit, das Mandat müsse verlängert werden. Leider herrsche kein Konsens über die Unteilbarkeit und Universalität der Men schenrechte, arabische oder afrikani sche Länder sähen in LSBTI-Rechten eine westliche Agenda, die abzulehnen sei. Umso mehr brauche es Teambil dungen wie die 2016 geschaffene Equal Rights Coalition (ERC), der nunmehr 40 Staaten angehörten. Kohrt wies auf die zivilgesellschaftliche Mitarbeit in Arbeits gruppen der ERC hin. Diese müsse drin- gend unterstützt werden. LSVD und HES könnten dies allein nicht stemmen, da dies Kapazitäten binde und Kosten verursache. Europa Die EU, so der Staatsminister, müsse als Wertegemeinschaft immer einen Blick auf die Menschenrechte werfen. Auch Ramy Khouili betonte, das Abkommen der EU mit Tunesien unterliege Werten wie der Achtung der Menschenrechte. Die EU müsse dieses Prinzip auch anwenden. Gulya Sultanova plädierte für mehr Härte der EU. Die Beziehungen könnten kaum noch schlechter werden. Auf das aggres- sive Spiel Russlands dürfe man sich nicht einlassen. Sie forderte von Europa, die Menschenrechte zu verteidigen und seinen Werten treu zu bleiben. „Russland ist nicht der einzige Energielieferant, mein Land ist in vielerlei Hinsicht auch auf die EU ange- wiesen“, so die Aktivistin. Klaus Jetz LSVD-Geschäftsführer Die Journalistin Natalia Matter , Sarah Kohrt (LGBTI- Plattform Menschenrechte), Staatsminister Michael Roth und das gesamte Panel (v.o.n.u.) Fotos: Caro Kadatz
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