Respekt Heft 26
23 hirschfeld-eddy-stiftung ! I m April 2018 gab es in Nicaragua erste Proteste gegen eine von der Regierung geplante Reform des Sozialversicherungssystems. Eine gewaltsam niedergeschlagene Demonstration in Managua, wurde schnell zu einem regelrechten Aufstand im ganzen Land. Hauptforderung: Vorgezogene Neuwahlen und der Rücktritt des Präsi denten Daniel Ortega und seiner Frau, Vizepräsidentin Rosario Murillo. Seitdem gehen Polizei und paramilitärische Kräfte immer wieder mit Tränengas und Waffengewalt gegen Protestierende vor. Diese werden von der Regierung als Putschist*innen und Terrorist*innen diffamiert. Bislang gab es Hunderte Tote und unzählige Verletzte. Menschen wurden verschleppt und verschwanden. Auch die LSBTI-Bewegung ist unter Druck. Unsere Partner*innen in Nicaragua berichten von Verhaftungen, Todesdrohungen, Übergriffen und Vergewaltigungen. Aktualisierung der LSBTI-Menschenrechtsagenda Das Auswärtige Amt hat uns und unserer Partnerorganisation vor Ort für 2019 erneut ein Projekt bewilligt. Die vor acht Jahren mit Unterstützung der Hirschfeld-Eddy-Stiftung entwickelte LSBTI- Menschenrechtsagenda muss dringend aktualisiert werden, um dem Anstieg der Gewalt und Menschenrechtsverletzungen sowie dem Mangel an Kenntnissen zu Menschenrechten von LSBTI in Behörden, Institutionen, zivilgesellschaftlichen Organisationen oder Familien entge- genzuwirken. Ein neuer Fokus liegt auf der kulturellen, multiethnischen Vielfalt, da die Autonomen Regionen an der Karibikküste einbezogen werden. Diese sind aufgrund ihrer Abgeschiedenheit und Distanz zum politischen Zentrum traditionell von der politischen Agenda ausge- schlossen. Mit dem Projekt werden in einem Viertel aller Kommunen und Gemeinden des Landes Gewalt- und Diskriminierungserfahrungen sowie Bedarfe zur Stärkung des Menschenrechtsschutzes für LSBTI erhoben. In mehreren Workshops in verschiedenen Regionen werden die Ergebnisse aufgearbeitet und Anforderungen an eine aktualisierte Menschenrechtsagenda für LSBTI formuliert. Die Ergebnisse sollen dann auch bei einem Treffen zentralamerikanischer Aktivist*innen Ende 2019 in einem der Nachbarländer Nicaraguas vorgestellt werden. „Bridging the Gap“ auf dem Westbalkan Mit dem Team von ERA, der LGBTI Equal Rights Association in Belgrad, arbeiten wir auch 2019 wieder zusammen. Mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes führen wir gemeinsam das Projekt „Bridging the Gap: Towards effective dialogue between LGBTI organizations and state institutions in the Western Balkans and Turkey“ durch. Ziel ist es, die Lücke zwischen dem Diskriminierungsschutz auf der rechtlichen Ebene und der gelebten Wirklichkeit von LSBTI zu überwinden. Indem ein intensiver Dialog zwischen LSBTI-Bewegung sowie staat- lichen Institutionen und Parlamentarier*innen aus den verschiedenen Ländern angestoßen wird, soll der Menschenrechtsschutz für LSBTI gestärkt werden. ERA möchte zudem Aktionspläne und Debatten zu den Themen Demokratieförderung, Menschenrechte, soziale und wirt- schaftliche Inklusion und Rechtsstaatlichkeit initiieren. Den Höhepunkt bilden eine regionale Konferenz mit Beteiligung verschiedener Ministerien und ein regionales interparlamentarisches LSBTI-Treffen im Oktober. LSBTI-Geflüchtete in Tunesien Unser tunesischer Projektpartner Mawjoudin wird in 2019 mit unserer Unterstützung und der Förderung durch das Auswärtige Amt die Situation von in Tunesien gestrandeten LSBTI-Geflüchteten verbessern. Dafür sollen Geflüchtete individuell beraten und unter- stützt, vorhandene Strukturen identifiziert und vernetzt und örtliche Flüchtlingsorganisationen sensibilisiert werden. Klaus Jetz, Hirschfeld-Eddy-Stiftung Projekte in Nicaragua, Westbalkan und Tunesien LSBTI unter Druck Foto: Caro Kadatz/Hirschfeld-Eddy-Stiftung
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