Respekt Heft 26

7 respekt | bundesverband! Anfechtungsrechte Wie bereits dargelegt, sollte das Recht auf Anfechtung der Mit- Mutterschaft durch den Samenspender nicht davon abhängig gemacht werden, ob eine Zeugung durch eine Insemination mit oder ohne ärzt- liche Assistenz erfolgt ist. Die Beschränkung des Schutzes vor einer solchen Anfechtung auf die Fälle, bei denen eine ärztlich assistierte künstliche Befruchtung erfolgt, ist entschieden abzulehnen. Doch nach dem Entwurf hat der private Spender in den ersten sechs Lebensmonaten des Kindes immer ein Anfechtungsrecht. Das Anfechtungsrecht bleibt über die ersten sechs Monate hinaus bestehen, wenn der Spender eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind hat. Ein Anfechtungsrecht wird daher begünstigt, wenn es Kontakt zwischen Spender und Kind gibt. Das würde jedoch gerade dazu führen, dass der Kontakt zum Spender/ biologischen Vater nur aus Angst vor einer Anfechtung der Mit-Mutterstellung vermieden wird und widerspräche dem Kindeswohl. Erforderlich wäre zumindest die Möglichkeit des präkonzeptio- nell zulässigen und bindenden Verzichts des Samenspenders auf seine Elternrechte. Dies trägt dem Interesse der Mütterpaare an einer geregelten Rechtslage ebenso Rechnung, wie dem Interesse des Samenspenders daran, nicht entgegen vorheriger Absprache auf Unterhalt in Anspruch genommen zu werden. Der aktuelle Dis­ kussionsentwurf schafft hier sogar eine größere Rechtsunsicherheit als bislang. Jetzt ist zumindest die vorgeburtliche Zustimmung des Samenspenders zur Stiefkindadoption durch die Co-Mutter möglich und diese kann durch Zugang beim Familiengericht auch bereits vorgeburt- lich unwiderruflich werden. Sprachlich verunglückt: die Mit-Mutter Schließlich ist die Bezeichnung der zweiten Mutter als „Mit-Mutter“ abzulehnen. Gleichgeschlechtliche Frauenpaare legen oft großen Wert darauf, dass aus der Geburtsurkunde nicht hervorgeht, wer die leibliche Mutter ist. Das ist vor allem für die Co-Mutter und ihr Selbstverständnis als rechtlicher Elternteil des Kindes wichtig. Es ist völlig ausreichend, dass die leibliche Mutter des Kindes aus der Geburtsanzeige hervorgeht, die sich bei den Sammelakten des Standesamtes befindet. Darüber hinaus ist es zum Wohl der Kinder unbedingt erforderlich, trans*- und intergeschlechtlichen Eltern die Möglichkeit zu eröffnen, bei dem Eintrag in die Geburtsurkunde selbst zu bestimmen, ob sie dort nach einem Personenstandswechsel mit dem aktuellen oder dem früheren Geschlechtseintrag stehen möchten. Regelungen zur Mehr-Elternschaft und Elternschaftsvereinbarung fehlen völlig Dem Gesetzesentwurf fehlt zudem jede visionäre Kraft für die rechtliche Gestaltung von neuen Familienmodellen. Mehreltern-Regen­ bogenfamilien, bei denen sich häufig bis zu vier Personen schon vor der Zeugung bereit erklären, gemeinsam Verantwortung für das Kind zu übernehmen, erhalten keinerlei Rahmen, um ihre Familienplanung rechtlich verbindlich und belastbar zum Wohl der Kinder im Wege einer Elternschaftsvereinbarung zu gestalten. Gabriela Lünsmann, LSVD-Bundesvorstand Ausführliche Stellungnahme des LSVD: www.lsvd.de/fileadmin/pics/Dokumente/Reformvorhaben/ 2019_05_19_LSVD-Stellungnahme_Abstammungsrecht.pdf Foto: Caro Kadatz / LSVD

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