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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Seehofer muss Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur „Dritten Option“ menschenrechtskonform umsetzen

LSVD und Bundesvereinigung Trans* schreiben offenen Brief

Pressemitteilung vom 24.05.2018

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat laut Medienberichten vor, die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung zur sogenannten Dritten Option im Personenstandsrecht mit einem unzureichenden Minimalgesetz umzusetzen: Danach sollen sich intergeschlechtliche Menschen künftig in Ausweispapieren in der Kategorie „anderes“ eintragen lassen können, wenn sie sich selbst weder weiblich noch männlich verorten. Dafür sind ärztliche Bescheinigungen notwendig. Dies schließt viele Menschen aus, weil es eine medizinische Diagnose zur Voraussetzung macht. Außerdem verstößt die geplante Regelung gegen Menschenrechte, da sie eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts darstellt und zudem das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt. Daher wenden sich der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) und die Bundesvereinigung Trans* (BVT*) mit einem offenen Brief an den Bundesinnenminister und fordern eine menschenrechtskonforme Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts zur Dritten Option auf Basis von Selbstbestimmung.

Mio Lindner vom Vorstand der Bundesvereinigung Trans* erklärt:
„Der Vorschlag des Innenministers ist nicht nur herabsetzend und unzureichend, sondern auch nicht menschenrechtskonform. Indem ärztliche Bescheinigungen verlangt werden, wird die unwürdige Praxis der Fremdbestimmung von Menschen durch Gutachten und Gerichte weitergeführt. Außerdem schließt der Entwurf zahlreiche Menschen aus, da er sich bisher ausschließlich auf intergeschlechtliche Menschen bezieht. Laut Studien wurde in Deutschland bis zu 1,3 Millionen Menschen bei der Geburt ein Geschlecht zugewiesen, das sie falsch oder unzureichend benennt. Dies kann sowohl intergeschlechtliche Menschen als auch trans* Personen betreffen. Wir fordern einen Gesetzesentwurf auf Basis von Selbstbestimmung, der allen Menschen offensteht.“

Gabriela Lünsmann vom Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes ergänzt:
„25 Jahre nach der Entscheidung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Homosexualität aus dem Verzeichnis der Krankheiten zu streichen, wird voraussichtlich auch Transsexualität demnächst aus dem Katalog der psychischen Erkrankungen gestrichen. Die WHO folgt damit der wissenschaftlichen Erkenntnis, nach der die Geschlechtsidentität eine Vielzahl von Ausprägungen aufweist, die gleichwertig und ohne unmittelbaren Krankheitswert sind. Davon abgesehen fehlen in dem Entwurf Folgeregelungen, wie Menschen mit dem Geschlecht ‚anders‘ im Recht behandelt werden sollen. Viele Regelungen gehen davon aus, dass es nur Menschen mit dem Geschlecht ‚weiblich‘ oder ‚männlich‘ gibt. Durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich die Chance, das deutsche Personenstandsrecht an internationale Standards anzugleichen und den wissenschaftlich-medizinischen Kenntnisstand über die geschlechtliche Vielfalt von Menschen zur Grundlage der entsprechenden Regelungen zu machen.“

Der LSVD und die BVT* unterstützen Justizministerin Katarina Barley und Familienministerin Franziska Giffey, die den Entwurf ebenfalls deutlich kritisieren.

Offener Brief an Innenminister Horst Seehofer

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