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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Österreichischer Verfassungsgerichtshof: Verbot der gemeinschaftlichen Adoption durch Lebenspartner verstößt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)

Das gilt natürlich genauso für das deutsche Verbot der gemeinschaftlichen Adoption durch Lebenspartner

Pressemitteilung vom 15.01.2015

In einem heute veröffentlichten Urteil vom 11.12.2014 (Az. G 119-120/2014-12) hat der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) entschieden, dass das Verbot der gemeinschaftlichen Adoption eines Kindes durch Lebenspartner gegen Art. 8 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 EMRK verstößt. Da das österreichische Recht die Stiefkindadoption durch Lebenspartner zulasse, sei es „inkohärent“, gleichzeitig die gemeinschaftliche Adoption zu verbieten. Das Verbot könne auch nicht mit dem Schutz der Ehe oder der traditionellen Familie gerechtfertigt werden, da die gemeinschaftliche Annahme eines Kindes durch Lebenspartner die Ehe nicht gefährden könne. Dazu erklärt Manfred Bruns, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt das Urteil des österreichischen Verfassungsgerichtshofs (VfGH) mit dem er das Adoptionsverbot für gleichgeschlechtliche Partner aufhebt. Die deutsche Bundesregierung sollte das österreichische Urteil zum Anlass nehmen, das deutsche Verbot der gemeinschaftlichen Adoption durch Lebenspartner nun endlich ebenfalls zu beseitigen.

Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, dass „rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen“, beseitigt werden. Dazu gehört auch die Ungleichbehandlung beim gemeinsamen Adoptionsrecht. Statt ihren homophoben Markenkern zu pflegen, müssen die Union und Kanzlerin Merkel endlich ihre Bauchgefühle überwinden und sich an den Koalitionsvertrag und die Europäische Menschenrechtskonvention halten. Die SPD sollte auf die Einhaltung des Koalitionsvertrags drängen und die versprochenen 100% Gleichstellung so konsequent umzusetzen, wie sie das bei anderen Wahlversprechen getan hat. Die ganz einfache Lösung dafür: Die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Damit wäre die Ungleichbehandlung von homo- und heterosexuellen Paaren endlich vom Tisch.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 19.02.2013 zur Sukzessivadoption von Kindern durch Lebenspartner festgestellt, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe (1 BvL 1/11 u. 1 BvR 3247/09 juris, BVerfGE 133, 59. Dem hat sich der Bundesgerichtshof inzwischen angeschlossen (Beschl. v. 10.12.2014 - XII ZB 463/13 juris). Es wird Zeit, dass die Koalition das endlich umsetzt.

Hintergrund

Das Verbot der gemeinschaftlichen Adoption von Kindern durch Lebenspartner hat in Deutschland praktisch keine Bedeutung mehr, weil Lebenspartner es dadurch umgehen können, dass sie ein Kind nacheinander adoptieren. Das ist sogar in ein und demselben Termin möglich. Der Familienrichter kann zunächst die Annahme des Kindes durch einen der Lebenspartner beschließen und den Beschluss diesem Lebenspartner sofort aushändigen. Damit ist der Beschluss wirksam und sofort rechtskräftig (§ 197 FamFG i.V.m. § 15 Abs. 2 FamFG und § 173 ZPO). Deshalb kann der Familienrichter sofort danach den Beschluss über die Annahme des Kindes durch den anderen Lebenspartner fassen und dem anderen Lebenspartner aushändigen. Die Zulassung der gemeinschaftlichen Adoption wäre deshalb auch eine Verfahrensvereinfachung und würde die Belastung der Familiengerichte verringern.

Link zur Pressemitteilung des VfGH

Link zum Urteil des VfGH

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