Menu
Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Hinter verschlossenen Türen: Schwules Leben in Oman

Ein Menschenrechtsaktivist berichtet

Das Gesetz bestraft homosexuelle Handlungen unter Männern mit Freiheitsstrafen von bis zu 3 Jahren. Schwule Beziehungen werden vom Umfeld „ignoriert“, solange sie hinter verschlossenen Türen stattfinden.

Foto der Veranstaltung über Homosexualität im Oman

Clark Aziz ist seit 2008 als schwuler Aktivist im Oman tätig. Derzeit macht er ein Praktikum beim LSVD-Bundesverband in Köln. In seinem Vortrag berichtete er darüber, wie es ist, als Schwuler und als Menschenrechtsaktivist im Oman zu leben. Unter den arabischen Ländern gilt der Oman als einer der liberaleren Staaten. Seit den 1970er Jahren hat sich insbesondere im Hinblick auf die Rechte von Frauen viel verbessert, auch wenn die von der Regierung postulierte Gleichstellung im wirklichen Leben oft durch eine traditionelle Rollenverteilung praktisch ausgehebelt wird.

Homosexualität per Gesetz verboten, sie wird aber ignoriert, wenn versteckt gelebt wird

Diese grundsätzlich positive Entwicklung im Hinblick auf Menschenrechte führte dazu, dass auch für Männer, in eingeschränkter Weise, die Möglichkeit besteht, schwule Beziehungen zu leben. Das Gesetz bestraft zwar homosexuelle Handlungen unter Männern mit Freiheitsstrafen von bis zu 3 Jahren — im realen Leben werden aber schwule Beziehungen und gleichgeschlechtliche Liebe unter Männern sowohl vom Staat, als auch von der Gesellschaft „ignoriert“, solange diese hinter verschlossenen Türen stattfinden. Ignorieren bedeutet jedoch nicht tolerieren.

Der Menschenrechtsaktivist Aziz berichtete darüber, dass er selbst einige Jahre mit einem Mann in einer Beziehung und in einer gemeinsamen Wohnung gelebt hat. Seiner Familie war sogar sein Partner bekannt. Selbst bei Familientreffen war er einige Male anwesend. Vor dem Coming-out von Clark gab es insoweit keine Konflikte mit der Familie. Erst mit dem unfreiwilligen Outing als schwuler Aktivist änderte sich alles: Er wurde von der Familie verstoßen und bedroht.

Wird die Liebe zwischen zwei Männern öffentlich bekannt, wird oft die Familie eingebunden um Druck auf auszuüben

Was der Familie eigentlich längst bekannt war, wurde erst durch das „Aussprechen“ zum gefährlichen und scheinbar unüberwindbaren Problem. Clark erklärte dies mit dem sehr stark ausgeprägten Denken in Kategorien, wie Stammeszugehörigkeit und Familienehre. Auch die Polizei macht sich diese Traditionen zunutze. Wird die Liebe zwischen zwei Männern öffentlich bekannt, wird oft die Familie eingebunden, um Druck auf auszuüben.

Dadurch kommt es in der Praxis oft gar nicht erst zu einer weiteren strafrechtlichen Verfolgung oder gar Bestrafung durch den Staat. Diese prekäre Situation macht jedoch die Arbeit für schwule Menschenrechtsaktivisten ausgesprochen schwer.

Viele gleichgeschlechtlich liebende Männer haben sich mit dem heimlichen Leben arrangiert und empfinden es eher als störend, wenn man dieses System hinterfragt oder kritisiert. Auch aus der schwulen Community musste Aziz Ablehnung bis hin zum vollständigen Kontaktabbruch erfahren. Es scheint, dass die Gesellschaft im Oman noch einen weiten Weg vor sich hat. Die Akzeptanz des Menschenrechts auf sexuelle Selbstbestimmung ist noch in weiter Ferne.

Ob Clark Aziz in den Oman zurückkehren kann, ist derzeit aufgrund der individuellen Bedrohungslage unklar.

Die Veranstaltung im Februar 2018 wurde mit Unterstützung des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) von der Hirschfeld-Eddy-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem LSVD und dem Jugendzentrum anyway in Köln durchgeführt.

Guido Schäfer
LSVD-Bundesverband

Weiterlesen