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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

LGBT in Uganda: Kasha Nabagesera über den harten Alltag und den mutigen Kampf

Kasha Nabagesera im LSVD-Interview

Auslöser für ihren mutigen Kampf war die Debatte über die Einführung der Todesstrafe für Homosexualität in Uganda. 2015 erhielt Kasha Nabagesera den Alternativen Nobelpreis. Erstmalig wurde so eine offen lesbische Frau ausgezeichnet und jemand geehrt, der sich für die Menschenrechte von LSBTI einsetzt.

2015 erhielt Kasha Nabagesera aus Uganda den Right Livelihood Award (RLA), den Alternativen Nobelpreis, für ihre Beharrlichkeit als Menschenrechts-Verteidigerin in einem extrem feindlichen und lebensgefährlichen Umfeld. Erstmalig wurde mit Kasha Nabagesera eine offen lesbische Frau ausgezeichnet und jemand geehrt, der sich für die Menschenrechte von LSBTI einsetzt. Kurz darauf konnten wir sie in Berlin interviewen.

Auslöser für ihren mutigen Kampf war die Debatte über die Einführung der Todesstrafe für Homosexualität in Uganda. 2009 sorgten evangelikale Fundamentalisten aus den USA dafür, dass im ugandischen Parlament über die Anti Homosexuality Bill (AHB) beraten wurde. Mit verheerenden Auswirkungen auf LSBTI, ihre Familienangehörigen und Freund*innen. 

Zurzeit habe sich die Situation etwas beruhigt, denn ugandische Aktivist*innen haben mit internationaler Unterstützung den US-Fundamentalisten Scott Lively in den USA wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Seine homosexuellenfeindlichen Kirchen wurden in Uganda geschlossen. Erstmals, so Nabagesera stolz, wurde ein amerikanisches Gesetz angewendet, mit dem Straftaten von US-Bürger*innen im Ausland geahndet werden können. Die Aktivist*innen bezogen sich auf mehrtägige Workshops, die Lively auch in Uganda durchführte, wo sie auf fruchtbaren Boden fielen. Die Folgen waren die AHB und eine Zunahme der Homophobie und Hass-Attacken im Land.

Kasha Nabagesera, was bedeutet der Right Livelihood Award für dich und deine Arbeit für LSBTI in Uganda?

Zunächst ist er eine sehr große Ehre und eine Anerkennung für mich und meine Arbeit. Und dann gibt er mir mehr Schutz und Sicherheit ganz einfach dadurch, dass er die Sichtbarkeit für uns und unsere Arbeit in Uganda und auch international erhöht. Er ist Ansporn für mich, für uns LSBTI in Uganda und Afrika überhaupt, unsere Menschenrechtsarbeit fortzusetzen.

Jetzt sind wir Teil eines noch größeren Netzwerks, und ich bin Teil einer wunderbaren Familie von 165 Preisträger*innen und von Menschen, auf die ich mich verlassen kann. Der Preis ist auch mit finanziellen Ressourcen verbunden, die wir für unsere Projekte dringend brauchen. Ich freue mich auf die Rückkehr nach Uganda und die anstehende Arbeit.

Wie ist zurzeit die Situation von LSBTI in Uganda?

Im Parlament wird im Moment nicht über ein neues Gesetz diskutiert. Allerdings gibt es einen Vorschlag für eine neue Gesetzes-Initiative im Kabinett. Das ist aber nicht offiziell, weshalb ich dazu nicht viel sagen kann und die Sache nicht aufbauschen will.

Wir stecken aber schon Wahlkampf und das Klima ist aufgeheizt. Es gibt erneut Vorwürfe gegen LSBTI, antihomosexuelle Themen spielen eine Rolle, wir werden schon wieder zu Sündenböcken gemacht.

Oppositionelle Kandidat*innen, die uns unterstützt haben, werden auch zur Zielscheibe homophober Kritik im Wahlkampf und in den Medien. Wir müssen also sehr vorsichtig sein und die Sicherheitsmaßnahmen für uns erhöhen. Das gilt für alle Menschenrechts-Verteidiger*innen im Land. Sie müssen vorbereitet sein auf das, was in den kommenden drei Monaten alles passieren wird.

Was erwartest du von Deutschland und Europa? Wie können sie sich für LSBTI in Unganda einsetzen?

Von den Regierungen erwarte ich, dass sie in Gesprächen mit der ugandischen Regierung auf die Achtung der Menschenrechte drängen und das Bewusstsein für LSBTI und Menschenrechte schärfen.

Das Gleiche gilt für Parlamentarier*innen, die Kontakt haben zu Mitgliedern des ugandischen Parlamentes. Ich hatte ein sehr gutes Gespräch im Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit. Dort wurde mir gesagt, dass Gelder für Projekte zur Unterstützung der ugandischen Zivilgesellschaft zur Verfügung stehen. Die deutsche Regierung hat viel getan, vor allem auch die deutsche Botschaft, die uns regelmäßig einlädt.

Es könnte aber noch viel mehr getan werden, indem lokale Organisationen und Initiativen unterstützt würden. Ich arbeite sehr eng mit Flüchtlingen in Kenia zusammen. Dort sind etwa 500 ugandische LSBTI gestrandet. Sie leben dort mit vielen anderen Flüchtlingen in Camps, wo sie Übergriffen ausgesetzt sind.

Deshalb wollen wir sie dort rausholen und in Nairobi unterbringen. Dort sind aber Wohnungen, Kleider, Nahrungsmittel, einfach alles sehr teuer ist, so dass viele der Flüchtlinge Sexarbeiter*innen werden. Für die Flüchtlingshilfe brauchen wir Unterstützung. Die Herausforderungen sind riesig. Für uns hat sich das Problem durch die Flüchtenden in Europa eher verschlimmert, weil Europa sich weiter abschotten wird.

Woher nimmst du die Motivation, um weiterzumachen, trotz der großen Gefahr für dich?

Ihr seid meine Motivation. Menschen in aller Welt lieben mich, sie unterstützen meinen Kampf und beraten mich. Daraus ziehe ich sehr viel Kraft und Energie. Und dann habe ich es satt, all die Ungerechtigkeiten zu sehen. Das treibt mich an, dem will ich etwas entgegensetzen. Das und der Ansporn aus aller Welt sind meine Motivation.

Freedom and Roam Uganda (FARUG) ist eine Partnerorganisation der Hirschfeld-Eddy-Stiftung. FARUG wurde in der Vergangenheit mit Privatspenden unterstützt, etwa für die gegen die AHB gerichtete „Hate No More“-Kampagne. Gelder, die Deutschland für die staatliche Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung stellt, müssten in Teilen umgewidmet und der ugandischen Zivilgesellschaft, Menschenrechts-Projekten und LSBTI-Organisationen zur Verfügung gestellt werden.

„Masakhane“ ist das größte jemals vom Bundesministerium für Entwicklung geförderte Projekt im Bereich LSBTI-Menschenrechte. Initiiert vom LSVD und umgesetzt von der Coalition of African Lesbians (CAL) als Projektpartnerin vor Ort und dem LSVD und filia.die frauenstiftung von deutscher Seite, läuft dieses Projekt seit 2013. Der Austausch mit den Partner*innen diene auch dem Lobbying unserer Politik.

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