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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Menschenrechte von LSBT international stärken

LSVD auf Konferenz in Washington

Vom 12.–14. November findet in Washington D.C. die dritte Konferenz zur Entwicklung und Stärkung der Menschenrechte für Lesben, Schwule, Bisexuellen und Trans*Menschen (LSBT*) statt. Sie ist die Nachfolgekonferenz der Berlin Conference, die im Dezember 2013 von LSVD, Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und GIZ organisiert wurde.

An der Konferenz im George C. Marshall Conference Center des State Departement nehmen Aktivistinnen und Nichtregierungsorganisationen (NRO) aus 50 Ländern, Vertreterinnen und Vertreter von 30 Regierungen, privater Stiftungen und Wirtschaftsunternehmen teil. Mit Indonesien ist ein Land vertreten, dessen Bevölkerung in der Mehrheit muslimischen Glaubens ist. Regierungsvertreter afrikanischer Länder fehlen vollständig.

Botschafter Thomas A. Shannon, ein hochrangiger Beamter und Lateinamerika-Experten des State Departments eröffnete die Konferenz und würdigte die vielfältigen Anstrengungen der Obama-Administration zur Durchsetzung der Menschenrechte für LSBT* in aller Welt. Zu den vier grundsätzlich jedem Menschen zustehenden Freiheiten, die Präsident Roosevelt im Januar 1941 formulierte, gehörten insbesondere die Freiheit der Rede und des Ausdrucks sowie die Freiheit ohne Furcht zu leben. Das sind Prinzipien, die LSBT* heute noch in vielen Ländern verwehrt werden.

Unter dem Motto „Vertiefung des gemeinsamen Wissens“ wurde sich am ersten Konferenztag über die Probleme in der LSBT*-Menschenrechtsarbeit, Erfahrungen im Umgang mit Hindernissen und Bedrohungen, Analysen zum Organisationsgrad und Engagement innerhalb der Länder, deren Regierungen sich für LSBT*-Menschenrechte einsetzen, ausgetauscht. In zwei hochinteressanten Panels ging es um zu beachtende Grundprinzipien in der LSBT*-Menschenrechtsarbeit sowie die Rolle internationaler Gremien wie die UN-Vollversammlung, der Menschenrechtsrat, Europarat oder die EU.

Der südafrikanische Journalist Marc Gevisser analysierte die Auswirkungen der globalen Informationsgesellschaft auf gesellschaftlich und demokratisch weniger entwickelte Länder, in denen LSBT*-Themen oft als Bedrohung wahrgenommen würden. Dies führe zur bekannten Argumentation, dass das Eintreten für die Rechte von LSBT*-Menschen eine Form des westlichen Kultur-Imperialismus sei. Es finde ein ¨Krieg der Kulturen¨ statt, bei dem es darum gehe, westliche Werte durchzusetzen und den betroffenen Ländern aufzuzwingen.

Laut Wanja Muhuongo, Geschäftsführerin von UHAI aus Kenia, ist für lokale NGOs eine nationale Gesetzgebung, die die Unterstützung durch ausländische Stiftungen und Organisationen unterbinden möchte, weitaus gefährlicher als eine angestrebte Verschärfung bestehender Anti-Homosexuellen-Gesetzgebung. „Gegen Gesetzesvorhaben, die uns kriminalisieren sollen, können wir kämpfen, mobilisieren und uns wehren. Wenn uns aber der Zugang zur lebenswichtigen finanziellen Unterstützung abgeschnitten oder unsere Organisationen als ‚ausländische Agenten-Organisationen‘ geschlossen werden, bedeutet das das Aus für unsere Arbeit.¨

Die Frage, wie die Rechte von LSBT* in den menschenrechtspolitischen Diskursen der großen globalen Regierungsforen wie UN, EU, Europarat oder Menschenrechtsrat noch nachhaltiger verankert werden können, war Thema eines Panels mit Regierungsvertretern und Diplomatinnen. Es gehe darum, der Verabschiedung oder Verschärfung homophober Gesetzgebung entgegen zu wirken und die Bürger- und Menschenrechten von LSBT* in diesen Ländern zu befördert. Dabei sei in Diskussionen mit den Regierungen dieser Länder hervorzuheben, dass es nicht um Privilegien oder Sonderrechte für LSBT* gehe, sondern um die Verhinderung von Diskriminierung und Gewalt. Oft werde diese wichtige Diskussion durch kontroverse Auseinandersetzungen über die Eheöffnung für gleichgeschlechtliche Paare verdrängt und verfälscht. In Verfolgerstaaten gehe es aber nicht zuerst um die Öffnung der Ehe, sondern um staatlichen Schutz für LSBT* vor Gewalt und Diskriminierung. Die Vermischung zwischen unterschiedlichen Anliegen und Fortschritten in der Gleichstellung von LSBT* sei oft gewollt, um auch bei grundlegenden Menschenrechtsfragen ablehnend reagieren zu können.

Ein weiteres Thema waren die Auswirkungen von UN-Resolutionen in den betreffenden Ländern. So wichtig die mehrheitlich verabschiedeten UN-Resolutionen auch seien, sie haben oftmals doch nur Symbolcharakter. Es mangele an rechtlicher Verbindlichkeit und so seien sie oft nur Papiertiger, die keine relevante Hilfe für die Änderung der Verhältnisse vor Ort bringen könnten. „Die tatsächlichen Zustände in den Ländern sind von diesen Resolutionen meilenweit entfernt¨, beklagen deshalb auch die Aktivistinnen und Aktivisten der NROs. Dies zu ändern bleibe eine wichtige Aufgabe der Staatengemeinschaft. In Arbeitsgruppen wurden erste Empfehlungen diskutiert, die den Regierungen mit auf den Weg gegeben werden sollen.

Mit einem Empfang in der George-Washington-Universität endete der erste Konferenztag. Dabei unterstrich der US-Botschafter bei den UN, David Pressman, wie wichtig die Ergebnisse dieser Konferenz und der direkte Austausch zwischen den NROs und Regierungen für die gemeinsame Arbeit zur Stärkung der LSBT*-Menschenrechte ist. Auch deshalb sei die amerikanische Regierung stolz darauf, Gastgeber dieser Konferenz zu sein.

Axel Hochrein, Klaus Jetz
LSVD / Hirschfeld-Eddy-Stiftung