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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Protest gegen homophoben Kongress des rechtspopulistischen Compact-Magazins

Zu Gast: Duma-Abgeordnete Misulina und "Ehe für Alle"-Gegnerin Bourgès

Beim homophoben Compact-Kongress „Für die Zukunft der Familie“ waren Elina Misulina, Urheberin des russischen Antihomosexualitätsgesetzes, sowie Beatrice Bourgès, französische Frontkämpferin gegen gleichgeschlechtliche Ehe eingeladen

Am 22.11.2013 fand in Schkeuditz bei Leipzig unter dem Motto „Für die Zukunft der Familie“ ein homophober Kongress des rechtspopulistischen Compact-Magazins statt. Eingeladen waren dafür unter anderem die russische Duma-Abgeordnete Elena Misulina, Urheberin des berüchtigten Antihomosexualitätsgesetzes, sowie Beatrice Bourgès, französische Frontkämpferin und Anheizerin gegen die Öffnung der Ehe für Lesben und Schwule.

Lesben- und Schwulenverband (LSVD) beim Protest gegen homophoben Compact-Kongress dabei

Damit ließ sich bereits im Vorfeld erahnen, welche undemokratischen wie gefährlichen Parolen dort ein Forum geboten werden sollte. Das durfte nicht unwidersprochen bleiben. Daher schloss sich der LSVD Sachsen dem Protestbündnis NoCompact an und beteiligte sich an den zahlreichen Gegenaktionen zum Kongress.

Mit zwei Workshops an der Universität Leipzig am Vorabend der Konferenz gab LSVD-Landesvorstand Hartmut Rus den knapp 500 Teilnehmenden Einblicke in die verworrenen Logiken von Homoheilungsversuchen und ihre Auswirkungen auf Politik, die Täter und deren Leidtragenden. Die absurde und doch gefährliche Annahme, dass sich Homosexualität verhindern oder heilen ließe, steckt letztlich auch hinter dem russischen Verbot; anders als negativ über Lesben und Schwule zu berichten. Am eigentlichen Konferenztag, früh um acht versammelten sich dann an die 200 Protestierende vor dem Kongressort in Schkeuditz und trommelten im wahrsten Sinne des Wortes für gleiche Rechte, Vielfalt und Respekt und gegen verbohrte Ideologien.

Urheberin des Antihomosexualitätsgesetzes: Russische Duma-Abgeordnete Misulina war beim Compact-Kongress 

Auch Elena Misulina musste sich samt ihrer Kolleginnen von der Duma ihren Weg mit Hilfe der Polizei durch die Sitzblockade bahnen. Auf dem Podium hetzten sie und Olga Batalina gegen Lesben und Schwule und dass ihr Antihomosexualitätsgesetzgesetz dem Schutz der russischen Familie und des Volkes diene. Gleichzeitig betonte sie, dass in Russland niemand diskriminiert werden würde. Dieser Widerspruch wurde vom anwesenden Publikum weitestgehend ignoriert, Kritikerinnen und Kritiker wurden laut anwesenden Journalistinnen und Journalisten aus dem Raum komplimentiert. Kein Wort davon, dass sie gerade einen Gesetzesentwurf auf den Weg bringt, mit dem Kinder aus Regenbogenfamilien geholt werden sollen. Kein Wort von den Foltervideos auf denen nationalistische Gruppen Lesben und Schwule in Fallen locken und dann vor laufender Kamera quälen und demütigen.

Beatrice Bourges' Manif Pour Tous: Homophober Protest gegen Ehe für alle in Frankreich

Am Nachmittag sprach mit Beatrice Bourges dann der zweite internationale Shootingstar des homophoben Backlashs, relativierte die gewaltsamen Ausschreitungen gegen Lesben und Schwule im Zug des Protests gegen die Eheöffnung und versprach, dass ihre Bewegung noch nicht am Ende sei. Ihre Tirade endete mit dem Wunsch nach einem „Deutschen Frühling“ und es ist wohl klar, dass dieser Frühling für Lesben und Schwule wohl eher ein Winter ist.

Währendessen fand auf dem Leipziger Augustusplatz die Abschlusskundgebung von NoCompact mit Redebeiträgen der Unterstützenden statt. Dabei bedankte sich Hartmut Rus für die gute Zusammenarbeit und bei den zahlreichen Protestteilnehmenden. Gut zu wissen, dass minderheitenfeindliche und undemokratische Positionen nicht mehr einfach vertreten werden können, ohne Gegenwind zu provozieren. Gemeinsam hat man die Parolen und den Kongress als das entlarvt, was er war: eine Ansammlung von Verschwörungstheoretikern, Rechtspopulistinnen und Homo-Gegnern. So nicht.

Markus Ulrich
LSVD Bund-Länder-Koordination

Nachtrag: Inzwischen wurde bekannt, dass es am Konferenzort zu einzelnen Handgemengen zwischen Polizei, Kongressbesuchenden und Protestierenden kam. Eine unabhängige russische Journalistin wurde beschimpft, Elena Misulina bekam einen Fußtritt ab. In der darauffolgenden Nacht gab es einen rosa Farbbeutelwurf auf das Haus von Thilo Sarrazin, der ebenfalls als Redner an der Konferenz teilnahm. Der LSVD Sachsen distanziert sich von solchen Eskalationen. Unserer Meinung nach ist ein lauter und entschiedener aber auch friedlicher Einspruch die richtige Strategie. Gewalt ist kein Argument und ist zu verurteilen. Zudem führen solche Aktionen nur dazu, dass sich homophobe Hetzer scheinheilig in einer Opferrolle darstellen können.

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