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NACHRUFE ! 26 1/2005 A m 31. Januar 2005 starb überraschend Pfarrer Udo Kelch, der nicht nur für die öku- menische Arbeitsgruppe „Homosexuelle und Kirche“ (HuK) eine wichtige und prägende Persönlichkeit war. Am 5. April dieses Jahres wäre er 75 Jahre alt geworden. Udo Kelch, der bis zu seiner Pensionierung als Studienleiter in der Ausbildung für evangelische Religionslehrer tätig war, kam 1977, nach dem evangelischen Kirchentag in Berlin, zu der damals gerade gegründeten HuK. Dies war sein Schritt in die kirchliche Öffentlichkeit als homosexueller Christ, und er hat ihn sehr bewusst getan. Ihm war es wichtig, dass schwule und lesbische Christinnen und Christen aus dem Doppelleben her- austreten können, zu dem sie bis dahin verurteilt waren oder sich selbst verurteilten. Kelch forderte mehr als nur Toleranz, er verlangte Akzeptanz. Mit all seinen Fähigkeiten und Begabungen setzte er sich von Anfang an für die Arbeit der HuK ein, bei den Mitgliederversammlungen, den Evangelischen Kirchentagen und Katholikentagen, bei den regiona- len Gruppentreffen. Udo Kelch hat die HuK in seiner Weise geprägt, mit seiner Person, seiner theologischen Argu- mentation und mit seiner Gestalt. Er übernahm das kleine Informationsblättchen der HuK, das am An- fang ein kümmerliches Dasein fristete, und machte daraus das HuK-Info, das weit über den Charakter einer Vereinszeitung hinausgeht und umfassend den jeweiligen Stand der Diskussion über Homo- sexualität besonders in den Kirchen dokumentiert. Erst der Tod hat ihm nun diese Aufgabe aus der Hand genommen. In seinem Engagement als leitender Redakteur bewies Udo Kelch, dass sein Interesse sich nicht nur auf die Anliegen der HuK einengte. Ihm war klar, dass Erfolge im Kampf um die Akzeptierung von Schwulen und Lesben in den Kirchen nur zusam- men mit der gesamten Schwulen- und Lesben- bewegung erreicht werden konnten, ohne deshalb die eigene Identität als christlich-kirchliche Gruppe aufzugeben. Es war ein elementares Anliegen von Udo Kelch, dass das „K“ im Namen der HuK nicht zu kurz komme. „Wir sind keine Gruppe neben der Kirche“, sagte er, „sondern eine Gruppe in der Kirche, aber mit einer besonderen Ausrichtung“. Diese bestand nach seiner Auffassung nicht nur darin, dass hier Christen und Christinnen zusammenkommen, für die Schwul- oder Lesbischsein etwas Selbstver- ständliches ist, sondern auch darin, dass hier gewissermaßen basishaft gelebt und praktiziert werden kann, was sonst in den Kirchen immer noch Schwierigkeiten bereitet: die Ökumene von Christen unterschiedlicher Konfession, besonders von Protestanten und Katholiken. Gottesdienste zu feiern machte ihm immer besondere Freude, diese sollten festlich sein und auch nach der Ordnung. Udo Kelch legte Wert dar- auf, die Verbindung zur jahrtausendealten Tradition christlichen Glaubens und kirchlicher Praxis nicht aufzugeben. Gleichzeitig war es ihm wichtig, die Gottesdienste konfessionsübergreifend zu halten und die Teilnahme am Abendmahl allen zu ermög- lichen. Er war ein aktiver Repräsentant des ökume- nischen Gedankens und der praktizierten Ökumene in der HuK. Sein Tod ist für die ökumenische Arbeitsgruppe „Homosexuelle und Kirche“, aber auch für die ge- samte Schwulen- und Lesbenbewegung ein großer Verlust. Udo Kelch hat sich für alle verdient gemacht. Eckehard Kunz D ie Berliner Kabarett-Tunte und AIDS- Aktivistin Ovo Maltine ist am 8. Februar 2005 in Berlin gestorben. Ovo wurde 38 Jahre alt – sie erlag einem bösartigen Lymphdrü- sentumor im Zusammenhang mit ihrer Aids-Er- krankung. „Ovo“ (Ei), mit bürgerlichem Namen Christoph Josten, hatte 1992 von ihrer HIV- Infektion erfahren. In den 90er Jahren präsentierte Ovo Maltine Performances und Kabarettprogramme, unter anderem an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg- Platz. 1997 gestaltete sie das Rahmenprogramm zur Ausstellung „100 Jahre Schwulenbewegung“ in der Akademie der Künste und führte in dem gleich- namigen Film Rosa von Praunheims durch die schwule Geschichte. Für Aufsehen sorgte Ovo 1998 mit ihrer Direkt- kandidatur für den Bundestag. Das Ziel, als erste bekennende Tunte ins Parlament gewählt zu wer- den, scheiterte. Die 534 erhaltenen Stimmen seien jedoch mehr, als Menschen in ihrem rheinischen Heimatdorf Rech an der Ahr lebten, freute sich Ovo Maltine nach der Wahl. „Dort wäre ich jetzt also Bürgermeisterin“. In seinem Film „Tunten lügen nicht“ (2001) por- traitierte Praunheim Ovo Maltine und ihre zeitweili- gen Mitbewohnerinnen Ichgola Androgyn, Bev StroganoV und Tima die Göttliche. Mit dem Film gingen die Tunten auf Tournee bis in das nicht besonders schwulenfreundliche Taiwan, wo sie für Safer Sex warben und von den lokalen Medien wie Super-Stars gefeiert wurden. Mit Christoph Josten verliert die Lesben- und Schwulenbewegung eine Tunte mit Herz, Humor und Verstand. Machs gut, Ovo! Alexander Zinn Udo Kelch Ovo Maltine Ovo Maltine: Kabarett-Tunte und Aids-Aktivistin. Udo Kelch: Redakteur des HUK-Info.

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