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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Tätigkeitsbericht des Bundesvorstandes zum LSVD-Verbandstag 2024

WAS HAT DER LSVD GETAN UND ERREICHT?

Tätigkeitsbericht als PDF hier downloaden.

  • 1. Vorwort

    1. Vorwort

    Seit dem 11. Juni 1994 gibt es in Deutschland keine strafrechtliche Sondervorschrift zur Homosexualität mehr. Damit endete eine über hundertjährige Kriminalisierung und legitimierte staatliche Verfolgung von schwulen und bisexuellen Männern. Diese Streichung eines Schandparagrafen vor nunmehr 30 Jahren nehmen viele zum Anlass, daran zu erinnern, aber auch darauf hinzuweisen, dass Diskriminierung bis hin zu tätlichen Angriffen damit nicht zu Ende waren und sind.

    Mit dieser Feststellung liegen sie leider richtig: Wir erleben, dass sich das gesellschaftliche Klima zunehmend aufheizt. Diese Entwicklung richtet sich gegen eine Vielzahl marginalisierter Gruppen darunter LSBTIQ*. Das besorgt uns, und doch werden wir nicht zurückschrecken, sondern unseren Einsatz in und für die Community und unsere Demokratie fortführen. Wir sehen nicht nur die Bedrohung unserer Demokratie, sondern auch die vielen Menschen, die in den vergangenen Wochen auf die Straße gegangen sind, um dieser Entwicklung einen Riegel vorzuschieben.

    Wir wollen und werden als Verband weiter vorangehen und uns weiter diversifizieren. Seit dem letzten Verbandstag haben wir daher weiter an unserer Verbandsstrategie „Mit Diversität in die Zukunft“ gearbeitet. Einen weiteren Schritt wollen wir nun auf dem Verbandstag 2024 mit der Namensanpassung nehmen. In einem groß angelegten Prozess, in dem wir Landesverbände und Mitglieder nach ihren Meinungen und Vorschlägen gefragt und anschließend mit ihnen diskutiert haben, haben wir eine Lösung gefunden, die dem Anspruch des LSVD als Verband, der die gesamte LSBTIQ*-Community politisch vertritt, gerecht wird.

    Rechtspolitisch war das vergangene Jahr vor allem durch das Selbstbestimmungsgesetz, das Abstammungs- und Familienrecht und viele Fragen in der Asylpolitik geprägt. Wir müssen feststellen, dass das Vorwort des Tätigkeitsberichts 2023 nach wie vor aktuell ist, in dem es hieß: „In der Zwischenzeit kam die Koalition, die […] mit so viel queerpolitischem Elan gestartet ist, bei der Umsetzung ihrer Versprechen etwas ins Stocken.“ Aus diesem Grund haben wir uns in einem offenen Brief an die Bundesregierung gewandt und darauf hingewiesen, dass sie Gefahr läuft, den uns versprochenen queerpolitischen Aufbruch zu verspielen. Es bleibt somit viel zu tun für den LSVD.

    Die Aktivitäten, die in diesem Tätigkeitsbericht gesammelten sind, wären wie immer nicht umsetzbar gewesen, ohne dass sich unsere engagierten Mitglieder in den Landesverbänden und im Bundesverband sowie die Mitarbeitenden in den beiden Geschäftsstellen und Projekten so engagiert dafür eingesetzt haben. Euch gilt unser Dank! Euer Einsatz macht unsere Erfolge erst möglich. Wir freuen uns auf ein weiteres Jahr der Zusammenarbeit mit Euch.

    Nun wünschen wir Euch viel Spaß beim Lesen dieses Tätigkeitsberichts.

    Euer Bundesvorstand

  • 2. Bundespolitische Aktivitäten
    • 2.1. Für ein gerechtes Recht
      • 2.1.1. Regenbogenfamilien im Recht

        2.1.1. Regenbogenfamilien im Recht

        Nachdem eine schnelle Reform des Abstammungsrechts in den ersten 100 Tagen der Legislatur, wie von uns gefordert, ausblieb, haben wir uns mit anderen Akteur*innen zu einem Bündnis für eine Reform des Abstammungsrechts zusammengeschlossen. Gemeinsam mit dem Deutschen Juristinnenbund (djb), der Initiative NoDoption und der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ, zwischenzeitlich umbenannt in Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Jurist*innen) haben wir uns Ende Februar 2023 zunächst mit einem Vorschlag für eine Interimslösung an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gewendet. Der von uns gemeinsam ausgearbeitete Gesetzentwurf sah die vorübergehende Vereinfachung des Adoptionsverfahrens für queere Herkunftsfamilien bis zu einer Reform des Abstammungsrechts vor. Leider folgte das BMFSFJ unserem Vorschlag nicht.

        Parallel haben wir in dem Bündnis ein Forderungspapier für die Abstammungsrechtsreform entwickelt. Diese „Leitplanken“ für eine Reform des Abstammungsrechts, die über 30 Organisationen mitgezeichnet haben, wurden im Mai 2023 an die Vizepräsidentin des Bundestags, Petra Pau, übergeben. Sie sind eine Aufforderung an den Bundestag, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Reform endlich auf den Weg zu bringen – und zwar in einer Weise, die keine neuen Diskriminierungen produziert und möglichst umfassend die vielfältigen Familienkonstellationen berücksichtigt. Dafür enthalten die Leitplanken konkrete Vorschläge, die schnell, juristisch korrekt und ohne großen Aufwand umsetzbar sind. Übermittelt wurden sie ebenfalls an das Bundesministerium der Justiz (BMJ), das BMFSFJ sowie die Fraktionen der demokratischen Parteien. Trotz der breiten Unterstützung unserer Forderungen durch zahlreiche Verbände blieben unsere Gesprächsanfragen bei Bundesjustizminister Buschmann sowie der Fachebene des BMJ zum Stand der Reform weiterhin unbeantwortet.

        Im August 2023 forderten LSVD und NoDoption in einer gemeinsamen Social-Media-Aktion ihre Follower*innen und Mitglieder dazu auf, Wahlkreisabgeordnete anzuschreiben und auf die dringende Notwendigkeit der Abstammungsrechtsreform hinzuweisen.

        Im September 2023 führten der LSVD, vertreten durch Gabriela Lünsmann, Sarah Ponti und Kerstin Thost, und NoDoption ein Gespräch mit Ulle Schauws, MdB und Helge Limburg, MdB von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Darin haben wir unsere Forderungen für eine Reform mit Nachdruck erläutert und unser Unverständnis darüber ausgedrückt, dass bis dahin
        weder Eckpunkte noch ein Gesetzentwurf vorlagen.

        Anfang November 2023 fand im Familienausschuss des Bundestags ein Fachgespräch zur Situation der Regenbogenfamilien in Deutschland statt, zu dem der LSVD, vertreten durch Sarah Ponti, gemeinsam mit anderen Organisationen aus dem Leitplanken-Bündnis als Sachverständige eingeladen wurden. Leider konnte Sarah Ponti krankheitsbedingt nicht teilnehmen und wurde kurzfristig von Lucy Chebout vom djb vertreten. In diesem einstündigen Fachgespräch hatten wir die Gelegenheit, dem Familienausschuss des Bundestags unsere in den Leitplanken formulierten Forderungen an eine Abstammungsrechtsreform ausführlich vorzustellen.

        Ende November 2023 gab es ein Gespräch zwischen LSVD, vertreten durch Sarah Ponti, Kerstin Thost, Jenny Wilken, BASJ und NoDoption mit Jan Plobner, MdB und Carmen Wegge, MdB von der SPD-Fraktion. In diesem Gespräch haben wir mit Nachdruck auf die Dringlichkeit des Reformprozesses und das schwindende Vertrauen der Zivilgesellschaft in den versprochenen queerpolitischen Aufbruch hingewiesen.

        Im Januar 2024 veröffentlichte das BMJ endlich Eckpunkte für eine Abstammungsrechtsreform. Anfang Februar haben der LSVD, vertreten durch Patrick Dörr, Sarah Ponti und Kerstin Thost, NoDoption und BASJ mit Katrin Helling-Plahr, MdB, Jürgen Lenders, MdB und Ria Schröder, MdB von der FDP-Fraktion ein Gespräch über die Eckpunkte geführt. In dem zweistündigen Gespräch haben wir ausführlich die aus unserer Sicht bestehenden Verbesserungsbedarfe im Eckpunktepapier diskutiert. Mitte Februar haben wir als zivilgesellschaftliches Bündnis eine gemeinsame Stellungnahme zu den Eckpunkten beim BMJ eingereicht.

        Wie nicht anders zu erwarten, sieht die vom BMJ geplante Reform des Abstammungsrechts nicht die Einführung von mehr als zwei rechtlichen Elternteilen, also einer echten Mehrelternschaft, vor. Progressiver scheinen die Entwicklungen in unserem Nachbarland Niederlande zu sein – dort wurde regierungsseitig bereits ein Fahrplan für die Einführung der Mehrelternschaft entwickelt. Um von diesen Entwicklungen zu lernen und Strategien und Regelungsmöglichkeiten für Deutschland zu eruieren, plant der LSVD gemeinsam mit NELFA und der niederländischen Stiftung Meer Dan Gewenst einen großen Fachtag im April 2024 mit dem Titel „Mehrelternschaft in Deutschland und den Niederlanden – mögliche Wege der rechtlichen Absicherung“.

        Im März 2023 hat sich die im Koalitionsvertrag vorgesehene Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin konstituiert, die von BMFSFJ, BMG und BMJ berufen wurde. Die interdisziplinäre Kommission aus 18 Expert*innen prüft u. a. Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft. Der Abschlussbericht soll im April 2024 vorgelegt werden. Der LSVD fordert in seinem Regenbogenfamilienpapier die Legalisierung altruistischer Eizellspenden und altruistischer Leihmutterschaft als wichtige Formen queerer Familiengründung unter bestimmten Voraussetzungen. Im November 2023 hat der LSVD, vertreten durch Sarah Ponti und Anne Steiner, seine Positionen in einem Gespräch mit Saskia Weishaupt, MdB von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erläutert. Bei dieser Gelegenheit haben wir auch auf eine baldige Umsetzung der im Koalitionsvertrag versprochenen Abschaffung der Diskriminierung von Regenbogenfamilien hinsichtlich der Kostenerstattung für Kinderwunschbehandlungen gedrängt.

        Über das gesamte Verbandsjahr haben Kerstin Thost und Sarah Ponti zudem zahlreiche Presse-Hintergrundgespräche und Interviews zur Situation von Regenbogenfamilien mit Print- und Onlinemedien, Radio- und TV-Sendern und in Podcasts geführt. Kontakte zu anderen Organisationen, die sich für Familienvielfalt einsetzen, wurden kontinuierlich gepflegt und ausgebaut wie beispielsweise mit dem Zukunftsforum Familie, SHIA, NELFA, Bundesforum Familie, der Gesellschaft für Freiheitsrechte und dem Bundesverband Trans*.

      • 2.1.2. Artikel 3

        2.1.2. Artikel 3

        Nach wie vor ist das Versprechen zur Ergänzung des Artikels 3 Absatz 3 GG aus dem Koalitionsvertrag nicht eingelöst. Dort heißt es „Wir wollen den Gleichbehandlungsartikel des Grundgesetzes (Artikel 3 Absatz 3 GG) um ein Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Identität ergänzen und den Begriff „Rasse“ im Grundgesetz ersetzen.“ Der Bundesvorstand hat die bereits im letzten Tätigkeitsbericht erwähnten Gespräche mit Vertreter*innen der beiden großen christlichen Kirchen fortgesetzt. Im Falle der EKD waren diese erfolgreich. In einer Pressemitteilung der beiden leitenden Frauen der EKD zum 27. Januar 2024 erklärte Synodenpräses Heinrich: „Unsere Demokratie muss gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entschlossen entgegentreten. Rechtsextrem motivierte rassistische, antisemitische, antimuslimische und queerfeindliche Straftaten müssen durch die Strafverfolgungsbehörden energisch verfolgt werden. Auch unser Grundgesetz sollte in Art. 3 alle Opfergruppen des Nationalsozialismus schützen. Dazu gehören auch queere Menschen, die bisher noch nicht namentlich genannt werden.“ Am 7. Februar 2024 schrieb der Bundesvorstand erneut die Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag an und forderte sie angesichts des zunehmenden Rechtsextremismus eindringlich dazu auf, diese Legislaturperiode zu einer Ergänzung des Art. 3 (3) des Grundgesetzes zu nutzen, sodass es Menschen der queeren Community schützt – in der gesamten Bandbreite. Bis zum 19. Februar lag eine Antwort der beiden Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen vor, die sich für diesen erneuten Impuls ausdrücklich bedankten. Auch der Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, bedankte sich für die erneute Initiative, betonte, dass ihm die Ergänzung des Art. 3 (3) sehr wichtig sei, wies aber auch auf die Herausforderung hin, über die Regierungsfraktionen hinaus eine ausreichende Anzahl von Zustimmungen zu gewinnen. Henny Engels arbeitet für den Bundesvorstand weiterhin am Runden Tisch „Grundgesetz für alle“ mit.

      • 2.1.3. Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes

        2.1.3. Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes

        Auch das Vorhaben zur Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes wurde bisher nicht umgesetzt. Im Koalitionsvertrag heißt es hierzu: „Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) werden wir evaluieren, Schutzlücken schließen, den Rechtsschutz verbessern und den Anwendungsbereich ausweiten.“ Zahlreiche Initiativen haben seit langem Vorschläge unterbreitet, wie eine wirkungsvolle und nachhaltige Reform des AGG aussehen kann. An erster Stelle ist hier das Bündnis „AGG Reform jetzt“ zu nennen; das Bündnis ist mit über 100 Mitgliedsorganisationen, darunter auch der LSVD, der größte Zusammenschluss, den es jemals mit Blick auf das AGG gegeben hat. Unter dem Titel „Mehr Fortschritt wagen heißt auch mehr Antidiskriminierung wagen“ hat das Bündnis zehn zentrale Aspekte zur Stärkung des rechtlichen Diskriminierungsschutzes vorgelegt und in zahlreichen Gesprächen und Anhörungen erläutert. Dennoch ist bisher nichts geschehen. Im Januar 2024 wurde aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der LINKEN bekannt, dass es offensichtlich keinen Fahrplan für die dringend erforderliche Reform gibt. Daraufhin wandte sich das Bündnis im Februar 2024 mit einem Offenen Brief an den Bundeskanzler und die zuständigen Minister*innen mit der dringenden Aufforderung, die Reform unverzüglich anzugehen. Henny Engels arbeitet für den LSVD im Bündnis mit, zuvor Kerstin Thost.

      • 2.1.4. Kirchliches Arbeitsrecht

        2.1.4. Kirchliches Arbeitsrecht

        Am 31. März 2023 und am 1. April 2023 nahm Philipp Braun für den LSVD an der Tagung „Kirche ohne Angst?“ in Münster teil. Veranstaltet wurde die Tagung von der katholischen Amtskirche (Katholisches Büro, Bischofskonferenz, Caritas, Bistum Münster) und katholischen LSBTIQ*-Organisationen (Out in Church u.a.). Dabei ging es insbesondere um die Zukunft des kirchlichen Arbeitsrechts, nachdem das Berufsverbot für offen queere Personen gefallen ist.

      • 2.1.5. Sexarbeit

        2.1.5. Sexarbeit

        Im März 2023 hat der 35. Verbandstag des LSVD eine Resolution mit dem Titel „Selbstbestimmung statt Stigma“ verabschiedet, die eine Solidarisierung mit (queeren) Sexarbeitenden zum Ziel hat. Im Vorfeld hatten mehrere Selbstorganisationen von Sexarbeitenden den LSVD-Bundesvorstand beim Entwurf des Antrags an den Verbandstag unterstützt.

        Die verabschiedete Resolution erkennt an, dass Sexarbeit gesellschaftliche Realität ist und ein breites Spektrum sexueller sowie geschlechtlicher Vielfalt betrifft. Sie umfasst zahlreiche Tätigkeitsfelder, die gesellschaftlich und politisch oft stigmatisiert werden. Sexarbeiter*innen stehen daher vor unterschiedlichen Herausforderungen, unter anderem Stigmatisierung, Ausgrenzung und Gewalt. Der LSVD fordert ein entschlossenes Einstehen der Bundesregierung für die rechtliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Sexarbeitende. Eine vollständige Entkriminalisierung von Sexarbeit ist dafür essenziell. Sowohl Überwachungsstrukturen als auch Sondergesetze, wie beispielsweise Sperrzonenregelungen oder Registrierungspflichten, müssen abgeschafft werden.

        Die Schärfung der Verbandsposition zum Thema Sexarbeit bedeutet einerseits, dass der LSVD nun auch öffentlichkeitswirksam Stellung bezieht, wie beispielsweise am Internationalen Hurentag, der Diskriminierungen gegen Sexarbeitende sichtbar machen soll. Andererseits bedeutet dieser Prozess auch, Räume zu schaffen, in denen die verschiedenen Ebenen des Verbands von den Mitgliedern über die Mitarbeitenden bis hin zum Vorstand ihre eigene Haltung bezüglich Sexarbeit reflektieren, diskutieren und sich informieren können. Deswegen hat der LSVD zwischen November 2023 und Februar 2024 zu einer internen sechsteiligen Fortbildungsreihe über „Sexarbeit und Sexarbeitsfeindlichkeit“ eingeladen. Dort führte Social Justice Trainer*in, Sexarbeiter*in und Aktivist*in Ruby Rebelde die Interessierten durch drei Workshops sowie drei Vorträge unter anderem zu den folgenden Themen:

        • Intersektionen & geschichtlicher Überblick der Sexarbeit in Deutschland
        • Empowerment & Handlungsoptionen
        • Der rechtliche Rahmen von Sexarbeit in Deutschland & Europa
        • Die Debatte über Sexarbeit in Medien & Politik

        Auf Basis der Kontakte, die bei der Erarbeitung der Verbandsposition geknüpft werden konnten, wurde der LSVD außerdem von sexarbeitenden Aktivist*innen und Selbstorganisationen eingeladen, verschiedene Austauschformate und Veranstaltungen zu besuchen und zu unterstützen. Wo immer dies möglich war, sind Vorstand und Mitarbeitende diesen Einladungen gern gefolgt – so zum Beispiel bei „Respekt im Kiez“, einer Veranstaltungsreihe von Trans Sexworks, die Gewalt gegen Sexarbeitende thematisiert. Wir freuen uns darauf, diesen engen Austausch fortzusetzen.

    • 2.2. Für Menschenwürde – gegen Hass
      • 2.2.1. Prävention und Bekämpfung von Hassgewalt und Aktionsplan queer

        2.2.1. Prävention und Bekämpfung von Hassgewalt und Aktionsplan queer

        Zur Finalisierung des Aktionsplans Queer wurden verschiedene Arbeitsgruppen gebildet. Für den LSVD haben hier mitgearbeitet: Philipp Braun (AG Geflüchtete), René Mertens / Andre Lehmann (AG Jugend), Christian Rudolph (AG Sport), Rene Mertens / Alva Träbert und Kerstin Thost (AG Beratungs- und Communitystrukturen) und Henny Engels (AG Sicherheit). Insgesamt gestaltet sich der Prozess zäh; erschwerend ist u. a., dass der Aktionsplan nicht mit einer konkreten Summe hinterlegt ist und es letztlich den einzelnen Ressorts überlassen bleibt, zu entscheiden, welche Maßnahmen sie ergreifen und welche Mittel sie dafür bereitstellen. Die Arbeitsgruppen sind gebeten, bis spätestens Ende Mai ihre zivilgesellschaftlichen Vorschläge dem Queerbeauftragten zuzuleiten; dieser leitet sie an die angesprochenen Ressorts weiter mit der Bitte zu prüfen, welche der Maßnahmen sie umsetzen wollen bzw. können. Im Herbst legt die Bundesregierung den im Aktionsplan vereinbarten Bericht zur Umsetzung des Aktionsplans vor.

      • 2.2.2. Selbstbestimmungsgesetz / Personenstandsrecht / Inter

        2.2.2. Selbstbestimmungsgesetz / Personenstandsrecht / Inter

        Die überfällige Abschaffung des diskriminierenden Transsexuellengesetz und die Einführung eines modernen Selbstbestimmungsgesetz ist leider bis zum heutigen Tag nicht erfolgt. Zwar befindet sich ein Selbstbestimmungsgesetz nach unzähligen Verschiebungen endlich im Gesetzgebungsprozess, jedoch ist mit einem Inkrafttreten vor 2025 leider nicht mehr zu rechnen.

        Der Gesetzesentwurf, welcher am 23. August 2023 vom Bundeskabinett beschlossen wurde, wurde von Mitgliedern des LSVD-Bundesvorstands und der Pressestelle in mehreren Interviews begrüßt. Zeitgleich wurde aber auch der dringende Nachbesserungsbedarf im weiteren Gesetzgebungsverfahren angemahnt. In einer ausführlichen Stellungnahme des LSVD wurde vor allem kritisiert, dass ein Gesetz, welches das Wort Selbstbestimmung im Namen trägt, an vielen Stellen genau die Menschen von geschlechtlicher Selbstbestimmung ausschließt, für die das Gesetz gedacht ist.

        An vielen Stellen ist der Gesetzentwurf leider auch von einem starken Misstrauen, vor allem gegenüber trans* Frauen, geprägt. Gerade die Regelungen in Paragraf 6 SBGG zum Vertrags- und Hausrecht sowie Paragraph 9 SBGG zum Thema Verteidigungsfall wurden daher von Seiten des LSVD in mehreren Pressemitteilungen immer wieder massiv kritisiert. Auch hinsichtlich der automatisierten Weitergabe von Personendaten an verschiedene Sicherheitsbehörden, der Verschlechterung für nicht-binäre Personen, den ungenügenden Regelungen beim Thema Abstammungsrecht sowie beim mangelnden Offenbarungsverbot wurden vom LSVD dringende Nachbesserungen gefordert.

        Im weiteren Gesetzgebungsprozess hat der LSVD in direkten Gesprächen mit Abgeordneten des Bundestages auf den dringend notwendigen Nachbesserungsbedarf hingewiesen. Zeitgleich wurde in einer groß angelegten Social-Media-Kampagne über mehrere Monate mit verschiedenen Vertretern der Zivilgesellschaft für die Akzeptanz des Selbstbestimmungsgesetz geworben. Der LSVD hat sich während des bisherigen Gesetzgebungsprozess jederzeit eng mit dem Bundesverband Trans* und anderen Community-Verbänden abgestimmt, um dadurch eine bessere Resonanz in der öffentlichen Wahrnehmung erzielen zu können – unter anderem im Rahmen der Petition #JaZuSelbstbestimmung, wobei eine Demo vor dem Bundestag anlässlich der 1. Lesung des Selbstbestimmungsgesetzes veranstaltet wurde.

        Dass die Teilnahme von trans* Personen im (Profi-)Sport weiterhin ein sehr aktuelles Thema darstellt, wurde im Sommer 2023 deutlich, als der Welt-Schachverband die Teilnahme von trans* Personen deutlich erschwerte, sowie fast zeitgleich der Welt-Schwimmverband seine Diskriminierung von trans* Personen fortführte. In diesem Kontext wurde im August 2023 vom LSVD die Einführung einer „Offenen Kategorie“ beim Schwimm-Weltcup in Berlin scharf kritisiert. Diese Kategorie, welche Teilnehmenden aller Geschlechter offenstehen sollte, war primär für trans* Sportler*innen vorgesehen. Die Pläne zur Einführung dieser „Offene Kategorie” wurden von Mara Geri dabei als „Rückschritt im Kampf für Akzeptanz und Gleichberechtigung von trans* Personen” bezeichnet, da der Welt-Schwimmverband dadurch weiterhin deutlich macht, dass trans Frauen für ihn keine Frauen seien. Aufgrund mangelnder Meldungen wurde die Einführung der neuen Kategorie von Seiten des Welt-Schwimmverbands zwischenzeitlich aber wieder verworfen.

        Darüber hinaus ist der LSVD seit 2023, vertreten durch Kerstin Thost, im Expert*innenrat des bundesweiten Bündnisses „Gemeinsam gegen Sexismus“ tätig. Zum Jahresanfang 2024 zählt das Bündnis über 500 Organisationen und Unternehmen als Mitglieder – 2023 trat das gesamte Bundeskabinett symbolisch bei. Es wird vom BMFSFJ gefördert und von diesem gemeinsam mit der EAF Berlin (Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft) durchgeführt. Im Expert*innenrat wurde 2023 bis 2024 an einer Ergänzung des gemeinsamen Verständnisses von „Sexismus“ als intersektional und gleichermaßen trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen betreffend gearbeitet.

      • 2.2.3. Projekt „Fluchtgrund queer: Queer Refugees Deutschland“

        2.2.3. Projekt „Fluchtgrund queer: Queer Refugees Deutschland“

        ebenfalls von der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung gefördert wird, hat vom 7. März 2023 bis 27. Februar 2024 über E-Mail, Telefon und Facebook 1.221 Beratungsanfragen bearbeitet. Es wurde auch eine kleine Studie erstellt, die dokumentiert, dass mindestens 30 LSBTIQ* Geflüchtete in den Unterkünften in Deutschland bedroht, gemobbt, verletzt und sogar sexueller Gewalt ausgesetzt waren, wobei wir von einer Dunkelziffer von über 90 Prozent ausgehen. Das Projekt erreichte auch eine höhere Anzahl von Anfragen aus Uganda, der Türkei und Russland, analog zur Verschlechterung der Situation in den Herkunftsländern.

        Aufgrund der hohen Nachfrage wurden alle Poster, Buttons, Kugelschreiber, Aufkleber und die mehrsprachigen Kurzratgeber nachgedruckt. Aktuell wird die barrierefreie Version der Projekt-Webseite überarbeitet mit noch mehr Info-Videos. Sie steht kurz vor der Veröffentlichung. Gleiches gilt für das Lehrheft für Integrationskurse, das die Lehrenden in der Zukunft auch digital zum Thema „sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ unterstützt. Unvermindert wird das Projekt für Beiträge zu zahlreichen Veranstaltungen wie der Internationalen Tagung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Projektvorstellungen und Webinaren angefragt. Nach wie vor stehen wir beratend und mit unseren Fachinformationen dem Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), der International Organization for Migration (IOM), dem Bundesverband Nemo e. V. sowie anderen Gremien und auch Kommunen zum Thema Flucht, Gewaltschutz, Safe Spaces und besserer Teilhabe zur Seite. Überdies wurden 23 Online- und Vor-Ort-Schulungen für Kommunen und andere Gewerke durchgeführt, immer je nach Anforderung mit unseren unterschiedlichen Schulungskonzepten. Insgesamt wurden 213 Personen geschult.

        Anhand des „Begleithefts für Integrationskurse“ und des dazugehörigen „Lösungshefts“, die an alle lehrberechtigten Institute in Deutschland verschickt wurden, gibt das Projekt nun Kurse für Lehrende von Integrations- und Sprachkursen. Hier wurden bereits über 200 Lehrende im Umgang mit Themen sexueller und geschlechtlicher Vielfalt geschult, die damit größere Handlungssicherheit erworben haben. Der Katalog des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge mit wertschätzenden LSBTIQ*-Begrifflichkeiten für die Sprachmittlung wurde in einer Auflage von 5.000 Exemplaren gedruckt und ist bereits im Versand.

        Obwohl das Projekt wegen Verzögerungen bei der Bewilligung erst Anfang März 2023 starten konnte und auch die Finanzzuweisung erst Ende Juni desselben Jahres erfolgte, konnten alle Projektziele erreicht werden. Sehr unterstützend wirkte hier die im Rahmen des Projektes neu eingerichtete Assistenzstelle, die Mitte April mit Colin Cahill-Müller besetzt wurde. Die Weiterbewilligung des Projektes bis Ende 2024 erfolgte am 4. Januar.

      • 2.2.4. Einsatz für Rechte LSBTIQ*-Geflüchteter gegenüber BAMF, Gerichten und Politik

        2.2.4. Einsatz für Rechte LSBTIQ*-Geflüchteter gegenüber BAMF, Gerichten und Politik

        Das vergangene Jahr war für die Arbeit im Bereich Flucht und Migration ein äußerst schwieriges. Waren zuvor noch politische Erfolge wie etwa die Abschaffung des Diskretionsgebots beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) oder die Öffnung des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan möglich, ist der LSVD – wie überhaupt die im Bereich Asyl tätigen Organisationen – zunehmend in einen Abwehrkampf gegen die sich verschärfende Asylpolitik der Ampel-Regierung geraten. Dies zeigt sich an einer Reihe von Stellen:

        So hat die Bundesregierung zwar ihr Versprechen eingehalten, eine besondere Rechtsberatung für queere Verfolgte einzurichten – hierauf hatten wir lange gedrungen. Gleichzeitig wurden jedoch erhebliche Kürzungen bei den ursprünglich vorgesehenen Geldern vorgenommen, die dazu geführt haben, dass derzeit von einer flächendeckenden Asylverfahrensberatung für queere und weitere vulnerable Geflüchtete keine Rede sein kann. Aufgrund der Mittelknappheit und der äußerst komplizierten Antragsstellung hat der LSVD-Bundesverband von einem eigenen Projektantrag Abstand genommen.

        Beim Thema der vermeintlich sicheren Herkunftsstaaten ist die Bundesregierung nicht unserer rechtlichen Einschätzung gefolgt, sondern hat eine entsprechende – aus unserer Sicht verfassungswidrige – Einstufung von Georgien und Moldau betrieben. Patrick Dörr hat hierzu im Innenausschuss für den LSVD Stellung genommen. Trotz massiver Bemühungen auch seitens des LSVD haben Bundestag und Bundesrat der Einstufung zugestimmt. Es ist sicherlich auch der Arbeit des LSVD zu verdanken, dass trotz des Drucks seitens AfD, Union und Teilen der FDP von einer Einstufung vor allem der Maghrebstaaten abgesehen wurde.

        Weiterhin nicht abschließend geklärt zwischen LSVD und Bundesregierung ist der Umgang mit Fragen des Familienasyls und Familiennachzugs bei queeren Paaren. Der LSVD steht hierzu jedoch inzwischen in einem konstruktiven Austausch mit Innenministerium (BMI) und Auswärtigem Amt (AA).

        Gemeinsam mit PRO ASYL, der Gesellschaft für Freiheitsrechte und elf geflüchteten Menschen hat der LSVD Verfassungsbeschwerde gegen das novellierte Gesetz zum Ausländerzentralregister (AZR) eingereicht. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich dagegen, dass Asylbescheide und Gerichtsentscheidungen im AZR im Volltext gespeichert werden. Diese Dokumente enthalten häufig hochsensible Informationen zur individuellen Verfolgung, politischen Überzeugung oder sexuellen Orientierung.

        Besonders fatal ist die Zustimmung der Bundesregierung zur geplanten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Geflüchtete sollen perspektivisch Asylanträge an den Außengrenzen der EU stellen, wobei vielen Geflüchteten sogar die Möglichkeit der Antragstellung von vornherein verwehrt werden soll. Werden Asylgesuche als unzulässig abgelehnt, sollen Geflüchtete in vermeintlich sichere Drittstaaten abgeschoben werden können. In den Verhandlungen hat sich die Bundesregierung nicht einmal ansatzweise für Sonderregelungen für LSBTIQ*-Schutzsuchende eingesetzt. Auch fehlt in der Reform weiterhin ein dringend notwendiger Monitoring-Mechanismus bezüglich der Einhaltung menschenrechtlicher Standards an der EU-Außengrenze.  Die Einführung des neuen Systems würde für eine Mehrzahl von queeren Geflüchteten das deutsche Grundrecht auf Asyl faktisch aushebeln.

        Der LSVD-Bundesvorstand begleitet weiterhin das Thema der Erkennung und Versorgung besonderer Schutzbedarfe. Hier steht der Bundesverband nach wie vor in engem Austausch mit der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF), die das Thema im Projekt BeSAFE prominent bearbeitet. Der LSVD-Bundesvorstand bringt hier seine Expertise bei der Erkennung eines besonderen Schutzbedarfs bei LSBTIQ* Geflüchteten ein.

        Insgesamt positiv zu beobachten ist, dass nach Abschaffung des Diskretionsgebots in der Dienstanweisung Asyl auch in der Bescheidungspraxis ein deutlicher Wandel eingetreten ist. Dies erhöht für LSBTIQ*-Geflüchtete aus einer Vielzahl von Ländern massiv die Chance, einen Schutzstatus zu erhalten. Erfreulich ist sicherlich auch, dass BAMF und Gerichte bei LSBTIQ* in Russland inzwischen von einer sogenannten Gruppenverfolgung ausgehen, sodass ihre Asylanträge – insofern die Vorträge als glaubhaft befunden werden – in der Regel angenommen werden. Diese Entwicklungen haben erfreulicherweise auch dazu geführt, dass die Einzelfallbegleitung durch den Bundesvorstand deutlich abgenommen hat.

        Besonders gefreut hat uns, dass die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung beschlossen hat, unser Projekt „Fluchtgrund: queer – Queer Refugees Deutschland“ weiter zu fördern. Hierdurch können wir weiterhin zentrale Angebote für queere Geflüchtete und Unterstützer*innen aufrechterhalten. Ebenso freut uns, dass wir nunmehr mit Unterstützung der Robert Bosch Stiftung und in Zusammenarbeit mit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (BMH) eine Förderung zur Stärkung der Beratungsstrukturen für queere Geflüchtete und Migrant*innen außerhalb der Ballungszentren anbieten können (siehe Kap. 2.2.6). Überdies organisieren die LSVD-Mitarbeiter*innen zusätzlich ein von C&A finanziertes, großes Awareness-Projekt, bei dem ca. 40 Geflüchtete drei Tage lang Workshops besuchen können. Im zweiten Teil können 30 Geflüchtete die queere Jobmesse in Berlin besuchen.

        Mitglieder des Bundesvorstandes haben überdies an zahlreichen Veranstaltungen zum Thema queere Geflüchtete teilgenommen. Als Beispiele sind hier die Teilnahme an einer Demo vor einem kleinen Parteitag des Bündnis 90/Die Grünen aufgrund der geplanten GEAS-Reform, eine Sensibilisierungsveranstaltung in einer BAMF-Außenstelle, eine Konferenz der Heinrich-Böll-Stiftung zur Istanbul-Konvention und zu queeren Geflüchtete, eine Fachkräfteschulung in der Akademie Waldschlösschen und die Teilnahme an einer Fortbildungsreihe der Caritas zu nennen.

        Am 16. Juli 2023 hielt Philipp Braun für den LSVD eine Rede auf der CSD-Hauptbühne in Frankfurt/M. und nahm am Gespräch mit den fünf demokratischen Fraktionen im Hessischen Landtag teil. Am 15. Oktober 2023 hielt er einen Vortrag beim CSD Deutschland zur internationalen Arbeit des LSVD. Themen waren vor allem Sichere Herkunftssaaten und Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan. 

      • 2.2.5. Kompetenznetzwerk zum Abbau von Homosexuellen- und Transfeindlichkeit „Selbst.verständlich Vielfalt“

        2.2.5. Kompetenznetzwerk zum Abbau von Homosexuellen- und Transfeindlichkeit „Selbst.verständlich Vielfalt“

        Noch bis zum Jahresende fördert das LSVD-Projekt im Kompetenznetzwerk „Selbst.verständlich Vielfalt“ die Regenbogenkompetenz von Fachkräften und Verbänden. Im letzten Jahr der Förderung verließ mit René Mertens ein hochverdienter Mitarbeiter das Projekt. Clara Clasen, Leonie Achterhold und Jürgen Rausch gestalten den Abschluss der aktuellen Förderperiode im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“. Im Februar wurde bereits die Neubesetzung der vierten Projektstelle betrieben und die Einstellung von Christian Lapp ist zum 01. März erfolgt.

        Der LSVD übernimmt die zentrale Aufgabe der Koordinierungsstelle des Kompetenznetzwerks. Dem Netzwerk gelingt der Transfer von Wissen und Aufklärung in die Gesellschaft mit großem Erfolg. Die wesentlichen Ziele werden erreicht: das gesellschaftliche Miteinander durch Informationen zu vielfältigen Lebensweisen und Identitäten zu stärken, Multiplikator*innen zu sensibilisieren und weiterzubilden sowie Angebote bundesrelevanter Grundversorgung zu unterbreiten. Die Projektarbeit wird in enger Kooperation mit Intergeschlechtliche Menschen e. V. (IMeV) sowie mit dem Bundesverband Trans* (BVT*) und der Akademie Waldschlösschen (AWS) umgesetzt.

        Die Angebote zur Fortbildung für die Fachkräfte aus den Regelstrukturen werden weiterhin sehr dankbar angenommen. Die Veröffentlichungen für die Fachpraxis erfreuen sich ebenfalls steigender Reichweite. Die Webtalks mit unterschiedlichen Schwerpunktthemen werden von den Fachkräften der Kinder- und Jugendarbeit sowie den Wohlfahrtsverbände zahlreich besucht. Die Fachpapiere werden sowohl digital als auch in gedruckter Form zur Unterstützung in der professionellen Praxis herangezogen. Die maßgeschneiderten Beratungen zur Organisationsentwicklung werden zur Steigerung der Regenbogenkompetenz der Fachkräfte genutzt. Mit allen unseren Angeboten zur Sensibilisierung und Aufklärung verfolgen wir innerhalb der Projektarbeit das verbandliche Ziel, Bündnisse mit den etablierten Verbänden zu schließen. Gerade in Zeiten einer herausgeforderten Demokratie ist die Stärkung zivilgesellschaftlicher Zusammenarbeit vonnöten. Mithilfe von Gebärdensprachdolmetscher*innen und Awareness-Teams werden die digitalen und Präsenzveranstaltungen zudem barrierearm durchgeführt. Die Übersetzung der Webseite und der Vielfalts-Fibel in Leichte Sprache sorgt gleichermaßen für den Abbau von Barrieren.

        Regenbogenparlament 2023 – Selbst.bestimmt Vielfalt

        Endlich konnte das Regenbogenparlament wieder vor Ort stattfinden. Engagierte aus allen Teilen der queeren Community folgten im September unserer Einladung in das FORUM Volkshochschule Köln. Unter dem programmatischen Titel „Selbst.bestimmt Vielfalt“ haben wir gemeinsam mit vielen Haupt- und Ehrenamtlichen überlegt, wie wir einander solidarisch unterstützen können. Unter anderem ging es darum, rechten Anfeindungen zu begegnen oder Sensibilität im Umgang mit Menschen mit erfahrenen Behinderungen an den Tag zu legen. Dabei bestand für die Teilnehmenden zudem die Möglichkeit, mit Expert*innen aus Aktivismus und Bildung im Rahmen einer Fishbowl-Diskussion ins Gespräch zu kommen.

        Fachtag „Selbstbestimmt leben – Demokratie stärken“

        Der gemeinsame Fachtag des Kompetenznetzwerks wurde im November 2023 zum ersten Mal in Präsenz durchgeführt. Durch die Ausrichtung des Fachtags im BMFSFJ, das Grußwort des
        Queerbeauftragten Sven Lehmann sowie durch den Expert*innen-Austausch zwischen Prof. Dr. Ulrike Lembke, Sven Lehmann und Ferda Ataman wurde von vornherein ein eindrücklicher Rahmen für die Veranstaltung geschaffen. Die Beteiligung aus allen drei Handlungsfeldern des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ war exzellent. Sowohl Expert*innen der Demokratieförderung und der Vielfaltsgestaltung als auch der Extremismusprävention waren in Berlin dabei. Das breite Bündnis der Zivilgesellschaft war spürbar. Aufgrund dieser positiven Erfahrung wollen wir auch den kommenden Online-Fachtagzusammen mit vielen Verbündeten gestalten.

        Queer-Papiere für die Jugendarbeit – Die Fachpapier-Reihe

        Die Papiere präsentieren in kompakter Form Informationen und Handlungsempfehlungen zum Umgang mit LSBTIQ*-Feindlichkeit. Weitere vier Ausgaben der Reihe sind erschienen: „Bewusst respektvoll kommunizieren: Keine Angst vor Sprache. Keine Angst vor Fehlern. Keine Angst vor Veränderung“, „Junge LSBTIQ*-Geflüchtete in der Sozialen Arbeit: Intersektionale Lebensrealitäten, Herausforderungen & Handlungsempfehlungen für Fachkräfte“, „Queerfeindlichkeit im Netz: Impulse zur Auseinandersetzung und zum Umgang mit digitaler Gewalt“ (Autorin: Samara Feldmann, HateAid gGmbH) und „Coming-out: Wie Fachkräfte in der Kinder- und Jugendarbeit LSBTIQ* unterstützen können“. Um die Thematik „Junge queere Geflüchtete in der Sozialen Arbeit“ zu beleuchten und das Queer-Papier zu dem Thema zu bewerben, wurde eine Social-Media-Aktion mit SharePics angestoßen. Die SharePics enthalten Zitate aus dem Queer-Papier und liefern zudem weitere Informationen von Expert*innen aus der Wissenschaft. Die Queer-Papiere können entweder als PDF heruntergeladen oder in Papierform bestellt werden. Über 4.000 Stück wurden bereits per Post versandt.

        Queer-Paket und Vielfaltsfibel in Leichter Sprache

        Die Nachfrage nach der Methoden-Sammlung für Fachkräfte der Jugendarbeit ist anhaltend hoch. Drei Auflagen mit insgesamt 4.500 Exemplaren werden bis Ende 2024 versandt. Im laufenden Jahr gibt es zusätzlich eine besondere Veröffentlichung: Die Fibel mit den wichtigsten Begriffen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt ist erstmals auch in Leichter Sprache erhältlich. Rund 200 Illustrationen und der Text in Leichter Sprache helfen, die Zusammenhänge einfach zu verstehen – Selbst.verständlich Vielfalt eben.

      • 2.2.6. Integration von queeren Geflüchteten und Migrant*innen stärken

        2.2.6. Integration von queeren Geflüchteten und Migrant*innen stärken

        Im November 2023 startete unser neues Projekt. Das von der Robert Bosch Stiftung unterstützte und in Zusammenarbeit mit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld initiierte Förderprogramm befindet sich in der Bewerbungsphase. Diese läuft bis zum 31. März 2024. Um auf das Programm aufmerksam zu machen, wurden u. a. 133 geeignete Vereine und Organisationen direkt angeschrieben. Die Ausschreibung wurde über den LSVD-Newsletter und über Instagram verbreitet. Im Asylmagazin 1-2/2024 konnten wir einen einseitigen Artikel zur Förderausschreibung platzieren. Ende Februar fand ein Online-Infoabend für interessierte Organisationen statt. Bislang gibt es positive Rückmeldungen von 19 Organisationen aus neun Bundesländern, die an einem Projektantrag arbeiten. Die Auswahlkommission wurde zusammengestellt und ein Termin für das Kommissionstreffen festgelegt. Außerdem läuft die Vorbereitung des ersten Vernetzungstreffens am 7. und 8. Juni 2024 in Berlin.

      • 2.2.7. Einsatz für LSBTIQ*-Afghan*innen im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan

        2.2.7. Einsatz für LSBTIQ*-Afghan*innen im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan

        Im Jahr 2022 hat der LSVD zusammen mit der Zivilgesellschaft und Akteur*innen der Politik dafür gekämpft, dass im Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan auch LSBTIQ*-Personen eine Chance bekommen. Nachdem 2023 zunächst erste Personen noch im Rahmen des sogenannten Brückenprogramms kamen, erfolgte im September schließlich die erste Aufnahme einer Person mit dem Bundesaufnahmeprogramm. Inzwischen hat eine dreistellige Zahl von queeren Afghan*innen im Brückenprogramm bzw. Bundesaufnahmeprogramm eine Aufnahmezusage bekommen.

        Der LSVD hat das Bundesaufnahmeprogramm dabei gegen Angriffe von Seiten der AfD, der Union und Teilen der FDP verteidigt. So hat vor allem auch die Union unentwegt gegen das Bundesaufnahmeprogramm als Ganzes Stimmung gemacht. Der LSVD hat in zahlreichen Pressemitteilungen und zahlreichen persönlichen Gesprächen mit Vertreter*innen der demokratischen Parteien diesen Positionierungen widersprochen und immer wieder hervorgehoben

    • 2.3. Für eine gute Zukunft
      • 2.3.1. Gesundheitspolitik

        2.3.1. Gesundheitspolitik

        Im Frühjahr 2023 wurde durch das Forschungsprojekt „Konversionsbehandlungen: Kontexte. Praktiken. Biografien“ die Befragung „Unheilbar queer? Erfahrungen mit queer-feindlichen Haltungen in Deutschland“ durchgeführt. Das Forschungsprojekt wurde von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums gefördert. An der Befragung nahmen deutschlandweit über 3.500 Personen teil. Sie ist die erste weitreichende empirische Untersuchung des Phänomens Konversionsbehandlungen in Deutschland. Der LSVD, vertreten durch Sarah Ponti, hat die Befragung im Fachbeirat des Forschungsprojekts begleitet. Aus dem Fachbeirat hat sich eine interdisziplinäre Expert*innengruppe gebildet, die gemeinsam ein Forderungspapier für eine zügige und umfassende Novellierung des Gesetzes zum Schutz vor Konversionsbehandlungen (KonvBehSchG) erarbeitet hat. Der LSVD hat die Expert*innengruppe maßgeblich mitkoordiniert. Die Reform des Gesetzes ist im Koalitionsvertrag vereinbart, jedoch haben die zuständigen Bundesministerien bislang keine Maßnahmen ergriffen.

        Im September ist die Online-Broschüre „Wegweiser aus dem Transgenderkult – Elternratgeber“ von der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) in die Liste jugendgefährdender Medien aufgenommen worden. Begründet wurde dies u. a. damit, dass die Verhaltens-tipps der Broschüre auf eine Konversion abzielten und damit sämtlichen Standards der evidenzbasierten, international anerkannten Behandlungsstandards widersprächen. Der LSVD hatte zuvor erfolglos versucht, wegen Verstoßes gegen das KonvBehSchG strafrechtlich gegen die Broschüre vorzugehen.

        Im Oktober sind auf dem Fachtag „Konversionsbehandlungen in Deutschland: empirische Analysen und gesellschaftliche Herausforderungen“ in Heidelberg erste Ergebnisse der Befragung „Unheilbar queer? Erfahrungen mit queer­feindlichen Haltungen in Deutschland“ vorgestellt worden. Diese zeigen, dass Konversionsbehandlungen trotz Verbot im bundesdeutschen Kontext verbreitet sind und auch heute noch einen langfristig schädigenden Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden queerer Menschen haben. Sarah Ponti hat für den Fachbeirat des Forschungsprojekts im Namen des LSVD ein Grußwort gehalten.

        Die Bundesärztekammer initiierte 2023 eine internationale Arbeitsgruppe des Weltärztebundes (World Medical Association, WMA) zur Überarbeitung der „Stellungnahme zur natürlichen Variation menschlicher Sexualität“. Dazu machte der LSVD auf Anfrage im Juni eine Eingabe, die unter anderem die Verurteilung jeglicher Kriminalisierung von queerem Leben und von altersgerechter Aufklärung über sexuelle Vielfalt in jedem Lebensalter durch die WMA vorschlug. Der Weltärztebund hat in seiner Generalversammlung der 115 Mitgliedsverbände des WMA vom 4. bis 7. Oktober 2023 eine überarbeitete Version der „Stellungnahme zur natürlichen Variation menschlicher Sexualität“ einstimmig verabschiedet. Diese verurteilt sogenannte Konversionsmaßnahmen bei homo- und bisexuellen Menschen als unethisch und unterstreicht, dass Homosexualität und Bisexualität keine Krankheiten sind. Damit setzt der Weltärztebund ein klares Zeichen für die Menschenrechte und eine adäquate Gesundheitsversorgung lesbischer, schwuler und bisexueller Menschen.

        Im März 2023 hat der Bundestag beschlossen, das Transfusionsgesetz zu ändern und damit auch in Deutschland endlich diskriminierungsfreies Blutspenden zu ermöglichen. Beschlossen wurde, dass das Infektionsrisiko künftig auf Grundlage des jeweiligen individuellen Sexualverhaltens bewertet werden muss, ohne Berücksichtigung der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität der spendewilligen Person und ihrer Partner*innen. Der Bundesärztekammer wurde eine Frist von wenigen Monaten gewährt, um die Hämotherapierichtlinie an die neuen Vorgaben des Transfusionsgesetzes anzupassen. Dem war eine Anhörung im Gesundheitsausschuss vorangegangen, an der Sarah Ponti als Sachverständige für den LSVD teilgenommen hatte. Die Bundesärztekammer hat die geänderte Hämotherapierichtlinie im August 2023 vorgestellt. Seither kommt es für die Ermittlung des individuellen Infektionsrisikos auf die Anzahl der Sexualpartner*innen sowie die angewendeten Sexualpraktiken an – unabhängig vom Geschlecht der Sexualpartner*innen. Die vom LSVD seit vielen Jahren als diskriminierend kritisierte Einteilung spendender Personen in verschiedene Risikogruppen wurde damit endlich aufgegeben. Dennoch gibt es weiterhin Verbesserungsbedarf – leider berücksichtigt die Richtlinie nämlich nicht, ob die individuellen Sexualkontakte durch Verwendung von z. B. Barrieremethoden wie Kondomen safe gestaltet worden sind. Hier sollte nachgebessert werden.

        Im Januar 2024 machte der LSVD Druck auf das Bundesgesundheitsministerium (BMG), den Versorgungsengpass mit Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) und HIV-Medikamenten zeitnah zu beheben und unverzüglich alle politischen Möglichkeiten auszuschöpfen, indem ein gesetzlicher Versorgungsmangel festgestellt wird. Die Deutsche Aidshilfe wies seit Dezember auf den Medikamentenmangel hin. Trotzdem wurde Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nicht vor Ende Januar öffentlich tätig. Der LSVD setzt sich weiterhin dafür ein, dass die Verantwortung für die Versorgungssicherheit mit PrEP nicht bei den einzelnen Apotheken und Krankenkassen liegen darf, die den Import von teureren Ersatzprodukten erstatten könnten, sondern dass PrEP politisch als versorgungssichere Arznei anerkannt wird.

        Im Dezember 2023 hat sich der LSVD im schriftlichen Beteiligungsverfahren am Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen beteiligt. Wir haben für die Handlungsfelder inklusive Gesundheitsversorgung, Langzeitpflege, Prävention, Digitalisierung und Diversität im Gesundheitswesen zahlreiche Ideen für Maßnahmen eingereicht. Das BMG plant, ab Frühjahr 2024 in einem partizipativen Prozess mit Organisationen und Verbänden realistische und umsetzbare Ziele und Maßnahmen zu identifizieren. Der Aktionsplan soll bis Oktober 2024 erarbeitet werden. Mit dem Bundesverband Trans* besteht weiterhin eine enge Zusammenarbeit zur Verbesserung der transinklusiven Gesundheitsversorgung.

      • 2.3.2. Gedenkkultur

        2.3.2. Gedenkkultur

        Bereits bei den ersten Überlegungen zum Gedenken an die queeren Opfer des Nationalsozialismus im Januar 2023 wurde über eine mögliche Ausstellung zu diesem Thema nachgedacht. Nachdem die Bundestagspräsidentin ihre grundsätzliche Zustimmung erteilt hatte, eine solche Ausstellung in den Räumen des Bundestages zu zeigen und auch einen Zuschuss des Bundestages zugesichert hatte, stellte die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld Anträge auf Förderung bei der Antidiskriminierungsstelle (ADS) und der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien. Nach der Bewilligung der Mittel wurde in Rekordzeit die Ausstellung „Gefährdet leben – queere Menschen 1933–1945“ von Dr. Insa Eschebach, Andreas Pretzel und Karl-Heinz Steinle konzipiert und die Fertigung durch die BMH beauftragt. Die Ausstellung wurde am 29. November 2023 durch die Schirmeltern Bärbel Bas, Bundestagspräsidentin, und Dr. Marco Buschmann, Bundesminister der Justiz, im Paul-Löbe-Haus eröffnet und war dort bis zum 15. Dezember zu sehen. Ende Januar 2024 konnte die Ausstellung nochmals in den Räumen der BMH besucht werden, bevor sie Anfang Februar in die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück ging. Danach wird sie in zahlreichen Städten Deutschlands zu sehen sein. Damit kann das Ziel, mittels der Exponate das Schicksal queerer Menschen im Nationalsozialismus einer breiten Öffentlichkeit nahezubringen, erreicht werden. Hier können sich auch die Landesverbände des LSVD mit ihrer Expertise einbringen. Henny Engels war für den LSVD an dem Prozess beteiligt.

        Der LSVD hat zusammen mit dem Berliner Queer-Beauftragten Alfonso Pantisano einen Prozess initiiert, damit das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen im Tiergarten eine Aufwertung erfährt. Konkret soll das Denkmal als solches in seiner Umgebung leichter identifizierbarer werden, es sollen im Umfeld des Denkmals mehr Informationen zur Verfolgung transportiert werden und die Schicksale der Verfolgten sollen anhand biografischer Beispiele emotional erfahrbarer werden. Hierzu sind der LSVD und der Berliner Queer-Beauftragte in einen engen Austausch mit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld und Stiftung Denkmal getreten, um einen gemeinsamen Vorschlag zu erarbeiten.

        Weitere Möglichkeiten, an die queeren Opfer zu erinnern und aus dieser Erfahrung Konsequenzen für heute zu ziehen, sind noch zu identifizieren. Der LSVD muss zudem seine Forderung aufrechterhalten, dass mehr zu den Gruppen geforscht wird, deren Schicksal bisher wenig bekannt ist. Es gilt, auch die anderen bisher „vergessenen“ Opfergruppen in den Blick zu nehmen. Hier stehen an erster Stelle die so genannten „Asozialen“, eine Sammelkategorie für weitere Opfer des NS-Terrors.

        Am 10. September 2023 sprach Henny Engels beim Gedenken an die 1942 im Klinkerwerk (Außenlager von Sachsenhausen) ermordeten schwulen Männer ein Grußwort für den LSVD und wies auf die Notwendigkeit des Erinnerns an die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Handeln von Zivilgesellschaft und Politik heute hin.

        2023 wurde Henny Engels als Vertreterin des LSVD in die Beiratskommission I zur Geschichte der Konzentrationslager der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten berufen.

    • 2.4. Queere Menschen im Sport

      Deutscher Fußball-Bund (DFB)

      Die Kompetenz- und Anlaufstelle für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im Fußball mit dem Projekttitel „team out and proud“ ist ein gemeinsames Projekt von DFB und LSVD in Trägerschaft des Familien- und Sozialvereins des LSVD. Die Anlaufstelle wurde 2020 eingerichtet und hat zum Ziel, die Interessen und Rechte der LSBTIQ*-Community im Fußball zu vertreten und den organisierten Fußball auf allen Ebenen für queere Themen zu sensibilisieren und aufzuklären.

      Mit der Einführung des Spielrechts für trans*, inter* und nicht-binäre Menschen im Amateur- und Jugendfußball sowie im Futsal ab der Spielzeit 2022/23 sind die Landes- und Regionalverbände damit beauftragt, Vertrauenspersonen zu benennen, die die Spieler*innen mit dem Personenstandseintrag „divers“ oder „keine Angabe“ und Personen, die ihr Geschlecht angleichen lassen, bei der Erteilung des Spielrechts unterstützen und beraten. Die Kompetenz- und Anlaufstelle „team out and proud“ unterstützt die Verbände bei der Suche nach geeigneten Vertrauenspersonen. Zwölf der 21 Landesverbände haben aktuell Personen benannt. Im Rahmen des CSD in Frankfurt am Main, waren die Vertrauenspersonen auf den DFB-Campus zu einer Tagung mit Austausch und Kennenlernen eingeladen.

      Die Fußball-Europameisterschaft 2024 findet vom 14. Juni bis zum 14. Juli 2024 in Deutschland statt. DFB und die UEFA verpflichten sich und versprechen, im kommenden Sommer ein bleibendes Vermächtnis für den Fußball, die Gesellschaft und den Umweltschutz zu hinterlassen. Die Kompetenz- und Anlaufstelle hat sich mit für ein queeres Pride House in Berlin eingesetzt, das der LSVD-Landesverband Berlin-Brandenburg mit Unterstützung des Berliner Senats während der gesamten Fußball-EM der Männer im Poststadion öffnet. Dort finden auf einer großen Leinwand Live-Übertragungen der EM-Spiele und ein vielfältiges Programm aus der Community statt.

      Deutsch Olympischer Sportbund (DOSB) und Deutscher Fußball-Bund (DFB)

      Im letzten Jahr haben erstmalig der Deutsche Olympische Sportbund und der Deutsche Fußball-Bund mit ihren Mitarbeiter*innen am CSD in Frankfurt am Main teilgenommen. In diesem Jahr wurde die Kooperation für den CSD fortgesetzt und durch die Sportjugend Hessen erweitert. Gemeinsam mit dem LSVD setzten die drei Sportverbände unter dem Slogan „Loud and Proud im Sport“ mit einem Truck bei der Parade in Frankfurt ein deutliches Zeichen für Vielfalt im Sport.

      Aus der Teilnahme am CSD hat sich ein gemeinsames Netzwerk für queere Mitarbeiter*innen von DOSB und DFB gegründet. Das Netzwerk hat sich erstmalig zum Transgender Day of Remembrance am 20. November 2023 in den Räumlichkeiten des DOSB getroffen. 

      SportPride 2023

      Die SportPride wurde 2020 erstmalig vom LSVD mitinitiiert. Unter dem Hashtag
      #SportPride2023 solidarisierte sich auch 2023 der Sport, bestehend aus Athlet*innen, Fanorganisationen und Fanclubs, Sportvereinen, Sportverbänden sowie Sportjournalist*innen verschiedenster Sportarten, in den sozialen Medien mit den gesellschaftlichen Kämpfen aller Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans* und intergeschlechtlichen Menschen. Viele weitere Aktionen fanden während der SportPride statt; hervorzuheben ist die Beteiligung der Deutschen Turnliga, der Deutschen Eishockey Liga, des Floorball-Verbands Deutschland, des Deutschen Volleyball-Verbands und der Volleyball Bundesliga. Auch die Regenbogen-Sportarena beim CSD in Köln mit Unterstützung des SC Janus, dem Come Together Cup, des Fußball-Verbands Mittel-Rhein, dem Landessportbund NRW, dem 1. FC Köln und vielen weiteren soll erwähnt sein.

    • 3. Internationales
      • 3.1. Equal Rights Coalition (ERC)

        3.1. Equal Rights Coalition (ERC)

        Deutschland und Mexiko haben noch bis Jahresende 2024 den Vorsitz der 2016 gegründeten Equal Rights Coalition (ERC) inne. Der LSVD und die Fundación Arcoíris aus Mexiko-Stadt sind für die Zivilgesellschaft dabei. Sie werden von der Bundesregierung im Rahmen einer Projektförderung unterstützt. Auch im aktuellen Berichtszeitraum fanden online regelmäßige ERC-Gremientreffen sowie Treffen der vier Arbeitsgruppen Diplomatie, nationale Gesetzgebung, UN-Nachhaltigkeitsziele und Projektförderung/Geber statt. Für den LSVD sind in den Gruppentreffen Alva Träbert, Philipp Braun, Patrick Dörr, Klaus Jetz und ERC-Officer Doug Graffeo dabei, für die HES auch Axel Hochrein. Brasilien konnte als 43. Mitgliedsstaat gewonnen werden. Zudem ist es gelungen, für den Vorsitz der AG Nationale Gesetzgebung den Mitgliedsstaat Malta zu gewinnen. Zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen aus verschiedenen Weltregionen konnten für eine Mitarbeit gewonnen werden. Darüber hinaus konnte zu Jahresbeginn 2024 nach einem längeren Auswahlprozess ILGA das ERC-Sekretariat übernehmen.

        Am 6. Juni 2023 fand in der Deutschen Botschaft in Vientiane, Laos, die ERC-Konferenz „Inclusion of All People at Work“ statt, an dem der LSVD digital teilnahm. Am 22. Juni 2023 fand in der Botschaft von Mexiko in Berlin das Panel „LGBTIQ+ Rights are Human Rights. The Equal Rights Coalition as a Key Player“ statt, an dem Gloria Careaga von der Fundación Arcoíris und Klaus Jetz sowie der Botschafter Quiroga und Helga Barth aus dem Auswärtigen Amt teilnahmen. Moderiert wurde das Panel von Axel Hochrein. Die Berlinreise von Gloria Careaga nutzten wir für Gesprächstermine u. a. in der Botschaft, im Bundestag und bei Human Rights Watch. Ende Juni sprachen Gloria Careaga und Klaus Jetz in Rom mit LSBTIQ*-Aktivist*innen, Vertreter*innen der italienischen Hauptstadt, dem italienischen Sonderbotschafter für LSBTIQ*-Rechte Fabrizio Petri oder der Leiterin des nationalen Antidiskriminierungsbüros UNAR Dra. Agnese Nadia Canevari. Ein Panel und ein Empfang in der Residenz des Deutschen Botschafters, an dem rund 80 Personen teilnahmen, rundeten das zweitägige Rom-Programm ab. Ende Februar 2024 nahmen die beiden zivilgesellschaftlichen ERC-Vorsitzenden an einer internationalen LSBTIQ*-Konferenz im spanischen Mérida teil, um über die ERC-Arbeit und mehr internationale Unterstützung von LSBTIQ*-Menschenrechtsprojekten zu sprechen.

      • 3.2. Menschenrechte

        3.2. Menschenrechte

        Die Fälle von Menschenrechtsverletzungen an LSBTIQ*, die wir an Bundesregierung weiterleiten, nehmen zu. Im August 2023 haben wir an vier Aide-Mémoire für das Auswärtige Amt mitgeschrieben. Sie betrafen Afghanistan, Uganda und Nicaragua. Zur Ukraine brachten wir in einem gemeinsamen Aide-Mémoire von Mitgliedsorganisationen des Forum Menschenrechte unsere Forderung nach Unterstützung eines Partnerschaftsgesetzes für gleichgeschlechtliche Paare zum Ausdruck. Dies geschah auch in einem Schreiben an den ukrainischen Botschafter in Berlin. Unzählige Schreiben richteten wir an die Bundesregierung, den Bundestag und die deutsche und europäische Menschenrechtspolitik wegen der Situation in Uganda. Dort trat im Mai 2023 der Anti-Homosexuality Act in Kraft. Wir hatten zudem einen Stipendiaten aus Uganda in der Bundesgeschäftsstelle, der in mehreren Konferenzen und Treffen im Bundestag, im AA oder Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) über die Situation aus erster Hand berichten konnte. An das BMZ leiteten wir eine Liste von LSBTIQ*-Organisationen im Land weiter, die dringend humanitäre Unterstützung brauchen. Selbst an den Papst schrieben wir mit der Bitte, in Gesprächen mit ugandischen Politiker*innen im Vatikan mit klaren Worten die Verfolgung von LSBTIQ* zu verurteilen. Auch zu Ghana mussten wir aktiv werden, da dort Pläne zu einer Strafrechtsverschärfung für LSBTIQ* im Parlament beschlossen wurden. Das BMZ antwortete Ende 2023, dass man auch weiterhin den Politikdialog nutzen werde, um die Menschenrechte von LSBTIQ* im Land zu stärken. Weitere Schreiben an das BMZ betrafen das Handels- und Investitionsabkommen mit Kenia oder die Aufnahme von LSBTIQ*-Schutzklauseln in die Schutzbestimmungen der Asiatischen Entwicklungsbank.

        In Schreiben an die Bundesregierung setzten wir uns Anfang 2024 für die Aufnahme verfolgter und besonders schutzbedürftiger LSBTIQ* aus Russland ein. Dort hatte im November 2023 der Oberste Gerichtshof die „internationale LGBT-Bewegung“ als „extremistisch“ eingestuft und jegliche Aktivitäten verboten.

        Am 24. Mai 2023 fand im Ausschuss für Menschrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages eine öffentliche Anhörung zum Thema „LGBTIQ*-Rechte weltweit“ statt. Als Sachverständige waren unter anderem Philipp Braun und Mikhail Tumasov aus dem Bundesvorstand und Sarah Kohrt von der Hirschfeld-Eddy-Stiftung geladen. Nach der Anhörung fand ein Gespräch von Aktivist*innen unter anderem aus Afghanistan, Uganda und Tunesien mit Bundestagsabgeordneten der demokratischen Fraktionen im FDP-Fraktionssaal statt.

      • 3.3. Elisabeth-Selbert-Initiative

        3.3. Elisabeth-Selbert-Initiative

        Im zweiten Halbjahr 2023 konnten wir einem LSBTIQ*-Menschenrechtsverteidiger aus Uganda in der LSVD-Bundesgeschäftsstelle einen sechsmonatigen Arbeits- und Schutzaufenthalt im Rahmen der vom AA finanzierten und vom IFA betreuten Elisabeth-Selbert-Initiative anbieten. Der LSBTIQ*-Aktivist reiste Ende 2023 nach Kampala zurück.

      • 3.4. Netzwerke

        3.4. Netzwerke

        ILGA

        Auch zum Jahresende 2023 lieferte der LSVD und andere Mitgliedsorganisationen Informationen zur rechtlichen und sozialen Situation von LSBTIQ* in Deutschland an seinen europäischen Dachverband. Sie fanden wieder Eingang in den neuen Jahresbericht zur Menschenrechtslage von LSBTIQ* in Europa und Zentralasien „Annual Review 2024“, den ILGA Europe im Frühjahr veröffentlicht. Wir sind mit ILGA Europe im Austausch zur Situation in Russland, der Ukraine und Zentralasien. An der ILGA-Europa-Konferenz in Ljubljana im Oktober 2023 nahmen wir nicht teil.

        Am 12. April nahm Philipp Braun für den Bundesvorstand an der LGBTIQ Swedish Presidency Conference in Stockholm teil.

        Amsterdam Netzwerk

        Auch mit den Kolleg*innen im Amsterdam Netzwerk stehen wir in regelmäßigen Austausch zu Fragen von LSBTIQ* in aller Welt, Notfallsituationen, Equal Rights Coalition, UN und Lobbyarbeit im Menschenrechtsrat, Europarat und auf anderen multilateralen Ebenen. Der Austausch findet etwa vierteljährlich und seit Ausbruch der Coronapandemie online statt. Das letzte Treffen fand im April 2023 in Berlin statt. Wir konnten rund 20 Aktivist*innen begrüßen und uns über das Netzwerk betreffende Themen austauschen, aber auch über das HES-Projekt „We believe in Change“ und die Themen LSBTIQ*, Religion(sfreiheit) und LSBTIQ*-Rechte diskutieren. Im Berichtszeitraum fanden weitere digitale Treffen statt, das letzte am 14. Februar 2024.

      • 3.5. Hirschfeld-Eddy-Stiftung
        • 3.5.1. Projekt „We believe in change: Menschenrechte im Spannungsfeld von Religions- und Weltanschauungsfreiheit und dem Schutz von LSBTI* vor Gewalt und Diskriminierung

          3.5.1. Projekt „We believe in change: Menschenrechte im Spannungsfeld von Religions- und Weltanschauungsfreiheit und dem Schutz von LSBTI* vor Gewalt und Diskriminierung

          Von Januar bis Dezember 2023 lief das Projekt „We believe in change“, ermöglicht durch eine Finanzierung des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) auf Beschluss des Deutschen Bundestages. Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung (HES) hat sich im Rahmen des Projekts mit der Instrumentalisierung des Menschenrechts auf Religionsfreiheit gegen die Menschenrechte von LSBTIQ* weltweit befasst und die Ergebnisse auf einem Plakat veröffentlicht. Dabei war ein Schwerpunkt die Rolle von konfessionellen NGOs in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Die HES hat im Frühjahr 2023 einen Kick-off mit dem Amsterdam Netzwerk in Berlin organisiert, war beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg auf einem Panel und mit einem Workshop vertreten und hat im Herbst eine internationale Konferenz in der Kunsthalle Osnabrück realisiert. Wir haben Vertreter*innen interreligiöser Netzwerke aus Süd- und Westafrika eingeladen und auf die prekäre Lebenssituation von LSBTIQ* und die Verfolgung im Namen der Religion weltweit hingewiesen. In Webtalks des Projekts wurde mit vielfältigen Akteur*innen diskutiert, u. a. mit dem südafrikanischen Autor Siya Khumalo, mit LSBTIQ*-Aktivist*innen aus Uganda, mit einer inklusiven Kirche in Ruanda, sowie mit einer Aktivistin aus Äquatorialguinea. Das Projekt hat vielfältige transnationale Begegnungen zu einem schwierigen Themenbereich ermöglicht. Auf der Website sind alle Publikationen und Veranstaltungen zweisprachig verfügbar: We believe in change.

        • 3.5.2. Projekt „Kulturen und Kolonialismus – Der Kampf um die Menschenrechte von LSBTIQ* im Licht der Debatte um Dekolonisierung“

          3.5.2. Projekt „Kulturen und Kolonialismus – Der Kampf um die Menschenrechte von LSBTIQ* im Licht der Debatte um Dekolonisierung“

          Im Januar 2024 startete die HES ihr neues Projekt mit dem Titel „Kulturen und Kolonialismus – Der Kampf um die Menschenrechte von LSBTIQ* im Licht der Debatte um Dekolonisierung“. Wir freuen uns über die Förderung durch das BMJ auf Beschluss des Deutschen Bundestags. Die HES wird ein Jahr lang über die Auswirkungen des europäischen Kolonialismus auf die Situation von LSBTIQ* in einst kolonisierten Weltregionen informieren. Im Fokus stehen Länder des afrikanischen Kontinents. Die bekannteste Folge des Kolonialismus ist die Kriminalisierung von LSBTIQ*. Weniger bekannt sind die Auswirkungen der Missionsgeschichte oder Forschungen zu präkolonialen gleichgeschlechtlichen und zwischengeschlechtlichen Lebensweisen. Die HES wird internationale Expert*innen einladen, den ersten UN-Bericht zum Thema vorstellen und Veranstaltungen und Vernetzung zum Thema anbieten. „Kulturen und Kolonialismus“ – so war eine Forderung der Yogyakarta-Allianz an ein LSBTIQ*-Inklusionskonzept überschrieben. Daran anschließend wird die HES fragen, wo die Umsetzung dieses Konzepts der Bundesregierung steht und wie eine dekoloniale Projektarbeit für LSBTIQ* aussehen könnte. Alle Infos sind auf der Projektwebsite zu finden.

        • 3.5.3. Sonstige Projekte

          3.5.3. Sonstige Projekte

          Tunesien

          Mit unserer dortigen Partnerorganisation Mawjoudin arbeiten wir seit 2017 zusammen. Zuletzt hat Mawjoudin mit Unterstützung der HES unter Verwendung von Mitteln des Auswärtigen Amtes das Theaterstück „Flagranti“ entwickelt und rund 20-mal erfolgreich in Tunis aufgeführt. Im Mai 2023 konnte in Köln im Rahmen eines Kulturfestivals die Auslandspremiere gefeiert werden. Die Aufführung in Köln wurde durch Mittel der Stadt Köln, des LSVD NRW, der HES und anderer Geber ermöglicht. Das im Januar 2023 gestartete Projekt zur Verbesserung der mentalen Gesundheit von LSBTIQ* in Tunesien und die Schaffung von Schutzbereichen endete planmäßig zum Jahresende 2023. Für das Jahr 2024 ist aktuell kein Projekt beantragt oder geplant. Die Kooperationen mit Mawjoudin möchten wir aber auch in Zukunft fortsetzen.

          Kolumbien

          In 2023 wurde das in 2022 begonnene Projekt mit unserer Partnerorganisation Casa Cultural „El Chontaduro“ in Cali erfolgreich fortgesetzt. Das Projekt umfasst Maßnahmen zu Aus- und Fortbildungen, zur Sensibilisierung und allgemein zur Stärkung der Menschenrechtsarbeit der afrokolumbianischen LSBTIQ*-Jugend in der Region. Eine Fortsetzung über den 31. Dezember 2023 hinaus wurde beim Auswärtigen Amt beantragt, eine Bewilligung ist aber noch offen (Stand: 7. Februar 2024). Darüber hinaus hat eine Vertreterin des Casa Cultural im November 2023 unser Büro in Köln besucht. Im Rahmen des Besuchs haben wir eine gemeinsame Veranstaltung am Institut für Gender Studies der Universität zu Köln durchgeführt. 

          Allgemeines

          Im September 2023 wurden wir durch das AA über eine erhebliche Veränderung im Förderprozess informiert. So sollen Mittel zukünftig nahezu ausschließlich unmittelbar von ausländischen Organisationen bei den lokalen Botschaften beantragt werden. Wir halten diese für uns überraschende Änderung aus verschiedenen Gründen für falsch. Das haben wir in Schreiben und Gesprächen gegenüber dem AA deutlich gemacht. Wir werden uns weiter im Sinne der ausländischen LSBTIQ*-Organisationen und im Sinne einer guten LSBTIQ*-Menschenrechtsarbeit für eine Modifizierung des neuen Prozesses einsetzen.

          Spenden

          Im Berichtszeitraum konnten wir über 30.000 Euro Spenden weiterleiten. Sie gingen an die exiliranische Organisation 6Rang, zwei Organisationen in Uganda und zwei in Ruanda. Unsere Partnerorganisation Nash Sviet in Kijv konnten wir mit 3.000 Euro unterstützen.

    • 4. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

      4. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

      Pressemeldungen, Newsletter und Interviews für Presse, Fernsehen und Radio zu den Verbandsthemen und -forderungen gehören zur regelmäßigen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des LSVD. Seit 2023 unterstützt Hannah Fritsch als werkstudentische Kraft die Pressestelle des LSVD-Bundesverbands.

      Regelmäßig postet die Pressestelle aktuelle Meldungen und Content auf den Social-Media-Kanälen des LSVD: Facebook, Instagram, X (vormals Twitter), Mastodon und LinkedIn. Auf den genannten Plattformen konnten auch in diesem Jahr die Reichweite und Bekanntheit unseres Verbandes erhöht werden. Beispiel: Instagram-Follower*innen (Stand 1. Februar 2023): 15.800.

      Dort hat von 2023 bis 2024 auch die großangelegte Kampagne „Stimmen für ein diskriminierungsfreies Selbstbestimmungsgesetz“ stattgefunden, die bekannte Gesichter aus dem Aktivismus, den sozialen Medien, der Öffentlichkeit und Organisationen aus der Zivilgesellschaft zusammengebracht hat, die sich für die rechtliche Selbstbestimmung von trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen ausgesprochen haben.

      Unter dem Titel „Respekt. Der LSVD-Podcast“ werden neue Podcastfolgen zu den aktuellen Verbandsthemen auf den Audioplattformen Spotify, Apple Podcaster, Google und YouTube usw. veröffentlicht. Der Podcast wird von Pressesprecher*in Kerstin Thost moderiert.

      Die LSVD-Homepage wird kontinuierlich gepflegt und erweitert – Ratgebertexte und Veranstaltungskalender werden aktualisiert, neue Beiträge und Artikel erstellt und die vorhandenen Beiträge suchmaschinenoptimiert. Für bestimmte Inhalte schalten wir Anzeigen über Google Ads. Wir nehmen am Grant-Programm teil, sodass wir bis zu 10.000 US-Dollar pro Monat zur Verfügung haben.

      Gegenwärtig produziert die Pressestelle neben der Verbandszeitschrift „respekt!“ auch neue Giveaways für dieses Jahr. In einer Abstimmung entschieden sich Landesvorständ*innen, Bundesvorständ*innen und Mitarbeitende für die erfolgreichen Fächer und Kugelschreiber aus dem letzten Jahr.

    • 5. Mitarbeit in nationalen Netzwerken und Vertretungsaufgaben
      • 5.1. Forum Menschenrechte und Venro

        5.1. Forum Menschenrechte und Venro

        Nach wie vor vertreten Klaus Jetz und Henny Engels den LSVD im Forum Menschenrechte (FMR). Henny Engels arbeitet in der AG Rechte von Frauen und LSBTIQ* mit.

        Beim Plenum im Mai 2023 wurde u. a. der neu aufgelegte Podcast des FMR vorgestellt. Bisher wurden im Podcast die Arbeit des FMR selbst und die des Menschenrechtsrats der UN vorgestellt sowie ein Beitrag „Die EU und das Recht auf Asyl“ gesendet. Gerne mal reinhören. Zudem befasste sich das Plenum mit dem Stand der Vorbereitungen zur Veranstaltung anlässlich „75 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ (November 2023), tauschte sich mit der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Luise Amtsberg, über aktuelle Fragen aus und beriet über den anstehenden UPR-Prozess. Beim Plenum im Oktober stand das Thema „Rechtsruck – Gemeinsam gegen Rechtspopulismus: Was sind unsere Handlungsoptionen?“ im Mittelpunkt.

        Am 29. und 30. November feierte das Forum mit einer großen Veranstaltung in der Friedrichstadtkirche in Berlin in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte und der Evangelischen Akademie zu Berlin den 75. Geburtstag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR). Nach einem Eröffnungspodium mit Jugendlichen über die Frage, welche Bedeutung die AEMR für diese Altersgruppe hat, diskutierten Vertreter*innen aus Politik und anderen für das Thema relevanten Bereichen über verschiedene Themen, so etwa Menschenrechte als Maßstab europäischer Flüchtlings- und Migrationspolitik. Das vollständige Programm ist hier zu finden.

        Die Jahresklausur 2024 wurde wegen des Streiks der GDL von Präsenz ins Onlineformat verlegt und verkürzt. Themen waren erneut die Frage nach dem Erstarken der AfD und möglichen Gegenstrategien sowie ein Austausch zu den aktuellen Krisenherden incl. Nahost. Wegen des Wegfalls der Präsenzsitzung im Januar wird das nächste Plenum im April entsprechend verlängert.

      • 5.2. Bundesstiftung Magnus Hirschfeld

        5.2. Bundesstiftung Magnus Hirschfeld

        Im Jahr 2023 fanden zwei Sitzungen des Kuratoriums statt. Dabei wurde im April wegen des neuen Stiftungsrechts und des Wunsches des Kuratoriums, im Stiftungszweck die bisherige Formulierung „homosexueller Männer und Frauen“ durch den Sammelbegriff „queer“ mit der Erläuterung „lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche und andere Personen, die heterosexuellen, zwei und/oder cisgeschlechtlichen Normen nicht entsprechen“ ersetzt. Dieser Beschluss wurde einstimmig verabschiedet.

        Der geschäftsführende Vorstand, Helmut Metzner, hat erste Ergebnisse der Umsetzung der neuen strategischen Schwerpunkte der Stiftungsarbeit vorgestellt. Ein Schwerpunkt war die Erstellung der ersten Wanderausstellung „Gefährdet leben – queere Menschen 1933–1945“ in Folge der Gedenkstunde im Bundestag. Der Fachbeirat wurde in Teilen neu besetzt und hat neue Vorsitzende.

        Die Amtszeit der Vertreter*innen der NGOs im Kuratorium endete im Dezember 2023. Der LSVD wird zukünftig durch Alva Träbert und Axel Hochrein im Kuratorium vertreten sein.

      • 5.3. Deutsches Institut für Menschenrechte

        5.3. Deutsches Institut für Menschenrechte

        Henny Engels vertritt den LSVD in der Mitgliederversammlung des Instituts. Zudem ist sie seit 2018 eine der Kassenprüferinnen. Das Institut widmet sich – seiner Aufgabe als nationale Menschenrechtsinstitution entsprechend – zahlreichen menschenrechtlichen Fragen im In- und Ausland. Bei einer a. o. Mitgliederversammlung im Februar 2023 wurden notwendige Satzungsänderungen beschlossen. Bei der Mitgliederversammlung im September berichtete das Direktorium umfassend über die Arbeit des Instituts und stellte die Strategie des DIMR für die Jahre 2024 bis 2028. Henny Engels wurde erneut als eine der Kassenprüferinnen gewählt.

        Darüber hinaus wurde der Austausch des DIMR mit queerpolitischen Organisationen fortgesetzt. Hier haben Verbände die Möglichkeit, sich in einem vertraulichen Raum über anstehende Gesetzgebungsverfahren auszutauschen, mögliche Konflikte anzusprechen und gemeinsam Ziele und Strategien zu entwickeln. Für den LSVD nahmen Sarah Ponti und Henny Engels teil.

      • 5.4. Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS)

        5.4. Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS)

        Am 27. März 2023 fand die konstituierende Sitzung des neu berufenen Beirats der ADS statt; auf Vorschlag des LSVD war Henny Engels in den Beirat berufen worden. Sie wurde als neue Vorsitzende des Beirats gewählt. Neben Regularien war insbesondere die ausstehende Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) Thema der Beratungen. Der Beirat beschlosss, mit einem Brief an den Bundesminister der Justiz die zeitnahe Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Reform zu fordern. Bis zur zweiten Sitzung am 4. Dezember lagen zu dieser Reform weder ein Gesetzentwurf noch wenigstens Eckpunkte vor. Deshalb wandte sich der Beirat Anfang 2024 erneut an den Justizminister. In dem Schreiben wird auf die Notwendigkeit einer Verbesserung des rechtlichen Diskriminierungsschutzes hingewiesen und dringend darum gebeten, zügig einen Gesetzentwurf für eine Reform des AGG vorzulegen. Dabei solle das Grundlagenpapier zur Reform des AGG, das die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung im Juli 2023 vorgelegt hat, angemessen berücksichtigt werden.

      • 5.5. Rundfunkräte

        5.5. Rundfunkräte

        Mittlerweile ist der LSVD in sieben Rundfunk- und Fernsehräten öffentlich-rechtlicher Sender vertreten: ZDF, Arte Deutschland, Deutschlandradio, Radio Bremen, MDR, RBB und Saarländischer Rundfunk. In Rheinland-Pfalz, NRW, Niedersachsen und im Saarland ist der LSVD zudem in den Landesmedienanstalten vertreten, die die privaten Sender beaufsichtigen. Am 20. November 2023 fand ein Austausch von LSVD und anderen LSBTIQ*-Organisationen mit Intendanz und Sendeleitung von Deutschlandradio statt. Hier wurden LSBTIQ*-relevante und aktuelle Themen präsentiert und diskutiert. Klaus Jetz wurde zu Jahresbeginn 2024 erneut in den DLR-Hörfunkrat berufen und zudem wieder in den Programmausschuss des DLR gewählt. Zuletzt kamen Hörfunkrat und Programmausschuss am 21. Und 22. Februar 2024 in Berlin zusammen. Themen waren
        u. a. der Tätigkeitsbericht des Intendanten, die Wahl von Sachverständigen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und Rundfunkrecht, Fortbildung der Mitglieder oder Reformideen des Zukunftsrates.

      • 5.6. Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband

        5.6. Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband

        Henny Engels arbeitet nach wie vor im AK Frauen des Paritätischen Gesamtverbandes mit. Kerstin Thost und René Mertens nahm zudem mehrfach an dem seit Ende 2022 eingerichteten paritätsinternen Austausch zu diversen queerpolitischen Themen teil, so z. B. zum Aktionsplan, zum Selbstbestimmungsgesetz, zur ansteigenden Queerfeindlichkeit und zu einer möglichen Beteiligung bei CSDs. Der Austausch findet in der Regel alle sechs Wochen statt.

    • 6. Organisation
      • 6.1. Innerverbandliches Diversifizierungspapier und Namensanpassung

        6.1. Innerverbandliches Diversifizierungspapier und Namensanpassung

        Auf dem letzten Verbandstag haben wir miteinander beschlossen, die Diversität der queeren Community(s) stärker in den Blick zu nehmen, und hierbei auch unsere innerverbandlichen Strukturen anzupassen. Hierzu hat der Bundesvorstand den Aufschlag für ein Papier gemacht, dass Ausdruck dieses Prozesses ist und uns als gegenseitige Versicherung und Richtschnur für die Diversifizierung dienen soll. Ganz bewusst haben wir davon abgesehen, dieses Papier dem Verbandstag als Beschlussvorlage vorzulegen. Denn: Es soll uns vielmehr als „lebendes Papier“ immer wieder ein Anlass sein, uns auszutauschen und unsere innerverbandliche Vielfalt auf den Prüfstand zu stellen in Fragen der Strukturen, Repräsentation, Öffentlichkeitsarbeit und nicht zuletzt der politischen Themen. Hierzu haben wir uns auch auf unserem letzten Bund-Länder-Treffen im Saarland ausgetauscht.

        Ebenso hat der Bundesvorstand vom letzten Bundesverbandstag den Auftrag mitgenommen, an einer Anpassung des Verbandsnamen zu arbeiten, und hat hierzu einen – in dieser Breite für unseren Verband erstmaligen – partizipativen Prozess initiiert. Hierbei haben ca. 200 Personen Vorschläge für einen neuen Verbandsnamen gemacht. Diese hat der Bundesvorstand gesichtet und – nach Typ strukturiert – dem Bund-Länder-Treffen in Saarbrücken eine Hand voll Vorschläge vorgelegt. Der Favorit des Bundesvorstandes hierzu war „LSVD – Verband für geschlechtliche und gesellschaftliche Vielfalt“. Nach ausführlichen Diskussionen mit den Vertreter*innen der Landesverbände zeigte sich jedoch, dass der breite Wunsch bestand, einen Namen mit Einbezug des Begriffs „queer“ zu finden. Der Bundesvorstand hat diesen Auftrag angenommen und den Verbandsmitgliedern auf einer eigens hierfür anberaumten Online-Veranstaltung hierzu einen neuen Vorschlag unterbreitet: „LSVD – Verband für queere Vielfalt“. Dieser Vorschlag wurde von der deutlichen Mehrheit der Zugeschalteten begrüßt, jedoch angemerkt, dass mit dem Wort „für“ eine thematische Eingrenzung einhergeht, und angeregt, dass auch das Kürzel „LSVD“ so angepasst werden sollte, dass die Inklusivität auch hier sichtbar wird. Der Bundesvorstand hat diese Anregungen gern aufgenommen und hieraus den vorliegenden Antrag für die Anpassung des Verbandsnamens bzw. der entsprechenden Änderungen an Satzung, Geschäftsordnung etc. entwickelt. 

      • 6.2. Mitarbeitende

        6.2. Mitarbeitende

        Unser langjähriger Mitarbeiter René Mertens hat den LSVD Ende Januar 2024 verlassen. Die Dreiviertelstelle im LSVD-Projekt „Selbstverständlich Vielfalt. Kompetenznetzwerk zum Abbau von Homophobie und Trans*feindlichkeit“ im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ wurde neu ausgeschrieben und zum 1. März 2024 mit Christian Lapp neu besetzt werden. Die Position als Koordinator*in zur Unterstützung der LSVD-Landesverbände wurde als halbe Stelle neu ausgeschrieben und die Bewerbungsgespräche finden im März statt. Unsere Grundsatzreferent*in Sarah Ponti wird den LSVD Ende April verlassen, auch das Grundsatzreferat wurde als Dreiviertelstelle neu ausgeschrieben. Die Gespräche zu dieser Stelle fanden bereits statt, die Stelle soll zum April neu besetzt werden. Seit Oktober 2022 ist Kerstin Thost mit voller Stelle als Pressesprecher*in im Hauptstadtbüro beschäftigt und hat inzwischen die Leitung des Hauptstadtbüros übernommen. Franka Braun arbeitet in der Pressestelle mit einer halben Stelle im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Christian Rudolph ist seit Jahresbeginn 2021 als Mitarbeiter im vom DFB geförderten Pilotprojekt „Kompetenz- und Anlaufstelle für Sexuelle und Geschlechtliche Vielfalt im Fußball“ mit einer vollen Stelle angestellt. Sarah Kohrt arbeitet weiterhin mit einer vollen Stelle im Hauptstadtbüro als Projektleiterin der Hirschfeld-Eddy-Stiftung. Weiterhin ist Danilo Höpfner mit einer halben Stelle für den LSVD im Arbeitsbereich Friend- und Fundraising tätig. Hannah Fritsch ist seit Dezember 2023 als studentische Hilfskraft im Hauptstadtbüro tätig und Rechtsanwalt Dr. Thomas Hahn aus Berlin ist weiterhin ehrenamtlicher Datenschutzbeauftragter des LSVD, seiner Landesverbände und der Hirschfeld-Eddy-Stiftung.

        In der Bundesgeschäftsstelle in Köln arbeitet seit November 2023 Chantal Müller als Projektleiterin (Teilzeit) im von der Robert Bosch Stiftung geförderten Projekt „Integration von queeren Geflüchteten und Migrant*innen stärken“. Das von der Integrationsbeauftragten des Bundes unterstützte Projekt „Fluchtgrund queer: Queer Refugees Deutschland“ startete im März 2023 und erneut zu Jahresbeginn 2024. Ina Wolf und Lilith Raza sind weiterhin als Projektmitarbeiter*innen in Vollzeit beschäftigt. Neu ins Team kam im April 2023 Colin Cahill-Müller als Projektassistent mit voller Stelle. Guido Schäfer unterstützt nach wie vor den LSVD und die Hirschfeld-Eddy-Stiftung an einem Tag pro Woche ehrenamtlich. Jürgen Rausch arbeitet mit einer vollen Stelle im vom Bundesprogramm „Demokratie leben!“ unterstützten LSVD-Projekt „Selbstverständlich Vielfalt. Kompetenznetzwerk zum Abbau von Homosexuellen- und Trans*feindlichkeit“. Mit je einer halben Stelle übernimmt er die Leitung des LSVD-Projektteils bzw. die Koordination des Kompetenznetzwerks. In der Kölner Bundesgeschäftsstelle arbeiten in diesem Projekt auch weiterhin Clara Clasen und Leonie Achterhold, beide mit voller Stelle. Zudem arbeiten in diesem Projekt weiterhin Lisa Oude Lausink und Danis Dennis Döbbecke in Teilzeit im Projektbereich Akzeptanz und Vernetzung intergeschlechtlicher Menschen. Neu hinzugekommen ist hier Anjo Kumst, ebenfalls mit einer Teilzeitstelle. Lucie Veith schied zum Jahresende 2023 aus. Als Bürokraft unterstützt weiterhin Juliane Steinbrecher mit 20 Wochenstunden den LSVD. Ahmed Elpelasy ist weiterhin Webmaster und Systemadministrator des LSVD. Weiterhin unterstützt Doug Graffeo von Spanien aus unser Engagement in der Equal Right Coalition. In der LSVD-Bundesgeschäftsstelle arbeiten weiterhin Sandra Jonas als Finanzreferentin und Klaus Jetz als Geschäftsführer für den LSVD und die Hirschfeld-Eddy-Stiftung.

      • 6.3. Mitgliederentwicklung und -werbung

        6.3. Mitgliederentwicklung und -werbung

        Der LSVD hat das Jahr 2023 mit einem leichten Mitgliederrückgang von 51 Personen (-1,14 %) abgeschlossen. 268 Mitglieder sind aus dem Verband ausgetreten, 217 Mitglieder sind eingetreten. Zum 31. Dezember 2023 waren 4.428 Menschen Mitglied in unserem Verband. Der LSVD profitiert nicht nur vom Engagement der Einzelmitglieder, sondern auch von der Anbindung von Gruppen und Vereinen. Im Jahr 2023 blieb die Zahl der juristischen Personen (Gruppen, Organisationen und Vereinen), die dem LSVD angehören, konstant bei 118. Der LSVD hält damit seine Vernetzung in die Regenbogen-Community und profitiert dadurch von den Impulsen und Rückmeldungen für unsere Anliegen und Arbeit aus diesem Resonanzraum.

      • 6.4. Friend-/Fundraising und Sponsoring

        6.4. Friend-/Fundraising und Sponsoring

        Aufbau Unterstützungskooperation Catrice:

        • Einbindung in bundesweite Pride-Week-Produkt-Aktion in nationalen Drogeriemärkten (Sichtbarkeit und Spendenempfehlung) sowie Aufbau mehrjähriger Kooperation, Folgeprojekte und Spenden

        DeliveryHero:

        • Vorstellung der Arbeit des LSVD und der HES auf internationalem Firmenfest in Berlin und Aufruf zur Spende

        Spendenaktion Scholz&Friends zum 17. Mai, Aufruf zu Privatspenden an den LSVD

      • 6.5. Verbandstag 2023

        6.5. Verbandstag 2023

        Am 11. und 12. März 2023 fand in Köln der 35. LSVD-Verbandstag endlich wieder in Präsenz statt. Der Kölner Bürgermeister Andreas Wolter begrüßte die Teilnehmenden und ging auf die Erfolge und die Hartnäckigkeit des LSVD auf Bundesebene ein. Er nannte die Gedenkveranstaltung für die queeren Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2023 im Deutschen Bundestag, die Ehe für alle oder das AGG. Zudem würdigte er das Engagement in den Bereichen Sport, Kirchen, queere Geflüchtete und Menschenrechte. Kerstin Thost moderierte die Diskussionsrunde „Mit mehr Diversität in die Zukunft“, an der Sheila Mysorekar vom Diversity Kartell, Dr. Stefan Sandbrink vom ASB NRW, Inka Lohmaier vom JRK Niedersachsen, Ina Neumann von der KjG Köln und Sanya Bökle vom Max-Planck-Institut teilnahmen.

        Ein Novum: Wir teilten uns auf in ein World-Café mit vier Thementischen, an denen die Aspekte Öffentlichkeitsarbeit, Mitgliederwerbung, interne Prozesse und Öffnung für neue Themen behandelt wurden. Der Verbandstag verabschiedete eine Resolution zur Sexarbeit und den Antrag „Equal Rights Coalition voranbringen“. Auch wurde ein neuer Vorstand gewählt. Patrick Dörr, Henny Engels, Andre Lehmann, Stefanie Lünsmann-Schmidt, Christian Rudolph und Alva Träbert waren 2022 für zwei Jahre gewählt worden. Nun wurde Philipp Braun wieder gewählt, Mara Geri, Jörg Hutter und Mikhail Tumasov wurden neu gewählt. Nachdem Stefanie Lünsmann-Schmidt im Sommer 2023 ihr Amt niedergelegt hatte, wurde Philipp Braun vom Vorstand zum Schatzmeister ernannt.

      • 6.6. Zusammenarbeit des Bundes- mit den Landesverbänden

        6.6. Zusammenarbeit des Bundes- mit den Landesverbänden

        René Mertens unterstützte bis Februar 2024 die Landesverbände im Rahmen der BLK-Stelle und leitete das Hauptstadtbüro in Berlin. Die Bund-Länder-Koordination fungiert als Schnittstelle zwischen den landesverbandlichen Strukturen, dem Bundesverband und dem Kompetenznetzwerk „Selbst.verständlich Vielfalt“. In der Pressestelle übernahm René Mertens die Organisation der Geschäftsstelle und die Koordination der politischen Arbeit des Hauptstadtbüros. Im Rahmen des Öffnungsprozesses unseres Verbandes koordinierte die BLK-Stelle die Partizipationsformate mit den Landesverbänden und dem Bundesvorstand und nahm am Beteiligungsprozess zur Konkretisierung der Maßnahmen zum Aktionsplan der Bundesregierung „Queer leben!“ teil. Gemeinsam mit dem Team der Pressestelle wurde die Neukonzeptionierung der Verbandszeitschrift „respekt!“ begleitet. Ferner wurde gemeinsam mit dem Bundesverband die Umsetzung des Antrages „Revision und Modernisierung des Verteilsystems an die Landesverbände“ angegangen. Im Rahmen der Umsetzung des Antrages konnten die Bedarfe der Landesverbände identifiziert und entsprechende Maßnahmen geplant werden. Gemeinsam mit der Stelle „Fund- & Friendraising“ wurde ein Fortbildungskonzept zum Thema „Fundraising“ erarbeitet und im Januar und Februar angeboten. Zusammen mit dem Gremium des Aktionsfonds und dem Bundesvorstand konnte die Förderzielsetzung des LSVD-Aktionsfonds überarbeitet und nachgeschärft werden.

        Die BLK-Stelle unterstützte im Vorfeld der Landtagswahlen die Landesverbände Niedersachsen-Bremen, Hessen und Bayern bei der Erstellung von Wahlprüfsteinen und queerpolitischen Forderungen auf Landesebene. Die Unterstützung der Landesverbände im Vorfeld von Wahlen und die Begleitung der Koalitionsverhandlungen sind Kernaufgaben der Bund-Länder-Koordination. Neben Fragen zur Ausgestaltung der landespolitischen Forderungen unterstützte der Bundesverband die Landesverbände auch bei der Erstellung von Pressemeldungen, bei der Planung und Durchführung von virtuellen Mitgliederversammlungen, Fachveranstaltungen oder auch bei Stellungnahmen. Bei der Vorbereitung und Durchführung der Regenbogenfamilienkonferenz im Mai 2023 beteiligte sich die BLK-Stelle und das Grundsatzreferat mit einem Workshop zur stärkeren politischen Partizipation von Regenbogenfamilien. Gemeinsam mit den ILSE-Gruppen begleitete die BLK-Stelle und die Grafikerin der Pressestelle den Prozess zur Umbenennung/Neugestaltung des Logos und des Namens der „Initiative lesbischer und schwuler Eltern – ILSE“ zur Initiative Regenbogenfamilien. Mit dem LSVD Queer Mecklenburg-Vorpommern organisierte die BLK-Stelle die Fachkonferenz „Queerfeindlichkeit in Mecklenburg-Vorpommern entgegenwirken“ im Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Verbraucherschutz in Schwerin. Expert*innen aus den Bereichen Polizei, Justiz, Staatsanwaltschaften sowie Vertretungen von Ministerien der Justiz und des Inneren, diskutierten am Internationalen Coming-out Day, wie die Erfassung sowie Prävention LSBTIQ*-feindlicher Gewalt verbessert werden kann.

        Bei der Unterstützung der Landesverbände war die Bund-Länder-Koordination für inhaltliche und vereinsrechtliche Fragen ansprechbar, stärkte die ehrenamtlichen Strukturen, unterstützte die hauptamtlichen Strukturen, vermittelte bei Konflikten und regte Coaching-Maßnahmen an. Zur Verbesserung der Kommunikation zwischen Bund und Ländern wurden die virtuellen Bund-Länder-Austausch Formate intensiviert. LSVD Thüringen und die BLK-Stelle übernahmen die LSVD-Vertretung im Kuratorium des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) in Jena.

        Bund-Länder-Treffen 2023 in Saarbrücken

        Der LSVD Saar hat im Jahr 2023 die Organisation des Bund-Länder-Treffens übernommen und die Vertretungen aus Bund und Ländern nach Saarbrücken eingeladen. Neben dem Austausch der Landesverbände untereinander standen der Verbandsöffnungsprozess und die Umbenennung des LSVD im Mittelpunkt der Tagung. Ebenfalls wurden die nächsten Schritte des Bundesvorstandes bei der Umsetzung des Antrages „Revision und Modernisierung des Verteilsystems an die Landesverbände“ mit den Vertretungen der Landesverbände diskutiert. Das nächste Bund-Länder-Treffen wird im Herbst 2024 vom LSVD NRW übernommen und in Düsseldorf stattfinden.

      • 6.7. Rechtsberatung

        6.7. Rechtsberatung

        Der LSVD ist weiterhin in der Rechtsberatung tätig. Beraten wird zu Rechtsfragen, die speziell LSBTIQ* betreffen. Dazu gehören u. a. die Themengebiete Regenbogenfamilien, gleichgeschlechtliche Eheschließung, Aufhebung von Lebenspartnerschaften und ihre Umwandlung in Ehen, Änderungen des Geschlechtseintrags, Antidiskriminierungsrecht, Asylrecht für verfolgte LSBTIQ* sowie Fragen des internationalen Privatrechts und des Aufenthaltsrechts in binationalen Partnerschafts- und Familienkonstellationen.

    • 7. Ausblick

      7. Ausblick

      Wie eingangs erwähnt, wurde vor 30 Jahren der Paragraf 175 StGB gestrichen. Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld bot in Kooperation mit dem BMJ eine entsprechende Veranstaltung an. Für den 3. August lädt die HUK zu einer Veranstaltung in Karlsruhe ein und verbindet die Erinnerung an die Abschaffung des § 175 StGB mit der Erinnerung an den 5. Todestag von Manfred Bruns. Der LSVD kooperiert mit der HUK und wird dort durch Henny Engels vertreten sein. Das ist ein guter Anlass, um sich anzuschauen, was in den vergangenen 30 Jahren passiert ist, wo wir stehen und was noch vor uns liegt. Darüber hinaus wird uns in den kommenden Monaten die Wahl zum Europäischen Parlament beschäftigen, die vom 6. bis 9. Juni 2024 stattfinden werden. Seit der letzten Wahl sind in vielen Ländern rechtspopulistische und rechtsextreme Kräfte weitergewachsen. Diesem Trend gilt es sich entgegenzustellen. Bereits 2019 war die Europawahl eine Schicksalswahl und ein Stresstest für die europäische Zivilgesellschaft – das gilt auch 2024. Wir bereiten uns bereits darauf vor, die Wahl in gewohnter Weise mit Wahlprüfsteinen etc. zu begleiten. In einigen Mitgliedsstaaten wie Polen und Ungarn haben wir bereits gesehen oder sehen, wie queere Rechte systematisch von den dortigen Regierungen trotz Widerstand auf EU-Ebene beschnitten werden können. Aber gerade deshalb bleibt es wichtig, dass die EU ein Parlament hat, dass queere Rechte in der EU als unverhandelbares Ziel der Staatengemeinschaft betrachtet. Dafür werden wir uns einsetzen.