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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Recht

Krankheit und Tod

Einwilligung in ärztliche Behandlungen und Operationen, Besuchsrecht und Auskunftsrecht, ärztliche Schweigepflicht, Beihilfe zum Selbstmord und Tötung auf Verlangen, Sterbehilfe, Sektion von Toten und Entnahme von Organen, Beerdigung und Grabpflege

(Stand: 2021)

Einwilligung in ärztliche Behandlungen und Operationen

Ein Patient braucht nicht alles über sich ergehen zu lassen, was sein Arzt für sinnvoll oder geboten hält. Der Arzt muss im Gegenteil das Persönlichkeitsrecht seines Patienten auch dann respektieren, wenn dieser es ablehnt, eine lebensrettende Behandlung oder Operation zu dulden.

Das ergibt sich aus den §§ 630a ff. BGB, in denen der Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient geregelt ist.

Die Einwilligung des Patienten in eine Behandlung oder Operation ist nur wirksam, wenn er zuvor vom Arzt über das Wesen, die Bedeutung und die Folgen der Behandlung oder des Eingriffs und die damit verbundenen Risiken umfassend aufgeklärt worden ist (§§ 630 d, 630 e BGB).

Ein Patient kann zwar auch „stillschweigend“ in eine Behandlung oder Operation einwilligen, indem er sie ohne Widerspruch über sich ergehen lässt. Dem Patienten müssen dann aber genauso wie bei der ausdrücklichen Einwilligung alle maßgeblichen Umstände bekannt sein, das heißt, er muss zuvor ausreichend aufgeklärt worden sein.

Einwilligungsberechtigt ist grundsätzlich nur der Patient selbst. Seine Einwilligungsfähigkeit hängt nicht von seiner Geschäftsfähigkeit, sondern nur von seiner Einsichts- und Willensfähigkeit ab.

Ist eine erwachsene Person willensunfähig, muss ein „Betreuer“ bestellt werden. Die Auswahl des Betreuers obliegt dem Vormundschaftsgericht. Der Betroffene kann schon in gesunden Tagen festlegen, wer notfalls zum Betreuer bestellt werden soll. Das Vormundschaftsgericht ist an den Vorschlag gebunden, wenn er dem Wohl des Betroffenen nicht zuwiderläuft.

Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr im Verzug verbunden ist.

Die Bestellung eines Betreuers ist nicht erforderlich, wenn der Betroffene eine andere Person bevollmächtigt hat, in solchen Fällen für ihn zu handeln. Der Bevollmächtigte bedarf aber für Einwilligungen in gefährliche Behandlungen ebenfalls der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.

Reicht die Zeit z.B. bei einem schwer verletzten und bewusstlosen Patienten nicht aus, um einen Betreuer zu bestellen, darf der Arzt Behandlungen und Eingriffe durchführen, die dem mutmaßlichen Willen des Patienten entsprechen. Der Arzt darf dann unterstellen, dass der Patient bei vollständiger Aufklärung in alle Maßnahmen eingewilligt hätte, die medizinisch angezeigt und geboten sind.

Der Lebenspartner und die übrigen Angehörigen kommen in solchen Fällen nur als Auskunftspersonen dafür in Betracht, was am ehesten dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht. Sie können dagegen die Einwilligung des bewusstlosen Patienten nicht ersetzen.

Besuchs- und Auskunftsrecht

Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die Frage, wer den Patienten im Krankenhaus besuchen und wem der Arzt über sein Befinden Auskunft geben darf. Darüber hat - abgesehen von der Hausordnung - allein der Patient zu befinden. Ist er nicht mehr ansprechbar, ist sein mutmaßlicher Wille maßgebend. Es wird deshalb in solchen Fällen vermutet, dass er mit dem Besuch seiner Angehörigen einverstanden ist und dass zunächst sein Lebenspartner oder Ehegatte, sodann die volljährigen Kinder, die Eltern, die Geschwister oder der bzw. die Verlobte seine Vertrauenspersonen sind.
Heterosexuelle nichteheliche (= ehe- oder lebenspartnerschaftsähnliche) Paare werden in der Regel wie Verlobte behandelt. Ob das inzwischen auch für lesbische und schwule Paare gilt, die keine Lebenspartnerschaft eingegangen sind, ist uns nicht bekannt. Zwar entspricht es in der Regel dem mutmaßlichen Willen lesbischer und schwuler Partner, dass der andere Teil ihre Vertrauensperson sein soll. Aber wir wissen nicht, ob das von den Ärzten und dem Pflegepersonal respektiert wird. 

Wenn lesbische und schwule Partner sicher gehen wollen, dass sie im Krankenhaus als Paar respektiert werden, sollten sie entweder eine Lebenspartnerschaft eingehen oder schriftlich festlegen, dass der andere Teil ihre Vertrauensperson ist, dem die Ärzte Auskunft geben und mit dem sie gegebenenfalls Rücksprache nehmen sollen. Die Vollmacht in Gesundheitsfragen umfasst die Aussage, dass der Bevollmächtigte die Vertrauensperson des Vollmachtgebers ist.

Ärztliche Schweigepflicht

Die ärztliche Schweigepflicht ist in den Berufsordnungen der Ärztekammern geregelt. Dort wird aber lediglich allgemein bestimmt, dass der Arzt über das, was ihm in seiner Eigenschaft als Arzt anvertraut oder bekannt geworden ist, zu schweigen hat. Dagegen ist in den Berufsordnungen nicht im Einzelnen geregelt, wann und wem gegenüber der Arzt zur Offenbarung befugt ist.

Geht es um Auskunft der Ärzte gegenüber Angehörigen, hat darüber allein der Patient zu entscheiden. Ist er nicht mehr ansprechbar, ist sein mutmaßlicher Wille maßgebend. Es wurde deshalb in solchen Fällen bisher vermutet, dass zunächst sein Ehegatte, sodann die volljährigen Kinder, die Eltern, die Geschwister und an letzter Stelle sein nichtehelicher Partner seine Vertrauenspersonen sind. Aufgrund des § 11 Abs. 1 LPartG gilt bei einem Patienten, der eine Lebenspartnerschaft führt, in Zukunft zunächst der Lebenspartner als seine Vertrauensperson.

Die Krankenhäuser sind aufgrund der Landeskrankenhausgesetze berechtigt, „Angehörigen" und Besuchern Auskunft über den Aufenthalt eines Patienten im Krankenhaus zu geben, sofern dem nicht im Einzelfall schutzwürdige Interessen des Patienten entgegenstehen oder dieser einer Auskunftserteilung ausdrücklich widersprochen hat. Es gelten deshalb insoweit für Lebenspartner dieselben Grundsätze wie bisher für Ehegatten.

Beihilfe zum Selbstmord und Tötung auf Verlangen

Selbstmord und Beihilfe zum Selbstmord sind nicht strafbar. Dagegen wird die Tötung auf Verlangen nach § 216 StGB mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Die Abgrenzung zwischen Beihilfe zum Selbstmord und Tötung auf Verlangen richtet sich nach der „Tatherrschaft“. Flößt der Partner dem Lebensmüden die Tabletten ein oder verabreicht er ihm die erlösende Spritze, hat der Partner die Tatherrschaft, er wird dann wegen Tötung auf Verlangen bestraft. Nimmt dagegen der Lebensmüde die von dem Partner besorgten Tabletten selbst ein, hat der Lebensmüde die Tatherrschaft und der Partner bleibt straflos.

Das gilt aber nur, wenn der Lebensmüde geistig gesund ist und frei verantwortlich handelt. Ist er dazu z.B. aufgrund von Depressionen nicht mehr in der Lage, hat der andere die Tatherrschaft, selbst wenn er nur die Tabletten besorgt hat.

Unabhängig davon hatte der Bundesgerichtshof früher angenommen, dass die Tatherrschaft in dem Augenblick auf den anderen übergeht, in dem der Lebensmüde bewusstlos wird. Das galt nach der früheren Rechtsprechung als Unglücksfall, bei dem jedermann helfen muss. Leiteten hinzukommende Fremde keine Rettungsmaßnahmen ein, wurden sie wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 323c StGB bestraft. Wenn die Partner oder der behandelnde Arzt Rettungsmaßnahmen unterlassen hatten, wurden sie - je nachdem, ob der Lebensmüde eigenverantwortlich gehandelt hatte oder nicht - wegen Tötung auf Verlangen oder wegen Totschlags bestraft, jeweils begangen durch Unterlassen.

Inzwischen hat der Bundesgerichtshof entschieden (siehe unsere Rechtsprechungsliste ab 2005), dass Sterbehilfe durch Unterlassen, Begrenzen oder Beenden einer begonnenen medizinischen Behandlung (Behandlungsabbruch) gerechtfertigt ist, wenn dies dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Patientenwillen entspricht (§ 1901a BGB) und dazu dient, einem ohne Behandlung zum Tode führenden Krankheitsprozess seinen Lauf zu lassen.

Wir gehen davon aus, dass danach auch die Beihilfe zum Selbstmord z.B. durch die Besorgung von Tabletten auch dann nicht mehr bestraft wird, wenn der Helfer bis zum Tod des Lebensmüden anwesend bleibt und nach dem Eintritt des Lebensmüden keine Rettungsmaßnahmen einleitet; vorausgesetzt natürlich, dass der Lebensmüde geistig gesund ist und frei verantwortlich handelt.

Sterbehilfe

Nach diesen Grundsätzen beurteilt sich auch die Sterbehilfe bei Patienten mit aussichtsloser Diagnose. Sterbehilfe darf nicht durch gezieltes Töten geleistet werden. Sterbehilfe ist nur entsprechend dem erklärten oder mutmaßlichen Patientenwillen durch die Nichteinleitung oder den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen zulässig, um dem Sterben - gegebenenfalls unter wirksamer Schmerzmedikation - seinen natürlichen, der Würde des Menschen gemäßen Verlauf zu lassen.

Lehnt der hoffnungslos kranke Patient lebenserhaltende oder lebensverlängernde Maßnahmen ab, muss der Arzt das respektieren. Kann der Patient sich nicht mehr selbst erklären oder nicht mehr frei verantwortlich handeln, so müssen solche Maßnahmen unterbleiben, wenn dies seinem zuvor - etwa in Form einer "Vollmacht in Gesundheitsfragen", "Vorsorgevollmacht" oder "Patientenverfügung" - geäußerten Willen entspricht. Die Vollmacht und die Patientenverfügung sind in diesem Punkt für die Ärzte bindend.

Ist für einen Patienten ein Betreuer bestellt, so hat dieser dem in einer Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht erklärten Patientenwillen gegenüber den Ärzten und dem Pflegepersonal in eigener rechtlicher Verantwortung Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Kommt es dabei zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Betreuer und den Ärzten über den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen, muss das Vormundschaftsgericht entscheiden.

Wenn ein ausdrücklich erklärter Wille des Patienten nicht festgestellt werden kann, beurteilt sich die Zulässigkeit solcher Maßnahmen nach dem mutmaßlichen Willen des Patienten, der dann individuell - also aus dessen Lebensentscheidungen, Wertvorstellungen und Überzeugungen - zu ermitteln ist. Der Lebenspartner und die übrigen Angehörigen kommen in solchen Fällen als Auskunftspersonen dafür in Betracht, was am ehesten dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht.

Die Sektion von Toten und die Entnahme von Organen

Die Entnahme von Organen ist bei toten Organspendern nur zulässig, wenn entweder der Tote ihr zugestimmt hatte oder, falls von ihm keine Erklärung vorliegt, wenn seine „nächsten Angehörigen" zustimmen. Auch sind die „nächsten Angehörigen" über die beabsichtigte Organentnahme zu unterrichten und gegebenenfalls zu befragen, ob ihnen eine Erklärung des Toten zur Organspende bekannt ist.

Wer „nächster Angehöriger" ist, und ihre Rangfolge regelt § 1 Nr. 5 TPG. An erster Stelle stehen der Lebenspartner oder der  Ehegatten. Außerdem wird eine volljährige Person, die dem möglichen Organspender bis zu seinem Tode in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahegestanden hat, wie ein "nächster Angehöriger" behandelt (§ 4 Abs. 2 Satz 4 TPG). Hatte der mögliche Organ- oder Gewebespender die Entscheidung über eine Organ- oder Gewebeentnahme einer bestimmten Person übertragen, tritt diese an die Stelle des nächsten Angehörigen (§ 1 Abs. 3 TPG).

Die Entnahme von Organen einer lebenden Person, die sich nicht wieder bilden können (z.B. Niere), ist nur zulässig zum Zwecke der Übertragung auf  Verwandte ersten (Eltern und Kinder) und zweiten Grades (Geschwister und Großeltern), auf Ehegatten und Lebenspartner, Verlobte und andere Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 TPG). 

Die Leichenöffnung (Sektion) zum Zwecke der „inneren Leichenschau" ist nur zulässig, wenn entweder der Verstorbene zugestimmt hat oder die totensorgeberechtigten (siehe dazu den nächsten Abschnitt) Angehörigen zustimmen.

Viele Krankenhäuser pflegen Aufnahmeformulare zu verwenden, die u.a. die Klausel enthalten, dass die innere Leichenschau vorgenommen werden kann, wenn sie zur Feststellung der Todesursache aus ärztlicher Sicht notwendig ist oder wenn ein wissenschaftliches Interesse besteht. Diese Klausel berechtigt die Krankenhäuser zur Vornahme von Sektionen, es sei denn, dass der Verstorbene ihr ausdrücklich widersprochen hat oder dass ihr seine totensorgeberechtigten Angehörigen widersprechen. Wer also nicht will, dass er nach seinem Tod seziert wird, sollte der Sektionsklausel beim Unterschreiben des Aufnahmeformulars durch den Zusatz „Mit einer Sektion bin ich nicht einverstanden" vor der Unterschrift widersprechen. Er kann auch in der "Vollmacht in Gesundheitsfragen", der "Vorsorgevollmacht" oder der "Patientenverfügung" eine entsprechende Klausel aufnehmen.

Die Beerdigung sowie die Gestaltung und die Pflege des Grabes

Die Wahl der Bestattungsart und die Gestaltung und Pflege der Grabstätte richtet sich nach dem Willen des Verstorbenen. Liegt von ihm keine Willenbekundung vor, haben die Angehörigen zu bestimmen, wie die Bestattung erfolgen und das Grab gestaltet und gepflegt werden soll.

Wer in diesem Sinn „totensorgeberechtigt" ist, ergibt sich aus den Landesgesetzen über das Friedhofs- und Bestattungswesen (siehe hier). Nach diesen Bestimmungen sind durchweg zunächst der Ehegatte oder Lebenspartner, sodann die (volljährigen) Kinder (oder deren Ehegatten oder Lebenspartner), die Eltern, die Großeltern und die Geschwister totensorgeberechtigt.

Da nichteheliche (= ehe- und lebenspartnerschaftsähnliche) Paare nicht totensorgeberechtigt sind, wenn noch Verwandte leben, muss ihnen diese Befugnis - am besten in der "Vollmacht für Gesundheitsfragen", "Vorsorgevollmacht" oder "Patientenverfügung" - ausdrücklich übertragen werden, um zu verhindern, dass die Verwandten die Partner nicht respektieren, die Gestaltung der Beerdigung an sich reißen und die Partner womöglich von ihr aussperren.

Wer keinen Partner hat und gleichwohl Anordnungen für seine Beerdigung sowie die Gestaltung und die Pflege seines Grabes treffen will, sollte diese Bestimmungen nicht in sein Testament, sondern in ein gesondertes Schriftstück aufnehmen, weil der Inhalt des Testaments oft erst nach der Beerdigung bekannt wird, nachdem es vom Nachlassgericht eröffnet worden ist. Die Angehörigen müssen solche Anordnungen respektieren. Um sicherzustellen, dass sie das wirklich tun, empfiehlt es sich, die Beerdigung schon vorher mit einem Bestattungsinstitut zu regeln und im Voraus zu bezahlen. Gleichzeitig sollte man dort das Schriftstück mit den Anordnungen über die Beerdigung hinterlegen und entweder seinen Verwandten mitteilen, dass man die Beerdigung einem Bestattungsinstitut übertragen hat, oder einen entsprechenden Hinweis zu seinen Papieren und Dokumenten nehmen.