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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Recht

Rechtsprechung und Gerichtsurteile: Transgeschlechtlichkeit / Transsexualität

u.a.: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Europäischer Gerichtshof, Bundesverfassungsgericht,-sozialgericht und -arbeitsgericht,

Urteile zum Thema Trans* vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), Europäischen Gerichtshof (EuGH), Bundesverfassungsgericht, Bundessozialgericht, Landessozialgerichte, Sozialgerichte, Bundesarbeitsgericht, Landesarbeitsgerichte, Ordentliche Gerichte, Verwaltungsgerichte, Finanzgerichte, Asyl

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

Die Weigerung, eine Eintragung im Geburtenregister zu ändern oder Geburtsurkunden auszustellen, deren Inhalt und Natur von der ursprünglichen Eintragung abweicht, kann nicht als Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens (Art. 8 EMRK) und das Recht auf Ehe (Art. 12 EMRK) angesehen werden.

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Transsexuelle können sich auf Grund der bestehenden innerstaatlichen Vorschriften und den damit verbundenen Unannehmlichkeiten im täglichen Leben mit einer Situation konfrontiert sehen, die insgesamt nicht mit der Achtung ihres Privatlebens vereinbar ist. In einem solchen Fall ist das ausgewogene Gleichgewicht, das zwischen dem Allgemeininteresse und dem Interesse des Einzelnen bestehen muss, nicht gewahrt (Ausstellung von Papieren, die dem äußeren Erscheinungsbild entsprechen).

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Es gibt keinen gemeinsamen europäischen Standard hinsichtlich der Gewährung von Elternrechten an Transsexuelle. Art. 8 EMRK enthält keine Verpflichtung, eine Person, welche nicht der biologische Vater ist, formell als Vater eines Kindes anzuerkennen.

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Da die Menschenrechtskonvention zuallererst ein System zum Schutz von Menschenrechten darstellt, muss der Gerichtshof auf die sich ändernden Verhältnisse im belangten Staat und in den vertragsschließenden Teilen Bedacht nehmen und auf jede sich herausbildende Konvergenz, was die zu erreichenden Standards angeht, antworten. Im 21. Jahrhundert kann das Recht Transsexueller auf persönliche Entwicklung und auf physische und moralische Sicherheit nicht als etwas Kontroverses angesehen werden, das danach verlangt, die Zeit verstreichen zu lassen, um ein deutlicheres Licht auf die in Rede stehenden Fragen zu werfen. Der Gerichtshof findet keine Rechtfertigung dafür, Transsexuelle unter allen Umständen vom Recht auf Eheschließung auszuschließen.

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Da "Transsexualismus" heute international weitgehend als medizinisches Problem anerkannt ist und im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Rechtsstellung von Transsexuellen, verstößt es gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK, wenn einer Transsexuellen die Beweislast für die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung auferlegt wird und ein Gericht ohne fachmedizinisches Gutachten feststellt, eine Transsexuelle habe ihre Transsexualität vorsätzlich herbeigeführt. Der Begriff „Privatleben" in Art. 8 EMRK ist umfassend und einer abschließenden Definition nicht zugänglich. Da die Konvention ihrem Wesen nach auf Achtung der Würde und Freiheit des Menschen gerichtet ist, schützt Art. 8 EMRK auch das Recht der Transsexuellen auf persönliche Entwicklung sowie auf physische und moralische Sicherheit. Einer Transsexuellen die Beweislast für die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung aufzuerlegen, verstößt auch gegen Art. 8 EMRK.

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Art. 12 EMRK verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht, gleichgeschlechtlichen Paaren das Recht zur Eheschließung einzuräumen. Die Entscheidung hierüber obliegt den Mitgliedstaaten. Die Regelung der Rechtsfolgen einer Geschlechtsänderung fällt in der Ermessensspielraum der Vertragsstatten. Wenn eine Ehe als Folge einer Geschlechtsangleichung sich rechtlich in eine Lebenspartnerschaft ändert, ist das nicht unverhältnismäßig, wenn die Lebenspartnerschaft rechtlich fast identisch mit der Ehe ist.

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Eine operative Geschlechtsanpassung darf nicht davon abhängig gemacht werden, dass die transsexuelle Person dauernd zeugungsunfähig ist.

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Es verstößt gegen das durch Art 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privatlebens, wenn die Änderung des Vornamens und der Geschlechtsangabe in offiziellen Dokumenten davon abhängig gemacht wird, dass sich die betreffende Person einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen hat, die ihn unfruchtbar gemacht hat.Im Übrigen steht es im Ermessen der Einzelstaaten, von welchen Bedingungen sie die Änderung des Vornamens und der Geschlechts in offiziellen Dokumenten davon abhängig machen. Das gilt auch für die Prüfung, ob die betreffende Person wirklich transsexuell ist.

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Die Weigerung der nationalen Behörden, den Vornamen einer transsexuellen Person vor der Änderung des rechtlichen Geschlechts zu ändern, verstößt gegen das Recht der transsexuellen Person auf Achtung Ihres Privatlebens (Art. 8 Abs. 1 MRK), wenn sie deshalb zweieinhalb Jahre auf die Vornamensänderung warten muss, obwohl sie sich schon ganz im "neuen" Geschlecht bewegt.

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Die Tatsache, dass das mazedonische Recht keine transparenten Regeln darüber enthält, wie transgeschlechtliche Personen eine Änderung ihres Geschlechtseintrags im Geburtenregister erreichen können, verstößt gegen Art. 8 EMRK.

Europäischer Gerichtshof

Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 76/207 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen steht im Hinblick auf das mit dieser Richtlinie verfolgte Ziel der Entlassung einer transsexuellen Person aus einem mit der Umwandlung ihres Geschlechts zusammenhängenden Grund entgegen. Da nämlich das Recht, nicht aufgrund des Geschlechts diskriminiert zu werden, eines der Grundrechte des Menschen darstellt, kann der Anwendungsbereich der Richtlinie nicht auf die Diskriminierungen beschränkt werden, die sich aus der Zugehörigkeit zu dem einen oder dem anderen Geschlecht ergeben. Er hat sich auch auf die Diskriminierungen zu erstrecken, die ihre Ursache in der Geschlechtsumwandlung haben, da diese Diskriminierungen hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich, auf dem Geschlecht des Betroffenen beruhen, denn eine Person, die entlassen wird, weil sie beabsichtigt, sich einer Geschlechtsumwandlung zu unterziehen, oder sich ihr bereits unterzogen hat, wird im Vergleich zu den Angehörigen des Geschlechts, dem sie vor dieser Operation zugerechnet wurde, schlechter behandelt.

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Artikel 141 EG steht grundsätzlich einer Regelung entgegen, die es unter Verstoß gegen die am 4. November 1950 in Rom unterzeichnete Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten einem Paar wie K. B. und R unmöglich macht, miteinander die Ehe einzugehen und so die Voraussetzung dafür zu erfüllen, dass dem einen von ihnen ein Bestandteil des Entgelts des anderen gewährt werden kann. Es ist Sache des nationalen Richters, zu prüfen, ob sich in einem Fall wie dem vorliegenden eine Person wie K. B. auf Artikel 141 EG stützen kann, um das Recht geltend zu machen, ihren Partner als Begünstigten der Hinterbliebenenrente zu bestimmen.

  • EuGH, Urt. v. 07.01.2004 - C-117/01 (Rs. K. B. ./.National Health Service Pensions Agency, Secretary of State for Health) - Schlussanträge; Slg. 2004, I-541; NJW 2004, 1440; JZ 2004, 512 m. Anm. Claus Dieter Classen, 513; DVBl 2004, 430; FPR 2004, 276; ZESAR 2004, 301; m. Anm. Konstanze Plett, 303

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1. Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, dass er Rechtsvorschriften entgegensteht, die einer Person, die sich gemäß den Voraussetzungen des nationalen Rechts einer Geschlechtsumwandlung vom Mann zur Frau unterzogen hat, die Gewährung einer Ruhestandsrente versagen, weil sie noch nicht das 65. Lebensjahr erreicht hat, während diese Person mit 60 Jahren Anspruch auf eine solche Rente gehabt hätte, wenn sie nach dem nationalen Recht als Frau anzusehen gewesen wäre. 2. Es besteht kein Anlass, die zeitlichen Wirkungen des vorliegenden Urteils zu begrenzen.

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Die Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit, insbesondere ihr Art. 4 Abs. 1 erster Gedankenstrich in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich und mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. a, ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der eine Person, die sich einer Geschlechtsangleichung unterzogen hat, nicht nur physische, soziale und psychische Kriterien erfüllen muss, sondern auch nicht mit einer Person des Geschlechts, das sie infolge der Geschlechtsangleichung erworben hat, verheiratet sein darf, wenn sie eine staatliche Ruhestandsrente ab dem für Angehörige des erworbenen Geschlechts geltenden gesetzlichen Rentenalter in Anspruch nehmen möchte.

Bundesverfassungsgericht

Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gebietet es, die Eintragung des männlichen Geschlechts eines Transsexuellen im Geburtenbuch jedenfalls dann zu berichtigen, wenn es sich nach den medizinischen Erkenntnissen um einen irreversiblen Fall von Transsexualismus handelt und eine geschlechtsanpassende Operation durchgeführt worden ist.

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§ 8 Abs. 1 Nr. 1 des Transsexuellengesetzes verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit bei einem Transsexuellen unter 25 Jahren trotz Durchführung einer geschlechtsumwandelnden Operation und Erfüllung der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen die personenstandsrechtliche Feststellung der Zugehörigkeit zu dem anderen Geschlecht ausgeschlossen ist.

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Es ist mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, Transsexuellen unter 25 Jahren die Vornamensänderung nach § 1 des Transsexuellengesetzes zu versagen, die älteren Transsexuellen gewährt wird.

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Die Wertentscheidung in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG erfordert eine Auslegung der §§ 1, 10 Abs. 1 TSG dahin, dass eine Person bereits nach Änderung ihres Namens entsprechend ihrem neuen Rollenverständnis anzureden und anzuschreiben ist.

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§ 7 Abs. 1 Nr. 3 des Transsexuellengesetzes verletzt das von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Namensrecht eines homosexuell orientierten Transsexuellen sowie sein Recht auf Schutz seiner Intimsphäre, solange ihm eine rechtlich gesicherte Partnerschaft nicht ohne Verlust des geänderten, seinem empfundenen Geschlecht entsprechenden Vornamens eröffnet ist. Die Norm ist deshalb bis zu einer gesetzlichen Neuregelung nicht anwendbar.

  • BVerfG, Beschl. v. 06.12.2005 - 1 BvL 3/03; BVerfGE 115, 1; FamRZ 2006, 182; JZ 2006, 513, m. Anm. Grünberger, Michael, 516; JR 2006, 278, m. Aufs. Windel, Peter, 265; StAZ 2006, 102; Streit 2006, 17; Anm. Augstein, Maria Sabine, R & P 2006, 90; Aufs. Becker, Sophinette, ZSexualforsch, 2006, 154; Aufs. Adamietz, Laura, KritV 2006, 368

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§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Transsexuellengesetzes verstößt gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) in Verbindung mit dem Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), soweit er ausländische Transsexuelle, die sich rechtmäßig und nicht nur vorübergehend in Deutschland aufhalten, von der Antragsberechtigung zur Änderung des Vornamens und zur Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 TSG ausnimmt, sofern deren Heimatrecht vergleichbare Regelungen nicht kennt.

  • BVerfG, Beschl.v. 18.07.2006 - 1 BvL 1 und 12/04; BVerfGE 116, 243; NJW 2007, 900; FamRZ 2006, 1818, m. Anm. Scherpe, Jens. M., 2007, 271; StAZ 2007, 9, m. Anm. Roth, Markus, 17; JZ 2007, 409, m. Anm. Pawlowski, Hans-Martin, 413; IPrax 2007, 217, m. Aufs. Röthel, Anne, 2004; EuGRZ 2007, 82

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§ 8 Abs. 1 Nr. 2 des Transsexuellengesetzes ist mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 GG nicht vereinbar, weil er einem verheirateten Transsexuellen, der sich geschlechtsändernden Operationen unterzogen hat, die Möglichkeit, die personenstandsrechtliche Anerkennung seiner neuen Geschlechtszugehörigkeit zu erhalten, nur einräumt, wenn seine Ehe zuvor geschieden wird.

  • BVerfG, Beschl. v. 27.05.2008 - 1 BvL 10/05; BVerfGE 121, 175; NJW 2008, 3117; DVBl 2008, 1116; EuGRZ 2008, 428; StAZ 2008, 312, m. Aufs. Bräcklein, Susann, 297; MDR 2008, 1102; JZ 2009, 45, m. Anm. Stüber, Stefan, 49; Anm. Rixe, Georg, FF 2008, 451

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Es verstößt gegen Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, dass ein Transsexueller, der die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 Transsexuellengesetz erfüllt, zur rechtlichen Absicherung seiner gleichgeschlechtlichen Partnerschaft nur dann eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründen kann, wenn er sich zuvor gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 und 4 des Transsexuellengesetzes einem seine äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff unterzogen hat sowie dauernd fortpflanzungsunfähig ist und aufgrund dessen personenstandsrechtlich im empfundenen und gelebten Geschlecht Anerkennung gefunden hat.

  • BVerfG, Beschl. v. 11.01.2011 - 1 BvR 3295/07; BVerfGE 128, 109; NJW 2011, 909; JZ 2011, 363, m. Anm.  Michael Grünberger, 368; StAZ 2011, 141, m. Anm. Maria Sabine Augstein, 372; EuGRZ 2011, 74; RuP 2011, 95; Aufsatz Herbert Grziwotz, FamRZ 2012, 261; Aufsatz Wielpütz, Saskia, NVwZ 2011, 474; Aufsatz Steinke, Ronen, KJ 2011, 313; Aufs. Laura Adamietz, Parl Beilage 2012, Nr 20-21, 15-21; Anm.  Georg Rixe, FamFR 2011, 117 

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Es ist nicht zulässig, im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Januar 2011 (1 BvR 3295/07, NJW 2011, 909) Verfahren zur Feststellung der Änderung der Geschlechtszugehörigkeit (§ 8 TSG) bis zu einer gesetzlichen Neuregelung auszusetzen. Infolge der Nichtanwendbarkeit von § 8 Abs. 1 Nr. 3 und 4 TSG sind Vornamens- und Personenstandsänderungen jedenfalls bis zu einer gesetzlichen Neureglung unter den gleichen Voraussetzungen möglich. Transsexuelle sind bereits nach der Änderung ihres Vornamens  entsprechend ihrem neuen Rollenverständnis anzureden und anzuschreiben.

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1. Es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn nach § 4 Abs. 3 TSG die Voraussetzungen des Namens- und Personenstandswechsels (§ 1 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 TSG) durch zwei Gutachten voneinander unabhängiger Sachverständiger nachgewiesen werden müssen, die über einschlägige fachliche Kenntnisse und berufliche Erfahrungen auf dem Gebiet der Transsexualität verfügen.

2. Die Begutachtung nach § 4 Abs. 3 TSG darf sich nur auf solche Aspekte beziehen, die für die sachliche Aufklärung der in § 1 Abs. 1 TSG normierten Voraussetzungen des Namens- und Personenstandswechsels relevant sind. Wenn sich Begutachtungen in der Praxis auf Informationen erstrecken sollten, die nach heute geltenden diagnostischen Kriterien zur Feststellung der Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 TSG nicht relevant sind, ist dies durch § 4 Abs. 3 TSG nicht gedeckt.

3. Die Gerichte haben daher bei der Erteilung des Gutachtenauftrags und bei der Verwertung des Gutachtens insbesondere darauf zu achten, dass die Betroffenen nicht der Begutachtung hinsichtlich solcher Fragen ausgesetzt sind, die für die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 TSG keine Bedeutung haben.

4. Außerdem darf das Gutachtenverfahren nach § 4 Abs. 3 TSG nicht dazu genutzt werden, die Betroffenen zu einer therapeutischen Behandlung ihrer (als vermeintliche Krankheit begriffenen) Transsexualität hinzuführen.

Bundessozialgericht

Zur geschlechtsangleichenden Operation als Leistung der Krankenversicherung

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Nur wenn psychiatrische und psychotherapeutische Mittel das Spannungsverhältnis zwischen dem körperlichen Geschlecht und der seelischen Identifizierung mit dem anderen Geschlecht nicht zu lindern oder zu beseitigen vermögen, gehört es nach Auffassung des BSG zu den Aufgaben der gesetzlichen Krankenkassen, die Kosten für eine geschlechtsangleichende Operation zu tragen.

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1. Versicherte haben keinen Anspruch darauf, im Wege der Krankenbehandlung einen regelwidrigen Körperzustand zu erlangen.

2. Die gesetzliche Krankenversicherung braucht deshalb eine operative Vergrößerung der Klitoris und die Versorgung mit Schamlippenimplantaten nicht zu bezahlen. § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V erfasst das erstrebte Behandlungsziel "Herstellung eines körperlichen Zustandes mit beidgeschlechtlichen Merkmalen" nicht. Denn die gewünschte operative Behandlung soll einen Zustand schaffen, der sich weiter gehend von der am Leitbild des gesunden Menschen ausgerichteten Regel entfernt.

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1. Transsexuelle Versicherte können Anspruch auf geschlechtsangleichende Behandlungsmaßnahmen einschließlich chirurgischer Eingriffe in gesunde Organe zur Minderung ihres psychischen Leidensdrucks haben, um sich dem Erscheinungsbild des angestrebten anderen Geschlechts deutlich anzunähern. Insoweit besteht eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass ein Anspruch auf Krankenbehandlung psychischer Krankheiten grundsätzlich nicht körperliche Eingriffe in intakte Organsysteme erfasst. Die gewünschten geschlechtsangleichenden operativen Eingriffe in den gesunden Körper müssen allerdings medizinisch erforderlich sein.

2. Gebotene individuelle operative Therapieansätze können sich auch lediglich auf eine Brustvergrößerungsoperation ohne Genitalveränderung beschränken. Der Anspruch ist nicht bereits ausgeschlossen, wenn nach dem Erscheinungsbild des Betroffenen im gesellschaftlichen Alltag keine Entstellung besteht.

3. Wer aber als Mann-zu-Frau-Transsexueller - etwa aufgrund einer Hormontherapie - einen Brustansatz entwickelt hat, der die für konfektionierte Damenoberbekleidung vorgesehene Normalgröße A (DIN EN 13402) voll ausfüllt, kann keine Operation beanspruchen. Sein erreichtes körperliches Erscheinungsbild bewegt sich nämlich - trotz der großen Vielfalt der Phänotypen bei Männern und Frauen - in einem unzweifelhaft geschlechtstypischen Bereich.

4. Verschaffen sich Versicherte, denen ihre Krankenkasse rechtswidrig Leistungen verwehrt, entsprechende Leistungen selbst, sind sie hierbei mit Blick auf ihren Kostenerstattungsanspruch nicht prinzipiell auf zugelassene Leistungserbringer beschränkt (Abgrenzung zu BSG vom 24.9.1996 - 1 RK 33/95 = BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 - Brustverkleinerung - und Fortentwicklung von BSG vom 15.12.2008 - B 1 KR 2/08 R = SozR 4-2500 § 13 Nr 20 - Magenband).

5. Will eine Krankenkasse anlässlich einer Leistungsablehnung für den Fall eines daraus erwachsenden Kostenerstattungsanspruchs Mehrkosten vermeiden, kann sie den Versicherten von sich aus auf günstige Möglichkeiten angemessener Selbstbeschaffung hinweisen.

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1. Ein Anspruch auf Krankenbehandlung in Form von Eingriffen in intakte, nicht in ihrer Funktion beeinträchtigte Organsysteme kommt lediglich im Ausnahmefall in Betracht. Bejaht hat der Senat solche Ansprüche bisher lediglich bei Abweichungen vom Regelfall, die entstellend wirken (vgl näher BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 13 f mwN), oder bei medizinisch gebotener Geschlechtsangleichung in Fällen des gesetzlich besonders geregelten Transsexualismus (vgl BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23; BSG Urteil vom 11.9.2012 - B 1 KR 9/12 R - Juris; BSG Urteil vom 11.9.2012 - B 1 KR 11/12 R - Juris).

2. Der Senat lässt die Frage offen, ob Intersexualität eine weitere Fallgruppe in diesem Sinne begründet.

3. Das objektive Erscheinungsbild des Brustumfangs begrenzt auch bei Intersexualität - wie bei Mann-zu-Frau-Transsexualismus - Ansprüche auf geschlechtsangleichende Behandlung im Sinne medizinisch indizierter MAP. Ein Versicherter mit einem Brustansatz, der die für konfektionierte Damenoberbekleidung vorgesehene Größe A nach DIN EN 13402 bei erfolgter Ausatmung im Rahmen normaler Messung ohne weitere Mittel voll ausfüllt, kann danach keine MAP beanspruchen (vgl BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23, RdNr 29).

4. Insbesondere mit Blick auf die Behandlung des Mann-zu-Frau-Tanssexualismus durch geschlechtsangleichende chirurgische Eingriffe und die zwischenzeitlich von KKn insoweit unzutreffend vertretene Rechtsauffassung weist der Senat nur ergänzend darauf hin, dass dann, wenn nach den vorgenannten Voraussetzungen ein Anspruch auf Versorgung mit einer MAP besteht, diese, soweit medizinisch unbedenklich, nicht auf Größe A nach der genannten DIN-Norm begrenzt ist.

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Entscheidet eine Krankenkasse nicht zeitgerecht über einen Antrag auf Hautstraffungsoperation, kann die versicherte Antragstellerin die Leistung kraft fingierter Genehmigung verlangen, ohne sie sich erst auf eigene Kosten zu beschaffen. Die Krankenkasse kann die Genehmigung nur zurücknehmen, wenn sie rechtswidrig ist, weil die Voraussetzungen des Anspruchs auf die fingierte Genehmigung nicht erfüllt sind, und wenn die Rücknahme nach § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X zulässig ist.

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"Die Voraussetzungen einer Kostenfreistellung oder Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V sind nicht erfüllt. Mann-zu-Frau-Transsexuelle können die Entfernung der Barthaare nur als ärztliche Behandlung beanspruchen. Der Arztvorbehalt (§ 15 SGB V) steht mit dem Grundgesetz in Einklang. Arzt ist nur der approbierte Heilbehandler. Dies schließt die begehrte Nadelepilation durch eigenverantwortlich behandelnde nichtärztliche Leistungserbringer aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Dies gilt auch dann, wenn Elektrologisten/Kosmetiker über eine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz verfügen. Die Nadelepilation durch Elektrologisten/Kosmetiker kann auch nicht als Heilmittel beansprucht werden. Sie ist bisher nicht als verordnungsfähig in der Heilmittel-Richtlinie aufgeführt. Insoweit besteht auch keine Leistungspflicht infolge Systemversagens. Derzeit können Kosmetiker/Elektrologisten schon nicht als Heilmittelerbringer zugelassen werden. Dies schließt es aber nicht aus, dass Nadelepilation als ärztliche Leistung unter unselbständiger Mithilfe von Elektrologisten/Kosmetikern erbracht wird. Ein Systemversagen wegen einer sich hier aufdrängenden faktischen Versorgungslücke lässt den Arztvorbehalt als zwingende berufliche Mindestqualifikation nicht entfallen.

Nur ergänzend hat der Senat darauf hingewiesen, dass bei einem sich hier aufdrängenden vertragsärztlichen Systemversagen eine privatärztliche Behandlung in Betracht kommt. Dies gilt auch für den Fall, dass der Privatarzt nur nach Abschluss einer von der GOÄ nach oben abweichenden Honorarvereinbarung selbst oder durch Mithilfe unselbstständiger Hilfeleistungen anderer Personen zur Behandlung bereit ist.

Landessozialgerichte

Der Penoidaufbau (Phallo-Plastik) ist bei Frau-zu-Mann-Transsexuellen eine notwendige Maßnahme der Annäherung an das Erscheinungsbild des empfundenen Geschlechtes. 

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Eine Epilationsbehandlung (hier: bei einer Transsexuellen) durch eine Kosmetikerin darf nicht zu Lasten der GKV erbracht werden. Eine Kostenerstattung des Versicherten ist nicht möglich.

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1. Der Penoidaufbau (Phallo-Plastik) ist bei Frau-zu-Mann-Transsexuellen eine notwendige Maßnahme der Annäherung an das Erscheinungsbild des empfundenen Geschlechtes. Der Umstand, dass die Funktion des männlichen Penis, ein Kind zu zeugen, nicht erreicht werden kann, ändert hieran nichts.

2. Die begehrte Operation kann zwar zu Komplikationen führen, maßgebend ist indessen, dass sie grundsätzlich durchführbar ist. Die Entscheidung, ob sie trotz möglicher Risiken erfolgen soll, ist den behandelnden Ärzten und dem Betroffenen nach ärztlicher Aufklärung zu überlassen. 

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Bei Mann-zu-Frau Transsexualität kommt eine operative Brustvergrößerung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung nur in Betracht, wenn entweder die geschlechtsangleichende Operation mit der Entfernung der männlichen Keimdrüsen nicht zu einem akzeptablen Wachstum der Brüste geführt hat oder eine geschlechtsangleichende Operation gar nicht durchgeführt werden soll.

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Transsexualismus ist jedenfalls derzeit weiterhin als psychische Regelwidrigkeit und nicht als bloße Normvariante anzusehen. Aufgrund ihrer weiterhin gegebenen Sonderstellung bei Vorliegen in krankheitswerter Form kann diese psychische Regelwidrigkeit grundsätzlich auch operative Eingriffe in den gesunden Körper rechtfertigen. Liegt die Indikation für operative Maßnahmen aufgrund von Transsexualismus vor, besteht Anspruch auf eine deutliche anatomische Annäherung an das andere Geschlecht. Dieser Anspruch geht bei Transsexuellen Mann-zu-Frau über die Schaffung der Voraussetzungen des - derzeit nicht unmittelbar anwendbaren - § 8 Abs. 1 Nr. 4 TSG hinaus und kann auch einen Anspruch auf operativen Brustaufbau bei fehlender Anlage, jedoch nicht einen Anspruch auf Brustvergrößerung begründen.

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1. Die Kostenübernahme einer Barthaarentfernung durch Nadelepilation bei einem Transsexuellen weiblichen Geschlechts zählt zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Ist die Krankenkasse nicht in der Lage, einen behandlungsbereiten Vertragsarzt zu benennen, so kann der Versicherte die begehrte Behandlung auch durch ein Kosmetikstudio beanspruchen.

2. In einem solchen Fall liegt ein Systemversagen vor, zu dessen Überwindung die Inanspruchnahme nicht zugelassener nichtärztlicher Leistungserbringer in Betracht kommt.

3. Zielsetzung der Therapie eines Transsexuellen ist es, den Leidensdruck des Betroffenen dadurch zu lindern, dass das körperlich bestehende Geschlecht dem empfundenen Geschlecht angenähert wird. Hierzu zählt das Erfordernis der Entfernung des männlichen Barthaares durch Nadelepilation.

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Wenn eine Mann-zu-Frau Transsexuelle trotz Barthaarepilation so männlich wirkende Gesichtszüge hat, dass ein nicht zu übersehberer Widerspruch zu der gewünschten weiblichen Persönlichkeit besteht, hat sie Anspruch auf geschlechtsangleichende operative Eingriffe (im Abschluss an BSG, Urt. v. 11. 09.2012, B 1 KR 9/12 R).

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Die Nagel­spangen­behandlung ist bei einem eingewachsenen Zehennagel eine ärztliche Leistung. Steht im Einzelfall fest, dass die Behandlung medizinisch notwendig ist und dass kein Arzt die Leistung erbringen will, liegt ein Systemmangel vor. Der Versicherte darf die Leistung dann von einem staatlich geprüften Podologen erbringen lassen und kann von der gesetzlichen Krankenkasse Kostenerstattung beanspruchen

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Da eine transsexuelle Person jederzeit eine Ehe oder eine Eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen kann, wenn im Einzelfall die für die Eheschließung oder Begründung einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft gesetzlich geforderten Voraussetzungen erfüllt sind, kann sie auch Partner oder Partnerin einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 III Nr. 3 Buchst. c SGBII sein.

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Ausschluss eines Kostenerstattungsanspruchs für eine nichtärztliche Nadelepilationsbehandlung zur dauerhaften Entfernung der Bartbehaarung im Gesichts- und Halsbereich eines Transsexuellen [sic].

Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht insoweit, als eine Behandlung durch die Kosmetikerin/Heilpraktikerin zur Schließung einer Lücke in der vertragsärztlichen Versorgung bestünde. Auch unter dem Gesichtspunkt eines Systemversagens steht der Klägerin ein Anspruch auf Kostenerstattung bzw. Kostenübernahme nicht zu. Auch ein Systemversagen aus dem Umstand, dass die Klägerin keine Vertragsärzte findet, welche die Nadelepilation bei ihr erbringen können und wollen und die Beklagte ihr auch weder leistungsbereite Vertrags- noch Privatärzte benennen kann, begründet keinen Anspruch auf die Verschaffung einer als ärztlichen Leistung gebotenen Behandlung durch einen Nichtarzt.

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Transsexuelle haben keinen Anspruch auf Barthaarentfernung bei Kosmetikern: Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenübernahme für die ursprünglich beantragte Nadelepilation durch eine entsprechend qualifizierte Kosmetikerin (Elektrologistin). Dieser ergibt sich auch nicht zur Schließung einer Lücke bei Systemversagen. Die Beklagte kann nicht verpflichtet werden, die Klägerin mit der begehrten Nadelepilation vertragsärztlich zu versorgen.

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Die Krankenkasse muss einer trans Frau Mamma-Augmentationsplastik mittels Lipofilling (Eigenfetttransplantation) "bis zur Fertigstellung der Brust" genehmigen. Diese darf nicht auf die sogenannte DIEP-Lappen-Methode verwiesen werden.

Sozialgerichte

Der Anspruch auf Krankenbehandlung umfasst im Rahmen der geschlechtsanpassenden Maßnahmen bei Transsexualität eine stimmangleichende Behandlung einschließlich einer Stimmbandoperation.

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1. Hat die Krankenkasse eine von ihr geschuldete Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dem Versicherten hierdurch Kosten entstanden, so sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

2. Transsexualität stellt unter bestimmten Voraussetzungen eine behandlungsbedürftige Krankheit dar. Die Nadelepilation - Elektronadelentfernung der Gesichts-/Barthaare bei Versagen von Laserepilation - ist eine geeignete und notwendige Behandlung i. S. von § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB 5 und ist grundsätzlich vom Arzt vorzunehmen.

3. Kann ein geeigneter zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Dermatologe nicht gefunden werden, so besteht eine Versorgungslücke. Zur Schließung dieser Versorgungslücke ist die Krankenkasse verpflichtet, ihre Zustimmung durch einen geeigneten nichtärztlichen Vertragsbehandler zu erteilen. Zur notwendigen Behandlung sind spezialisierte Kosmetikstudios gut geeignet.

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1. Bei der durch Gebührenziffer 02300 des Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) erfassten Epilation durch Elektrooagulation im Gesicht handelt es sich ausschließlich um Epilationen bei geborenen Frauen.

2. Für die Epilationsbehandlung der Bartwuchses von Transsexuellen, die als Mann geboren sind, enthält der EBM keihe Gebührenziffer. Für Transsexuellen mit der medizinische Indikation für eine Epilationsbehandlung liegt deshalb ein "Systemversagen" vor.

3. Die Krankenversicherung muss daher die Kosten einer Laserepilation im medizinisch notwendigen Umfang übernehmen.

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1. Die Ansprüche auf geschlechtsangleichende Operationen erstrecken und zugleich beschränken sich auf einen Zustand, bei dem aus der Sicht eines verständigen Betrachters eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts eintritt.

2. Streitentscheidend ist allein die Frage, ob der Adamsapfel der Klägerin in einem solchen Maße vom Erscheinungsbild des weiblichen Geschlechts entfernt ist, dass durch eine operative Reduktion des Adamsapfels eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des weiblichen Geschlechts herbeigeführt wird.

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1. Die Krankenkasse hat die durch die Behandlung eines hinreichend qualifizierten nichtärztlichen Behandlers entstehenden Kosten für bei vorliegendem Mann-zu-Frau-Transsexualismus erforderliche Bartepilationsbehandlungen durch Nadelepilation zu tragen, wenn kein Arzt/keine Ärztin gefunden werden kann, der/die zu einer entsprechenden Behandlung bereit wäre.

2. In einem solchen Fall liegt ein Systemversagen vor, das dazu führt, dass die Behandlung - trotz Arztvorbehalt - auch von einem nichtärztlichen Behandler, der die Gewähr für eine mindestens gleichwertige Versorgung bietet, auf Kosten der Krankenkasse durchgeführt werden kann, weil bei der Bartepilation durch Nadelepilation weder diagnostischen Schwierigkeiten bestehen noch die Behandlung selbst nennenswerte gesundheitsgefährdende Komplikationsrisiken in sich birgt.

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1.  Die Nadel-Epilation zur Behandlung von männlichem Bartwuchs bei Transsexualismus (Mann-zu-Frau) ist eine ärztliche Leistung.

2. Ist die Krankenkasse nicht in der Lage, einen leistungsbereiten Vertragsarzt zu benennen, liegt ein Systemversagen vor.

3. Zur Überwindung dieses Systemversagens dürfen allein privatärztliche Leistungen in Anspruch genommen werden und begründen einen Kostenübernahmeanspruch auch vorab.

4. Die Inanspruchnahme nichtärztlicher Leistungserbringer ist für die Erbringung der Nadel-Epilation auch im Fall des Systemversagens nicht zulässig und kann keinen Kostenübernahmeanspruch nach § 13 Abs. 2 oder 3 SGB 5 begründen (Abweichung zu L 16 KR 453/12 und S 51 KR 2136/13).

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1. Für die notwendige Krankenbehandlung des Transsexualismus können nach den insoweit wegweisenden Urteilen des BSG vom 11.09.2012 (Aktenzeichen B 1 KR 11/12 und B 1 KR 9/12) zur Minderung des psychischen Leidensdrucks auch operative Eingriffe in den gesunden Körper zur Veränderung der äußerlich sichtbaren Geschlechtsmerkmale gehören, wenn sie medizinisch notwendig sind, um das Erscheinungsbild dem des angestrebten anderen Geschlechts deutlich anzunähern.

2. Die Entscheidungen des BSG sind ohne weiteres auf die operative Reduktion des Adamsapfels zu übertragen.

3. Wenn die Linderung des psychischen Leidensdrucks ohne operative Maßnahmen nicht möglich ist, hat die Prüfung der Notwendigkeit der Operation nicht nach dem Prüfungsschema bei Entstellungen zu erfolgen, sondern ob von der Operation aus der Sicht eines verständigen Betrachters eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts zu erwarten ist. Nicht erfasst ist die Annäherung an ein vermeintliches Idealbild.

Bundesarbeitsgericht

1. Transsexualität gehört als solche nicht zu den in § 1 AGG genannten Gründen, an die das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG anknüpft. Sie kann jedoch sowohl im Rahmen des in § 1 AGG angeführten Grundes "Geschlecht" als auch des Grundes "sexuelle Identität" i.S.v. § 1 AGG von Bedeutung sein.

2. Dem steht nicht entgegen, dass der nationale Gesetzgeber die Transsexualität nicht dem Grund "Geschlecht", sondern dem Grund "sexuelle Identität" zugeordnet hat. Ausweislich der Gesetzesbegründung werden von der "sexuellen Identität" homosexuelle Männer und Frauen ebenso wie bisexuelle, transsexuelle und zwischengeschlechtliche Menschen erfasst. Demgegenüber kennt das Unionsrecht den Begriff der sexuellen Identität nicht. In unionsrechtskonformer Auslegung des § 1 AGG wird die Transsexualität sowohl vom Grund "Geschlecht" als auch vom Grund "sexuelle Identität" umfasst.

3. Eine Person, die sich durch eine Benachteiligung wegen der Transsexualität für beschwert hält, genügt ihrer Darlegungslast gemäß § 22 AGG bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass sie als eine solche Person wahrgenommen und deshalb benachteiligt wurde. In einem solchen Fall ist die Vermutung begründet, dass der Benachteiligende die Transsexualität angenommen hat i.S.v § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG und diese Annahme mitursächlich für seine Entscheidung war.

Landesarbeitsgerichte

Ein Transsexueller kann schon vor Änderung seines Vornamens und vor Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit nach dem Transsexuellengesetz Ansprüche auf Aushändigung von Dienstkleidung des anderen Geschlechts haben.

  • LAG Berlin, Urt. v. 02.10.1990 - 10 SA 57 u. 64/90; BB 1991, 70; DB 1991, 1580; ARST 1991, 23 

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1. Von den Fällen der (inhaltlichen) Zeugnisberichtigung sind die Fälle zu unterscheiden, in denen der Arbeitnehmer die Neuausstellung eines (inhaltlich richtigen und nicht beanstandeten) Zeugnisses begehrt, weil es beschädigt worden oder verloren gegangen ist. In solchen Fällen ist der Arbeitgeber kraft seiner nachvertraglichen Fürsorgepflicht verpflichtet, auf Kosten des Arbeitnehmers ein neues Zeugnis zu erteilen (LAG Hamm vom 15.07.1986, LAGE § 630 BGB Nr. 5). Entscheidend ist dabei allein die Frage, ob dem früheren Arbeitgeber die Ersatzausstellung des Zeugnisses zugemutet werden, insbesondere ob er anhand (noch) vorhandener Personalunterlagen ohne großen Arbeitsaufwand das Zeugnis neu schreiben lassen kann oder nicht.

2. Auf der gleichen Ebene liegt es, wenn eine transsexuelle Person von dem früheren Arbeitgeber die Neuerteilung eines Zeugnisses mit geändertem Vornamen bzw. mit geändertem Geschlecht begehrt. Selbst dann, wenn die Personalakte der transsexuellen Person infolge Zeitablaufs vernichtet sein sollten, kann ihr der Arbeitgeber die Neuerteilung eines Zeugnisses nicht unter Berufung auf Verwirkung verweigern, weil das ursprünglich erteilte Zeugnis zurückzugeben ist, der Arbeitgeber es mithin also ohne jegliche inhaltliche Überprüfung nur hinsichtlich des geänderten Geschlechts und des geänderten Namens der transsexuellen Person und der sich daraus ergebenden grammatikalischen und rechtschreibmäßigen Abänderungen "umformulieren" muß.

3. Der Anspruch der transsexuellen Person auf Neuerteilung eines Zeugnisses mit geändertem Vornamen bzw. mit geändertem Geschlecht folgt aus der nachvertraglichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Deren Umfang ergibt sich aus § 242 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG und § 5 TSG. Art. 2 Abs. 1 GG schützt in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG die engere persönliche Lebenssphäre, insbesondere auch den Intim- und Sexualbereich, und gewährleistet das Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu bestimmen, aus welchem Anlaß und in welchen Grenzen er persönliche Lebenssachverhalte offenbart. Dem Schutz dieser Rechtsgüter dient auch das Transsexuellengesetz.

4. Die sog. kleine Lösung des § 1 TSG (bloße Vornamensänderung) soll der besonderen Situation transsexueller Personen schon vor einer geschlechtsanpassenden Operation oder bei Verzicht auf operative Eingriffe Rechnung tragen und es ihnen ermöglichen, auch schon vor der irreversiblen „großen Lösung“ des § 8 TSG frühzeitig in der Rolle des anderen Geschlechts aufzutreten, mithin in der ihrem Empfinden entsprechenden Geschlechtsrolle zu leben, ohne sich im Alltag Dritten und Behörden gegenüber offenbaren zu müssen. Die sog. „kleine Lösung“ ist mit der Zielsetzung Gesetz geworden, den transsexuellen Personen vor allem beim Arbeitsplatzwechsel, bei der Arbeitsplatzsuche und im Sozialbereich, die Möglichkeit zu geben, die Identitätsfindung wenigstens zu einem Teil zu erreichen.

5. Da über einen Arbeitnehmer nur eine Beurteilung existieren darf, ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, Zug-um-Zug gegen Rückgabe des beanstandeten Zeugnisses ein neues Zeugnis zu erteilen. Da der Arbeitgeber wegen des Offenbarungsverbots des § 5 TSG gehalten ist, die Geschlechtsumwandlung der transsexuellen Person nicht ohne deren Zustimmung zu offenbaren, kann die transsexuelle Person nur solche Maßnahmen durchsetzen, die dieses Ziel nicht gefährden und deren Einhaltung bzw. Überwachung dem früheren Arbeitgeber organisatorisch zuzumuten sind. Bei Rückgabe des ursprünglichen Zeugnisses Zug-um-Zug gegen Aushändigung eines Zeugnisses mit dem geänderten Namen bzw. dem geänderten Geschlecht braucht der Arbeitgeber keine Rückfragen zu befürchten.

Ordentliche Gerichte

Bundesgerichtshof (BGH)

Die Geschlechtsumwandlung eines ursprünglich männlichen Versicherungsnehmers berechtigt den privaten Krankenversicherer nicht, die versicherte Person abweichend vom vertraglich vereinbarten Männertarif in den Frauentarif einzustufen.

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Aus § 5 Abs. 1 TSG folgt kein Anspruch der Geschäftsführerin einer GmbH auf vollständige Löschung ihres vormals männlichen Vornamens im Handelsregister.

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1. Ein Frau-zu-Mann-Transsexueller, der nach der rechtskräftigen Entscheidung über die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit ein Kind geboren hat, ist im Rechtssinne Mutter des Kindes.

2. Er ist sowohl im Geburtenregister des Kindes als auch in den aus dem Geburtenregister erstellten Geburtsurkunden - sofern dort Angaben zu den Eltern aufzunehmen sind - als "Mutter" mit seinen früher geführten weiblichen Vornamen einzutragen. 

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1. Eine Mann-zu-Frau-Transsexuelle, mit deren konserviertem Spendersamen ein Kind gezeugt wurde, das nach rechtskräftiger Entscheidung über die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit geboren worden ist, kann abstammungsrechtlich nur die Vater- und nicht die Mutterstellung erlangen (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 6. September 2017 - XII ZB 660/14 - FamRZ 2017, 1855).

2. Eine von ihr gleichwohl erklärte Mutterschaftsanerkennung ist unwirksam.

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Setzt das ausländische Recht für eine Änderung des Personenstands eine geschlechtsumwandelnde Operation bzw. eine dauerhafte Fortpflanzungsunfähigkeit voraus, fehlt es an einer vergleichbaren Regelung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 lit. d TSG, so dass der in Deutschland lebende ausländische Transsexuelle mit einem unbefristeten Aufenthaltsrecht oder einer verlängerbaren Aufenthaltserlaubnis und einem dauerhaft rechtmäßigen Aufenthalt im Inland nach § 8 TSG antragsbefugt ist.

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1. Beantragt eine im Grundbuch eingetragene Person gestützt auf einen nach den §§ 1 ff. TSG ergangenen Beschluss die Richtigstellung ihres Namens, hat das Grundbuchamt die Namensänderung in dem bisherigen Grundbuchblatt zu vermerken. Anschließend ist das Grundbuch in entsprechender Anwendung der §§ 28 ff. GBV umzuschreiben, d.h., das bisherige Grundbuchblatt wird geschlossen und ein neues Grundbuchblatt wird eröffnet.

2. Die Einsicht in das wegen eines Offenbarungsverbots gemäß § 5 Abs. 1 TSG geschlossene Grundbuchblatt ist nur solchen Personen zu gestatten, die ein berechtigtes Interesse hieran, d.h. (auch) an den früheren Eintragungen dargelegt haben. 

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Ein Frau-zu-Mann-Transsexueller, der nur seinen Vornamen nach TSG geändert hat und der ein Kind geboren hat, ist mit seinem alten Vornamen im Geburtenregister einzutragen. Der Eintrag kann nicht um den neuen Vornamen erweitert werden.

Es besteht kein Anspruch auf die Erteilung einer Geburtsurkunde, die abweichend vom Geburtenregister eine geschlechtsneutrale Elternbezeichnung ausweist.

Oberlandesgerichte (OLGs)

Liegen bei einem Transsexuellen gesundheitliche Besonderheiten vor, die ihn wegen eines erhöhten Risikos bisher davon abgehalten haben, sich einem größeren chirurgischen Eingriff oder einer Hormonbehandlung zu unterziehen, so rechtfertigt dies bei der Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit keine Ausnahme von dem gesetzlichen Erfordernis der dauernden Fortpflanzungsunfähigkeit.

  • OLG Hamm, Beschl. v. 15.12.1983 - 15 W 384/82; MedR 1984, 146 

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Die deutliche Annäherung an das andere Geschlecht durch einen operativen Eingriff an den äußeren Geschlechtsmerkmalen i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 4 TSG erfordert bei einem Frau-zu-Mann Transsexuellen nicht die Modellierung eines künstlichen Penis und/oder eines künstlichen Hodens sowie die Vornahme einer Scheidenverschlussoperation.

  • OLG Zweibrücken, Beschl. v. 24.06.1991 - 3 W 17/91; NJW 1992, 760, m. Aufs. Schneider, Alfred, 2940
  • OLG Zweibrücken, Beschl. v. 07.05.1993 - 3 W 5/93; Recht & Psychiatrie 1993, 150
  • BayObLG, Beschl. v. 14.06.1995 - 1 Z BR 95/94; NJW 1996, 791 

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Bei Vorliegen von Transsexualismus mit Krankheitswert kann es vertretbar sein, die Geschlechtsumwandlung des Versicherten als medizinisch notwendig anzusehen. Bei der medizinisch notwendigen Geschlechtsumwandlung von Frau zu Mann ist es vertretbar, das Einsetzen einer Phalloplastik zwecks weitestgehender Angleichung an das angestrebte Geschlecht als medizinisch notwendig anzusehen. Nach rechtskräftiger Feststellung der Zugehörigkeit des Versicherten zum männlichen Geschlecht hat seine Einstufung in der Krankheitskostenversicherung nach dem Tarif für Männer zu erfolgen.

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Die Unterbringung einer transsexuell geprägten Person in einer Untersuchungshaftanstalt für Personen des angestrebten Geschlechts hat grundsätzlich zur Voraussetzung, dass die Zugehörigkeit zu diesem Geschlecht gerichtlich nach § 8 Abs. 1 TSG festgestellt worden ist.

  • KG, Beschl. v. 19.07.2002 - 5 Ws 308/02; NStZ 2003, 50 

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Transsexualität kann auch im Strafvollzug einen Anspruch auf ärztliche Behandlung begründen, wenn der Störung wegen des Vorliegens eines schweren Leidensdruckes Krankheilswert beikommt. Wie die Erkrankung zu behandeln ist, obliegt der Verantwortung des Anstaltsarztes, der die zur gesundheitlichen Behandlung erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen hat. Die Durchführung einer aufwendigen Transsexualitätsbehandlung in Gestalt einer Psychotherapie ist im Strafvollzug nicht in jedem Falle einer medizinischen Indikation veranlasst. Der allgemeine Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzt wegen der besonderen Art der Erkrankung dem Anspruch eines/einer Gefangenen auf Behandlung verfassungsmäßige Grenzen. Ist eine solche Therapie aber für den weiteren Lebensweg d. Gefangenen von entscheidender Bedeutung, so kann sie, wenn keine gleich wirksamen Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, nicht versagt werden.

  • OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.11.2000 - 3 Ws 173/99; ZfStrVo 2001, 182 

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Die nach einer Geschlechtsumwandlung erforderliche Medikation zur Aufrechterhaltung eines weiblichen Hormonstatus stellt einen gefahrerheblichen Umstand dar, der beim Abschluss des Versicherungsvertrags anzeigepflichtig ist. Ob ein Risiko im Rahmen der Risikoprüfung eines Versicherers als gefahrerheblich anzusehen ist, bestimmt sich nicht nach allgemeinen oder objektiven Kriterien, sondern ausschließlich nach den Grundsätzen der Gesellschaft. Das Verlangen, wahrheitsgemäße Angaben im Hinblick auf die Transsexualität zu machen, stellt keinen Verstoß gegen §§ 5,10 TSG dar. Es handelt sich nicht um eine spezifische Diskriminierung von Transsexuellen. Die Offenbarungspflicht entspricht vielmehr derjenigen, die jeden Kranken oder Behinderten trifft, der den Abschluss eines Krankenversicherungsvertrags anstrebt.

  • OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 05.12.2001 - 7 U 40/01; VersR 2002, 559; NVersZ 2002, 172 

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Anpassung der Adelsbezeichnung nach Vornamensänderung aufgrund des Transsexuellengesetzes.

  • BayObLG, Beschl. v. 02.10.2002 - 1Z BR 98/02; NJW-RR 2003, 289; FamRZ 2003, 1016; StAZ 2003, 45 

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Die Gutachten über die transsexuelle Prägung eines Antragstellers nach § 1 TSG müssen nicht übereinstimmen, um die Voraussetzungen für die Namensänderung feststellen zu können. Das Gericht ist in seiner Beweiswürdigung vielmehr frei. Beide Gutachten müssen aber - bei Wahrung der übrigen Voraussetzungen - vom gleichen Informationsstand ausgehen.

  • OLG Schleswig, Beschl. v. 16.01.2003 - 2 W 190/02; StAZ 2003, 270

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Zum Anspruch eines Maßregelpatienten auf Durchführung einer geschlechtsangleichenden Operation.

  • OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.04.2007 - 2 Ws 340/05; NStZ-RR 2007, 357; R&P 2007, 207

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Eine eingetragene Lebenspartnerschaft zwischen denselben eheschließungswilligen Personen berechtigt den Standesbeamten nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 PStG zur Feststellung eines Ehehindernisses.

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Bei der Entscheidung über den Antrag auf Änderung des Vornamens gemäß § 1 TSG ist das Gericht an das die Diagnose der Transsexualität verneinende Gutachten eines der gemäß § 4 Abs. 3 TSG befragten Sachverständigen nicht gebunden (im Anschluss an OLG Schleswig, OLGR 2003, 227). Werden die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 TSG von einem Sachverständigen bejaht, vom anderem verneint, so haben die Tatsacheninstanzen, die sich dem verneinenden Gutachten anschließen, sich in den Gründen ihrer Entscheidung mit der entgegengesetzten Auffassung des anderen Gutachtens auseinanderzusetzen. Die Amtsermittlungspflicht kann es gebieten, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung oder schriftlichen Ergänzung seines Gutachtens aufzufordern, es kommt auch die mündliche Anhörung der beiden Sachverständigen zur Klärung der divergierenden Standpunkte in Betracht. Die Einholung eines weiteren Gutachtens eines anderen Sachverständigen (Obergutachtens) ist nicht zwingend geboten, nach § 4 Abs. 3 TSG aber auch nicht ausgeschlossen (im Anschluss an OLG Schleswig a.a.O.). Die Beschwerdeinstanz hat die Beweise selbständig zu würdigen und dazu den Antragsteller nach § 4 Abs. 2 TSG grundsätzlich erneut persönlich anzuhören (im Anschluss an OLG Karlsruhe StAZ 1990, 48 f.).

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Der leibliche Vater kann auch nach einem Wechsel der Geschlechtszugehörigkeit im Sinne von § 8 Abs. 1 TSG die Vaterschaft anerkennen. Dies gilt auch dann, wenn das Kind erst nach Rechtskraft der Entscheidung gemäß § 8 Abs. 1 TSG geboren wurde. Er ist in diesem Fall mit seinem vor Rechtskraft der Entscheidung über die Namensänderung und Geschlechtsumwandlung maßgeblichen männlichen Vornamen in das Geburtenregister einzutragen.

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Der Antrag eines Strafgefangenen auf Veranlassung psychologischer Behandlung durch einen Fachpsychologen ist nicht an § 14 NJVollzG, sondern an §§ 56 ff NJVollzG zu messen, wenn der Gefangene sich darauf beruft, transsexuell zu sein. Das Tragen von Damenbekleidung im Strafvollzug durch einen männlichen Gefangenen kann wegen des in § 22 NJVollzG eingeräumten Anspruchs auf Tragen eigener Kleidung nicht mit allgemeinen Zweckmäßigkeits oder sich an tradierten Verhaltensmustern orientierenden Erwägungen versagt werden. Vor der Entscheidung, einem männlichen Gefangenen das Tragen von Damenbekleidung zu untersagen, um ihn vor Übergriffen anderer Gefangener zu schützen, muss die Vollzugsbehörde prüfen, ob zur Beseitigung der Gefahr vorrangig anderweitige Maßnahmen - insbesondere gegenüber Personen, von denen die Gefahr ausgeht - in Betracht kommen. Die Gestattung des Erwerbs von Körperpflegemitteln (hier: Kosmetika) beim Anstaltskaufmann umfasst regelmäßig auch die Genehmigung zum Besitz dieser. Der gleichwohl erfolgende Entzug stellt den Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsaktes dar, der nur unter den Voraussetzungen des § 100 NJVollzG i.V.m. § 49 VwVfG in Betracht kommt.

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Es ist nicht zulässig, im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Januar 2011 (1 BvR 3295/07, NJW 2011, 909) Verfahren zur Feststellung der Änderung der Geschlechtszugehörigkeit (§ 8 TSG) bis zu einer gesetzlichen Neuregelung auszusetzen.

Ohne sachverständige Begutachtung kann ein Gericht keine Namensänderung und keine Veränderung der Geschlechtszugehörigkeit nach dem Transsexuellengesetz aussprechen. Das von dem Gesetz vorgeschriebene Einholen von zwei Sachverständigengutachten ist nicht verfassungswidrig und mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar.

Es ist nicht nach § 5 Abs. 1 TSG sowie im Hinblick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG geboten, nachträglich einen abgeschlossenen Eintrag im Handelsregister zu verändern und jeden Hinweis auf die vor einer Geschlechtsangleichung geführten Vornamen einer Person aus dem Register zu beseitigen.

Ändert ein Beteiligter einer eingetragenen Lebenspartnerschaft seine personenstandsrechtliche Geschlechtszugehörigkeit und schließt danach mit dem anderen Beteiligten dieser Lebenspartnerschaft eine Ehe, so erlischt die Lebenspartnerschaft, ohne dass es eines besonderen Aufhebungsverfahrens bedarf (Konsumtion).

Aus dem Offenbarungsverbot gemäß § 5 Abs. 1 TSG folgt kein Anspruch auf Ausstellung einer Eheurkunde, welche entgegen §§ 55 Abs. 1 Nr. 2, 57 Satz 1 Nr. 2 PStG, 48 Abs. 1 Satz 1 PStV i. V. m. der dortigen Anlage 6 nur noch den nach einer Entscheidung nach § 1 TSG geführten Vornamen bzw. diesen auch bereits für den Zeitpunkt der Eheschließung ausweist.

Wird der Vorname eines im Grundbuch eingetragenen Berechtigten gemäß §§ 1 ff. TSG geändert, ist bei der Berichtigung des Namenseintrags (§ 12c Abs. 2 Nr. 4 GBO) kenntlich zu machen, dass es sich um eine bloße Namensänderung und nicht einen Wechsel des Berechtigten handelt. Klare und eindeutige Grundbucheintragungen sind durch besondere Gründe des öffentlichen Interesses i.S.v. § 5 Abs. 1 TSG erfordert.

andere Zivilgerichte

Es lässt sich mit Art. 6 GG nicht vereinbaren, wenn Personen, die nach einer operativen Geschlechtsumwandlung tatsächlichen unterschiedlichen Geschlechts sind, die Eheschließung verweigert wird, weil das Heimtracht des Transsexuellen der tatsächlich vollzogenen Geschlechtsumwandlung keine rechtlichen Konsequenzen folgen lässt.

  • AG Berlin-Schöneberg, Beschl. v. 08.03.2001 - 70 III 1011/97 

Eine Person gilt noch nicht als zum anderen Geschlecht nach §§ 8, 10 TSG zugehörig, wenn diese lediglich das Recht hat, einen Vornamen des anderen Geschlechts nach § 4 TSG zu führen. Dafür wäre zusätzlich eine Änderung im Personenstandsregister - wie etwa aufgrund eines operativen Eingriffs - erforderlich. Deshalb verletzt auch niemand das Persönlichkeitsrecht der betreffenden Person nach § 823 BGB oder verstößt gegen das Offenbarungsverbot in § 5 TSG, wenn er diese mit - rechtskräftig festgestelltem - weiblichen Vornamen bei sportlichen Wettkämpfen in der Männerklasse aufstellt und in den Ergebnislisten entsprechend veröffentlicht. Einer sog. intersexuellen Person mit weiblichem Vornamen steht weder ein Unterlassungs- noch ein Verpflichtungsanspruch nach §§ 823, 1004 BGB gegenüber dem Sportverband oder einem Dritten zu, so lange deren andere Geschlechtszugehörigkeit noch nicht nach §§ 8, 10 TSG rechtskräftig festgestellt wurde und die Geburtsurkunde den männlichen Personenstand aufweist.

  • AG Frankfurt Oder, Beschl. v. 14.11.2005 -2.6 C 959/05; NJ 2006, 420 (nur Leitsatz) 

§ 1 Abs. 1 Ziffer 3 d TSG gewährt ausländischen Betroffenen eine Antragsbefugnis zur Namensänderung nur, wenn deren Heimatrecht keine dem deutschen TSG vergleichbare Befugnis kennt. Diese Anknüpfung an das Personalstatut gebietet der Respekt vor dem ausländischen Souverän in Statussachen und ist deshalb nach Art. 3 GG nicht zu beanstanden. Die Schweiz und Frankreich verfügen über dem deutschen TSG vergleichbare Regelungen, der ausländische Betroffene ist daher nur in seinen Heimatländern antragsbefugt, die gerichtliche Namensänderung zu betreiben. Eine vergleichbare Regelung liegt dann vor, wenn die Namensänderung aus "wichtige Grund" oder bei "Vorliegen eines legitimen Interesses" beantragt werden kann und die Namensänderung nicht von einer vorherigen chirurgischen Geschlechtsangleichung abhängig ist.

Auch dann, wenn ein Partner sich vor der Begründung einer Lebenspartnerschaft einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen hatte, ist eine mit einer seinem neuen Geschlecht zugehörigen Person geschlossene Lebenspartnerschaft unwirksam, wenn ein Gerichtsbeschluss nach § 8 TSG über die Feststellung der Geschlechtzugehörigkeit noch nicht erwirkt wurde.

  • AG München, Beschl. v. 03.03.2010 - 722 UR III 258/09; StAZ 2010, 245

Verwaltungsgerichte

Das Offenbarungs- und Ausforschungsverbot des § 5 Abs. 1 TSG gewährt einem Beamten keinen Anspruch gegen seinen Dienstherrn, solche Teile der ihn betreffenden Personalakten, die vor der rechtkräftigen Änderung seiner - weiblichen - Vornamen nach § 1 TSG entstanden sind, in der Weise an die neue Namensführung anzupassen, dass alle betroffenen Schriftstücke und Dokumente nur noch die neuen - männlichen - Vornamen ausweisen und auch sonst keine Hinweise mehr auf die (frühere) Zugehörigkeit des Beamten zum weiblichen Geschlecht geben.

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Ein Beamter, der auf der Grundlage des Transsexuellengesetzes seinen Vornamen geändert hat, kann nicht verlangen, dass die Personalakte umgeschrieben wird und die in der Personalakte enthaltenen Urkunden an die Namensänderung angepasst werden.

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Die operative und hormonelle Umstellung des Geschlechts als solches stellt bei einem transsexuellen Menschen keinen Umstand mit Krankheitswert dar, sondern einen Prozess, der bundesrechtlich durch das Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz) gesetzlich anerkannt ist und geschützt wird. Transsexuelle haben einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf die rechtliche Anerkennung ihres empfundenen Geschlechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Der Prozess einer Geschlechtsangleichung verlangt den betroffenen Personen zweifelsohne in physischer und psychischer Hinsicht besondere Belastungen ab. Die damit verbundenen operativen Eingriffe und Medikamentengaben stellen aber für sich genommen keinen Anhaltspunkt dafür dar, um bei einem Beamten von einer späteren, vorzeitigen Dienstunfähigkeit auszugehen, die einer Einstellung in den Polizeivollzugsdienst entgegenstünde.

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Zur Frage der Löschung früherer Vornamen im Berliner Melderegister bei Vornamensänderung nach dem Transsexuellengesetz

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1. Bei der Transsexualität handelt es sich um eine komplexe, die gesamte Persönlichkeit erfassende tiefgreifende Störung mit sowohl seelischen als auch körperlichen Beeinträchtigungen. Deshalb stellt Transsexualität eine behandlungsbedürftige Krankheit dar.

2. Das besondere Krankheitsbild der Transsexualität und die sich hieraus ergebenden medizinischen Grenzen der Psychotherapie rechtfertigen ein Abweichen von dem Grundsatz, psychische Krankheiten dürften nicht durch körperliche Eingriffe behandelt werden.

3. Hiernach sind auch körperverändernde irreversible Maßnahmen - zu denen bereits die Hormontherapie zählt - beihilfefähig, sofern sie der Annäherung des äußeren Erscheinungsbildes an das Wunschgeschlecht dienen. 

Finanzgerichte

Aufwendungen für die Anschaffung von Kleidung und Schuhen, die ein Transsexueller zur Vorbereitung auf die Geschlechtsumwandlung während eines Alltagstests trägt, sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.

  • BFH, Urt. v. 25.10.2007 - III R 63/06; BFH/NV 2008, 544

Siehe auch "Begründung der Lebenspartnerschaft"

--- Asyl

1. Transsexuelle bilden im Iran, ebenso wie Homosexuelle, aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und ihrer deutlich abgegrenzten sexuellen Identität eine bestimmte soziale Gruppe.

2. Von einer Transsexuellen kann nicht erwartet werden, auf das Ausleben ihrer sexuellen Ausrichtung im Iran zu verzichten oder ihre Transsexualität zu verheimlichen, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden.

3. Die über die reine Anwendung von Strafvorschriften hinausgehende Verfolgung Transsexueller, insbesondere erlittene Vergewaltigungen von staatlicher Akteuren oder von Privatpersonen ohne Schutzgewährleistung durch den iranischen Staat, ist flüchtlingsschutzrelevant.

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Zur Flüchtlingseigenschaft eines transsexuellen Kosovaren, der homosexuell und HIV-positiv ist.

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1.  Homosexuelle - wie auch transsexuelle - Menschen gehören in der Russischen Föderation zu einer sozialen Gruppe im Sinne von § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG.

2.  Die russischen Strafvorschriften gegen „Verbreitung homosexueller Propaganda gegenüber Minderjährigen“ bringen durchaus eine Gleichgültigkeit des russischen Staates gegenüber der gesellschaftlichen Homophobie zum Ausdruck, was auch durch vergleichsweise milde Strafen bei Übergriffen gegenüber LGBT-Menschen zum Ausdruck kommt.

3. Transsexuelle haben wegen ihrer sexuellen Ausrichtung bei Rückkehr in die Russische Föderation Verfolgung in Gestalt physischer und psychischer Gewalt begründet zu befürchten (§ 3a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 AsylG). Diese Verfolgung droht ihnen durch nichtstaatliche Akteure, ohne dass der russische Staat wirksamen Schutz hier­vor bietet (§§ 3c, 3d AsylG), und ohne dass ihnen interner Schutz zur Verfügung steht (§ 3e AsylG).

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1. Transsexuelle gehören zu der Personengruppe der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGBT-Menschen), die in Serbien eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird (§ 3b Abs. 1 Nr. 4 Buchst, b AsylG).

2. Gewalt und Diskriminierungen gegen Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft sind in Serbien ein schwerwiegendes Problem. Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft sind häufig Bedrohungen und Hasstiraden („hate speeches“) ausgesetzt.

3. Die erhebliche physische und psychische Gewalt serbischer Familien gegen transsexuelle Familienmitglieder sind als Verfolgungshandlungen gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 1 AsylG zu qualifizieren.

4. Der serbische Staat kann insbesondere Transgendern keinen wirksamen Schutz vor Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure bieten, weil er hierzu nicht in der Lage oder nicht willens ist (§ 3c Nr. 3 AsylG)

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Besteht bereits für Homosexuelle möglicherweise eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung im Libanon, so gilt dies erst recht für Transsexuelle, die wie der Kläger als solche zu erkennen sind. Die libanesische Gesellschaft unterscheidet nicht zwischen Homo- und Transsexualität. Geschlechtsverkehr unter Beteiligung einer transsexuellen Person wird häufig als gleichgeschlechtlicher Geschlechtsverkehr angesehen. Der libanesische Staat ist nicht willens, den Kläger vor Verfolgung durch Dritte zu schützen. Ihm droht daher im Libanon aufgrund seiner Transsexualität flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung 

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1. Die Klägerin hat wegen der ihr zugeschriebenen Homosexualität und ihrer tat­sächlichen Transsexualität bei Rückkehr in den Iran Verfolgung in Gestalt von physischer und psychischer Gewalt, von gesetzlichen, administrativen, polizeilichen oder justiziellen Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, sowie in Form von einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Strafverfolgung oder Bestrafung, begründet zu befürchten.

2. Die Klägerin kann nicht darauf verwiesen werden, dass sie sich einer vollständigen geschlechtsangleichenden Operation (einschließlich Penoidaufbau) unterziehen, auf diese Weise eine rechtliche Anerkennung als Mann im Iran erhalten und so eine Verfolgung wegen ihrer vermeintlichen Homosexualität vermeiden könnte. Es ist ihr nicht zumutbar, gegen ihren erklärten Willen einen Penoidaufbau durchführen lassen zu müssen. Dieser Eingriff geht ausweislich des vorgelegten ärztlichen Attestes von .......... vom 21. Juni 2019 mit erheblichen Risiken einher.

3. Selbst wenn die Klägerin die operative Geschlechtsangleichung vollständig durchführen ließe und eine rechtliche Anerkennung des männlichen Geschlechts erreichte, hätte sie nach den referierten Erkenntnissen aufgrund ihrer - nach wie vor anhand der "roten Karte" ersichtlichen - Transsexualität mit einer erheblichen Diskriminierung durch staatliche Stellen, einschließlich möglicher Schikane und Misshandlung zu rechnen (vgl. im Einzelnen VG Würzburg, a.a.O., Rn. 31 ff.).

4. Das Gericht geht überdies davon aus, dass die Klägerin weder für den Ausreisezeitpunkt noch jetzt auf eine inländische Schutzalternative verwiesen werden kann. Jedenfalls die erörterte Verfolgungsgefahr aufgrund der ihr zugeschriebenen Homosexualität bestünde im gesamten Land gleichermaßen.