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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD⁺)

Geschäftsführung der CDU/CSU sieht keinen Bedarf für Grundgesetzergänzung

LSVD lädt zu Gesprächen ein

Pressemitteilung vom 29.07.2024

Berlin, 29.07.2024. Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, gab am Wochenende der Presse gegenüber bekannt, dass er keinen Bedarf für eine Ergänzung des Artikel 3, Absatz 3 im Grundgesetz (GG) für lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und intergeschlechtliche sowie weitere queere Menschen (LSBTIQ*) sehe. Die Debatte war am Wochenende durch die Kernforderung des Berliner CSD-Vereins anlässlich des Berliner CSDs wieder mehr in die Öffentlichkeit gerückt. Dazu erklärt Andre Lehmann aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Die Ergänzung des Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes um den expliziten Rechtsschutz von LSBTIQ* ist unbedingt nötig. Denn es besteht weiterhin eine Schutzlücke: Sogar das Bundesverfassungsgericht hat bereits einmal geurteilt, dass Paragraf 175 StGB im Einklang mit dem Grundgesetz war. Das zeigt deutlich, dass queere Menschen eben noch nicht ausreichend geschützt sind. An jedem einzelnen Tag ohne unseren wortwörtlichen Schutz im Grundgesetz kann theoretisch jedes geltende Recht von LSBTIQ* im Bundestag mit einfacher Mehrheit zur Diskussion stehen. Wer verspricht uns, dass die Kriminalisierung wie nach Paragraf 175 nicht wieder Realität werden kann? Wir laden Thorsten Frei und weitere Politiker*innen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach der Sommerpause zum direkten Austausch ein.

Es ist richtig, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung inzwischen LSBTIQ* wie die Gruppen behandelt, die bereits explizit in Art. 3, Abs. 3 GG erwähnt sind. Gerade in Zeiten eines massiven Rechtsrucks wollen wir aber nicht von dieser Auslegung abhängig sein. Wir fordern einen expliziten, grundrechtlich verbrieften Rechtsschutz.

Die Ehe für alle ist inzwischen Teil auch des CDU/CSU-Grundsatzprogramms. Durch die Verbesserung des Rechtsschutzes im GG könnten bereits erstrittene Gleichstellungserfolge wie die Ehe für Alle nicht einfach wieder rückgängig gemacht werden. Wer das Grundgesetz wertschätzt, der schützt die Menschen, die es jeden Tag in Vielfalt leben. Deswegen freuen wir uns sehr auf die angekündigte Bundesratsinitiative der Berliner Landesregierung zur Ergänzung von Artikel 3. Und: Minderheitenschutz als Kern der Demokratie ist die Aufgabe aller Demokrat*innen. Daher sollte die Union die Gespräche mit den Regierungsparteien zum Thema wieder aufnehmen. Demokratie lebt von Dialog.

Zum Hintergrund:

Das Grundgesetz ist die demokratische Antwort auf die nationalsozialistischen Verbrechen. Die Bundesrepublik feiert mit 75 Jahren Grundgesetz einen wesentlichen demokratischen Meilenstein. Allerdings besteht auch die Lücke im expliziten Rechtsschutz von LSBTIQ* als Opfer des NS-Regimes im Antidiskriminierungsartikel 3, Abs. 3 GG bereits seit 75 Jahren. Die hier formulierten Diskriminierungsverbote sollen die Verfolgung von Opfergruppen des NS für immer verhindern. Dazu gehörten auch LSBTIQ*. Dennoch wurden sexuelle und geschlechtliche Identität 1949 nicht in den Katalog der Diskriminierungskategorien aufgenommen, denn männliche Sexualität stand auch nach dem Ende des NS-Regimes weiterhin unter Strafe. Erst 1994 erfolgte eine vollständige rechtliche Gleichstellung. Die Aufnahme von LSBTIQ* als letzte Opfergruppe des NS in Art. 3 Abs. GG ist lange überfällig.

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zuständiges Vorstandsmitglied

Andre Lehmann