Zivilgesellschaftliches Engagement stärken
Beschluss des LSVD+ - Verbandstags 2025

Der LSVD+- Verband Queere Vielfalt e. V. ist seit 35 Jahren ein wesentlicher Teil der demokratischen Zivilgesellschaft und engagiert sich für Menschenrechte, Vielfalt und Respekt. Wir begleiten damit die politische Willensbildung von Parteien kritisch und ergänzen sie und das staatliche Handeln im Sinne des Subsidiaritätsprinzips. Politische Stellungnahmen sind ein wichtiges Mittel zum Erreichen unserer Satzungszwecke.
Gemeinsam mit vielen anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Personen der queeren Community haben wir auf diese Weise vieles erreicht, was ohne unser Engagement politisch nicht oder noch nicht in die Tat umgesetzt worden wäre. Dieses Engagement war nicht immer konform mit den Wünschen von Parteien oder mit anderen politischen Interessen. Viele unserer Positionen wurden anfänglich abgelehnt und sogar heftig angefeindet, aber haben schließlich gesellschaftliche wie politische Mehrheiten erhalten und gelten heute im demokratischen Spektrum als allgemein anerkannt, so z. B. die Öffnung der Ehe.
Zivilgesellschaftliches Engagement ist in diesen Zeiten notwendiger denn je, hier und weltweit. Mit großer Sorge betrachten wir bspw. Vorgänge in den Vereinigten Staaten. Unter dem Deckmantel, Freiheitsrechte zu schützen, werden Freiheiten beschnitten. Unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit wird Qualitätsjournalismus zugunsten von einseitigen Meinungsportalen verdrängt. Mühsam und langwierig errungene Rechte sollen kassiert werden. Diejenigen, die sich über Bevormundung und eine vermeintliche Sprachpolizei beschweren, wollen nun selbst Begriffe wie Diversität u.a. verbieten und damit Zensur ausüben und bevormunden. Auch in Deutschland sind Tendenzen zu erkennen, dass Propaganda, Desinformation und gezielte gesellschaftliche Spaltung über (Soziale) Medien strategisch verbreitet werden.
Wird die Zivilgesellschaft entpolitisiert und in ihren Rechten beschnitten, leidet auch die Demokratie. Dies führen uns in Europa die besorgniserregenden Entwicklungen in Ungarn eindringlich vor Augen. Nicht ohne Grund betonen die Rechtsstaatsberichte der EU-Kommission die Bedeutung einer politischen Zivilgesellschaft für die europäische Rechtsstaatsarchitektur und kritisieren folgerichtig seit langem auch die diesbezüglichen Vorbehalte in Deutschland. In Deutschland bedrohen rechtspopulistische und rechtsextreme Strömungen und Parteien die mühsam errungenen Rechte sogenannter Minderheiten und wehren alles ab, was ihnen „fremd“ erscheint. Dies gilt insbesondere für Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind oder als Arbeitsmigrant*innen zu uns kommen. Es ist hochgefährlich, die öffentliche Förderung zivilgesellschaftlicher Arbeit mit Pauschalangriffen, falschen Unterstellungen sowie grotesk verzerrten Darstellungen über die Motive, Ausrichtung und Arbeit von Zivilgesellschaft in Frage zu stellen. Wir alle brauchen den Einsatz für Demokratie und Menschenrechte, für unsere Lebensgrundlagen, für Zusammenhalt und gegenseitigen Respekt, brauchen Engagement bei Beratung, Betreuung, Bildung und Aufklärung, um eine freie und solidarische Gesellschaft zu bleiben.
Nur eine Demokratie, die auch durch eine lebendige, politisch breit interessierte und diskussionsfreudige Zivilgesellschaft gestaltet wird, ist auf Dauer überlebensfähig.
Wir fordern deshalb
- Eine öffentliche positive Haltung demokratischer Parteien zum zivilgesellschaftlichen Engagement, auch wenn hier eigene Positionen kritisch bewertet werden.
- Eine gesetzliche Regelung, die zivilgesellschaftliches Engagement nachhaltig unterstützt, eine auskömmliche Finanzierung sicherstellt und die Gemeinnützigkeit dieses Engagements absichert.
- Einen Erhalt des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ ohne Wenn und Aber.
Demokratie ist erst dann vollendet, wenn alle Menschen jederzeit und an jedem Ort frei und sicher leben können.
[beschlossen auf dem 37. LSVD+-Verbandstag am 06.04.2025 in Berlin]