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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Versorgungsausgleich nach altem Recht

-- 6.1. Ausgleichspflicht

Seit 1977 werden im Scheidungsverfahren die Versorgungsanwartschaften, die die Eheleute während der Ehe erworben haben, ausgeglichen. Dieser Versorgungsausgleich findet nun auch zwischen Lebenspartnern statt, wenn ihre Lebenspartnerschaft aufgehoben wird.
Ausgeglichen werden insbesondere:

  • Renten und Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung, 
  • Pensionen und Pensionsanrechte sowie 
  • Renten und Anrechte auf Rentenleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrenten, VBL-Leistungen, Direktversicherungen...) oder 
  • aus privaten Rentenversicherungsverträgen.


Voraussetzung ist, dass diese Anrechte auf eigener Arbeit oder auf dem Einsatz des eigenen Vermögens eines der Lebenspartner beruhen.
Ausgleichspflichtig ist der Lebenspartner, der während der Lebenspartnerschaft  insgesamt höhere Versorgungsanrechte erworben hat als der andere Lebenspartner. Dem anderen steht als Ausgleich die Hälfte des Wertunterschiedes zu.
Andrea hat während ihrer Lebenspartnerschaft mit Marlene 100 € an Versorgungsanwartschaften erworben. Marlene hingegen 300 €, also 200 € mehr. Andrea bekommt nun die Hälfte dieser 200 €, also 100 €, als Ausgleichsberechtigte übertragen; auf Kosten der Versorgungsanwartschaften von Marlene, die Ausgleichspflichtige ist. Beide haben also nach Beendigung ihrer Lebenspartnerschaft eine Versorgungsanwartschaft in Höhe von 200 €.
Der Versorgungsausgleich findet natürlich erst recht statt, wenn der eine Partner bisher über keinerlei Rentenanwartschaften verfügte. In diesem Fall wird für ihn durch den Versorgungsausgleich eine Rentenanwartschaft begründet.
Hätte in obigem Beispielsfall Andrea noch keine Rentenansprüche erworben, würden ihr 150 EUR von Marlenes Rentenanwartschaften übertragen.
Beziehen beide Lebenspartner zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich eine Rente, so gilt das bereits Gesagte naturgemäß für die Rentenzahlung selbst. Was aber gilt, wenn nur einer der Lebenspartner zu diesem Zeitpunkt eine Rente bezieht?
Eberhard bezieht bereits seit einem Jahr Rente. Sein ehemaliger Lebenspartner Martin muss noch 5 Jahre lang zur Arbeit gehen. Martins Rentenanwartschaften sind geringer als Eberhards Rente.
Der Versorgungsausgleich sieht die entsprechende Erhöhung seiner Anwartschaften vor. Wird Eberhards Rentenauszahlung deshalb sofort um den entsprechenden Betrag gekürzt?
Nein! Dies ist erst dann der Fall, wenn auch Martin seine Rente bezieht, also erst in fünf Jahren (siehe unten: 6.3. Versorgungskürzung beim ausgleichspflichtigen Lebenspartner).
Bei Emma und Martha ist es umgekehrt. Emma ist im Versorgungsausgleich die Ausgleichspflichtige, muss jedoch noch fünf Jahre lang zur Arbeit gehen, während Martha, die ausgleichsberechtigt ist, bereits seit einem Jahr Rente bezieht.
Hier erhöht sich selbstverständlich Marthas Rentenauszahlung sofort um den Betrag, um den Emmas Anwartschaften gemindert wurden. 

-- 6.2 Ausgleichsform

Die Form des Versorgungsausgleichs bestimmt sich nach der auszugleichenden Versorgung:

  • Anrechte des ausgleichspflichtigen Lebenspartners in der gesetzlichen Rentenversicherung werden dadurch ausgeglichen, dass dem ausgleichsberechtigten Lebenspartner ein Teil dieser Anrechte übertragen wird; 
  • sind Anrechte auf eine Beamtenversorgung auszugleichen, werden für den ausgleichsberechtigten Lebenspartner grundsätzlich in der gesetzlichen Rentenversicherung neue Anrechte begründet.

In beiden Fällen erwirbt also der ausgleichsberechtigte Lebenspartner eine eigenständige Versorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung, aus der er — wie jeder andere Versicherte auch — im Falle von Alter oder Invalidität Leistungen erhält.
  • Andere Anrechte des ausgleichspflichtigen Lebenspartners werden, wenn die maßgebende Versorgungsregelung (Gesetz, Satzung, Tarifvertrag, Einzelvereinbarung etc.) dies vorsieht, unter den Lebenspartnern real geteilt: Für den ausgleichsberechtigten Lebenspartner werden Versorgungsanrechte außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung - sei es bei dem Träger der auszugleichenden Versorgung, sei es bei einem anderen Versorgungsträger - begründet. 
  • Ist für die auszugleichende Versorgung eine solche Realteilung nicht vorgesehen, der Versorgungsträger jedoch öffentlich-rechtlich organisiert, erhält der ausgleichsberechtigte Lebenspartner - ebenso wie beim Ausgleich von Beamtenpensionen - Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung; dies ist insbesondere bei der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes und vielfach bei berufsständischen Versorgungen der Fall.

Die bisher geschilderten Ausgleichsformen nennt man „öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich".
  • In bestimmten Fällen, in denen ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nicht möglich ist, greift der "schuldrechtliche Versorgungsausgleich" ein. Das ist insbesondere bei privaten Betriebsrenten der Fall, sofern diese keine Realteilung vorsehen. Hier wird für den Berechtigten kein Anrecht bei einem Versorgungsträger begründet. Der Berechtigte kann lediglich von dem ausgleichspflichtigen Lebenspartner selbst Zahlung einer Geldrente in Höhe der Hälfte des durch den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich noch nicht ausgeglichenen Wertunterschieds verlangen. Dieser Rentenanspruch steht dem ausgleichsberechtigten Lebenspartner allerdings erst zu, wenn nicht nur er, sondern auch der Verpflichtete die Voraussetzungen eines Versorgungsfalles erfüllt; der Anspruch erlischt mit dem Tod des ausgleichspflichtigen Lebenspartners, kann dann jedoch unter Umständen gegen den Versorgungsträger geltend gemacht werden.

Beide Nachteile werden vermieden, wenn der schuldrechtliche Versorgungsausgleich durch einen erweiterten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ersetzt wird: So kann z. B. zum Ausgleich einer Betriebsrente bis zum Betrag von derzeit rund 47 € (früheres Bundesgebiet) ein anderes Anrecht des Verpflichteten, etwa auf eine gesetzliche Rente oder auf eine Beamtenversorgung, herangezogen werden. Der Verpflichtete muss von diesem Anrecht einen entsprechend höheren Betrag an den Berechtigten „abgeben", dafür bleibt ihm seine Betriebsrente ungeschmälert belassen. Übersteigt die auszugleichende Betriebsrente diesen Betrag, kann dem Verpflichteten aufgegeben werden, zugunsten des Berechtigten wegen des übersteigenden Betrages Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen. Die Beitragszahlungspflicht muss dem Verpflichteten allerdings wirtschaftlich zumutbar sein; dabei können Ratenzahlungen angeordnet werden.
Kommt ein erweiterter öffentlich-rechtlicher Ausgleich nicht in Betracht (etwa, weil dem Mann keine anderen, anstelle der Betriebsrente heranziehbaren Versorgungsanrechte zustehen) und sind ihm Beitragszahlungen wirtschaftlich nicht zumutbar, verbleibt es beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. In diesem Fall kann der Ausgleichsberechtigte vom Verpflichteten die Abfindung künftiger Ansprüche verlangen, soweit diesem die Abfindung wirtschaftlich zumutbar ist.
Nach dem Tod des Verpflichteten kann der Berechtigte die Ausgleichsrente von dem Träger der schuldrechtlich auszugleichenden Versorgung beanspruchen, wenn die für diese Versorgung maßgebende Regelung (z. B. Gesetz, Tarif- oder Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Satzung) eine Hinterbliebenenversorgung vorsieht und der Berechtigte die Voraussetzung eines Versorgungsfalles erfüllt. Die Rente wird jedoch höchstens in Höhe der Hinterbliebenenversorgung und längstens für die Dauer dieser Versorgung gezahlt. 

-- 6.3. Versorgungskürzung beim ausgleichspflichtigen Lebenspartner

Ist der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt, wird die Versorgung des ausgleichspflichtigen Lebenspartners gekürzt, sobald bei ihm der Versorgungsfall (z.B. Ruhestand) eintritt. Diese Kürzung ist gleichsam das „Entgelt" für die eigenständigen Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung, die der ausgleichsberechtigte Lebenspartner im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich erwirbt. Der Erwerb dieser Anrechte ist endgültig; folgerichtig ist auch die Kürzung beim ausgleichspflichtigen Lebenspartner vom weiteren Schicksal der vom ausgleichsberechtigten Lebenspartner erworbenen Anrechte unabhängig.
Eberhard bezieht bei Aufhebung der Lebenspartnerschaft bereits seit einem Jahr Rente. Sein ehemaliger Lebenspartner Martin muss noch fünf Jahre lang zur Arbeit gehen. Martins Rentenanwartschaften sind geringer als Eberhards Rente. Der Versorgungsausgleich sieht die entsprechende Erhöhung seiner Anwartschaften vor. Wird Eberhards Rentenauszahlung deshalb sofort um den entsprechenden Betrag gekürzt?
Die Versorgung beim ausgleichspflichtigen Lebenspartner wird grundsätzlich auch dann gekürzt, wenn der ausgleichsberechtigte Lebenspartner aus seinen Anrechten noch keine Leistungen erhält, weil er die Voraussetzungen eines Versorgungsfalles noch nicht erfüllt.
Ausnahmsweise unterbleibt die Kürzung allerdings bis zum Eintritt eines Leistungsfalles auf Seiten des Ausgleichsberechtigten, wenn der Ausgleichsverpflichtete im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bereits versorgungsberechtigt ist (Rentner- oder Pensionärsprivileg). Von ihr ist ferner abzusehen, solange der ausgleichspflichtige Lebenspartner dem ausgleichsberechtigten Lebenspartner gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist oder nur deshalb nicht verpflichtet ist, weil er aufgrund der Versorgungskürzung zu Unterhaltsleistungen nicht in der Lage ist. Nähere Auskünfte erteilt der zuständige Versorgungsträger.
Da Eberhard bereits bei Aufhebung der Lebenspartnerschaft Rentner war, wird seine  Rente erst dann gekürzt, wenn auch Martin seine Rente bezieht, also erst in 5 Jahren.
Bei Emma und Martha ist es umgekehrt. Emma ist im Versorgungsausgleich die Ausgleichspflichtige, muss jedoch noch 5 Jahre lang zur Arbeit gehen, während Martha, die ausgleichsberechtigt ist, bereits seit einem Jahr Rente bezieht.
Hier erhöht sich selbstverständlich Marthas Rentenauszahlung sofort um den Betrag, um den Emmas Anwartschaften gemindert wurden.
Was gilt im Falle des Todes eines ehemaligen Lebenspartners?
Die Lebenspartnerschaft zwischen Helmut und Uwe wurde aufgehoben. Im Versorgungsausgleich war Helmut Ausgleichsberechtigter. Uwes Rentenanwartschaften wurden zu Helmuts Gunsten gemindert. Drei Jahre später stirbt Helmut bei einem Verkehrsunfall im Alter von 48 Jahren.
Die Versorgungskürzung bei dem ausgleichspflichtigen Lebenspartner wird grundsätzlich auch nach dem Tod des ausgleichsberechtigten Lebenspartners fortgesetzt; dies gilt nur dann nicht, wenn dem Berechtigten und seinen Hinterbliebenen aus dem im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine Leistungen gewährt worden sind, deren Wert insgesamt zwei Jahresrenten wegen Alters übersteigt.
Da Helmut noch keine Leistungen aus seiner Rentenversicherung bezog, wird nun die Minderung von Uwes Rentenanwartschaften wieder rückgängig gemacht. Gleiches würde gelten, wenn Helmut zum Zeitpunkt seines Todes nicht länger als 2 Jahre Rente bezogen hätte. 

-- 6.4. Zeitpunkt des Versorgungsausgleichs

Der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich wird bei der Aufhebung der Lebenspartnerschaft durchgeführt. Im Aufhebungsurteil wird deshalb bestimmt, ob und in welcher Höhe Anrechte übertragen oder neu begründet werden. Leistungen aus diesen Anrechten erhält der ausgleichsberechtigte Lebenspartner allerdings erst, wenn die hierfür maßgebenden Voraussetzungen in seiner Person erfüllt sind; Altersrente steht ihm zum Beispiel erst zu, wenn er die Altersgrenze erreicht und die erforderliche Wartezeit, auf die auch Anrechte aus dem Versorgungsausgleich angerechnet werden, erfüllt hat und etwaige sonstige Rentenvoraussetzungen nachweist. 

-- 6.5. Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen

Renate ist Beamtin. Bei Aufhebung ihrer Lebenspartnerschaft errechnet das Familiengericht ein während der Lebenspartnerschaft erworbenes Pensionsanrecht in Höhe von 800 €. Es begründet deshalb für Renates Lebenspartnerin, die während der Lebenspartnerschaft keine Versorgung erworben hat, Anrechte auf eine gesetzliche Rente in Höhe von 400 €. Durch spätere Gesetzesänderungen sinkt der Wert der von Renate während der Lebenspartnerschaft erworbenen Pensionsanrechte auf 600 €.
Bei der Aufhebung werden Versorgungsanrechte in Höhe des Wertes geteilt, den sie am Ende der Lebenspartnerschaft haben. Tritt später der Versorgungsfall ein, kann sich ergeben, dass die Versorgungsanrechte in der Zwischenzeit, etwa aufgrund geänderter Rechtsvorschriften, Wertveränderungen erfahren haben oder dass sie nunmehr in anderer Ausgleichsform ausgeglichen werden können. Entsprechendes gilt, wenn ein zunächst noch verfallbares Anrecht der betrieblichen Altersversorgung erst nach der früheren Entscheidung des Familiengerichts in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen werden kann, weil das Anrecht erst nach der Scheidung unverfallbar geworden ist. In einem solchen Fall kann jeder Lebenspartner die Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich beantragen, allerdings nur, wenn sich dadurch eine wesentliche Abweichung von der früheren Entscheidung ergibt. Die Abänderung kann erst verlangt werden, wenn ein Lebenspartner bereits Versorgungsleistungen bezieht oder das 55. Lebensjahr vollendet hat.
Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann Renate eine Abänderung der früheren Entscheidung verlangen. Anstelle der ursprünglichen 800 € werden jetzt nur noch 600 € ausgeglichen, so dass für Renates frühere Lebenspartnerin nur noch ein Anrecht in Höhe von 300 € begründet wird. 

-- 6.6. Sonstiges

Renate ist Beamtin. Bei Aufhebung ihrer Lebenspartnerschaft errechnet das Familiengericht ein während der Lebenspartnerschaft erworbenes Pensionsanrecht in Höhe von 800 €. Es begründet deshalb für Renates Lebenspartnerin, die während der Lebenspartnerschaft keine Versorgung erworben hat, Anrechte auf eine gesetzliche Rente in Höhe von 400 €. Durch spätere Gesetzesänderungen sinkt der Wert der von Renate während der Lebenspartnerschaft erworbenen Pensionsanrechte auf 600 €.
Bei der Aufhebung werden Versorgungsanrechte in Höhe des Wertes geteilt, den sie am Ende der Lebenspartnerschaft haben. Tritt später der Versorgungsfall ein, kann sich ergeben, dass die Versorgungsanrechte in der Zwischenzeit, etwa aufgrund geänderter Rechtsvorschriften, Wertveränderungen erfahren haben oder dass sie nunmehr in anderer Ausgleichsform ausgeglichen werden können. Entsprechendes gilt, wenn ein zunächst noch verfallbares Anrecht der betrieblichen Altersversorgung erst nach der früheren Entscheidung des Familiengerichts in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen werden kann, weil das Anrecht erst nach der Scheidung unverfallbar geworden ist. In einem solchen Fall kann jeder Lebenspartner die Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich beantragen, allerdings nur, wenn sich dadurch eine wesentliche Abweichung von der früheren Entscheidung ergibt. Die Abänderung kann erst verlangt werden, wenn ein Lebenspartner bereits Versorgungsleistungen bezieht oder das 55. Lebensjahr vollendet hat.
Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann Renate eine Abänderung der früheren Entscheidung verlangen. Anstelle der ursprünglichen 800 € werden jetzt nur noch 600 € ausgeglichen, so dass für Renates frühere Lebenspartnerin nur noch ein Anrecht in Höhe von 300 € begründet wird.