Beschluss des Bundesverfassungsgerichts unterstreicht Reformbedarf beim Transsexuellengesetz
Menschenrechtsbasierte Gesetzgebung zur Anerkennung der Geschlechtsidentität notwendig
Anlässlich der erfolglosen Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung des Namens- und Personenstandswechsels nach dem Transsexuellengesetz erklärt Sandro Wiggerich, Mitglied des Bundesvorstands des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):
In Deutschland müssen transgeschlechtliche Personen für einen rechtlichen Wechsel ihres Namens und Personenstandes langwierige bürokratischen Verfahren mit zwei gerichtlich bestellten Begutachtungen überstehen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit jetzt bekannt gewordenem Beschluss vom 17. Oktober erneut entschieden, dass der Gesetzgeber nicht gehindert ist, solche Begutachtungen zu verlangen. Von den Betroffenen wird das Verfahren der Begutachtung jedoch sehr oft als demütigend, entwürdigend und verletzend erlebt. Zudem können die Betroffenen selbst am besten über die eigene Geschlechtsidentität Auskunft geben. Für den Lesben- und Schwulenverband (LSVD) unterstreicht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts daher nochmals die Dringlichkeit einer Reform des sogenannten Transsexuellengesetzes.
Das derzeit noch gültige Gesetz ist veraltet und wird der menschenrechtlichen Bedeutung des Personenstandsrechts nicht gerecht. Aufgrund vergangener Urteile handelt es sich bei dem Transsexuellengesetz um eine bloße Gesetzesruine, die nur noch aus Resten und Versatzstücken besteht. Der LSVD erwartet, dass der Gesetzgeber endlich eine menschenrechtsbasierte Gesetzgebung zur Anerkennung der Geschlechtsidentität auf den Weg bringt. Diese ist angesichts des bestehenden Leidensdrucks für trans- und intergeschlechtliche Menschen sowie eines Reformstaus im Bereich des Transsexuellenrechts vordringlich anzugehen.
Vorbilder für die Anerkennung der Geschlechtsidentität können die Rechtsordnungen von Argentinien, Dänemark, Norwegen, Irland oder Malta sein. Dort kann jeder Mensch die Änderung des Vornamens und des eingetragenen Geschlechts beantragen, wenn diese nicht mit der eigenen Geschlechtsidentität übereinstimmen.
Bei der Neuregelung muss auch die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Personenstandsrecht umgesetzt werden, das eine dritte positive Option zu den bisherigen Einträgen „männlich“ und „weiblich“ einfordert. Der LSVD fordert den Gesetzgeber auf, einen umfassenden rechtlichen Rahmen für Personen zu schaffen, die sich einem dritten Geschlecht zugehörig fühlen. Dabei darf er nicht bei der Mindestvorgabe des Bundesverfassungsgerichts haltmachen, den dritten Geschlechtseintrag nur Personen mit biologischen Varianten der Geschlechtsentwicklung zu eröffnen. Maßgeblich ist das empfundene Geschlecht.
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