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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD⁺)

Bundesrat: Fehleranfällige und datenschutzwidrige Speicherung von Asylbescheiden und Asylurteilen im Ausländerzentralregister zugestimmt

Gefährliche Zwangsoutings von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Geflüchteten sind absehbar

Pressemitteilung vom 25.06.2021

Der Bundesrat hat heute dem bereits vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Weiterentwicklung des Ausländerzentralregisters zugestimmt. Damit bekommen zukünftig unzählige Behörden unter anderem Zugriff auf Asylbescheide und Asylurteile im Volltext. Dazu erklärt Patrick Dörr, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Das Gesetz zur Weiterentwicklung des Ausländerzentralregisters ist ein vollkommen ungerechtfertigter und massiver Einschnitt in das Recht der Betroffenen auf Privatleben, auf Datenschutz und in die informationelle Selbstbestimmung. Begründungen von Asylbescheiden und Asylurteilen gehören nicht in ein Ausländerzentralregister. Zwar sollen privateste Informationen wie beispielsweise die sexuelle Orientierung in den Begründungen der Bescheide und Urteile geschwärzt werden. Da diese Vorkehrung so fehleranfällig wie umständlich ist, warnt der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vor den erwartbaren Zwangsoutings von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Geflüchteten. Mit weitreichenden gefährlichen Folgen für die Betroffenen.

Der LSVD bezweifelt stark, dass die Dokumente überhaupt ausreichend geschwärzt werden können, so dass keine Rückschlüsse mehr beispielsweise auf die sexuelle Orientierung einer Person möglich sind. Hierzu müssten in allen Bescheiden und Urteilen auch alle Hinweise auf verschiedengeschlechtliche Beziehungen unkenntlich gemacht werden, da sonst die geschwärzten Passagen auf LSBTI-Geflüchtete schließen lassen. Die Schwärzung aller Informationen zu Sexualität und Privatleben in allen Asylbescheiden und Asylurteilen ist eher eine massive Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die ohnehin ausgelasteten Asylstrukturen in den Bundesländern. Diskriminierungshandlungen durch staatliche Stellen, ein Missbrauch der Informationen und deren Weitergabe an Dritte – etwa im Herkunftsland – werden auf diese Art gerade nicht so weit wie möglich ausgeschlossen.

Vor der Abstimmung hatte der LSVD alle Ministerpräsident*innen gebeten, ihre Zustimmung zum Gesetz aufgrund des mit der Schwärzung verbundenen immensen und fehleranfälligen Arbeitsaufwands sowie der gefährlichen Folgen des Gesetzes für LSBTI-Geflüchtete zu verweigern (Beispielbrief). Der Bundesdatenschutzbeauftragte Prof. Ulrich Kelber und Dr. Philipp Wittmann, Richter am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, haben in ihren Stellungnahmen zur Anhörung im Ausschuss für Inneres und Heimat wegen der datenschutzrechtlichen Implikationen massive Bedenken geäußert und sind dabei auch auf das Thema sexuelle Orientierung eingegangen. Zudem haben auch der Paritätische, die Caritas und ProAsyl die geplante ebenso gefährliche wie unnötige Speicherung solch sensibler Daten abgelehnt. Pro Asyl, der Verein Digitalcourage und die Flüchtlingsräte warnen ebenfalls vor massenhaftem Datenmissbrauch durch deutsche Behörden. Leider erfolglos.

LSVD⁺-Bundesverband

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