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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD⁺)

Vielfalt und Respekt vermitteln

Ideen für Initiativen einer Pädagogik der Vielfalt

Dokumentation des Kongresses „Respekt statt Ressentiment. Strategien gegen Homo- und Transphobie“, Berlin 2015

katja-krolzik-matthei.jpg"Schulprojekte nehmen einen besonderen Stellenwert innerhalb der sexuellen Bildung ein. Ein besonderer Wert der Schulprojekte liegt in den biographischen Einheiten, in denen die ehrenamtlichen Durchführenden von ihren ganz persönlichen Erfahrungen berichten." (Katja Krolzik-Matthei)

Schulaufklärungsprojekte von LSBTIQ-Organisationen ebenso wie emanzipatorische sexuelle Bildung sehen sich Angriffen von rechtskonservativer und christlich-fundamentalistischer Seite ausgesetzt. Unter dem Druck der Angriffe entwickelte sich eine vitale Dynamik zwischen beiden Bereichen, die nicht grundsätzlich miteinander zusammenarbeiten. Abgrenzungsbewegungen und die gemeinsame Suche nach Synergien und Strategien kamen in Gang. Vor dem Hintergrund der Frage nach geeigneten Wegen der Vermittlung von Vielfalt und Respekt ist es sinnvoll, beide Bereiche hinsichtlich ihrer Ziele, Zielgruppen, Inhalte, Methoden und Durchführenden zu vergleichen.

Dabei wird deutlich: Schulprojekte nehmen einen besonderen Stellenwert innerhalb der sexuellen Bildung ein. Ein besonderer Wert der Schulprojekte liegt in den biographischen Einheiten, in denen die ehrenamtlichen Durchführenden von ihren ganz persönlichen Erfahrungen berichten und den Jugendlichen diesbezüglich Rede und Antwort stehen. Sexuelle Bildung, einschließlich der Arbeit der Schulprojekte, leistet durch ihre Anteile zur Förderung von Anerkennung und Respekt einen Beitrag zur Demokratiebildung von Kindern und Jugendlichen.

Sexuelle Bildung und Schulprojekte tun gut daran, insbesondere im Hinblick auf die geschilderten respektlosen Ressentiments und Angriffe, Gemeinsamkeiten hervorzuheben, Zusammenarbeit zu forcieren und, im Bündnis für ein respektvolles Miteinander und für Vielfalt, Standpunkt gegen Antifeminismus, Neue Rechte und christlichen Fundamentalismus zu beziehen. Drei Beispiele zeigen, wie dies in der Praxis aufgegriffen werden kann:

Menschenrechtsbasierte Sexualpädagogik mit Jugendlichen: pro familia Bundesverband

Der pro familia Bundesverband hat im Jahr 2012 die eigenen sexualpädagogischen Standards überarbeitet und zu einem rechtebasierten Ansatz hin weiterentwickelt. In der Handreichung „Jetzt erst Recht“ wird der Ansatz vorgestellt und die Umsetzung an drei Praxisbeispielen verdeutlicht. Die folgenden vier Schwerpunkte liegen dem Ansatz zu Grunde: Rechtebasierung, Gendersensitivität, Orientierung an Bürgerschaftlichkeit und die Bejahung von Sexualität.

Der pro familia Bundesverband bildet auf dieser Grundlage eigene Sexualpädagog_innen fort. Der Ansatz bietet eine gute Ausgangsbasis, um die Ansprüche sexueller Bildung zu erfüllen, die Respekt vermitteln und Demokratiefähigkeit fördern will.

Podiumsdiskussion für besorgte Eltern: RosaLinde e.V. Leipzig / Arbeitskreis Sexualpädagogik Leipzig

Bereits im Herbst 2014 richtete der Arbeitskreis Sexualpädagogik Leipzig [AK Sexpäd] einen Fachtag mit dem Schwerpunkt ‚frühkindliche Sexualität‘ aus, um den gerade in diesem Zeitraum aufflammenden Debatten fachlich zu begegnen. Kurz darauf, im Dezember 2014, veranstalteten der AK Sexpäd und RosaLinde e.V. [Verein für translesbischschwule Beratung und Begegnung] eine Podiumsdiskussion für Eltern, die durch diese Debatten verunsichert waren und Fragen zu sexueller Bildung und Schulaufklärungsprojekten hatten. Es ging den Veranstalter_innen darum, die eigenen Angebote gegenüber den Eltern transparent zu machen. Dahinter steht auch die Erkenntnis, dass die bisherige Form der Elternarbeit offenbar nicht ausreicht. Die Sexualpädagog_innen wollten mit Eltern ins Gespräch kommen, Impulse für die weitere Arbeit mitnehmen und sich Eltern als fachkompetente Partner_innen in der Begleitung der sexuellen Sozialisation von Kindern anbieten.

Elterninfopoint: AK Sexpäd Leipzig

Als Konsequenz aus der Podiumsdiskussion und ermutigt durch Vertreter_innen des städtischen Gesamtelternrates entschloss sich der AK Sexpäd, eine weitere Innovation zu wagen: eine Anlaufstelle für Eltern, die einmal monatlich stattfindet und jeweils von fachkompetenten Sexualpädagog_innen aus dem Arbeitskreis besetzt ist. Eltern [sowie Multiplikator_innen] erhalten dort Informationen zu den Angeboten außerschulischer Sexualpädagogik in Leipzig sowie Orientierung bei Fragen zur Sexualität von Kindern und Jugendlichen.

Katja Krolzik-Matthei
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am FB Soziale Arbeit, Medien, Kultur der HS Merseburg, Dipl.-Sozialpädagogin und Sexualwissenschaftlerin (M.A.) mit mehrjähriger Erfahrung in der feministischen Mädchenarbeit, Sexualpädagogik und anderen Handlungsfeldern Sozialer Arbeit. Im wissenschaftlichen Bereich war sie als Forschungskoordinatorin der Jugendsexualitätsstudie PARTNER 4 (Leitung: Prof. Dr. Konrad Weller) tätig. Seit 2014 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt "Schutz von Kindern und Jugendlich vor sexueller Traumatisierung" (Leitung: Prof. Dr. Heinz-Jürgen Voß) an der HS Merseburg. Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Abtreibung, Sexuelle und Reproduktive Selbstbestimmung, Jugendsexualität, Sexuelle Bildung, Sexualisierte Gewalt in pädagogischen Kontexten.

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