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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Innenministerkonferenz muss gemeinsame Strategie zur Verbesserung der Prävention, Erfassung und Bekämpfung von LSBTI-feindlicher Hasskriminalität verabreden

Beschluss des 33. LSVD-Verbandstags am 09. Oktober 2021

Der LSVD fordert die Innenministerkonferenz dazu, auf ihrer nächsten Sitzung eine gemeinsame Strategie und konkrete Maßnahmen zu verabreden, um die Prävention, Erfassung und Bekämpfung von LSBTI-feindlicher Hassgewalt zu verbessern.

Regenbogenflagge

Die 215. Sitzung der Innenministerkonferenz (IMK) im Dezember 2021 wird sich erstmalig in ihrer fast 70-jährigen Geschichte mit Hasskriminalität gegen Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen befassen. Der Berliner Senator für Inneres und Sport Andreas Geisel hat das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Das ist ein wichtiger Erfolg unserer Bemühungen seit der Verabschiedung unseres Positionspapiers „Frei und sicher leben: Homophobe und transfeindliche Hasskriminalität entschieden bekämpfen" 2020. Der LSVD fordert die 16 Innenminister*innen und Innensenator*innen der Länder nun dazu auf, eine gemeinsame Strategie und konkrete Maßnahmen zu verabreden, um die Prävention, Erfassung und Bekämpfung von LSBTI-feindlicher Hassgewalt zu verbessern.

Jetzt ist es höchste Zeit. Allein im letzten Jahr wurden 782 Fälle von Hasskriminalität gegen LSBTI registriert. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. 80-90% der Beleidigungen, Bedrohungen und Körperverletzungen werden nicht angezeigt oder nach einer Anzeige korrekt registriert. Selbst drei öffentlich gewordene schwulenfeindlich motivierte Morde wurden nicht in diese Statistik aufgenommen. Nur ein Bruchteil LSBTI-feindlicher Hasskriminalität wird bislang von den Polizeien in den Bundesländern angemessen erfasst und klassifiziert. Mit Ausnahme von Berlin veröffentlicht kein Bundesland regelmäßig die gemeldeten Zahlen. Nun hat Bremen beschlossen, Landesdaten zur politisch motivierten Kriminalität nach dem Vorbild Berlins zu veröffentlichen und LSBTI-feindliche Straf- und Gewalttaten gesondert auszuweisen. Das begrüßen wir.

Mutmaßliche LSBTI-feindliche Motive werden bislang nur in den Meldungen der Berliner Polizei ausdrücklich genannt. Diese Maßnahmen führen dazu, dass die Mehrzahl der bundesweit registrierten Fälle aus Berlin gemeldet werden. Es ist daher falsch, zu schlussfolgern, dass in der Hauptstadt mehr Übergriffe und Anfeindungen stattfinden als in allen anderen Bundesländern zusammen. Richtig ist vielmehr, dass dieses Zahlenmissverhältnis zeigt, dass ein sehr bedenkliches „Underreporting“ stattfindet und LSBTI-feindliche Straftaten vielfach von den Polizeien nicht als solche erkannt werden, der Hintergrund nicht beachtet oder sogar ausgeblendet wird.

Der LSVD erwartet, dass die kommende Innenministerkonferenz der Auftakt für ein effektives Bund-Länder-Programm gegen LSBTI-feindliche Gewalt wird. Dieses Signal muss auch durch die neue Bundesregierung unterstützt werden, indem sie eine unabhängige Expert*innenkommission einsetzt. Die Kommission soll eine systematische Bestandsaufnahme von LSBTI-Feindlichkeit und damit verbundener Hasskriminalität erarbeiten sowie Empfehlungen für einen Nationalen Aktionsplan zur deren besseren, Prävention, Erfassung, Erforschung und Bekämpfung entwickeln – einschließlich der Ausbildung und Fortbildung von Sicherheitsbehörden und Justiz sowie Verbesserungen in der Opferhilfe.

LSBTI-feindliche Gewalt bedroht mitten in unserer Gesellschaft tagtäglich Menschen. Dass sich die IMK nun erstmalig seit ihrer Gründung 1954 mit dieser Hasskriminalität auseinandersetzt, schürt große Erwartungen. Die Innenminister*innen und Innensenator*innen müssen deutlich machen, dass sie die Sicherheit und den Schutz der queeren Community endlich ernst nehmen.

(beschlossen auf dem 33. LSVD-Verbandstag am 09. Oktober 2021)

Beschluss "Innenministerkonferenz muss gemeinsame Strategie zur Verbesserung der Prävention, Erfassung und Bekämpfung von LSBTI-feindlicher Hasskriminalität verabreden" als pdf

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