Menu
Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Neuer Ratgebertext für verpartnerte Beschäftigte der katholischen Kirche

Zwang zur Geheimhaltung

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 22.10.2014 (2 BvR 661/12)  seine fast dreißig Jahre alte Rechtsprechung bestätigt, dass die Arbeitsgerichte die Vorgaben der katholische Kirche ungeprüft übernehmen müssen. Dieses Urteil ist angesichts der Vielfalt der Lebensweisen, die sich in Deutschland entwickelt hat, völlig unverständlich. Viele Menschen werden damit in Geiselhaft der katholischen Morallehre genommen, denn kirchliche Träger haben vielerorts praktisch ein Monopol bei Einrichtungen im Sozial-, Gesundheits- und Erziehungswesen. Für Lesben und Schwule, die bei katholischen Trägern arbeiten, bedeutet das: Ihnen wird praktisch abverlangt, dass sie sich so tarnen und verstecken müssen wie in früheren Zeiten staatlicher Verfolgung. Sonst droht die Kündigung. Das ist einer demokratischen Gesellschaft unwürdig. Der LSVD kämpft dafür, dass zumindest der Gesetzgeber endlich die gesellschaftlichen Realitäten anerkennt und der unhaltbaren und unmenschlichen Praxis der Katholischen Kirche einen Riegel vorschiebt.

Dieser Kampf für eine grundlegende Veränderung im kirchlichen Arbeitsrecht braucht langen Atem. Wir sehen uns daher auch in der Verantwortung, denjenigen ehrlich mit Rat zur Seite zu stehen, die im Hier und Jetzt bei katholischen Trägern beschäftigt sind, auch wenn uns der Inhalt der Ratschläge in keiner Weise gefallen kann.

Auch nach der unverständlichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist die Situation von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern, die bei Einrichtungen der katholischen Kirche tätig sind, nicht ganz aussichtslos. Das haben wir in unserem aktualisierten Ratgebertext dargelegt.

Eine Kündigung ist nicht möglich, wenn die verpartnerten Beschäftigten der Katholischen Kirche zwar mit einem gleichgeschlechtlichen Partner zusammenleben, aber geheim halten, dass sie sich verpartnert haben.

Die Katholische Kirche meint zwar in ihrem Weltkatechismus (Nr. 2359)  „Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen.“ Aber es gibt bisher keine offizielle Verlautbarung der deutschen Katholischen Bischöfe, dass das unverpartnerte Zusammenleben von Beschäftigten mit einem gleichgeschlechtlichen Partner einen „Loyalitätsverstoß“ darstellt, der zur Kündigung berechtigt. Das ist aber nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts notwendig, damit sich die Beschäftigten darauf einstellen können.

Davon abgesehen können die Partner behaupten, dass sie nur als Freundinnen bzw. Freunde zusammenleben und keinen Sex mit einander haben. Auf die Möglichkeit, sich „mit Hilfe einer selbstlosen Freundschaft“ zu stützen, werden die Homosexuellen auch im katholischen Weltkatechismus hingewiesen (Rn. 2359). Wenn die Partner Dritten nichts über ihr „Sexleben“ erzählten, kann ihre Behauptung, sie lebten nur „platonisch“ zusammen, nicht widerlegt werden. Eine Kündigung ist dann nicht möglich.

Wenn verpartnerte Beschäftigte der Katholischen Kirche ihre Verpartnerung so geheim halten, dass diese erst durch die Kündigung oder den Kündigungsschutzprozess bekannt wird, haben die Lebenspartner auch im Kündigungsschutzprozess gute Karten. Da die Katholische Kirche das unverbindliche Zusammenleben von gleichgeschlechtlichen Partnern nicht als Loyalitätsverstoß wertet, beeinträchtigt das heimliche Eingehen einer Lebenspartnerschaft, von der niemand etwas weiß, die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung nicht.
Was verpartnerte Beschäftigte der Katholischen Kirche unternehmen sollten, damit ihre Verpartnerung nicht bekannt wird, haben wir ausführlich in unserem Ratgeber dargelegt.

Wenn der katholische Arbeitgeber von der Verpartnerung erfährt und eine Kündigung androht oder ausspricht, sollte man nicht gleich aufgeben. Wenn man richtig taktiert, kann man zumindest eine Abfindung durchsetzen. Auch dazu findet Ihr in unserem Ratgeber ausführliche Hinweise.

Manfred Bruns
LSVD-Bundesvorstand