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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Homophobie und Transfeindlichkeit Paroli bieten

Landesaktionspläne in den Bundesländern

Trotz aller gesellschaftlichen und politischen Fortschritte beim Thema Akzeptanz und Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) sind wir weit von einer Gesellschaft entfernt, die von gegenseitigen Respekt und Gleichwertigkeit geprägt ist. Das Innenministerium (BMI) zählte 2017 300 homophob bzw. transfeindlich motivierte Straftaten und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Allein in Berlin registrierte das Anti-Gewaltprojekt Maneo 2016 291 homo- oder transfeindliche Übergriffe. Längst wird nicht jede Straftat als Hasskriminalität erfasst oder gar zur Anzeige gebracht. Die Gründe dafür sind vielfältig. Fehlendes Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden auf der einen Seite und fehlende Kenntnisse bei Polizei und Staatsanwaltschaft auf der anderen Seite. Auf deutschen Schulhöfen sieht es nicht besser aus. Die 2017 erschienene Studie „LSBTIQ*-Lehrkräfte in Deutschland“ zeigte, dass über 70 Prozent der befragten Lehrkräfte den Gebrauch von Schimpfwörtern gegenüber LSBTI-Schüler*innen mitbekommen haben. In der Studie „Coming out- und dann..? von 2015 berichtete fast die Hälfte der Jugendlichen, dass Lehrkräfte nicht einschreiten würden, wenn „Lesbe“ oder „Schwuchtel“ als Schimpfwort gebraucht wird.  Auch in Sportvereinen, am Arbeitsplatz oder etwa im Gesundheitsbereich erfahren LSBTI unterschiedliche Formen von Ausgrenzung und Diskriminierung.

Mit Aktionsplänen für Akzeptanz von LSBTI versuchen Landesregierungen zwischen Flensburg und Konstanz Homophobie und Transfeindlichkeit entgegenzuwirken. Zielsetzung sind nicht nur die Förderung von Akzeptanz und Gleichstellung, sondern auch dass Regenbogenkompetenz als Querschnittsaufgabe in allen Fachpolitiken und gesellschaftlichen Bereichen verankert wird. Mit unterschiedlichen Maßnahmen in Bereichen wie Bildung, Sport, Anti-Gewalt-Arbeit, Gesundheit, Pflege & Alter soll die freie Entfaltung der Persönlichkeit gestärkt und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht werden. Ferner soll Diskriminierung sichtbar gemacht und mit zielgerichteten Maßnahmen entgegengewirkt werden.

Nachdem Berlin mit der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt” 2010 den Stein ins Rollen brachte, folgten fast alle weiteren Bundesländer. Nur in Bayern steckt die CSU den Kopf weiter in den Sand und ignoriert Anfeindungen und Diskriminierungen gegen LSBTI im Freistaat. An der Saar ist die Landesregierung inzwischen aus dem Dornröschenschlaf erwacht und bereitet einen Aktionsplan vor. Brandenburg und Thüringen haben vor einigen Monaten auch ihre Konzepte vorgestellt und sind in der Umsetzung. Während man in Brandenburg mit einem eher schlanken Konzept startete, präsentierte Thüringen ein unerwartet umfangreiches Programm. Großen Anteil daran hatten vor allem die Community und ihre Bündnispartner*innen. Die Erfahrungen zeigen wie wichtig ein breit angelegter Beteiligungsprozess ist.

In Sachsen legte die Landesregierung bereits 2015 los. Doch viele der guten Ideen aus der Zivilgesellschaft scheiterten bei der ministeriellen Abstimmung. Besonders die CDU verwässerte Maßnahmen mit unkonkreten Prüfaufträgen. Einzig der von Staatsministerin Köpping geführte Bereich „Gleichstellung und Integration“ sorgte dafür, dass es nicht bei einem reinen Lippenbekenntnis blieb.

Aber auch das dickste Programm bleibt ein zahnloser Tiger, wenn nicht darauf geachtet wird, dass diese evaluiert, fortentwickelt und ihre Umsetzung von zivilgesellschaftlicher Seite begleitet wird. Die Einrichtung von Beiräten und eine wissenschaftliche Begleitung sind nur einige der Grundvoraussetzungen. Wie sich die Entwicklung im Saarland gestaltet und ob auch das Schlusslicht Bayern nach der Landtagswahl erkennt, dass es sich lohnt Diskriminierung entgegenzuwirken und allen Menschen ein angstfreies Leben zu ermöglichen, bleibt abzuwarten. Der LSVD bleibt jedenfalls dran!

René Mertens
Bund-Länder-Koordination