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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Unternehmens-Positionspapier Selbstbestimmungsgesetz

Selbstbestimmung statt Entwürdigung

Berlin, 22. Mai 2023. Der LSVD veröffentlicht gemeinsam mit anderen Fachverbänden - BVTrans*, dgit* und im.ev. und der PROUT AT WORK-Foundation und bedeutenden Unternehmen der deutschen Wirtschaft (Ben & Jerry's, Edelman, IKEA, OTTO, Pfizer, Simmons & Simmons, Unilever) ihr ‚Positionspapier Selbstbestimmung statt Entwürdigung‘, um auf eine rasche Umsetzung des Selbstbestimmungsgesetzes und damit selbstbestimmte und schlanke Prozesse für trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen hinzuwirken.

Darin wird unter anderem gefordert:

• Die Vereinheitlichung der Verfahren für alle trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen: Seit mehreren Jahren gibt es parallele rechtliche Grundlagen für die Änderung des Geschlechtseintrags für trans* bzw. intergeschlechtliche Personen. Dies verursacht an unterschiedlichen Stellen Verunsicherung und Unklarheit. Eine Vereinheitlichung der Regelungen erhöht die Zugänglichkeit des Verfahrens. (vgl. §2 Abs. 1 SBGG)

• Die Abschaffung von Gutachten und Attesten als Voraussetzung für die Änderung: Trans- und Intergeschlechtlichkeit sind keine Krankheit und sollten nicht dementsprechend behandelt werden. Jede Person kann am besten selbst darüber Auskunft geben, welcher Geschlechtseintrag der Passende ist. Die heutigen Regelungen sind aufgrund hoher Hürden abschreckend, sodass Einzelpersonen teils über Jahre den Prozess der Geschlechtseintragsänderung vor sich herschieben. (vgl. §2 SBGG)

• Den Abbau von Bürokratie und die Ansiedelung der Verantwortlichkeit bei den Standesämtern: Bis heute müssen trans* Personen ein Gerichtsverfahren durchlaufen, wenn sie ihren Geschlechtseintrag nach dem Transsexuellengesetz ändern wollen. Dadurch werden die Verfahren künstlich in die Länge gezogen, sodass Personen unnötig lange mit Dokumenten leben, die nicht ihrer Identität entsprechen.

• Ein klares Bekenntnis zu Anti-Diskriminierung: Trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen müssen im Arbeitsleben und im Alltag wirksam vor Ausgrenzung und Benachteiligung geschützt sein. Gruppenbezogene Ausnahmen im Antidiskriminierungsrecht sind nicht gesetzeskonform und bedienen trans*feindliche Narrative (vgl. §6 Abs. 2 SBGG). Berechtigte Schutzinteressen anderer Gruppen können nach geltendem Recht angemessen berücksichtigt und miteinander in Einklang gebracht werden, ohne dass es stigmatisierender Sonderregelungen bedarf.

• Die Stärkung des Offenbarungsverbots: Dieses Verbot muss betroffene Personen nach Änderung des Geschlechtseintrags und Vornamens vor Diskriminierung und Willkür schützen. Gleichzeitig ermöglicht es Unternehmen, auf Basis von klaren rechtlichen Regelungen einheitliche Anpassungen der Personaldaten umzusetzen und diese auch von Drittanbieter_innen einzufordern. (vgl. §13, §14 SBGG)

Daher appellieren wir an die Bundesregierung und insbesondere die zuständigen Ministerien, diese Aspekte aus unternehmerischer Perspektive im weiteren Prozess zu berücksichtigen und dem Bundestag zügig einen Gesetzesentwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz vorzulegen, damit auch am Arbeitsplatz trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen Selbstbestimmung ermöglicht wird.

Die Veröffentlichung des Referentenentwurfs und die Anhörung der Verbände diesbezüglich kann nur als erster Schritt gesehen werden. Wir fordern ein rasches Vorantreiben des Gesetzgebungsprozesses, unter Berücksichtigung der Einschätzung der Verbände.

Mehr zum Thema:

Das gesamte Positionspapier finden Sie hier. Weitere Unternehmen sind eingeladen, sich dem Positionspapier anzuschließen und dieses zu zeichnen.

 

Im Folgenden finden Sie sowohl Pressestatements der Fachverbände sowie die Pressekontakte für weitere Rückfragen:

 

Pressestatements:

 

Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität dgti e.V. | Jenny Wilken: „Trans*, intergeschlechtliche und nichtbinäre Personen erleben viele Unternehmen als nicht offen. Oft ist bereits der Weg in die Berufsausbildung dadurch erschwert, dass Unterlagen wie Zeugnisse nicht auf den selbstgewählten Vornamen laufen und Zwangsoutings in Bewerbungen Minderheitenstress hervorrufen. Durch derartige Diskriminierungen am Arbeitsplatz kann das Grundrecht auf Leben der eigenen Identität oft nicht ausgeübt werden, weshalb es ein gutes Selbstbestimmungsgesetz braucht, um hier Menschen zu schützen und Hürden abzubauen.“

 

Bundesverband trans* e.V. | Kalle Hümpfner: Das Selbstbestimmungsgesetz regelt im Kern die Frage, wie trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen ihren Geschlechtseintrag oder Vornamen ändern können. Das ist eine sehr spezifische Frage. Gleichzeitig geht es um die allgemeine Auseinandersetzung, wie wir in dieser Gesellschaft mit Vielfalt umgehen. Ein klares Bekenntnis zu Anti-Diskriminierung sowie Respekt für alle geschlechtlichen Identitäten braucht es in allen Lebensbereichen, auch am Arbeitsmarkt. Es ist ermutigend, dass sich Unternehmen für ein Selbstbestimmungsgesetz aussprechen und hinter diese Forderung stellen.“

 

 

Pressekontakte:

 

Albert Kehrer | Stiftungsvorstand & CEO | PROUT AT WORK-Foundation

T. +49 89 1434 780 10 | M. +49 173 576 4062 | E. albert@proutatwork.de

 

Jenny Wilken | Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität dgti e.V.

M. +49 175 6395556 |E. bundesgeschaeftsstelle@dgti.org 

 

Bundesverband Trans* e.V.

M. +49 177 | E. presse@bv-trans.de