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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

§175 StGB: 123 Jahre Leid und Unterdrückung von Homosexuellen

LSVD gedenkt der Streichung des Unrechtsparagraphen vor 25 Jahren

Pressemitteilung vom 10.06.2019

Vor 25 Jahren, am 11. Juni 1994 wurde in Deutschland §175 StGB gestrichen. Der Paragraph kriminalisierte über 100 Jahre sexuelle Handlungen unter Männern. Am 10. März 1994 beschloss der Deutsche Bundestag die endgültige Streichung des Unrechtsparagraphen – 123 Jahre nach seiner Einführung. Am 11. Juni 1994 trat schließlich die Reform in Kraft. Helmut Metzner, Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) erklärt hierzu:

Dass heute lesbische und schwule Paare heiraten, Lesben und Schwule Familien gründen können, ist keine Selbstverständlichkeit, sondern Ergebnis eines über Jahrzehnte andauernden Kampfes der homosexuellen Emanzipationsbewegung und ihrer Verbündeten.

Wir müssen uns daran erinnern, dass unter dem verschärften nationalsozialistischen Schandparagraphen 175, der auch in der Bundesrepublik Deutschland jahrzehntelang fortbestand, das Leben von Menschen systematisch zerstört wurde. Junge Menschen können es kaum glauben, wenn man ihnen heute erzählt, dass unser Staat Menschen ins Gefängnis steckte, nur weil sie anders liebten. Erst 2017 konnte die Aufhebung der meisten nach 1945 erfolgten Verurteilungen wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen erkämpft und Entschädigungen erstritten werden. Bei deren Ausgestaltung in der Praxis sind immer noch Verbesserungen nötig.

Zur Geschichte der Unterdrückung gehören auch die Eingriffe an intergeschlechtlichen Menschen. Viele werden bis heute im Säuglings-, Kindes- oder Jugendalter ohne eigene Einwilligung medizinischen Zwangsbehandlungen unterzogen. Auch transgeschlechtliche Menschen mussten sich lange Zeit in Deutschland operativen Eingriffen unterziehen und sich sterilisieren lassen, um personenstandsrechtlich im empfundenen und gelebten Geschlecht Anerkennung zu finden. Diese vom Gesetzgeber erzwungenen Menschenrechtsverletzungen müssen endlich anerkannt und die Opfer entschädigt werden.

Wegen der langen Geschichte von Verfolgung und Unterdrückung hat Deutschland heute eine besondere Verantwortung für Menschen, die wegen ihrer Homosexualität, als Trans* oder intergeschlechtliche Menschen in ihrer Heimat verfolgt werden und bei uns Schutz suchen. Ein Land mit der schrecklichen Geschichte des § 175 StGB muss diesen Menschen nicht nur Schutz bieten, sondern es darf niemals andere Länder mit einer ähnlichen homosexuellenfeindlichen Gesetzgebung zu "sicheren Herkunftsstaaten" erklären.

LSVD-Bundesverband

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Pressesprecher*in Kerstin  Thost

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Helmut Metzner