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Fachtag Mehrelternschaft
Fachworkshop
„Mehrelternschaft in Deutschland und den Niederlanden - mögliche Wege der rechtlichen Absicherung“
Datum: 11. April 2024, 11-17 Uhr
Ort:Deutsches Institut für Menschenrechte, Zimmerstraße 26-27, 10969 Berlin
Zielgruppe: Fachkräfte aus den Rechtswissenschaften, Beratung, Politik, Wohlfahrtverbänden, Stiftungen sowie Aktivist*innen und Mehrelternfamilienteile.
Anmeldung: online bis 4. April 2024. Die Plätze sind auf 30 begrenzt.
Es ist eines der großen Streitthemen unserer Zeit: Wer ist eigentlich Familie? Für unsere Rechtssysteme spielen die biologischen Verbindungen nach wie vor die Hauptrolle. Familie ist demnach die soziale Einheit, die aus leiblichen Eltern und Kindern besteht. Dieses Mutter-Vater-Kind-Prinzip ist maßgeblich und doch kann es die Realität nicht (mehr) komplett abbilden.
Kinder haben mitunter mehr als zwei Eltern, die sich tagtäglich um sie kümmern, Verantwortung übernehmen und Geborgenheit schenken. Doch auf dem Papier sieht das anders aus: bis heute gibt es kein Land in Europa, das mehr als zwei rechtliche Elternteile anerkennt. Familienmitglieder werden auf diese Weise de jure zu Fremden erklärt. Für Kinder, die in Mehrelternkonstellationen aufwachsen, bedeutet das viele praktische und rechtliche Nachteile.
In den Niederlanden hat sich eine Staatskommission schon vor einigen Jahren mit dem Thema befasst und empfohlen, rechtliche Elternschaft für bis zu vier Personen zu ermöglichen. Die niederländische Regierung hat die Empfehlungen in einem Brief an die Abgeordnetenkammer im Oktober 2023 befürwortet. Der deutsche Bundesjustizminister hat hingegen kürzlich Eckpunkte vorgelegt, die zwar die Absicherung vielfältiger Familienmodelle ermöglichen wollen und dabei auch Mehrelternfamilien im Blick haben, am rechtlichen Zwei-Eltern-Prinzip jedoch nicht rütteln wollen. Ist das noch zeitgemäß, oder ist das niederländische Modell auch ein Modell für Deutschland?
Dazu laden der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD), die Stiftung „Meer Dan Gewenst“ aus den Niederlanden und das Netzwerk der Europäischen Regenbogenfamilienverbände (NELFA) zu einem Fachworkshop am 11. April 2024 in Berlin ein.
Ziel ist es, den Stand der Dinge zu ermitteln und mögliche Wege der rechtlichen Absicherung von Mehrelternfamilien zu erarbeiten:
- Mit welchen rechtlichen Fragen sehen sich Mehreltern-Familien bei der Planung ihres Familienmodells, im Familienalltag und bei Trennungen konfrontiert?
- Welche rechtlichen Ideen und Lösungsvorschläge liegen bisher vor?
- Gibt es berechtigte Gründe, am Zwei-Eltern-Prinzip festzuhalten oder bedarf es einfach mehr Mut, um Mehrelternfamilien rechtlich besser abzusichern?
- Was sind die Anforderungen an ein zeitgemäßes Familienrecht im Rahmen der bevorstehenden Reform?
- Was können wir aus dem niederländischen Prozess für unsere eigene rechtspolitische Arbeit lernen?
Zum Fachworkshop erwarten wir u.a. Beiträge von
- Wilma Eusman, niederländische Juristin und Aktivistin, Mitglied des Euro LGBT Family Law Institute, 2014 bis 2016 Mitglied der niederländischen Staatskommission zur Neubewertung von Elternschaft
- Prof. Dr. Anne Sanders, M.Jur. (Oxford), deutsche Rechtswissenschaftlerin, Mitglied der Kommission Familien-, Erb- und Zivilrecht des Deutschen Juristinnenbunds, Autorin der 2018 erschienenen Habilitationsschrift „Mehrelternschaft“
- Dr. Christine Wagner, Gründerin der deutschen Co-Parenting-Plattform „familyship“ und Teil einer Regenbogenfamilie
Am Abend ist ab 19 Uhr eine Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen der deutschen und niederländischen Politik und Zivilgesellschaft und Mehrelternfamilien sowie anschließendem Get-Together geplant. Hierfür ist eine gesonderte Anmeldung erforderlich.
Workshopunterlagen