Verbot von gefährlichen Konversionsbehandlungen wichtiger Schritt
LSVD fordert Nachbesserungen im parlamentarischen Verfahren
Heute hat das Kabinett ein Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen beschlossen. Damit sollen Behandlungen an Minderjährigen verboten und unter Strafe gestellt werden, welche auf die Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität gerichtet sind. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Sprecherin des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):
Konversionsbehandlungen sind gefährlich und führen zu unfassbarem Leid bei den Betroffenen. Daher begrüßt der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Schutz vor Konversionsbehandlungen und insbesondere die erfolgte Verschärfung bezüglich des Schutzalters. Gesundheitsminister Spahn ist hier auf die breite Kritik an der geplanten Ausnahmeregelung eingegangen. Für eine effektive Ächtung dieser Angebote fordert der LSVD jedoch Nachbesserungen bezüglich der Schutzaltersgrenze, der nichtöffentlichen Werbung sowie bei den Ausnahmeregelungen hinsichtlich der Strafbarkeit. Für den LSVD ist zudem klar, dass es neben dem gesetzlichen Verbot für die effektive Ächtung ein Maßnahmenpaket braucht.
Der Regierungsentwurf soll die Durchführung von Behandlungen an Volljährigen erlauben, wenn eine informierte Einwilligung vorliegt. Das hält der LSVD für verfehlt. Zumindest sollte in Anlehnung an die Sozialgesetzgebung eine Schutzaltersgrenze von 26 Jahren vorgesehen werden. Bei jungen Menschen in der Altersgruppe zwischen 18 und 26 Jahren ist vielfach ein vergleichbarer Schutzbedarf wie bei Minderjährigen gegeben, gerade auch was Coming-out-Verläufe und familiäre Abhängigkeiten angeht. Die Sicherstellung des psychischen und physischen Wohlergehens von LSBT und der Schutz vor Schäden durch Konversionsbehandlungen sind Aufgabe des Staates. Daher fordert der LSVD auch, dass die Ausnahme der Strafbarkeit für diejenigen, welche als personensorgeberechtigte Personen handeln ersatzlos gestrichen wird. Die Eltern haben gerade eine besondere Pflicht, ihre Kinder vor gefährlichen Behandlungen zu schützen.
Grundsätzlich finden wir die Idee einer wirksamen informierten Einwilligung in eine Konversionsbehandlung insgesamt rechtlich sehr bedenklich. Nach medizinrechtlichen Grundsätzen kann es eine informierte Einwilligung in Konversionsbehandlungen bereits deshalb nicht geben, weil es an einer behandlungsbedürftigen Diagnose und damit an einer erforderlichen Behandlung fehlt. Daher müsste die Anwendung sogenannter Konversionstherapien gegenüber Erwachsenen ebenfalls von der Rechtsordnung geächtet und jegliches Werben für solche Angebote und das Vermitteln dorthin unabhängig vom Alter der Zielgruppe grundsätzlich effektiv unterbunden werden.
Der LSVD fordert die umfassende gesellschaftliche Ächtung dieser Behandlung. Neben dem gesetzlichen Verbot ist es aus Sicht des LSVD dringend erforderlich, auch die ausgeprägte Homo-und Transphobie zu adressieren, auf denen diese Angebote basieren. Vor allem religiöse Autoritäten wie die Deutsche Bischofskonferenz oder die EKD müssen öffentlich vor solchen gefährlichen Pseudo-Therapien warnen. Zudem muss das Thema in die Lehrpläne der Schulen aufgenommen werden, um gerade Kinder und Jugendliche vor diesen gefährlichen Angeboten effektiv zu schützen. Es darf auch etwa keinerlei öffentliche Förderung für Institutionen geben, die solche „Behandlungen“ anbieten oder empfehlen. Ein eventueller Status der Gemeinnützigkeit oder als freier Träger der Jugendhilfe sollte aberkannt werden. Organisationen, die diese Angebote befürworten, vermitteln oder anbieten, sollten mit Ausschluss aus Wohlfahrtsverbänden rechnen müssen.
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