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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare: Fragen und Antworten

Kann die Ehe für Alle wieder abgeschafft werden? Warum gab es keine Gleichstellung im Abstammungsrecht?

Was hat sich durch die gleichgeschlechtliche Ehe geändert? Wie weit war die Gleichstellung zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft? Kann die Ehe für Alle wieder abgeschafft werden? Warum gab es mit dem Eheöffnungsgesetz keine Gleichstellung im Abstammungsrecht? 

Im Juni 2017 überschlugen sich die Ereignisse. An einem Montag gab Angela Merkel bei einem Interview mit der Zeitschrift "Brigitte" eine sehr verschwurbelte Antwort. Am Ende der Woche wurde die Eheöffnung für gleichgeschlechtliche Paare am letzten Sitzungstag vor der Bundestagswahl im Bundestag beschlossen.

Inhaltsverzeichnis

1. Seit dem 01. Oktober 2017 ist das Eheöffnungsgesetz in Kraft: In Deutschland dürfen seit dem auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten.

2. Kann die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wieder abgeschafft werden?

3. Kann gegen die Ehe für Alle geklagt werden?

  • Klage durch Bundesregierung, Landesregierung oder ein Viertel der Bundestagsabgeordneten
  • Klagen durch einzelne Bürger*innen

4. Was hat sich durch die Ehe für alle im Vergleich zur Eingetragenen Lebenspartnerschaft geändert? Wie weit war die rechtliche Gleichstellung?

5. Was ändert sich für Regenbogenfamilien? Die Eheöffnung und Abstammungsrecht

6. Warum wurde die Stiefkindadoption nicht zusammen mit der Eheöffnung abgeschafft?

7. Die Ehe ist heilig. Die Ehe wird vor Gott geschlossen und schon in der Bibel …

1. Seit dem 01. Oktober 2017 ist das Eheöffnungsgesetz in Kraft: In Deutschland dürfen seit dem auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten.

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Das "Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts" (Eheöffnungsgesetz) ist am 01.10.2017 in Kraft getreten. Das Gesetz beruht auf einem Gesetzentwurf des Bundesrats vom 11.11.2015, den der Bundestag knapp zwei Jahre später am 30. Juni 2017 unverändert verabschiedet hat. Der 30.06.2017 war der letzte Sitzungstag des Bundestages vor der Bundestagswahl im Herbst 2017.

Seit dem 01.10.2017 können gleichgeschlechtliche Paare keine Lebenspartnerschaft mehr eingehen, sondern "nur noch" heiraten. Eingetragene Lebenspartnerschaften können in Ehen umgewandelt werden, müssen aber nicht. Das Lebenspartnerschaftsgesetz gilt deshalb nur noch für Lebenspartnerschaften, die vor dem 01.10.2017 geschlossen und nicht in Ehen umgewandelt wurden.

Bereits 1990 forderte der damalige Schwulenverband in Deutschland (SVD) mit seinem ersten Grundsatzprogramm die Eheöffnung für gleichgeschlechtliche Paare. Im August 1992, hat unser Verband die „Aktion Standesamt“ organisiert. 250 lesbische und schwule Paare haben damals bundesweit auf Standesämtern das Aufgebot bestellt und für sich das Recht auf Eheschließung eingefordert. Seitdem kämpfte der LSVD zusammen mit immer mehr Verbündeten auf allen Ebenen für die Öffnung der Ehe."

2. Kann die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wieder rückgängig gemacht werden?

Die AfD ist die einzige Partei im Bundestag, die die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wieder abschaffen möchte. 2018 hat die rechtspopulistische und in Teilen rechtsextreme Partei einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. Die Familien-, Bildungs- und Gleichstellungspolitik der AfD ist prinzipiell ein Frontalangriff auf Emanzipations- und Gleichstellungserfolge von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen.

Die Eheöffnung wurde 2017 mit einer sehr großen Mehrheit und Stimmen aus allen damals im Parlament vertretenen Parteien verabschiedet. Inzwischen hat auch die Union ihren Frieden mit der Entscheidung gemacht. Selbst die beiden von der bayerischen CSU-Regierung nach der Eheöffnung in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten folgen der Argumentation des LSVD, dass die Ehe für alle auch im Einklang mit Artikel 6 des Grundgesetzes steht. Folglich war für das Ende der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare durch die Eheöffnung auch keine Grundgesetzänderung notwendig.

Die angeblichen rechtlichen Vorbehalte der AfD sind vorgeschoben und auf absolut dünnen verfassungsrechtlichem Eis. Die AfD will spalten und ausgrenzen und sich nicht damit abfinden, dass für die große Mehrheit in diesem Land längst gilt: Nicht das Geschlecht, sondern Liebe, Zusammenhalt und das Versprechen, in guten wie in schlechten Zeiten füreinander da zu sein, machen das Eheverständnis aus.

Inzwischen hat sich die Änderung des Eheverständnisses noch dadurch vertieft, dass die Öffnung der Ehe schon mehrere Jahre zurückliegt und allein schon bis Ende 2019 an die 48.000 gleichgeschlechtliche Paare ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt oder geheiratet haben. Die Bevölkerung hat sich inzwischen daran gewöhnt, dass auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten können und dass der Begriff "Ehe" nicht mehr auf verschiedengeschlechtliche Paare beschränkt ist, sondern auch gleichgeschlechtliche Paare umfasst.

Deshalb kann der Bundestag die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare nicht mehr durch einfaches Bundesgesetz wieder rückgängig machen. Das ginge nur durch ein verfassungsänderndes Gesetz, also mit den Stimmen von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und mit zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates (Art. 79 Abs. 2 GG). Dass diese Mehrheiten jemals zusammenkommen, ist nicht zu erwarten.

Außerdem könnte der Gesetzgeber die Rechte der schon bestehenden zahlreichen gleichgeschlechtlichen Ehen nicht beschneiden. Er könnte deshalb höchstens - mit verfassungsändernder Mehrheit! - bestimmen, dass gleichgeschlechtliche Ehepaare in Zukunft nicht mehr "Ehen", sondern nur noch "Lebenspartnerschaften" genannt werden dürfen. Dann aber müsste er aufgrund des Gleichbehandlungsgebotes des Art. 3 Abs. 1 GG auch den noch nicht verheirateten gleichgeschlechtlichen Paaren gestatten, eine "Lebenspartnerschaft" einzugehen, die sich nur im Namen von der Ehe unterscheidet.

3. Kann gegen die Ehe für Alle geklagt werden?

Nur die Bundesregierung, eine Landesregierung oder ein Viertel der Mitglieder des Bundestages kann gegen ein Gesetz klagen. Einzelne Bürger*innen können nur unmittelbar gegen ein Gesetz klagen, wenn sie geltend machen, dass sie dadurch in einem ihrer Grundrechte verletzt werden. Das ist bei dem Eheöffnungsgesetz nicht denkbar.

Klage durch Bundesregierung, Landesregierung oder ein Viertel der Bundestagsabgeordneten

Von den Bundestagsfraktionen ist - außer von der AfD - keine Klage zu erwarten. Die Fraktion der AfD hat für eine Klage nicht genug Mitgliedern. Von den Bundesländern hat sich bislang außer Bayern niemand zu einer Klage geäußert. Die bayerische Staatsregierung hatte vor der Bundestagswahl im September 2017 mitgeteilt, dass sie zu Prüfung der Erfolgsaussichten einer Klage zwei Rechtsgutachten in Auftrag gegeben habe. Am 06.03.2018 hat sie bekannt gegeben, dass sie wegen mangelnder Erfolgsaussichten nicht gegen die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare klagen wolle. In der Pressemitteilung heißt es:

„Die zentralen Aussagen der Gutachten sind:

  • Nach einer Gesamtabwägung sind die Erfolgsaussichten einer Normenkontrollklage als gering anzusehen. Gewichtige Gründe sprechen für die Verfassungsmäßigkeit des „Ehe für alle“-Gesetzes und somit gegen eine Klageerhebung.
  • Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wurde nicht überschritten. Aufgrund des gesellschaftlichen Wandels, der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abgebildet ist, ist die Verschiedengeschlechtlichkeit kein exklusives und damit kein prägendes Strukturmerkmal der Ehe mehr. Diesen Wandel belegen auch die Einführung gleichgeschlechtlicher Ehen in anderen Staaten und die positive Bewertung derselben durch andere Verfassungsgerichte.
  • Die Ehe genießt trotz der aktuellen Öffnung für gleichgeschlechtliche Paare weiterhin hohen Verfassungsrang. Eine Klage ist auch nicht erforderlich, um weiteren Aufweichungen des Ehebegriffs wie z.B. Vielehen oder Ehen auf Zeit den Riegel vorzuschieben. (…)"

Die Staatsregierung hat von Anfang an deutlich gemacht, dass sich eine mögliche Klage nicht gegen gleichgeschlechtliche Lebenspartner richten würde, sondern ausschließlich zur Schaffung der notwendigen Rechtsklarheit durch Klärung der verfassungsrechtlichen Fragen dienen sollte. Nach dem Ergebnis des Gutachtens ist diese Rechtsklarheit nun auch ohne Klage hergestellt. Hierfür war auch die juristische Feststellung der Gutachter wichtig, dass in Deutschland geschlossene Vielehen oder befristete Ehen unmöglich sind.“

Klagen durch einzelne Bürger*innen

Die einzelnen Bürge*innenr können nicht unmittelbar gegen ein Gesetz klagen, sondern nur, wenn sie geltend machen, dass sie durch die öffentliche Gewalt in einem ihrer Grundrechte oder in einem ihrer in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen Rechte verletzt worden sind (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG).

Das ist bei dem Eheöffnungsgesetz nicht denkbar. Das Gesetz hindert niemand, seine Ehe fortzuführen oder zu heiraten. Durch die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wird niemand etwas weggennommen. Eine Klage wäre auch aussichtslos. Im Artikel 6 Abs. 1 GG wird nicht definiert, was eine Ehe ist. Das Bundesverfassungsgericht geht deshalb davon aus, dass für den Begriff "Ehe" das maßgebend ist, was die Allgemeinheit als Ehe ansieht.

Demgemäß hat das Bundesverfassungsgericht 1993 die Klagen der Paare, die an unserer Aktion Standesamt teilgenommen hatten, mit der Begründung abgewiesen, dass sich das Eheverständnis noch nicht gewandelt habe. Inzwischen ist der Wandel da. Die Leute sagen: "Die beiden Frauen sind verheiratet." Niemand sagt: "Sie leben in einer eingetragenen Partnerschaft." Und um uns herum haben viele Staaten die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Der Wandel ist offenkundig. Deshalb brauchte das Grundgesetz nicht geändert zu ändern.

Der Begriff „Ehe“ in Art. 6 Abs. 1 GG umfasst aufgrund des Wandels des Eheverständnisses auch gleichgeschlechtliche Ehen. Sie sind deshalb durch Art. 6 Abs. 1 GG genauso geschützt wie verschiedengeschlechtliche Ehen. Der Gesetzgeber hat durch die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare nur den Rechtswandel nachvollzogen, der durch die Änderung des Eheverständnisses bewirkt worden ist (siehe ausführlich die Stellungnahme von Manfred Bruns bei der Anhörung 28.09.2015 im Rechtsausschuss des Bundestages).

4. Was hat sich durch die Ehe für alle im Vergleich zur Eingetragenen Lebenspartnerschaft geändert? Wie unterschieden sich Ehe und Eingetragene Lebenspartnerschaft noch?

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Am 30. Juni 2017 hat der Bundestag für die Ehe für alle entschieden. Das ist ein historischer Tag! Nicht nur für Lesben und Schwule, sondern auch für eine gerechtere und demokratischere Gesellschaft. Ob man in Deutschland heiraten darf oder nicht entscheidet, zukünftig nicht mehr das Geschlecht, sondern Liebe, Zusammenhalt und das Versprechen, in guten wie in schlechten Zeiten füreinander da zu sein.

Es ist das Ende einer Diskriminierung, einer Ungleichbehandlung ohne gerechtfertigte Begründung. Für das Eheverbot für Lesben und Schwule gibt es keine rationalen Argumente. Gleichzeitig macht das Eheverbot damit deutlich, dass man die Liebe und Partnerschaft zwischen zwei Männern bzw. zwei Frauen für weniger wert hält als die Liebe zwischen Mann und Frau. Das ist dann eindeutig eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, sprich Homophobie. Was unterscheidet die Liebe in hetero- und homosexuellen Partnerschaften jedoch voneinander? Unser Meinung nach: Nichts!

Seit dem 01.08.2001 war in Deutschland das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft. Erstmals in der Geschichte unseres Landes konnten gleichgeschlechtliche Paare damals eine rechtlich anerkannte Verbindung eingehen. Allerdings hatten Lebenspartner*innen zunächst zwar dieselben Verpflichtungen wie Eheleute, aber kaum Rechte. 

Das hat sich im Laufe der Jahren vor allem durch mehrere Entscheidungen vom Bundesverfassungsgericht grundlegend geändert. Die Eingetragene Lebenspartnerschaft war mit der Ehe im Sozialrecht, im Steuerrecht, im Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrecht und in Hinblick auf die Sozialversicherung mit geringfügigen Unterschieden bei Einzelfragen gleichgestellt. Das heißt die Eingetragene Lebenspartnerschaft war bis zur Eheöffnung in allen Rechtsbereichen mit Ehepaaren gleichgestellt, ausgenommen das Abstammungsrecht und die gemeinschaftliche Adoption.  

Unterschiede gab es bei der Adoption. Ehepaare können ein Kind gemeinschaftlich adoptieren und sind dann rechtlich gemeinschaftliche Eltern des Kindes (§ 1754 Abs. 1 BGB). Verpartnerte Paare konnten ein Kind nur nacheinander adoptieren, waren dann aber ebenfalls gemeinschaftliche Eltern des Kindes (§ 9 Abs. 7 LPartG i.V.m. § 1754 Abs. 1 BGB). Mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare erfolgte die Gleichstellung im gemeinsamen Adoptionsrecht. Für verheiratete Lesben oder Schwule gilt nunmehr § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB: "Ein Ehepaar kann ein Kind nur gemeinschaftlich annehmen."

Unterschiede gibt es weiterhin im Abstammungsrecht. Inzwischen werden immer mehr Kinder in die Lebenspartnerschaften von zwei Frauen hineingeboren. Diese Kinder sind rechtlich nur Kinder der leiblichen Mütter. Die Co-Mütter werden erst durch eine Stiefkindadoption zum zweiten rechtlichen Elternteil des Kindes. Das Verfahren zieht sich oft lange hin. Das ehelich geborene Kind hat dagegen von Geburt an zwei Elternteile (§ 1592 Nr. 1 BGB). Für das uneheliche Kind besteht durch Anerkennung der Vaterschaft (§§ 1592 Nr. 2, 1594 ff. BGB) schon vor der Geburt, aber auch zeitnah nach der Geburt, die Möglichkeit, zwei Elternteile zu haben. Daran hat sich durch die Eheöffnung leider nichts geändert.

5. Was ändert sich für Regenbogenfamilien? Die Eheöffnung und das Abstammungsrecht

Das Eheöffnungsgesetz hat an den Abstammungsregeln nichts geändert. Mutter eines Kindes ist weiterhin nur die Frau, die das Kind geboren hat (§ 1591 Mutterschaft BGB). Für Kinder, die in eine Ehe hineingeboren werden, bestimmt zwar § 1592 Nr. 1 BGB, dass der Ehemann der zweite rechtliche Elternteil des Kindes ist, gleichgültig ob er tatsächlich der biologische Vater des Kindes ist oder nicht. Aber diese Vorschrift ist nicht um die „Ehefrau der Mutter“ erweitert worden. Die Stiefkindadoption ist bis heute für Zwei-Mütter-Familien die einzige Möglichkeit, die gemeinsame rechtliche Elternschaft und die damit verbundene Absicherung zu erreichen.

Wir fordern: Die Reform des Abstammungsrechts darf nicht weiter verschleppt werden! Beide Mütter müssen von Geburt an gleichberechtigte Eltern ihres Kindes sein können. Ein modernes Abstammungsrecht muss alle Regenbogenfamilien zudem in ihrer Vielfalt endlich rechtlich anerkennen und absichern! Die jetzige rechtliche Diskriminierung geht zu Lasten der Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien. Kein Kind darf jedoch aufgrund seiner Familienform benachteiligt werden.

6. Warum wurde die Stiefkindadoption nicht zusammen mit der Eheöffnung abgeschafft?

Die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und die Reform des Abstammungsrechts im Hinblick auf die neuen Familienformen und die neuen medizinisch-technischen Zeugungsmöglichkeiten sind verschiedene Rechtsbereiche.

Um die Öffnung der Ehe wird in der Öffentlichkeit seit unserer Aktion Standesamt im August 1992 diskutiert. Die Zustimmung hat im Laufe der Jahre immer mehr zugenommen. Das Problem ist rechtlich sehr einfach zu lösen. Das sieht man an dem Gesetzentwurf, den der Bundestag am 30.06.2017 verabschiedet hat. Das Gesetz passt auf zwei Seiten.

Das ist bei der Reform des Abstammungsrechts anders. Die Diskussion ist erst in den letzten Jahren in Gang gekommen. Die Probleme sind sehr kompliziert. Es hätte nicht genügt, § 1591 BGB um den Satz zu ergänzen, „Mutter eines Kindes ist außerdem die Frau, die zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist.“ Denn daran knüpfen sich viele weitere Fragen wie z.B.: Wie ist die Rechtslage, wenn die Co-Mutter mit der Schwangerschaft ihrer Frau nicht einverstanden war? Kann sie dann ihre Co-Mutterschaft anfechten? Kann der Samenspender die Mutterschaft der Co-Mutter anfechten? Wird er dann gegen den Willen der Frauen rechtlicher Vater des Kindes? Wie ist die Rechtslage, wenn die Beteiligten etwas anderes vereinbart hatten? Wie ist die Rechtslage bei unverheirateten Frauenpaaren? usw. usw. 

Das Gutachten des "Arbeitskreises Abstammungsrecht" beim Bundesjustizministerium für Justiz und Verbraucherschutz ist erst nach der Öffnung der Ehe am 04.07.2017 veröffentlicht worden. Das Ministerium muss jetzt auf der Grundlage dieses Gutachtens einen Gesetzentwurf formulieren.

Das heißt, die Diskussion um die Öffnung der Ehe war abgeschlossen und die Frage entscheidungsreif. Das traf dagegen für die Reform des Abstammungsrechts nicht zu.
Deshalb war es politisch richtig, die Öffnung der Ehe zu begrüßen, und sie nicht durch die Forderung zu blockieren, dass die Ehe erst geöffnet werden darf, wenn zugleich das Abstammungsrecht reformiert wird. Der 30.06.2017 war der letzte Sitzungstag des Bundestages in dieser Wahlperiode.

7. Die Ehe ist heilig. Die Ehe wird vor Gott geschlossen und schon in der Bibel …

Zu allererst geht es um die Ehe als zivilrechtliche Institution, d.h. die staatliche Ehe. Daneben gibt es noch das, was wir im Kirchenrecht unter Ehe verstehen. Man sollte also nicht das kirchliche Recht mit dem staatlichen vermischen.

Die Bedeutung und das Verständnis dafür, was unter eine Ehe zu verstehen ist, hat sich in der Geschichte immer verändert. Lange Zeit ging es bei der Heirat um Statussicherung, Friedenssicherung. Erst seit dem 18. Jh. wird eine Liebeshochzeit als romantisches und auch bürgerliches Ideal gesehen.

Immer mehr evangelische Landeskirchen kennen heutzutage die Partnerschaften von Lesben und Schwulen an. Die Landeskirchen in Hessen, Rheinland, Berlin-Brandenburg-Oberlausitz und in Baden machen keinen Unterschied mehr, sondern trauen auch homosexuelle Paare. Die meisten anderen Landeskirchen bieten zumindest Segnungen an.

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