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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD⁺)

Taliban verfolgen, vergewaltigen und ermorden LSBTIQ* in Afghanistan seit nunmehr vier Jahren

LSVD⁺ fordert: Deutschland muss sein Wort halten und die bereits im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms nach Pakistan ausgereisten LSBTIQ* retten

Pressemitteilung vom 15.08.2025

Berlin, 15. August 2025. Heute jährt sich die Machtübernahme der Taliban in der afghanischen Hauptstadt Kabul zum vierten Mal. In Afghanistan verfolgen, vergewaltigen und ermorden die Taliban systematisch queere Menschen. Die Bundesregierung unter Kanzler Scholz hatte im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan mit der Rettung lesbischer, schwuler, bisexueller, trans* und intergeschlechtlicher sowie weiterer queerer Menschen (LSBTIQ*) aus Afghanistan begonnen. Im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung unter Merz heißt es, dass alle Aufnahmeprogramme – soweit wie möglich – beendet werden sollen. Alva Träbert aus dem Bundesvorstand des LSVD⁺ - Verband Queere Vielfalt erklärt hierzu:

Die Taliban streben die systematische Vernichtung queeren Lebens in Afghanistan an. Die afghanische Mehrheitsgesellschaft trägt einen Großteil der Verfolgung mit: Familien verstoßen oft queere Angehörige oder töten sie selbst. LSBTIQ* sind betroffen von Ausbeutung, Zwangsheirat, sexualisierter Gewalt. Kontakt zu anderen queeren Personen ist aus Sicherheitsgründen fast unmöglich. Das am 31. Juli 2024 erlassene „Gesetz zur Förderung der Tugend und zur Verhinderung des Lasters“ verbietet explizit gleichgeschlechtliche Beziehungen sowie deren „Unterstützung“. Der VN-Sonderberichterstatter für Afghanistan, Richard Bennett, berichtet regelmäßig über die massive Gewalt der Taliban durch die Familien und die Gesellschaft. Im Juli hat der Internationale Strafgerichtshof erstmals Haftbefehle gegen Vertreter der Taliban wegen geschlechtsspezifischer Gewalt erlassen und auch die Gewalt gegen LSBTIQ* benannt.

Rund vierhundert queere Afghan*innen, denen Deutschland mithilfe des Bundesaufnahmeprogrammes die Rettung vor dem sicheren Tod versprochen hat, droht nun – nach ihrer erfolgreichen Ausreise nach Pakistan – durch eine unkoordinierte Beendigung des Aufnahmeprogramms die Abschiebung nach Afghanistan und dort ihre grausame Ermordung. Die Bundesrepublik hat Menschen, die in Afghanistan durch die Taliban entrechtet, gefoltert und ermordet werden, mit der Einrichtung des Bundesaufnahmeprogramms ein Versprechen gegeben. Es ist nun ihre einzige Hoffnung.

Wir erwarten, dass die Aufnahme aller bereits nach Pakistan ausgereisten LSBTIQ*, die in dem Aufnahmeprogramm registriert sind, zu Ende bearbeitet wird. Bei einer unkoordinierten und überstürzten Beendigung des Bundesaufnahmeprogramms zahlen queere Menschen den höchsten Blutzoll. Wer nicht bald eine Aufnahmezusage erhält, wird gewaltsam nach Afghanistan abgeschoben werden. Diese rund vierhundert Personen, die sich auf das Wort der Bundesregierung verlassen haben, dürfen nicht in den sicheren Tod geschickt werden. 

Hintergrund:

Afghanische LSBTIQ* sind eine extrem vulnerable Gruppe und in Afghanistan akut von Verfolgung bedroht. Gerade diese Bedrohung sorgt wiederum dafür, dass sie bisher nur einen stark unterrepräsentierten Zugang zu deutschen Aufnahmeprogrammen hatten. In den bisherigen humanitären Aufnahmen aus Afghanistan (Menschenrechtsliste, Überbrückungsprogramm, Bundesaufnahmeprogramm) sind nur etwa 1 % der ausgewählten Menschen LSBTIQ*.[1]

Weiterlesen:

 

[1] Laut Drucksache 20/15087 (https://dserver.bundestag.de/btd/20/150/2015087.pdf ), Frage 34, Antwort Parl. StS Özdemir vom 7. März 2025 sind Stand Ende Februar 2025 insgesamt 36.054 Personen seit 15. Februar 2021 mit den vier Programmen eingereist (Ortskräfteverfahren, der Menschenrechtsliste, des Überbrückungsprogramms und des Bundesaufnahmeprogramms) – davon 15.253 mit den drei humanitären Programmen. Laut Informationen des LSVD+ sind bis Ende Februar 2025 etwa 180 LSBTIQ* Personen aus Afghanistan mit den drei humanitären Programmen ausgeflogen worden. Das sind 0,5 % aller Aufnahmen und 1,2 % der Aufnahmen in den humanitären Programmen.

 

LSVD⁺-Bundesverband

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