Diskriminierungserfahrungen von LSBT im Sport
Ergebnisse der Studie "Outsport – Sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität und Sport"
Im Rahmen des Projekts Outsport hat die Deutsche Sporthochschule Köln die erste flächendeckende europäische Studie zur Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und/oder Geschlechtsidentität im Sport durchgeführt. Die 2019 veröffentlichten Ergebnisse spiegeln die Erfahrungen von 5.500 von lesbischen, schwulen, bisexuellen und transgeschlechtlichen Menschen (LSBT) aus allen 28 EU-Mitgliedstaaten. Hier dokumentieren wir die Ergebnisse der 858 befragten Personen aus Deutschland.
Sportlich aktiv und geoutet in welchen Sportarten?
85 % der Befragten waren in den letzten 12 Monaten sportlich aktiv. Die überwiegende Mehrheit trieb dabei Individualsportarten wie Joggen, Schwimmen oder Fitness (73 % gegenüber 24 % Teamsportarten) vor allem als Hobby (68 % gegenüber 24 % im Wettkampf- und 5 % im Hochleistungsbereich).
42 % übten ihren Sport in einem Sportverein aus, jede*r fünfte Befragte allein (21 %) oder in kommerziellen Einrichtungen (20 %). Immerhin 16 % übten ihren Sport in Vereinen bzw. Organisationen speziell für LSBTI aus.
Sind sie beim Sport geoutet?
- 51 % sind (fast jeden gegenüber) geoutet (EU-Durchschnitt: 36 %)
- 40 % in Mainstream-Sportsettings ohne LSBTI-Bezug
- 71 % in Teamsportarten (EU: 51 %)
Teilhabe, Ausgrenzung und Diskriminierungserfahrungen
Teilhabe? Ein Fünftel der Befragten fühlt sich aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität von bestimmten Sportarten ausgeschlossen. Dies gilt vor alllem für trans* Personen (56 %) und inbesondere trans* Männer (73 %).
Von welchen Sportarten fühlen sich die Befragten ausgeschlossen?
- Fußball (27 %)
- Schwimmen (26 %)
- Tanzen (12 %)
- Kampfsport (11 %)
- Boxen (8 %)
96 % meinen, dass es im Sport ein Problem mit Homophobie gibt und 95 %, dass es ein Problem mit Transphobie gibt. Dies gilt insbesondere für die Sprache - hier sehen vier von fünf Befragten allgemein ein Problem im Sport.
- Homo-/transphobe Sprache wird vor allem in Teamsportarten (63 %) sowie auf höheren Leistungsebenen (65 %) beobachtet.
- Fast die Hälfte (45 %) erlebt das in ihrer ausgeübten Sportart, 78 % fühlen sich davon gestört bzw. diskriminiert.
16 % der aktiven Sportler*innen haben in den letzten 12 Monaten persönliche negative Erfahrungen im Sport aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität gemacht. Das gilt insbesondere für trans* Personen (40 %) (im Vergleich zu 9 % der cisgeschlechtlichen Befragten).
Welche negativen Erfahrungen haben 16 % der aktiven Sportler*innen gemacht?
- 81 % berichten von verbalen Beschimpfungen / Beleidigungen
- 71 % von Diskriminierung
- 40 % von verbalen Bedrohungen
- 36 % von digitalem Mobbing
- 32 % erlebten körperliche Grenzüberschreitung
- 21 % gar körperliche Gewalt
Reaktionen auf negative Erfahrungen und Hasskriminalität
92 % melden homo- bzw. transphobe Anfeindungen nicht an offizielle Stellen. Warum nicht?
- 40 % nehmen die Belästigungen als unbedeutendes Problem wahr
- 38 % bezweifeln ein wirkungsvolles Eingreifen
- Nur eine*r von vier Befragten kennt mögliche Anlaufstelle im Bereich Sport
- 47 % kennen gar keine Anlaufstelle
Handlungsempfehlungen der Deutschen Sporthochschule Köln
- offene und proaktive Haltung insbesondere von Sportfachverbänden und Landessportbünden zu Fragen sexueller und geschlechtlicher Vielfalt
- (Weiter-)Entwicklung von Aktionsplänen für Wertschätzung von Diversität
- Antidiskriminierung mit explizitem Bezug auf geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in den Satzungen verankern
- sensibilisierte Ausbildung von Übungsleiter*innen und Trainer*innen
- Etablierung entsprechender Arbeitsgemeinschaften
- Diversitätsbeauftragte / Anlaufstelle für LGBTI* einrichten
- Mediale Kampagnen für die Wertschätzung von Vielfalt
- Intersektorale Vernetzung mit Akteur*innen verschiedener gesellschaftlicher Bereiche
Hintergrund zur Studie
Von den 858 Befragten waren 34 % lesbische Frauen, 29 % schwule Männer, 17 % bisexuelle Personen und 20 % mit einer anderen sexuellen Orientierung. 25 % der Befragten waren trans*, 75 % cisgeschlechtlich. 48 % identifizierten sich als weiblich, 35 % als männlich und 17 % als nicht-binär. "Sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität und Sport. Ausgewählte Ergebnisse und Handlungsempfehlungen: Deutschland" wurden von Prof. Dr. Ilse Hartmann-Tews, Dr. Birgit Braumüller und Tobias Menzel von der Deutschen Sporthochschule Köln herausgegeben.
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