Internationale Menschenrechtsdebatten aus LSBTI*-Perspektive
Neues Projekt der Hirschfeld-Eddy-Stiftung

Black lives matter! - Demos für ein Ende rassistischer Gewalt finden gerade in unzähligen Städten auf mehreren Kontinenten statt. Die Demonstrierenden gehen zum Gedenken an George Floyd auf die Straße und fordern ein Ende rassistischer Gewalt. In Deutschland hat der Terroranschlag in Hanau gerade diejenigen, die von Rassismus betroffen sind, tief erschüttert und verunsichert. Viele fürchten, selbst Ziel der Gewalt zu werden.
Rassismus ist eine Menschenrechtsverletzung und diese Form der Verunsicherung ist es auch. Das steht in der UN-Anti-Rassismus-Konvention „zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung“, die 1969 in Kraft trat.
Wo werden Menschenrechte diskutiert?
Auch Frauenrechte sind längst anerkannter Teil des internationalen Rechts, aber an der Umsetzung hapert es überall. LSBTI sind ausdrücklich als Träger*innen von Menschenrechten anerkannt. Was völkerrechtlich verbindlich ist, ist oft noch unbekannt oder umstritten und wird heftig diskutiert.
Aber wo ist eigentlich der Ort für Diskussionen über Menschenrechte? Im Alltag, könnte man antworten. Aber wer sagt schon im Café oder in der Bahn: „Hey, Sie verletzen da gerade mein Menschenrecht nach Artikel 3 der UN-Menschenrechtskonvention und Prinzip 4 der Yogyakarta-Prinzipien und was Sie tun steht auch im Widerspruch zur Frauenrechtskonvention.“
Internationale Menschenrechtsvereinbarungen sind die Theorie, die so enorm wichtig in der Praxis ist.
Abkommen sind enorm wichtig
Alle Menschenrechtsaktivist*innen auf allen Kontinenten wissen, wie wichtig die Abkommen sind, wie sie wirken und auch, wie sie ignoriert werden und wie überall daran gezerrt wird. Aber das bleibt meist im Hintergrund. Nicht oft bekommt man mit, was auf internationaler Ebene diskutiert wird und wer daran beteiligt ist. Der Ort dafür sind der internationale Rahmen und die multilateralen Organisationen. Die Menschenrechte, also die Geltung, Umsetzung und die Bewertung der Umsetzung in den Mitgliedsstaaten ist ständiges Thema bei internationalen Treffen, in den UN-Gremien, in den Regierungsberichten der Unterzeichnerstaaten und in den Parallelberichten der Zivilgesellschaft.
Dort wird diskutiert und interpretiert, welche Rechte wir haben und es wird heftig um die Geltung und Auslegung der Menschenrechte gestritten. Das Ganze wirkt ziemlich kompliziert und abgehoben. Mit einem neuen Projekt der Hirschfeld-Eddy-Stiftung wollen wir das ändern und zeigen, dass diese Debatten direkt unser Leben betreffen und den Alltag von LSBTI in aller Welt. Das Projekt „Internationale Menschenrechtsdebatten vermitteln - Information und Partizipation“ lief im Mai bis Dezember 2020 und wurde vom Justizministerium (BMJV) unterstützt.
Drei Themen stehen im Mittelpunkt des Projekts: Der Peking+25-Prozess zu Frauenrechten, die Behandlung von LSBTI-Themen im UN-Menschenrechtsrat und die UN-Anti-Rassismus-Konvention ICERD.
Zivilgesellschaft spielt wichtige Rolle
Für die Geltung und Akzeptanz der Menschenrechte spielt die Zivilgesellschaft, also Nichtregierungsorganisationen (NRO) eine sehr wichtige Rolle. Das ist wenig bekannt und wird oft nicht gesehen, sondern angenommen, dass es sich nur um eine Sache der Regierungen handelt.
Wir wollen zeigen, wie wichtig die Rolle der Zivilgesellschaft ist und welche erstaunlichen internationalen Koalitionen es gegen Teile der Menschenrechte gibt, Koalitionen, die intensiv an einem Backlash arbeiten.
Alle Berichte zum Projekt im LSVD-Blog. Alle Einladungen über den Newsletter der LGBTI*-Plattform Menschenrechte.
Sarah Kohrt
Projektleitung
Der Beitrag erschien auch in der neuen Ausgabe der LSVD-Zeitschrift respekt! vom Februar 2021.
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